Yay, es ist Juni. Geburtstagsmonat, meteorologischer Sommerbeginn, fluffige Mitte 20 Grad draußen. Läuft bei mir – vor allem die Nase. Allerdings geht es mir nach einer von Nase und Katzen mehrfach unterbrochener Nacht erstaunlicherweise zumindest nicht schlechter als gestern. Ich beschließe, arbeiten zu können und das aber vorsichtigerweise trotzdem vom Bett aus zu tun. Nach der Morgenroutine koche ich mir also eine große Kanne Tee mit der leckeren Schokoladenminze vom Balkon und klappe den Laptop auf.
Am Vormittag habe ich nur zwei kurze 1:1 Meetings, beide mit Dublin, aber mit verschiedenen Personen, eine davon zuhause, eine im Büro. Ansonsten arbeite ich Dinge ab, gestalte einen One Pager und bereite ein Mailing an die Senior Managers vor. Mittags mache ich mir etwas schnelles, leichtes und gesundes zum Mittagessen, nämlich einen Zucchini-Salat mit Olivenöl, Zitronensaft, Salz, Pfeffer und Grana Padano (in Ermangelung von Parmesan, schmeckt aber auch), den ich in den vergangenen Tagen sowohl auf Rachels Instagram als auch später in einem TikTok-Video einer Creatorin bezieht, die sich auf das Rezept bei Rachel bezieht. Jetzt ist sie also sogar schon TikTok-berühmt! (Hier übrigens der Blogpost zu meinem bisher letzten Treffen mit Rachel vor 4 Jahren in Testaccio.)
Bis hierhin habe ich das Gefühl, dass sich mein Zustand kontinuierlich weiter verbessert, aber ab dem Nachmittag schwellen die Schleimhäute wieder an und es wird schwerer, mich zu konzentrieren. Ich muss noch etwas mit einem Kollegen in Chicago klären und überbrücke die Wartezeit damit, Bookmarks abzuarbeiten, mit denen ich mich mal beschäftigen wollte, wenn ich Zeit habe. Dann um 17 Uhr kurze Abstimmung mit dem Kollegen. Gegen 17:40 klappe ich den Laptop zu.
Ich habe dummerweise heute noch etwas zu erledigen und gehe deshalb aus dem Haus. Mit S- und U-Bahn fahre ich in den Wedding und hole dort die Ikea-Tasche mit meinem Zelt, Schlafsack etc. ab, da meine Bekannte morgen mit dem Bulli raus ins Grüne fährt und das alles sonst in ihre Wohnung im Dachgeschoss bugsieren müsste. Für den Rückweg mit Gepäck gönne ich mir dann aber ein Taxi. Zuhause trage ich die Sachen dann auch nicht hoch, sondern nur runter in den Keller und dann bin ich auch durch mit dem Tag. Ich trinke eine Feierabendlimo im Liegestuhl auf dem Balkon (Dattel-Granatapfel) und bestelle mir Mangosalat und Pho in Mehrwegdosen zum Abendbrot. Dazu gibt es Almdudlerschorle mit Schokoladenminze und nun endlich weitere Folgen Queen Charlotte.
Kurz nach 22 Uhr befolge ich den Ratschlag der irischen Kollegin von heute morgen (die andere ist Südtirolerin) und mache mir einen Hot Toddy als Schlummertrunk. Außerdem gibt es wieder Nasenspray, Schmerztablette und Erkältungssalbe und dann wird diese Nacht erstaunlich gut und fast durchgeschlafen.
Ich habe mir extra den Wecker auf eine halbe Stunde früher gestellt, damit ich mich nicht hetzen muss und trotzdem pünktlich im Büro bin. Prompt wache ich nochmal eine halbe Stunde früher als das auf – diesmal nicht von den Katzen, sondern einfach vom Licht geweckt, das sich drei Wochen vor der Sommersommenwende auch durch das Abhängen der Balkontür mit einer dunklen Decke nicht mehr aussperren lässt. Da ich aber gut geschlafen habe und mich fit fühle, stört mich das gar nicht und ich habe einfach noch mehr Ruhe für die Morgenroutine.
Neben dem üblichen täglichen Dingen muss ich heute noch meine Sporttasche fertig packen (das Saunahandtuch hing noch auf dem Wäscheständer), den Bürorucksack packen, Erdbeeren fürs Müsli schnippeln und beides einpacken und Müll runterbringen. Nebenbei telefoniere ich auch noch mit dem Liebsten und dann stapfe ich los zur Tram, mit Sonne im Herzen, Musik auf den Ohren und Mateflasche in der Hand. Ich freue mich, wie gut es mir gerade physisch und mental geht und werde direkt ängstlich, dass sich das jetzt bestimmt bald wieder ändern kann. Little did I know.
Im Büro angekommen begrüße ich die anwesenden Kolleg*innen, gieße mir Milch ins Müsli und ziehe mir einen Triple Cappuccino an der Kaffeemaschine. Dann lese ich meine E-Mails und arbeite relativ konzentriert an meinen Projekten – auf unserer Seite des Großraumbüros sind wir heute nur zu zweit, so dass es wenig Unterbrechungen gibt. Ich telefoniere mit einigen nicht Anwesenden, bespreche Details mit Anwesenden und dann habe ich 12:30 ein Meeting mit Paris. Hinterher gehe ich ins Einkaufszentrum nebenan und hole für mich und einen Kollegen etwas vom Vietnamesen und für mich einen Bubble Tea.
Wir essen gemeinsam mit noch anderen Kolleg*innen in der Küche und tauschen uns über die aktuellen Entwicklungen und Transformationsprozesse aus. Zurück am Schreibtisch wird dann das einzige andere Meeting des Tages abgesagt, stattdessen habe ich Zeit für meine Aufgaben. Ich organisiere Dinge, lese einen Textentwurf und gebe Kommentare ab, übersetze einen Fragenkatalog und verschaffe mir Zugang zu Archivdokumenten, die ich für eine Aufgabe brauche.
Im Laufe des Nachmittags fängt meine Nase immer stärker zu laufen an und mein Hals kratzt. Na toll. Bekomme ich jetzt auch Heuschnupfen? Habe ich ein Katzenhaar ungünstig eingeatmet? Habe ich mir auf dem Immergut doch Covid eingefangen? Im Büro liegen noch zwei Sorten längst abgelaufene Schnelltests herum. Einer funktioniert noch, zeigt aber direkt ein uneindeutiges Ergebnis, das zumindest Interpretationsspielraum lässt. Ein anderer funktioniert nicht mehr – die Testflüssigkeit ist komplett verdampft. Langsam zieht sich mein Kopf zu.
Ich telefoniere kurz mit der besten Freundin und sage unsere Sportverabredung für den Abend ab. Dann packe ich kurz vor 18 Uhr meine Sachen und fahre wieder nach Hause. In der Tram, im Treppenhaus und in der Wohnung setze ich eine Maske auf – man weiß ja nie. Auf dem Balkon mache ich dann noch zwei nicht abgelaufene Schnelltests. Der eine zeigt auch erst ein fragwürdiges Ergebnis, der zweite bleibt aber klar negativ und nach einigen Minuten ist auch der erste Test wieder schneeweiß. Puh. Trotzdem fühle ich mich langsam kränker und beschließe, schnell noch ein paar Dinge wegzuschaffen, falls ich wirklich bald flachliege.
Ich siebe das Katzenklo durch, wasche mein Kochgeschirr von gestern ab, stelle die Spülmaschine an und sauge Katzenhaare in meinem Zimmer weg – im Rest der Wohnung hat das der Mitbewohner kürzlich getan. Dann mache ich mir einen Teller mit Käsewürfeln (Waldmeisterkäse und Grana Padano), Tomaten und Kirschen zurecht und lege mich samt Feierabendlimo (Orange-Vanille) ins Bett. Ich esse und trinke, telefoniere mit dem Liebsten, gucke ein wenig TikTok… Inzwischen reicht meine Konzentration nicht mehr für Lesen oder Seriengucken. Gegen 10 putze ich mir die Zähne und mache mich schlaffertig.
Und dann liege ich wach. Putze mir dauernd die Nase, bekomme einen trockenen Hals vom durch den Mund Atmen, höre einen Podcast nach dem anderen, gucke dummerweise nochmal in die Arbeitsmails und lese etwas über eine Entwicklung, die mich die nächsten Tage und Wochen noch beschäftigen wird, so ich denn nicht ernsthaft krank werde und wie blöd wäre das denn eigentlich, jetzt wo so viel Dringendes zu tun ist, auch andere im Team fehlen und außerdem ja nächste Woche re:publica ist… Ihr könnt es Euch vorstellen.
Kurz nach Mitternacht muss ich nochmal aufs Klo und starte danach einen Reset-Versuch. Nase so gut wie möglich ausleeren, Nasenspray benutzen, Schmerztablette einwerfen und Dekolleté und Stirn mit der pakistanischen Erkältungssalbe des Mitbewohners einschmieren , die für dauerhaftes Inhalieren von atemwegsbefreienden Substanzen sorgt. So kann ich endlich erstmal einschlafen, auch wenn die Nacht unruhig wird.
Nach dem ausgiebigen fünftägigen Wochenende so entrückt von meinem normalen Alltag fällt das Zurückfinden am Dienstag morgen schwer. Ich schlafe bis zum Weckerklingeln und meine Morgenroutine braucht heute besonders lange. Um überhaupt produktiv sein zu können, entscheide ich mich gegen das Balkon-Office und für den Schreibtisch. Während der Zubereitung des Frühstücks für die Katzen und mich telefoniere ich mit dem Liebsten. Dann gibt es eine Cuppa Tea und eine Mate zu Müsli mit Erdbeeren und 145 E-Mail-Loops plus Chatnachrichten und Benachrichtigungen aus dem Projektmanagement-Tool.
Pünktlich zum ersten Meeting um 10:00 (rein Berlin, einer im Büro, Rest remote) habe ich mir zumindest einen Überblick verschafft. Ein zweites Meeting folgt um 11:00 (ebenfalls rein Berlin, einer im Büro, Rest remote) und dauert anderthalb Stunden plus Protokollschreiben von mir. Danach schaue ich mir noch ein Townhall vom letzten Donnerstag an und mache dann eine späte Mittagspause. Ich gehe einkaufen, hänge Wäsche auf, mache mir zwei Sandwiches (bereits wieder mit einem Kollegen telefonierend) und setze mich dann wieder an den Schreibtisch und arbeite Dinge ab.
Um 16:30 gibt es ein globales Meeting, bei dem ich aber nur zuhören muss und nebenbei weiterarbeite. Um 17:00 dann Meeting mit meiner Chefin in Nordengland. Wir besprechen uns zu ein paar aktuellen Projekten und sie gibt mir noch zwei neue Aufgaben und überträgt mir eine der Kollegin aus Südengland, die diese Woche frei hat. Plötzlich kann ich diese Woche wohl nicht mehr über Langeweile klagen. Ich mache noch bis 18 Uhr mit einer Schulung zu einem neuen Tool weiter, dann lasse ich den Stift fallen, schnappe mir eine Ladung Müll und meine Yoga-Matte und ziehe los.
Nach dem Müllplatz rufe ich den Liebsten an und wir telefonieren den Großteil des Weges bis zum Yoga. Dort angekommen geht es wieder in kleiner Gruppe (zu dritt inkl. Lehrerin) auf die Matten. Bis auf ein wenig Müdigkeit bin ich erstaunt, wie gut ich das anstrengende Wochenende körperlich überstanden habe. Ich kann sogar Asanas machen, die letzte Woche nicht gingen. Nur selten geben mir Schmerzen vor, etwas anders oder gar nicht zu tun. Auch die Meditationsanteile sind heute on point, obwohl ich beim Shavasana nicht wirklich abtauche, sondern in Gedanken in einem Restaurant am Mittelmeer sitze und Zitronenpasta esse, bzw. meinen Plan fürs Abendessen schmiede.
Als ich nach Hause laufe, ist es immer noch taghell. Wie großartig! Ich höre Lieblingsmusik und singe lautlos mit, tänzele beim Laufen und hüpfe innerlich beim Duft des blühenden Holunders an einer Grünfläche – dabei habe ich schon den ganzen Tag selbstgemixte Holunderblütenlimo getrunken, aber in echt riecht das nochmal viel anregender.
Wieder zuhause stelle ich mich immer noch mit Musik auf den Ohren an den Herd und koche meine Pasta:
-Ich zerdrücke eine Knoblauchzehe und lasse sie in viel heißem Olivenöl ziehen und goldbraun werden, bevor ich sie wieder herausnehme
-Dann röste ich in diesem Olivenöl gehackte Mandeln goldbraun
-Dann gebe ich anderthalb Esslöffel Butter dazu und zwei der Zitronensaft-Eiswürfel, die der Mitbewohner hergestellt hat
-Dann kommen Salz, Pfeffer und gehackte Kräuter vom Balkon dazu – Petersilie, Schnittlauch, Minze, Dill, Basilikum und Zitronenmelisse, dazu ein großzügiger Schluck Pastawasser
-Als die Spaghetti al dente sind gebe ich sie mit in die Pfanne und lasse sie noch eine Minute in der Sauce weiter köcheln, dann gebe ich unter ständigem Rühren viel Grana Padano hinzu, der sich mit der Sauce verbindet und cremig wird
In einer perfekten Welt hätte ich vielleicht die Mandeln zwischendurch noch aus der Pfanne genommen oder sie oder alternativ Pinienkerne als erstes geröstet und erst am Ende drüber gegeben, aber sie sind immer noch knusprig und nicht verbrannt, also soweit alles gut. Diesen riesigen Berg Spaghetti spachtele ich dann gegen 22 Uhr in mich hinein. Nebenbei unterhalte ich mich mit dem Mitbewohner, dann blogge ich und gucke noch ein wenig im Internet umher. Erst nach 23 Uhr gehe ich ins Bett und dort lese ich noch ein paar Seiten, bevor ich tief und fest einschlafe.
Heute wird es auf dem Zeltplatz schon gegen 8 wieder lauter, die Menschen packen zusammen und reisen ab. Ich lasse mir ein wenig mehr Zeit, mein Weg ist ja nicht so weit. Allerdings hat es auch wenig Sinn, lange Zeit zu vertrödeln, wo doch zuhause fließendes Wasser, Strom, Internet-Empfang etc. auf mich warten. Ich verschiebe den Großteil der normalen Morgenroutine auf empfangreichere Zeiten und absolviere die Festival-Morgenroutine: Haare kämmen, in den Schlafsachen und Flip-Flops zum Kompostklo schlurfen, frische Socken und Unterwäsche anziehen, im Liegen in die Hose quälen, Porridge anrühren und frühstücken, zur Waschstation gehen, waschen und Zähne putzen, frisches T-Shirt anziehen.
Dann fange auch ich an, zusammenzupacken. Ich sortiere meinen wenigen Müll in die drei Beutel (Papier, Plastik, Rest), packe meinen Rucksack und meinen Stoffbeutel, stopfe meinen Schlafsack in den Übersack (?), lasse die Luft aus meiner Isomatte und verpacke diese, sammle die Heringe ein, falte die Zeltstangen, lege Innenzelt und Außenzelt zusammen, falte die Wasserschutzplane, falte die Picknickdecke, falte die Fleece-Decke… Am Ende liegen da wieder ein Reiserucksack, ein re:publica-Stoffbeutel und eine Ikea-Tasche voller Campingzubehör. Ich bringe meine drei Müllbeutel zur Sammelstation und sammele unterwegs noch einiges ein, aber sie werden nicht einmal halb voll. Viele Besucher*innen sind inzwischen so müllsparsam unterwegs, dass herumliegender Müll zum Füllen der Beutel ein begehrtes Gut ist. Früher gab es nur gegen volle Beutel Pfand zurück, inzwischen hat man aber wohl eingesehen, dass die Beutel einfach nicht mehr voll werden. Ich entscheide mich statt der 5 € Pfand für einen schicken Immergut-Beutel, mit dem ich dann wohl nächste Woche auf der re:publica auflaufe.
Auf dem Rückweg laufe ich praktischerweise meiner Berliner Bekannten über den Weg und kann ihr gleich noch die Ikea-Tasche bringen, bevor sie mit ihrem Bulli zurück nach Berlin fährt. Dann schultere ich Rucksack und Stoffbeutel und fahre mit Pendelzug, RegionalExpress und S-Bahn wieder nach Hause. Gleich ab Neustrelitz Hbf gibt es wieder Empfang und ich nutze die Zugfahrt zum Bloggen. Auf dem Nachhauseweg von der S-Bahn kaufe ich noch ein Kilo Erdbeeren am Erdbeerhäuschen und dann bewege ich mich heute keinen Schritt mehr vor die Tür.
Zuhause wollen Katzen gefüttert und Pflanzen gegossen werden. Das Katzenklo wird durchgesiebt und eine erste Maschine Wäsche dreht ihre Runden. Ich lege mich erst einmal zum Einweichen in die Badewanne und telefoniere mit dem Liebsten, der ebenfalls gerade von seinem Wochenende an der Ostsee zurückgekommen ist. Dann wasche ich mich gründlich und dusche nochmal allen Dreck ab, bevor ich mich auf dem Sofa niederlasse und Sushi bestelle – in Mehrwegdosen, was irgendwie dazu führt, dass man im Restaurant vergisst, wie man Sushi richtig transportfähig verpackt. Es sieht nicht schön aus, schmeckt aber sehr gut.
Eigentlich wollte ich gleich noch im Mecklenburg-Strelitz-Vibe bleiben und die neue Staffel Bridgerton weitergucken, aber irgendwie spinnt Netflix auf dem Fernseher. Ich kümmere mich also um meine Sprachlernsachen, schaue ein wenig TikTok und lese dann in meinem Buch weiter. Und ich lasse das Festivalwochenende Revue passieren – hier ein paar Bemerknisse:
-Ich bin mal wieder alleine hingefahren und habe auch bei meinem 9. Immergut vor Ort wieder jede Menge bekannte Gesichter getroffen – 20 um genau zu sein. Erstaunlich, wie das immer noch geht – die meisten von ihnen waren auch bei meinem ersten Immergut 2006 dabei.
-Seit 2006 haben sich Charakter, Musik und Publikum des Immergut stark gewandelt, ob das nun am Zeitgeist liegt, am Wechsel des Organisationsteams oder einfach daran, dass ich älter werde, sei mal dahingestellt.
-Ich habe weniger Spaß an der Musik als früher, dafür aber an den Lesungen, Diskussionsrunden und Denkanstößen.
-2006 standen nur wenige Frauen auf der Bühne, 2023 würde ich von Parität sprechen, auch wenn ich nicht explizit nachgezählt habe.
-2006 gab es nicht so wahnsinnig viel vegetarisches Essen zur Auswahl, 2023 gab es nur an zwei der Stände überhaupt Wurst im Angebot.
-Das Immergut ist sehr nachhaltig geworden – Müllpfand gab es damals schon, aber jetzt wird der Müll getrennt, es gibt Immergutbecher, die man an allen Ständen nutzen kann, es gibt Kompostklos und es gibt Wasserhähne, an denen man sich kostenlos bedienen kann.
-Überhaupt, Kompostklos sind der Shit! In den Nuller Jahren konnte man nur freitags und dann jeweils Samstag und Sonntag morgens einigermaßen OK auf die Dixies gehen und hat sich alles andere verkniffen. Heute ist der Klobesuch rund um die Uhr und an allen Tagen angenehm, sauber und geruchsarm.
-Diversität und Awareness spielen eine immer größere Rolle – es gibt ein Awareness-Team, das man ansprechen kann, es gab einen Privilegien-Check, mit dem man sich auseinandersetzen konnte, ein trans Autor hat gelesen, LGBTQIA+ Leute waren da und sichtbar und anders als 2006 habe ich auch eine signifikante Anzahl Nichtweiße Besucher*innen und Künstler*innen wahrgenommen.
-Es liefen jede Menge Kinder herum und wurden ins Festivalgeschehen einbezogen, das hängt sicherlich mit dem Älterwerden des Stammpublikums zusammen, die meisten von denen hatten in den Nuller Jahren noch keine Kinder. Das Immergut wäre aber damals auch noch kein so guter Ort für Kinder gewesen.
Ich frage mich, ob all diese Entwicklungen mit dem Musikwandel – weg von gitarrenlastiger „ehrlicher Rockmusik“ hin zu vielfach mit elektronischen Hilfsmitteln hergestellter „Popmusik“ mit Show-Effekten – zu tun haben. Und ob ich das OK finde, bei der Musik Abstriche zu machen, wenn ich dafür den ganzen Rest haben kann. Hab ja noch ein Jahr Zeit, mir darüber Gedanken zu machen.
Das Immergut war dann übrigens auch der letzte Auftritt dieses Paars Sneaker. Ich habe sie Anfang Oktober auf Procida aus der Not heraus für 24,99 € gekauft, weil meine Chucks sich aufgelöst haben und ich sonst nur Flip-Flops dabei hatte. Und da sie schrecklich bequem waren, habe ich sie seitdem fast jeden Tag getragen – außer, wenn ich krank darniederlag und an den 1-2 Tagen im Winter, an denen mir Stiefel angemessener schienen. Sie haben mir gute Dienste geleistet und mein Wiedererstarken nach den beiden Covid-Erkrankungen begleitet – vor allem den wochenlangen 10.000+-Schritte-Streak Anfang des Jahres, mit dem ich mich zurück ins Leben gelaufen habe. Vor 1-2 Wochen fingen sie an, Auflösungserscheinungen zu zeigen und da fürs Immergut kein Regen angesagt war, beschloss ich, dass sie mit diesem Festival einen würdigen Abschied feiern könnten. Das waren sehr gut investierte 24,99 €, danke!
Wow, ich habe wirklich erstaunlich gut und lange geschlafen – die neue Anordnung von Klamotten und Decken ist soweit approved und wird heute Nacht so weitergeführt werden. Als ich das erste Mal auf die Uhr gucke, ist es schon nach 9. Ich gucke ein wenig im Internet rum – soweit das bei dem miesen Empfang möglich ist – und statte dann frisch gekämmt aber noch in Schlafsachen dem Kompostklo einen Besuch ab. Auf so einem Festival macht man Meter. Zurück am Zelt gibt es wieder Porridge mit H-Milch und einen Apfel. Dann packe ich mir meinen Beutel für den Vormittag und laufe in Flip Flops los. Erst Zähne putzen und waschen und dann direkt weiter zum Immergutzocken Fußballturnier.
Dafür läuft man eine gute halbe Stunde durch den Wald – ganz hier in der Nähe ist der Wegweiser nach Userin, vor dem ich vor ein paar Jahren ein Selfie gemacht habe, das mir lange Zeit als treues Profilfoto diente. Ganz so weit muss ich heute aber nicht, sonst hätte ich mal ein Update geschossen. Stattdessen also Rudolf-Harbig-Stadion aka Fips-Asmussen-Kampfarena, wie mein als Kommentator fungierender Bekannter als Rostock es nennt. Hier spielen sechs Mannschaften ein Turnier gegeneinander, zwei davon aus dem gestrigen Torwandschießen auf dem Festivalgelände hervorgegangen, davon eins aus lauter Kindern bestehend – auch der Sohn meines Ex-Kollegen ist dabei.
Ich sitze die meiste Zeit mit dem Ex-Kollegen und seinen Kindern beieinander, unterhalte mich, höre den professionellen Kommentaren zu und lache mich wie immer kaputt, trinke eine Rhabarberschorle und blogge nebenher. Nach dem Finale laufe ich zurück zum Festivalgelände, es ist mittlerweile fast 15 Uhr, und mache mich für die Konzerte bereit. Flip-Flops aus, Socken und Sneakers an, Pullover und Jacke in den Beutel (Zahnpasta und Deo raus), Sonnencreme und Mückenspray nachlegen und dann kann es losgehen. Als erstes hole ich mir einen Cappuccino doppio, ein Stück Kirsch-Streusel-Kuchen und einen Physalis-Nuss-Cookie, setze mich damit in den Schatten und lausche der Lesung von Henri Maximilian Jakobs.
Danach spielt Joya Marleen und ich verliere mich erst ein wenig in der Musik, nutze dann aber die Gelegenheit auch wieder, um zu lesen. Die Sonne brennt inzwischen und Schatten ist weiterhin knapp. Ich stehe auf und gehe meinen Immergutbecher nach dem Kaffee ausspülen und fülle ihn direkt mit Trinkwasser auf. Eigentlich will ich zurück zum Birkenhain, wo als nächstes Şeyda Kurt liest, aber da laufe ich einem guten Freund und anderen Bekannten quasi in die Arme und wir unterhalten uns stattdessen mit Unterbrechungen und in wechselnden Konstellationen für die nächsten Stunden. Als sich ein Feuerwehrmann erbarmt und für etwa fünf Minuten einen Schlauch in die Luft hält, hat das Festival einen neuen Social Media Star.
Gemeinsam tanzen wir zu Donkey Kid und Fuffifuffzich. Dann hole ich mir einen Burrito, bevor wir uns bei Betterov vor der Bühne wieder treffen.
Während ich mir auf der Zeltbühne Ditz anhöre und dann draußen davor einen ehemals sehr guten Bekannten treffe, holen sich die anderen wärmere Sachen aus dem Auto. Dann sehen wir uns bei Edwin Rosen wieder vor der Bühne wieder. Es wird mir aber langsam alles zu anstrengend – heute war zu viel Bewegung und zu wenig Ruhepause. Ich verabschiede mich, hole mir einen Tinto de verano und setze mich am Rand für eine Weile auf einen Liegestuhl. Dann schnuppere ich noch bei Caroline Rose im Zelt vorbei und feiere die ersten Lieder von Blond auf der Hauptbühne, bevor ich mich ins Zelt verziehe.
Ich kuschele mich wieder in das Arrangement von gestern Nacht und lausche Blond, während ich Kreuzworträtsel löse. Aber nicht lange, dann fallen mir die Augen zu. Ich erwache, als einer der späteren Acts/DJ Teams hämmernde Bässe auflegt und versorge mich mit Ohropax. Jetzt klingt es nicht mehr so, als stände die Box direkt neben meinem Kopf, sondern eher so im Nebenzimmer. Das reicht, um wieder einschlafen zu können…
Die Nacht war kalt und laut und von wenig echtem Schlaf gekennzeichnet und dann wird es dafür aber schon wieder gegen halb 8 relativ warm im Zelt und geräuschvoll auf dem Zeltplatz. Ich gebe das Schlafen vorerst auf und versuche mich an meiner Morgenroutine. Der Empfang ist schlecht, ich kann nur mit Mühe das Internet leer lesen und bloggen. Der Liebste und ich kommunizieren ausnahmsweise mit SMS. Die Sprach-Apps gehen gar nicht – zum Glück habe ich einen Streak Freeze, so dass meine über 500 Tage nicht gestört werden.
Als es im Zelt dann wirklich zu heiß wird, setze ich mich auf meiner Picknickdecke nach draußen und frühstücke. Es gibt Beerenporridge mit H-Milch und einen Apfel. Dann gehe ich Zähne putzen und mich waschen und ziehe mich für den Tag an. Rund ums Zelt ist es jetzt knalleheiß – ich suche mir jetzt ein schattigeres Plätzchen, das ich auf dem Marktplatz an der Bühne finde. Hier moderieren der wunderbare Sam Vance-Law und eine Frau, deren Namen mir nicht einfällt, eine sehr lustige Frühstücksrunde und interviewen verschiedene Immergut-Mitarbeiter*innen und die Band AZE von gestern. Ich hole mir einen Rooibos-Eistee mit Passionsfrucht in meinen Becher und habe viel Spaß.
Nach der Frühstücksrunde breite ich meine Picknickdecke im Halbschatten abseits der Bühne aus und lege mich hin. Auf der Bühne diskutieren Menschen über den Nutzen von Social Media für Musiker*innen. Ist ja fast wie ein Podcast! Da kann ich mich gut nochmal auf die Seite drehen und einschlafen. Als ich wieder wach werde, hat sich der Platz ganz schön gefüllt und ich bin immer noch müde. Ich hole mir einen Spritzring vom Bäckerstand und kehre nochmal zum Zelt zurück. Das ist inzwischen nicht mehr komplett in der Sonne und nur noch angenehm warm. Ich lege mich rein und lese und schlafe nochmal ein.
Gegen 15 Uhr macht das Festivalgelände wieder auf. Ich wechsle von Flip Flops auf Socken und Sneakers, packe meine warmen Sachen in den Beutel und stürze mich ins Geschehen. Als erstes hole ich mir ein veganes Gyros im Brot und setze mich dann damit vor den Birkenhain, wo Carla Kaspari aus ihrem Buch „Freizeit“ vorliest. Danach spielt auf der gleichen Bühne Philine Sonny entspannten Gitarrenpop, zu dem ich gemütlich weiter lesen kann. Mir fällt auf, dass dieses Festival ein sehr ausgewogenes Geschlechterverhältnis hat – zumindest für mein Gefühl, gezählt habe ich nicht.
Als nächstes liest El Hotzo aus seinem Roman „Mindset“, was erwartbar lustig ist. Ich hole mir dazu einen Cold Brew, um wieder richtig wach zu werden für den Rest des Tages. Dann wird die Main Stage endlich eröffnet und von Uche Yara aus Österreich gerockt. Macht viel Spaß und das liegt nicht an der Weißweinschorle, die ich mir eben geholt habe. Im Publikum entdecke ich einen Bekannten samt Freundin, Sohn und Schwester und mir fällt siedendheiß ein, dass ich ein T-Shirt seiner Band trage, die schon seit Jahren aufgelöst ist. Auf Mastodon sagen die Leute, das wäre doch super, ich finde es eher ein bisschen peinlich – zumal ich auch nicht weiß, wie die verschiedenen Mitglieder inzwischen zueinander und zur Band stehen (den Gitarristen begrüße ich etwas später auch noch, da ist es aber schon etwas kälter und ich habe eine Jacke drüber).
Am Birkenhain spielt dann Ron Gallo – kann man gut hören und dabei weiter lesen. Ich komme heute ordentlich mit meinem Buch weiter und finde das in Kombination mit der Musik und der Stimmung einen ganz fantastischen Zeitvertreib. Bei Zimmer 90 auf der Mainstage treffe ich dann besagten Gitarristen und einen weiteren Bekannten, den Co-Geschäftsführer von meinem Lieblingsnachbarn. Dann wird die Zeltbühne von Bulgarian Cartrader eröffnet, der aber seinen großen Hit relativ am Anfang spielt und danach nicht mehr ganz so spannend ist. Ich hole mir einen Crêpes mit Apfelmus und treffe direkt danach auf das Geburtstagskind, das ich ja gestern schon gesehen hatte und gratuliere natürlich.
Dann geht es zu Dilla auf die Mainstage, wo ich insgesamt drei weitere Bekannte treffe. Hinterher spielen John Moods im Zelt und das ist jetzt der erste Act, der mir so gar nicht zusagt. Der Vibe erinnert mich an eine 80er-Jahre-Softrock-Band, die auf Hochzeiten spielt, aber dabei aussieht wie eine 70er-Jahre-Hippie-Rockband. Einige Songs fangen vielversprechend an, versanden dann aber zu Brei, bevor sie richtig loslegen. Das Zelt ist dementsprechend relativ leer und uninspiriert, aber draußen ist es inzwischen dunkel und kalt und so bleibe ich trotzdem drinnen.
Dann geht es aber wieder nach draußen, wo alles auf den Main Act Casper wartet. Ich laufe direkt einem ehemaligen Kollegen in die Arme, der mit seinen beiden größeren Kindern (10 und 12) da ist, die jetzt, kurz vor Mitternacht, immer noch total steil gehen und Party machen. In guter alter Tradition schaue ich mir den ersten Teil des Sets an und verschwinde dann Richtung Zelt. Amüsiert stelle ich fest, dass die Nachtigall sich nicht abhalten lässt, gegen die Lautstärke-Übermacht von Casper anzusingen.
Diesmal bereite ich mich besser vor: Ich lasse den Wollpulli an, verteile die Fleece-Decke sorgfältig im Schlafsack, lege die Picknickdecke oben drüber und als Casper fertig ist, dengele ich mir die Oropax tief in den Gehörgang und kuschele mich gemütlich ein. Funktioniert, diese Nacht schlafe ich sehr viel besser und friere kaum!
Von 2006 bis 2011 war ich jedes Jahr auf dem Immergut – zuerst quasi „beruflich“, mit Gästelistenplatz, Interviewtätigkeit (legendär zum Beispiel Friska Viljor – völlig betrunken und verschwitzt nach dem Konzert auf dem Boden eines aufgeheizten Bauwagens sitzend) und Radio-Merch-Verkauf, später dann einfach als Festivalbesucherin, mal zu mehreren, mal „allein“. 2011 hatte dann die Orga gewechselt und alles kam mir plötzlich anders vor – die Musik zu wenig gitarrenlastig, das Publikum zu jung und glitzerig – und dann habe ich mir für 2012 kein Ticket gekauft. 2018 hatte ich dann aus Gründen wieder Lust, wollte mich wieder jung und frei und selbstbestimmt fühlen und fuhr wieder hin. Alleine und es war toll. 2019 war ich auch da und dann kam die Pandemie.
2020 fiel das Immergut aus und ich wäre auch nicht gefahren, wenn nicht. 2021 gab es eine abgespeckte Version im Spätsommer und ich habe mich noch nicht getraut. 2022 fuhr ich mit Tränen in den Augen am Immergut vorbei zu einem Wochenende auf Usedom, von dem ich weite Teile im Liegestuhl verbracht habe, weil ich zwei Monate nach Covid noch sehr schwach war. Damals habe ich mir geschworen, 2023 wieder zu fahren. Dieses Jahr ist es wieder zwei Monate nach Covid, aber es geht mir deutlich besser als letztes Jahr und so nehmen die Dinge ihren Lauf.
Ich schlafe einigermaßen aus (bis halb 9) und lasse mir dann viel Zeit bei der Morgenroutine. Ziemlich schnell wird mir klar, dass ich einen Zug später nehmen werde, um möglichst stressfrei zu sein. Ich mache mir ein gemütliches Balkonfrühstück, dusche ausgiebig, versorge die Katzen und die Pflanzen, siebe das Katzenklo durch, packe meine Sachen und muss mich dann am Ende doch sputen, um pünktlich Dreiviertel 1 in der S-Bahn zu sitzen. Klappt aber. Am Gesundbrunnen steige ich in den sehr vollen RegionalExpress, bekomme aber zum Glück noch einen Sitzplatz. Dann gibt es ein Problem mit den Türen, das für etwa 20 Minuten Verspätung sorgt, aber das ist jetzt auch egal.
14:20 Uhr sind wir in Neustrelitz und der historische Zug der Hafenbahn, der uns zum Festivalgelände fährt, wartet schon am Gleis gegenüber. Ein heimeliges Gefühl beschleicht mich und all die anderen berucksackten Menschen. Am Einlass zeige ich meinen Ticketcode vor und bekomme mein Bändchen, das Begleitheft und drei verschiedenfarbige Müllbeutel samt Müllpfand ausgehändigt. Damit laufe ich glücklich über den Zeltplatz zu meinem Stammstandort, der aber aufgrund der Neustrukturierung des Festivalgeländes belegt ist. Stattdessen suche ich mir ein Plätzchen in zweiter Reihe, unter einer Birke, und lege meinen Rucksack und meine Jacke möglichst breitflächig aus, bevor ich mich – die Wertsachen im Beutel bei mir – auf die Suche nach den Klos mache.
Dann setze ich mich ein Weilchen zu meinem Rucksack und lese, bis mir langweilig wird. Ich spaziere hinüber zum Festivalmarktplatz, lasse mir einen Rhabarbercider in meinen Immergutbecher füllen (aus Emaille, mit Henkel, 2019 gekauft, glaube ich) und lausche dem Podiumsgespräch einiger Podcasterinnen. Dann ruft auch schon meine Zelttransporteurin an und wir treffen uns zur Übergabe. Nach einer Viertelstunde steht mein Zelt und ich lege mich erst einmal gemütlich hinein und döse eine Weile weg. Gegen 17:30 Uhr kehre ich hungrig zum Marktplatz zurück und esse eine vegane Quesadilla mit Guacamole. Dabei verfolge ich das Immergut-Quiz, das auf der Bühne stattfindet und kann aus dem Stand zwei Fragen beantworten.
Ein alter Rostock-, Immergut-, Berlin- und Kneipenquiz-Kumpan gesellt sich zu mir und wir quatschen eine Runde. Er wird dieses Wochenende 45 und fand das einen guten Anlass, mal wieder zum Immergut zu fahren – Recht hat er! Während wir reden, sagt auch noch eine andere alte Bekannte „Hallo“. Das meine ich damit, dass man ja eigentlich nie „alleine“ herkommt. Es hat noch keine Band gespielt, aber ich habe schon drei bekannte Gesichter getroffen und davon nur eins verabredet.
Als das Quiz vorbei ist, wird es dann auch bald Zeit, dass das Festivalgelände aufmacht und Brockhoff mit ihrem Konzert das Festival offiziell eröffnet. Softer Gitarrenpop mit schöner Stimme, den ich mir bis fast zum Schluss anhöre, bevor ich mir in Ruhe das Festivalgelände anschaue. Gegen den Durst gibt es ein Lübzer Naturradler Grapefruit in den Becher. Als nächstes spielen AZE aus Österreich türkisch angehauchten ruhigen R‘nB. Dann ist Martin Kohlstedt dran, der Elektroelemente und Klavier zu abgefahrenen Klangteppichen verknüpft. Gegen Ende kann man sogar mal kurz tanzen.
Ich hole mir zum Abendbrot eine große Tüte Pommes mit Aioli und Mango-Chili-Sauce – alles vegan – und spaziere weiter umher. Langsam wird es dunkel und damit auch gleich ganz schön kalt. Ein dicker Wollpullover mit Kapuze hilft ein bisschen. Während Futurebae spielt und das jugendliche Publikum in Partystimmung bringt, hole ich mir noch einen großen, heißen, dunklen Kakao in meinen Becher, der nochmal ein wenig Lebensgeister weckt. Genug um ungefähr die Hälfte des Konzerts von Die Nerven mit Enthusiasmus zu begleiten, zu tanzen und ein bisschen die Haare zu schütteln. Da kam kurz das alte Immergut-Feeling der Nuller Jahre wieder auf.
Es ist aber jetzt auch wirklich kalt – 5 Grad sagt der Wetterbericht als Tiefsttemperatur für die Nacht voraus. Ich statte den wundervollen Kompostttoiletten noch einen letzten Besuch ab und gehe dann ins Zelt. Mit Schlafanzughose, Schafwollsocken und einer Fleece-Decke krabbele ich in meinen Schlafsack und höre den letzten Takten von Die Nerven zu, bevor auf dem Marktplatz die Immergut-Organisator*innen mit dem Auflegen beginnen. Es gibt eine wilde Mischung von Pop der letzten sechs oder sieben Dekaden in laut, ungefähr direkt neben meinem Kopf. Zudem ist es wirklich arschkalt.
Ich wälze mich hin und her, optimiere immer wieder die Position der Decke und döse immer mal wieder weg. Gegen 4 ist die Musik dann vorbei und es wird still auf dem Zeltplatz, aber auch ganz langsam wieder hell.
Als ich kurz nach halb 5 aufwache, ist in diesem Haushalt niemand mehr unter 10. Uiuiui. Ich gehe schnell und leise aufs Klo und versuche, wieder einzuschlafen. Das klappt aber – mal wieder – nicht. Dafür höre ich es ab 5 nebenan im Kinderzimmer rumoren. Kurz vor halb 6 steht dann ein verschlafenes Kind in der Tür und bittet um ein warmes Körnerkissen, da es ja nicht in die Küche gehen darf. Da hat es Recht und der Liebste steht auf und kümmert sich. Jetzt sind wir alle wach, das Teilzeitkind schläft aber nochmal ein, bis um 6 der Wecker klingelt – heute früher wegen Anlass. Es kommt zu uns ins Bett gekrabbelt und wird von uns erst einmal ausgiebig gefeiert und besungen, bevor Kaffee und Kakao im Bett serviert werden. Natürlich ist aber die Aufregung so groß, dass wir nicht lange liegen bleiben können. Stattdessen geht es nach wenigen Schlucken in die Küche, wo der Geburtstagstisch bewundert und dann die Geschenke unter Jubel ausgepackt werden.
Dann gibt es erste Muffins zum schnellen Frühstück und das Teilzeitkind verschwindet im Bad, um zu duschen, Haare zu waschen und sich heute besonders hübsch zu machen. Normalerweise geht es halb 8 los in die Schule (oder später, wenn jemand verschlafen hat), heute können wir es nur bis viertel 8 drinnen halten, dann schwingt es sich auf seinen Roller. Es muss ja noch das Geburtstagsoutfit anziehen, dass es gestern in der Schule hat hängen lassen. Kurz danach stiefelt der Liebste mit Unmengen Muffins hinterher. Ich liege wieder im Bett, trinke Kaffee, lese das Internet leer und blogge. Als der Liebste zurückkommt, muss er direkt mit der Arbeit anfangen und ich verziehe mich aufs Sofa. Dort kümmere ich mich um die Sprachlern-Apps und baue den BoulderBall zusammen, den das Teilzeitkind von mir bekommen hat. Dabei höre ich den Podcast mit Gerhart Baum weiter und irgendwann fallen mir die Augen zu. Ich schlafe wieder gemütlich ein, während der Liebste in seinem und die Mitbewohnerin in ihrem Zimmer dienstlich telefonieren. Ich habe Urlaub!
Gegen 11 ist es dann mit der Ruhe vorbei, die Blase drückt, ich habe Hunger und es gibt ja auch noch ein bisschen was zu tun heute. Ich mache mir Fladenbrot mit Aufstrichen zum Brunch und ziehe mich dann für den Tag an. Dann beseitige ich das Chaos in der Küche, wo der Liebste und das Teilzeitkind gestern noch Unmengen Muffins gebacken haben und noch keine Zeit zum Aufräumen hatten. Dabei höre ich laut Tina Turner (RIP) – die Mitbewohnerin macht gerade Pause und singt mit. Um 12 macht der Liebste Feierabend, er hat zumindest den Nachmittag frei genommen. Er geht wieder raus und holt das Mietauto ab, das er für den Tag heute und den anstehenden Wochenendausflug reserviert hat. Dann liegen wir noch ein wenig gemeinsam auf der Couch und chillen bzw. lernen den Umgang mit dem BoulderBall. Um 14 Uhr klingelt es an der Tür und das Nachbarskind steht da. Das ist mein Zeichen zum Aufbruch. Gemeinsam mit dem Nachbarskind laufe ich zum Bus und fahre bis an die Stadtgrenze. Von dort aus laufen wir hinüber nach Brandenburg, wo der andere Teil der Patchworkfamilie seit einem halben Jahr wohnt. Währenddessen unterhalten wir uns natürlich auch – über die gerade stattfindende Klima-Projektwoche an seiner Schule, über Handys und Handynutzung, über Kindergeburtstage im Allgemeinen und im Besonderen… Es wird nicht langweilig. Im Haus in Brandenburg angekommen, empfängt uns die Oma mütterlicherseits des Teilzeitkinds und wir helfen ihr beim Tische decken und Kuchen heraustragen. Ein Süßigkeitenbuffet ist ebenfalls schon aufgebaut.
Dann sitzen wir gemütlich zu dritt auf dem Sofa und harren der Dinge, die da kommen. In kurzem Abstand kommen kurz vor halb 4 der Liebste und die Teilzeitkind-Mama mit jeweils einem Auto voller Kinder, Sitzerhöhungen und Schulranzen angefahren. Ein weiterer Gast wird zeitnah von seinen Großeltern gebracht. Schnell ist der zukünftige Garten – gerade noch Baustelle – voll mit insgesamt 12 Kindern zwischen 9 und 11, die sich als erstes gleich mal auf das Süßigkeitenbuffet stürzen. Dann rufen die Eltern des Liebsten an, die inzwischen am S-Bahnhof in der Nähe angekommen sind und von ihm mit dem Auto abgeholt werden.
In der Zwischenzeit sitzt die Kinderschar bereits am Tisch unterm Pavillon und es werden rundherum und unter viel Hallo Geschenke ausgepackt. Dann begrüßt das Teilzeitkind seine Großeltern, die an einen Erwachsenentisch verfrachtet und mit Kaffee und Kuchen versorgt werden, ähnlich wie die Kinder am Kindertisch, nur bekommen die Apfelschorle. Zwischendurch kommt noch der Papa der Geschwister des Teilzeitkinds von der Arbeit nach Hause, der die beiden Kleinen auf dem Weg noch aus der Kita abgeholt hat. Sie tragen das gleiche Outfit wie das Teilzeitkind und übergeben ihm rote Rosen zum Geburtstag. Alles platzt vor Niedlichkeit.
Schon ist es Zeit für die Schatzsuche: Die großen Kinder, der Liebste, ich und die Teilzeitkindmama brechen auf und folgen einem Pfad voller Pfeile, Hinweise, Rätseln und Aufgaben durch die nähere Umgebung. Nach Angaben der Wartenden dauert es fast anderthalb Stunden, bis wir am Ziel – dem Sandhaufen in der Gartenecke – ankommen und die Kinder dort abwechselnd und durch Würfeln bestimmt nach der Schatzkiste graben dürfen. Jetzt ist für mich wieder ein wenig Zeit zum Verschnaufen, Kaffee trinken und ein wenig Kuchen essen – allerdings ist der Grill auch schon an. Ich versorge die Liebsteneltern mit den ersten Würstchen, dann wird noch das obligatorische Geburtstagsfoto des Teilzeitkinds mit den Großeltern und dem Geburtstagszug mit der 10 gemacht, den die Oma extra mitgebracht hat. Das größere Geschwister kommt auch mit aufs Foto – wir sind ja da nicht so. Dann bringt der Liebste seine Eltern wieder zur Bahn – sie sind mit über 80 extra für das Essen gestern und den Geburtstag heute nach Berlin angereist und haben zwischendurch noch einen Freund getroffen (er) bzw. eine Ausstellung besucht (sie). Respekt! Die andere Oma des Teilzeitkinds verteilt inzwischen Rosé an die Erwachsenen, was ich dankend annehme.
Endlich wird der Schatz gefunden und alle Kinder bekommen jeweils einen Halbedelstein für Zuhause, außerdem stellen sie sich Süßigkeitentüten am Buffet zusammen. Dann werden die Kinder mit Würstchen, Halloumi, Mozzarella und Gemüse versorgt und ich esse auch mit, während bereits die ersten Eltern zum Abholen kommen, aber gerne noch einen Moment zum Quatschen bleiben, während ihre Kids durch die Gegend flitzen und Kontakto (oder Contacto?) spielen. Zwischendurch kommen übrigens auch immer wieder Nachbar*innen vorbei und gratulieren dem Teilzeitkind. Es ist ein Gewusel!
Dann sind endlich alle Kinder abgeholt und der Liebste ist mit den restlichen wieder Richtung Berlin gefahren. Jetzt darf das Teilzeitkind die Geschenke von diesem Teil der Patchworkfamilie aufmachen und freut sich besonders, dass es im Herbst mit seiner Oma nach Hamburg zum Harry-Potter-Theaterstück fahren darf. Auch von “unserer” Oma gibt es noch ein tolles Geschenk auszupacken – nämlich einen handgeschriebenen Brief, der für ein ganzes Jahr handgeschriebene Schneckenpost mit immer jeweils einem Rätsel oder einem Witz ankündigt. Dann rufen noch meine Eltern an und gratulieren ebenfalls, ebenso der andere Opa des Teilzeitkinds, der heute nicht dabei war. Ein Paket von der Mama des Geschwisterpapas wurde auch noch pünktlich während des Fests geliefert. Das Kind hat wirklich tolle Familien!
Und dann ist endlich wirklich Ruhe. Die kleinen Kinder werden von ihrem Papa geduscht und ins Bett gebracht, wir räumen noch ein wenig auf und dann zeigt mir das Teilzeitkind noch sein neues “anderes” Zimmer, das ich ja noch gar nicht kenne. Dann verabschiede ich mich und laufe durch schönstes Brandenburger Naturidyll zurück nach Berlin zur S-Bahn, mit der ich zurück in den Prenzlauer Berg fahre. Unterwegs denke ich an die drei anderen Geburtstage, die ich bereits mit dem Teilzeitkind verbracht habe.
Beim ersten Mal war es ein Vorschulkind im Lockdown und die sechs Erwachsenen und das Baby des erweiterten Patchwork-Haushalts verkleideten sich in den wildesten Kostümen, um dem Kind einen schönen Geburtstag ganz ohne andere Geschwister zu bereiten. Der zweite fand auf einem Spielplatz statt und außer der Familie durften nur die Klassenkamerad*innen kommen, mit denen es sowieso den ganzen Tag in einem Zimmer saß. Letztes Jahr gab es erstmals wieder eine große Party mit Familie und Freund*innen, damals in der Wohnung des Liebsten, die wir vorher in tagelanger Aktion präsentabel gemacht hatten. Und heute dann das vierte Mal. Nächstes Jahr wird das Kind 11 und dann ist die Zeit der Kindergeburtstage auch bald vorbei. Mal sehen, was danach kommt! Das Tagebuch seiner Mama aus der Schwangerschaft wollte es heute jedenfalls noch nicht lesen – “lieber erst, wenn ich 12 bin, Mama”. Hach, man wird sentimental.
Zuhause angekommen, füttere ich zwei verhungernde Katzen, setze mich dann mit einer wohl verdienten Feierabendlimo (Estragon-Ingwer) noch auf den Balkon, bis es dunkel ist und telefoniere mit dem Liebsten. Dann mache ich mich schnell bettfertig, lege alle Geräte, die ich in den nächsten Tagen auf dem Immergut brauche, an den Strom (zwei Handys, den Kindle, das FitBit und vor allem die PowerBank) und schlafe schnell tief und fest ein.
Kurz nach 4 findet Nimbin, er müsse überprüfen, ob ich noch lebe und miaut mich an. Als ich ihn ignoriere, stupst er mich sanft mit der Kralle in die Wange. Ich gebe auf, gehe aufs Klo und gebe den Katzen eine Handvoll Trockenfutter. Dann lege ich mich wieder hin und mache einen Podcast an, um wieder einzuschlafen. Dummerweise dämmert es draußen schon bald und Gerhart Baum erzählt sehr spannend und überhaupt bin ich auch etwas aufgeregt und die Katzen sind extrem kuschelbedürftig… Langer Rede kurzer Sinn: Ich schlafe nicht mehr ein. Gegen 6 gebe ich endgültig auf, mache mir einen Tee und beginne die Morgenroutine im Bett.
Dann stehe ich kurz vor 8 auf, packe meinen Rucksack fürs Büro, gieße die Pflanzen, fülle Wasser- und Futternäpfe auf, mache mir Müsli zurecht, schnappe mir eine Mate und gehe los. Auf dem Weg zur Tram telefoniere ich mit dem Liebsten und wecke ihn mit meinem Anruf. Der Glückliche! Im Büro angekommen, ziehe ich mir einen Cappuccino plus doppeltem Espresso-Shot (also drei Espressi) und gieße Milch in mein Müsli. Dann verbringe ich die drei Stunden der Fokuszeit mit Emails lesen, Live-Gesprächen mit Kolleg*innen und Arbeit am Großprojekt, das ich heute größtenteils abschließen kann. Ab um 12 darf es wieder Meetings geben und ich habe prompt eins mit Paris.
Danach gehe ich mit einem Kollegen in den Supermarkt nebenan und hole etwas zu essen. Bei einer Poke-Bowl mit Shiitake und Edamame in der Büroküche erzählen wir und andere Kolleg*innen über dies und das, danach trinke ich noch einen Espresso macchiato und dann geht es zurück an den Laptop. Um 3 habe ich ein Meeting mit Georgia, halb 5 eins live vor Ort und ab 5 dann eins mit Paris, Georgia und Nordengland. Dazwischen arbeite ich Dinge ab, schreibe meinen (Kurze-)Wochenbericht, richte meine Abwesenheitsnotiz ein und arbeite ein paar gebookmarkte Artikel und Videos ab.
Kurz nach 18 Uhr verlasse ich das Büro und fahre mit der U-Bahn zu einem bekannten Steakhaus in Mitte, wo schon der Liebste, seine Eltern und das Teilzeitkind warten. Wir speisen sehr lecker und zusammen und erfreuen uns aneinander. Ich entscheide mich für Wagyu-Carpaccio, Rib-Eye-Steak mit Pimientos de Padron und Chimichurri und geschmolzene Marshmallows mit Salty-Caramel-Sauce. Dazu gibt es Maracujaschorle.
Nach dem Essen ist es schon ganz schön spät. Der Liebste, das Teilzeitkind und ich fahren mit U- und S-Bahn nach Südberlin, wo alle unter 10 (höhö) sofort ins Bett gehen. Die anderen packen Geschenke ein und bereiten den Geburtstagstisch für morgen früh vor, schauen dann noch die neue Folge „Marvelous Mrs Maisel“ und liegen gegen halb 12 im Bett.
Ich glaube, es war Frau Brüllen, bei der ich den Begriff Erledigirl zum ersten Mal gelesen habe, bei mir in noch feministischer nun eben Erledigrrrl. So läuft nämlich dieser Tag, zumindest was den Nicht-Broterwerb-Teil angeht. Aber erst fängt alles ganz gemütlich an, mit der morgendlichen Routine im Bett, kuscheligen Katzen und einem Homeoffice-Tag am Schreibtisch – das Wetter ist wieder kühler und durchwachsen. Zum Frühstück gibt es Honig-Mandel-Müsli mit Apfel und eine Cuppa Tea. Über den Tag verteilt dann noch eine Kanne grünen Tee mit Minze vom Balkon und etwas Apfelsaft.
Der Arbeitstag beginnt mit einem kurzen Meeting mit Warschau und der anschließenden Dokumentation, dann folgt ein längeres Meeting mit Berlin und Potsdam – zwei der Beteiligten sitzen dabei sogar im Büro. Direkt im Anschluss verfolge ich eine Live-Diskussion zu KI in der Kommunikation und dann ist es auch schon Zeit für die Erledigrrrl-Mittagspause. Ich laufe eine Viertelstunde bis zum nächsten Handyladen und lasse mir dort professionell eine Panzerglasfolie auf das neue Privathandy applizieren – diesmal noch bevor es die ersten Sprünge im Display gibt, yay! Jetzt muss nur noch die Hülle ankommen, die Gehäuse und Kameras schützen soll… Auf dem Heimweg gehe ich in den Supermarkt und kaufe, was der Einkaufszettel hergibt – Waschmittel und Shampoo für Zuhause, Porridge und H-Milch für die drei Immergut-Frühstücke und einer spontanen Eingebung folgend dänische Remoulade.
Die nutze ich zuhause gleich für mein Mittagessen: Es gibt Sandwich mit Remoulade, Salat, Finocchiona und Waldmeister-Käse und dazu, weil es mir etwas wenig erscheint und die Tüte schon so lange abgebrochen ist, einen Rest Paprikachips. In Amerika isst man ja auch gerne Chips zum Sandwich.
Eigentlich hatte ich geplant, beim Meeting mit der Kollegin in Georgia zu essen, aber die hat verschlafen und bittet mich, auf morgen zu verschieben. So habe ich Zeit, an meinen verschiedenen Aufgaben zu arbeiten und die beiden letzten Meetings des Tages vorzubereiten. Das eine – mit Menschen in Illinois, London und dem Berliner Büro – dient mir zur weiteren Abstimmung im Großprojekt. Das andere ist das erste 1:1 mit meiner Chefin in Nordengland seit vielen, vielen Wochen – es war einfach nie Zeit. Danach bearbeite ich noch kurz ein paar E-Mails und Chats und dann ist auch schon wieder Feierabend.
Ich schnappe mir meine Yogamatte und packe meine beiden alten Handys (das kaputte private und das mindestens abgerockte ehemalige Diensthandy, beide vom Hersteller nicht mehr unterstützt) ein. Dann laufe ich durch stärker werdenden Nieselregen eine halbe Stunde zum Wertstoffhof, der ganz in der Nähe von der Physiotherapiepraxis liegt. Als ich ankomme, ist gerade Containerwechsel. Das Tor ist zu und es bildet sich eine lange Schlange von Fußgänger*innen, Fahrradfahrer*innen und Autos, die im Regen auf Einlass warten.
Nach etwa 10 Minuten dürfen wir rein und ich darf meine Handys in den entsprechenden Behälter (Elektroaltgeräte mit fest verbautem Akku) werfen. Zufrieden laufe ich zur Physiotherapiepraxis, wo – wahrscheinlich dank des neuen Handys – der Check-in fürs Yoga heute zum ersten Mal direkt klappt (Ich hatte allerdings in den letzten Tagen auch einen sehr langen und frustrierenden Mailverlauf mit dem Kundenservice der App, vielleicht haben die da auch nochmal was korrigiert.)
Zum Yoga sind wir heute wohl dank des Wetters nur zu dritt, so dass die Physiotherapeutin noch mehr als sonst auf unsere individuellen Symptomatiken eingehen kann – ich erkenne einige Übungen aus der Krankengymnastik wieder und wir machen nur Asanas, die für mich gut schaffbar sind – zumindest in vereinfachter Ausübung, etwa bei der Taube. Trotzdem habe ich selbst bei ganz einfachen Sachen, die sonst gut gehen, heute ziemliche Schmerzen und muss oft auf Ersatzhaltungen ausweichen. In dieser Atmosphäre kein Problem, zumal wir uns spirituell eh an einem Lagerfeuer am See aufgehalten haben – besonders schön und ausführlich angeleitet heute in der Anfangs- und Endmeditation.
Hinterher wieder die nassen Schuhe und die nasse Jacke anzuziehen ist dann weniger angenehm, aber man freut sich ja auch über jedes bisschen Regen aktuell. Ich laufe wieder eine halbe Stunde zurück nach Hause und telefoniere dabei mit dem Liebsten (zum fünften Mal heute, glaube ich). Zuhause angekommen bekommen erst die Katzen Futter und dann ich. Ich mache aus den letzten Pellkartoffeln von gestern Bratkartoffeln, die ich in Bärlauchbutter anbrate und werfe dazu den Rest Blattspinat in die Pfanne und am Ende noch ein Ei. Dazu gibt es den Rest Heringssalat und eine Feierabendlimo (Blaubeere-Salbei).
Dann ist es auch schon fast Schlafenszeit – ich höre weiter „Hagrids Hütte“ während ich das Katzenklo durchsiebe und mich bettfertig mache, liege gegen halb 11 im Bett und schlafe dann auf der ersten oder zweiten Seite von „Patria“ ein.