Laue Berliner Abende eignen sich ja seit jeher für gute Gespräche an frischer Luft. So gesehen war es ein großes Glück, dass für den heute geplanten Abend mit der besten Kollegenfreundin und zwei weiteren lieben Kolleginnen so schönes Wetter implementiert wurde. So konnte ich das alte Evergreen-Programm wieder auffahren und mein liebstes vietnamesisches Restaurant mit einem der besten Eisläden der Stadt und langem Draußensitzen und Reden kombinieren. (Das klappte letzten Sommer mit dem Fräulein schon so außerordentlich gut!) Und man kann jetzt auch tatsächlich schon bis nach 9 draußen sitzen, in T-Shirt und dünner Jacke, im Hellen. Die beste Jahreszeit ist definitiv angebrochen. ❤
Category: Freunde
Ein Stück Rostock in Berlin
Heute war so ein Tag, der dringend ein paar warme Worte in Rostocker Dialekt und den Blick auf große Wasserflächen brauchte. Allerdings konnte ich so spontan nicht in den Zug oder Bus steigen und das wäre auch mit meinen sonstigen Plänen kollidiert. Stattdessen traf ich mich mit einer lieben Rostocker Freundin, die ebenfalls in Berlin wohnt, an der Rummelsburger Bucht zum Quatschen. Wenn schon nicht ganz nach Ostsee, so fühlt es sich dort beim heutigen Frühlingswetter samt sanfter Brise doch zumindest ein wenig nach Stadthafen an, vor allem mit dem passenden Dialekt im Ohr. Danke meine Liebe, das war sehr nötig und sehr schön!
Im zweiten Wohnzimmer
Ich habe ja in Rostock studiert, unter anderem, weil ich die Stadt (speziell Warnemünde) und die Ostsee bereits aus familiären Gründen liebte – Papa wuchs hier auf, Oma und Opa lebten hier, als ich klein war und natürlich waren wir oft zu Besuch. Die Studienzeit ist natürlich eine sehr prägende und für viele die schönste Zeit des Lebens, ich glaube das war für mich auch so. Ich ging mit zwei weinenden Augen aus Rostock weg, um nach Berlin zu ziehen und es hat gedauert, bis daraus inzwischen zwei lachende Berliner Augen geworden sind. Trotzdem hat mich Rostock nie losgelassen und es zieht mich immer und immer wieder zurück in meine Herzheimat. Die Ostsee, die Menschen, das Lebensgefühl, die Freund*innen, die Familie…
Dass ich allerdings wirklich spätestens alle 2-3 Monate wieder nach Rostock fahre, das hat vor ungefähr zwei Jahren angefangen. Der Anlass für diesen ersten Besuch nach längerer Zeit war die Eröffnung eines Cafés. Ein lieber Freund aus Rostocker Zeiten war aus Berlin wieder zurück in die alte Heimat gezogen. Wir verbrachten kurz vorher einen netten Abend in einer Kneipe im Prenzlauer Berg und sprachen über seine Café-Idee, die er dann tatsächlich wahr machte. Ich fuhr also zur Eröffnung hin und habe nicht nur gemerkt, wie sehr mir Rostock in meinem Leben gefehlt hatte und wie gut es mir tut, immer wieder hinzufahren und aufzutanken – ich habe auch mein zweites Wohnzimmer entdeckt.
Das gemütliche Törtchenlokal in der KTV ist der Ort, den ich neben dem Warnemünder Strand bei jedem Rostock-Trip besuche – und zwar normalerweise an jedem Tag. Alles ist natürlich unglaublich lecker – Törtchen, Kuchen, Kekse, Apfelstrudel, Quiches und seit neuestem auch Frühstück. Vor allem lockt mich aber die Atmosphäre und dieses ganz besondere Zuhause-Gefühl. Stundenlang sitze ich meist dort und immer treffe ich liebe Bekannte und Freund*innen – teils verabredet, teils spontan und unvermutet. Das Café ist zum Dreh- und Angelpunkt meines Rostocker Freundeskreises geworden.
Heute ging ich – nach sehr kurzer, weil durchtanzter Nacht – gegen 11 hin und traf dort auf den Inhaber, eine Angestellte, den Bruder des Inhabers und den Hund des Bruders. Ich wurde herzlich begrüßt und bekam direkt einmal den Kuchenschaber zum Ablecken gereicht. Dann schaute ich beim Törtchenmachen zu und überlegte mir, was ich essen wollte. Teller, Brötchen, Croissants, Besteck und einen Käseteller nahm ich mir selbst, Kaffee und ein weiches Ei wurden für mich gemacht. Ich setzte mich zu Bruder und Hund an einen Tisch neben der Küche, aß, erzählte und gehörte einfach dazu.
Insgesamt war ich dann vier Stunden dort. In dieser Zeit gesellten sich zu uns an den kleinen Tisch – obwohl zu Beginn noch viele andere Tische frei waren, das große Törtchengeschäft findet am Nachmittag statt:
- Eine Bekannte von früher, die ich bestimmt 10 Jahre nicht gesehen hatte mit ihrer kleinen Tochter, von deren Existenz ich bis dato noch gar nichts gewusst hatte. Sie hatte gerade neue Dekoration für das Café genäht und kam auf einen Plausch vorbei.
- Die 10-jährige Tochter einer Bekannten, die regelmäßig Wartezeiten zwischen Terminen im Café verbringt und deren besondere Aufgabe es ist, die Schublade mit den Gratis-Süßigkeiten für Kinder zu überprüfen und aufzufüllen.
- Einer aus dem weiteren Bekanntenkreis, der gestern Abend auch beim Tanzen dabei war, aufs Klo wollte, einen Kaffee trank und sich einfach eine Runde dazusetzte und Partyplanungen für heute Abend anregte.
- Die Angestellte, die Formulare und Rechnungen der letzten Monate sortierte und nebenbei frühstückte.
- Der Inhaber, der mit den Törtchen fertig war, mit den Rechnungen half, frühstückte und nebenbei mit uns herumalberte.
Zu dem offiziell bestellten Frühstück gab es dann noch einen übrig gebliebenen Marzipantaler zu naschen und ich bekam einen kleinen Obstteller serviert.
Zwischendurch hatte ich ein Foto meines Frühstücks gepostet, das haben wir dann gemeinsam über die Seite des Cafés geteilt. Es bekam gleich eine Menge Zuspruch und dann klingelte das Telefon und jemand machte eine Reservierung zum Frühstück für morgen. Jetzt bin ich echte Influencerin!
Gegen 15 Uhr brach ich dann auf Richtung Strand – nicht ohne noch einen Proviant-Keks zugesteckt zu bekommen. Morgen gehe ich wieder hin, dann gibt es aber auf jeden Fall Törtchen!
Ein rundherum toller Tag
Obwohl das heute ein sehr müder Tag war, bin ich doch rundherum zufrieden mit ihm. Weil ich morgen erst so spät zuhause war, habe ich heute morgen erst die Post aufgemacht – darin einerseits ein wichtiges Papier, dass zur Organisation der nächsten Wochen hier benötigt wird und andererseits mein Ticket fürs Immergut. Vorfreude!
Auf dem Weg ins Büro schickt mir die zukünftige Mitbewohnerin Fotos aus Frankreich, von Kaffee und Gebäck. Natürlich muss ich mir dann auch gleich selbst was Süßes vom Bäcker holen, womit ich dann im Büro gleich Neid unter meinen zuckerfastenden Kolleg*innen hervorrufe. Selbst Schuld, Ihr Lieben 😉
Mittags hole ich mir im Supermarkt ein Süppchen. Anders als sonst gehe ich aber an den klassischen Mittagspausensnackangeboten vorbei und schaue mal, was sich bei den Konserven verbirgt. Und siehe da: Dort gibt es Bio-Suppen im Glas, zum gleichen Preis wie die Nicht-Bio-Suppen vorne in den Plastikverpackungen. Ich gönne mir eine Erdnusssuppe und dazu ein Mango-Lassi (das leider noch nicht ohne Plastik erhältlich ist, aber dringend sein muss – überhaupt gibt es trinkbaren Joghurt irgendwie nirgends im Glas…). Das Ganze esse ich dann mit zwei lieben Kollegen bei netten Gesprächen.
Nach der Arbeit lese ich zum ersten Mal seit Wochen in einem Buch – nämlich auf dem Weg, um mich dann endlich einmal wieder mit dem besten aller Fräuleins, diesmal auf eine große Portion Sushi, und natürlich wird es ein ganz zauberhaft wundervoller Abend und Mensch, bin ich dankbar, dass ich dieses Fräulein allzeit in meinem Team habe ❤
Und dann bin ich doch tatsächlich um 10 schon wieder zuhause und habe noch Zeit, in Ruhe zu duschen und Haare zu waschen, zu bloggen und trotzdem früh genug im Bett zu liegen, um den fehlenden Schlaf der letzten Nacht noch aufzuholen. In diesem Sinne: Gute Nacht!
#12v12 im März 2019
Es ist der 12. und halb Blogdeutschland dokumentiert seinen Alltag wieder in zwölf Bildern. Meine zwölf findet Ihr hier, die anderen gibt es hier.
Bevor ich los ins Büro gehe, mache ich noch ein Foto davon, wie mein „neues“ Zimmer so aussieht. Das Bett wird vermutlich noch ausgetauscht und evtl. kommt noch etwas Deko hinzu, aber so ungefähr wird es dann wohl werden. Eigentlich hätte ich gerne noch ein Foto gemacht, in dem der Laptop besser aussieht und mein Bein nicht so sehr im Weg ist (ich sitze im Schaukelstuhl), aber der Kater kam halt auch nur genau in diesem Moment unter dem Bett hervor…
Und so sieht die Ecke aus, in der ich gesessen habe. Hmm, den Spiegel könnte ich mal wieder putzen…
Im Büro angekommen stelle ich mir wie eigentlich jeden Morgen mein Frühstück vom Obstbuffet zusammen.
Dann gehts mit dem Team zum Kaffee holen, außerdem stehen Ginger Ale und Earl Grey bereit, um mich durch die ersten Arbeitsstunden zu begleiten.
Nach zwei Stunden habe ich eins meiner wöchentlichen Meetings, bei dem ich das Protokoll führe, wofür ich meinen Laptop hole, der sonst unter Verschluss ist.
Mittags gehe ich mir was aus dem Supermarkt holen.
Dann esse ich gemeinsam mit dem Team. Es gibt einen Süßkartoffel-Kichererbse-Eintopf und dazu ein Börek mit Spinat-Feta-Füllung.
Zum Feierabend hin wird noch schnell konspirativ Gemüse geschnippelt.
Dann treffe ich mich mit einer lieben Freundin beim Georgier. Es gibt natürlich Rotwein und die typischen Pasten als Vorspeise, dazu auch das traditionelle Brot mit Käse und Dumplings mit Pilzen. Soooo lecker. Hinterher nehmen wir einen Absacker in einer nahe gelegenen Craft Beer Bar:
Asiatische Lebenshilfe und 1000 Fragen
Nachdem es gestern mit der fernöstlichen Unterstützung schon so gut geklappt hat und mein heutiger Tag schon ziemlich toll war – mein Schlafdefizit ist fast weg, ich habe meditiert und Dinge erledigt, die Arbeit war entspannt und hat Spaß gemacht und nebenbei habe ich wieder gute Gespräche geführt und positive – oder zumindest konstruktive – Erkenntnisse gewonnen – habe ich große Hoffnungen, dass es genauso weitergeht.
Gerade sitze ich in einem Café und genieße zum Feierabend meine liebste taiwanesische Spezialität: Den Bubble Tea. Und zwar nicht diese quietschbunte, knallsüße Zeug, aufgrund dessen Ihr Euch ja fast zu Recht wundert, dass es Bubble Tea noch gibt, sondern authentischen, Tee-farbenen und normalsüßen (hätte auch wenig oder keinen Zucker bestellen können, aber da ich etwas hungrig bin…). Ich habe mich für gerösteten Oolong-Tee mit Aloe-Vera-Stückchen als Topping entschieden. Und jetzt findet Ihr Bubble Tea plötzlich auch wieder ganz verlockend, oder?
Und gleich treffe ich mich dann mit einer koreanischen Freundin zum koreanischen Essen. Das wird bestimmt auch wieder sehr super – und das erste einer langen Reihe von Dinner Dates diese Woche. Deswegen gibt es jetzt auch nur noch den nächsten Teil der 1000 Fragen für Euch…
Der Jawl fasst die Erklärung bei sich immer schön zusammen:
Die Fragen stammen übrigens übrigens ursprünglich mal aus dem Flow-Magazin, Johanna von pink-e-pank.de hat daraus eine persönliche Blog-Challenge gemacht und Beyhan von my-herzblut.com hat das PDF gemacht.
141. In welche Länder möchtest du noch reisen?
Oh, eine ganze Menge! In Europa alleine fehlen mir noch Portugal, Finnland, Griechenland und weite Teile Ost- und Südosteuropas. In Nord- und Mittelamerika warten Mexiko und Kuba noch auf mich sowie Teile der USA (vor allem die Westküste, der Südosten und Hawaii). In Kanada wäre die Westküste auch irgendwann mal dran und ich hätte auch nichts daran, nochmal nach Jamaika zu kommen… In Südamerika lockt mich vor allem Peru, schon aus kulinarischen Gründen, und von Chile und Argentinien kenne ich bisher auch nur den äußersten Süden… In Afrika fände ich vor allem die Gegenden spannend, in denen der Verein aktiv ist, für den ich mich engagiere, ich bin aber sichtbar, das vieles anderes auch toll wäre. In Asien locken mich vor allem Indien, Sri Lanka und der Südosten – wiederum vor allem aus kulinarischen Gründen. Außerdem ist eine liebe Freundin gerade nach Nepal gezogen und vielleicht besuche ich sie da einfach! Irgendwann würde ich gerne auch nochmal mehr von Australien sehen und wenn ich schon dabei bin vielleicht doch mal nach Neuseeland. Achja und Fiji wäre ganz schön, irgendwann…
142. Welche übernatürliche Kraft hättest du gern?
Beamen, das würde vieles (u. a. die obige Antwort) viel leichter machen.
143. Wann wärst du am liebsten im Erdboden versunken?
Neulich gab es da so eine Situation auf einer Parkbank, aber nur für eine Zehntelsekunde. Danach wurde alles sehr entspannt. Eine ernsthaft hochnotpeinliche Situation fällt mir grad nicht ein, ich bin da recht schmerzbefreit.
144. Welches Lied macht dir immer gute Laune?
Tonight I Have To Leave It von den Shout Out Louds wirkt wirklich jedes einzige Mal.
145. Wie flexibel bist du?
In den allermeisten Dingen bin ich sehr flexibel (also außer körperlich), in einigen sehr sehr wenigen gar nicht – daraus resultiert auch die Entwicklung der letzten Wochen.
146. Gibt es eine ungewöhnliche Kombination beim Essen, die du richtig gern magst?
Brot mit Quark, Ketchup und Kräutern der Provence. Brot mit Teewurst und dazu Obstsalat. Überhaupt Obst in der Kombination mit Herzhaftem – alles aus der Richtung Toast Hawaii (mit Salami und Apfel, Apfelsine oder Pfirsich unter dem Käse) zum Beispiel. Und natürlich Ananas und anderes Obst auf Pizza (außer auf italienischer, ich bin ja keine Barbarin).
147. Was tust du, wenn du in einer Schlange warten musst?
Wozu habe ich ein Smartphone? An der Supermarktkasse sonst auch gerne die Einkäufe der Anderen analysieren.
148. Wo siehst du besser aus: im Spiegel oder auf Fotos?
Eindeutig im Spiegel. Bewegte Bilder sind besser für meinen Look als Momentaufnahmen. Und mein Gesicht gefällt mir spiegelverkehrt auch besser, aber das geht uns ja vermutlich allen so – eine Frage der Gewöhnung.
149. Entscheidest du dich eher für weniger Kalorien oder mehr Sport?
Weder noch!
150. Führst du oft Selbstgespräche?
Mit zunehmendem Alter wird man wunderlich;)
Frauenkampftag 2019
Heute war es soweit: Zum ersten Mal ist der Internationale Frauentag in Berlin gesetzlicher Feiertag. Und da ich ja nun dieses Wochenende doch nicht in Prag bin, konnte ich den Tag auch gut für feministische Zwecke nutzen. Die ersten Stunden verbrachte ich damit, gut für mich selbst zu sorgen (ein nicht zu vernachlässigender Aspekt!): lange im Bett liegen bleiben, meditieren, gesund frühstücken, guten Tee trinken (schwarzer Tee mit frischem Ingwer, frischem Kurkuma und jamaikanischem Honig), Katzen kuscheln, Serien gucken, gesundes Mittag essen…
Die nächsten Stunden verbrachte ich gemeinsam mit meinen beiden Berliner Cousinen, dem Lieblingsnachbar und jeweils noch Freundinnen der drei auf der großen Demo zum Frauenkampftag. Vermutlich lag es daran, dass Feiertag war (und dass der Regen auch pünktlich zur Startzeit aufhörte), aber diese Demo war richtig groß und voll – zwischendurch sprachen die Veranstalter*innen von über 20.000 Teilnehmer*innen. Was mir außerdem aufgefallen ist: Es waren für mich überraschend viele Männer am Start. Natürlich verschätzt man sich da auch schnell, aber ich würde sagen das waren schon mindestens 30% und eher ein paar mehr – gerade bei den jüngeren Teilnehmer*innen.
Und das macht dann doch auch wieder ganz schön viel Mut und gibt Hoffnung für die Zukunft – trotz allem, was ich in den letzten Wochen darüber diskutiert habe, dass echte Gleichberechtigung nur gemeinsam erreicht werden kann und es eben nicht reicht, wenn man den Frauen “seinen Segen gibt”, aber selbst den Arsch nicht hochbekommt. Auch trotz der Tatsache, dass ich vor zwei Tagen tatsächlich vorargumentiert bekam, dass es doch wohl zu viel verlangt wäre, sich diskriminierungsfreie Schimpfwörter zu überlegen, wenn man seinen Frust über anstrengende Menschen, die zufällig Frauen sind, loswerden möchte und dass es doch völlig normal und quasi alternativlos ist, dann von einer dummen F*tze zu sprechen. Und natürlich trotz allem, was in letzter Zeit mal wieder durch die Medien gegangen ist und die Gemüter erregt hat. Trotz $218 und $219a, trotz AKK, trotz all der AltenWeißenMänner und des aktuell hochkochenden Backlashes:
Irgendwann werden wir in einer Gesellschaft leben, die noch diverser, inklusiver und gleichberechtigter ist als unsere heutige, und zwar für Menschen aller Gender, Geschlechter, sexuellen Orientierungen usw. Feminismus ist für alle da! Und wenn wir das endlich verstanden haben, dann lösen wir alle anderen Probleme auch irgendwie – gemeinsam!
Warum singen mich gesund macht oder Reise in die Vergangenheit
Nach dem Konzertbesuch neulich und besonders seit dem konspirativen Musizieren am Mittwoch musste ich wieder öfter an meine Chor-Vergangenheit denken, in der solche musikalische Zusammenkünfte zu meinen regelmäßigsten Freizeitbeschäftigungen gehörten. War das schön damals! Nun muss man wissen, dass ich eigentlich mit einem großen dicken Vorurteil gegenüber Chören aufgewachsen bin. Die Chormusik, die ich kannte, fand ich weitestgehend langweilig. Und die Chorleute, die ich kannte, kamen immer ziemlich sektenmäßig rüber. Das mag daran gelegen haben, dass die einzigen Chorleute, die ich bewusst wahrnahm, die von Ten Sing waren, einem kirchlich angehauchten Chorprojekt, aus dem bei uns zuhause z. B. Silbermond hervorgingen. Das wirkte von außen immer wie eine eingeschworene Gemeinschaft, die sich relativ undurchlässig nach außen hin abgrenzte und untereinander eine Friede-Freude-Eierkuchen-Gemeinschaft lebten, die mir irgendwie suspekt vorkam. Ein paar Jahre später gehörte ich dann zu genau so einer eingeschworenen Gemeinschaft, nur ohne den kirchlichen Aspekt. Die Gründe dafür? Freundschaft, Musik und Alkohol…
Wir schreiben das Jahr 2004 und ich studiere in Rostock. Die beste Kolleginnenfreundin (damals noch beste Kommilitoninnenfreundin) und ich gehen mindestens einmal pro Woche abends zusammen in unserem Lieblingsclub tanzen. Seit sie vor ein paar Monaten angefangen hat, in einem Chor zu singen, sind immer öfter auch verschiedene Chormitglieder dabei, die ebenfalls zu Freunden werden. Nach und nach entwickelt sich eine gewisse Routine: Montags Filmabend bei dem Freund, von dem ich bald erfahre, dass er der Chorleiter ist. Dienstags Tanzen im Club. Mittwochs Kneipenabend in der Chor-Stammkneipe und entweder donnerstags, freitags oder sonnabends nochmal Tanzen, je nach aktuellem Clubprogramm. Es sind übrigens Semesterferien, während des Semesters waren wir unter der Woche meist nur einmal tanzen… 😉 Jedenfalls, da Semesterferien sind, finden keine Chorproben statt, wohl aber die Nachprobenabende in der Kneipe. So lernen mein damaliger Freund und ich nach und nach den halben Chor schon auf freundschaftlicher Basis kennen, ohne jemals einer Probe beigewohnt zu haben. Bei den Abenden ist immer eine Gitarre dabei und irgendwann wird gesungen – Gassenhauer aus “Das Ding“, ein paar der Chorlieder (I Will Sing Hallelujah, Your Shining Eyes, Lift Your Head Up High…) und am Ende des Abends immer Nothing Else Matters in der Akustikversion inkl. jedes einzelnen Gitarrentons.
Am Ende der Semesterferien sind mein Freund und ich weichgeklopft und ab der ersten Chorprobe sind wir dabei. Ich weiß noch genau, dass wir an jenem ersten offiziellen Abend das bereits genannte I Will Sing Hallelujah endlich richtig lernten, außerdem Money Money Money von ABBA und You’re The One That I Want vom Grease-Soundtrack. Und nach der Probe ging es natürlich wieder in die Stammkneipe. Ab da gehörten wir endgültig dazu und für die nächsten 2-3 Jahre bestimmten der Chor und seine Mitglieder einen großen Teil meiner/unserer Freizeitgestaltung und weite Teile des Freundeskreises. Egal, was man geplant hatte – für jede Aktivität fanden sich Leute, die mitmachten. Zu den offiziellen Chorproben, Kneipenabenden, Chorfahrten, Probentagen und Konzerten kamen diverse Spieleabende, Filmabende, Parties aller Art, Grill-Sessions am Strand und im Stadthafen, Ausflüge zu Konzerten nach Stralsund oder Berlin… Dazu kam unser Forum auf der Chor-Webseite sowie ICQ und Co., über die wir miteinander kommunizierten, wenn wir uns nicht sahen.
Aber eigentlich sahen wir irgendjemanden aus dem Chor ohnehin jeden Tag. Mein damaliger Freund und ich wohnten sehr zentral in Rostock und so war unsere Wohnung oftmals der Treff- und Ausgangspunkt – mal geplant, mal spontan – für diverse Aktivitäten. Es gab eine Zeit, in der es täglich um ungefähr die gleiche Zeit klingelte und wir einfach nur noch die Tür öffneten. Eines der Chormitglieder wohnte quasi bei uns, weil wir ein Klavier hatten. Und eine Gitarre. Und eine Ukulele. Es bedurfte keiner Begrüßung oder Bedienung mehr, sie waren bei uns einfach zuhause, wussten wo alles war und gehörten quasi zum Inventar der Wohnung. Ich habe jede Menge tolle Leute über diesen Chor kennengelernt und einige davon gehören auch heute noch zu meinen engsten Freund*innen.
Aufgelöst hat sich das Ganze für mich irgendwann nach und nach, als sich auch der Rest meines Lebens änderte. Mit dem Freund war Schluss, irgendwann war ein neuer da. Ich lebte in einer WG, lernte neue Leute kennen und verbrachte sehr viel Zeit auf Konzerten, Festivals und in anderen Clubs als dem alten Stammclub. Eine Zeit lang ging ich noch regelmäßig zu den Proben, dann irgendwann nur noch unregelmäßig, dann nur noch zu den Kneipenabenden und irgendwann hörte auch das auf. Es hat halt alles seine Zeit. Und so ein Studierendenchor hat eine hohe Fluktuation. Menschen ziehen weg, neue kommen dazu, außerdem gibt es natürlich wie in jeder größeren Clique den einen oder anderen Konflikt aufgrund von geschlossenen und wieder gelösten Beziehungen einzelner… Irgendwann war es einfach nicht mehr das, was es mal war.
Heute aber habe ich mir die alten Noten nochmal vorgeholt. Mir ist nämlich in der letzten Zeit wieder bewusst geworden, wie gut mir dieses gemeinsame Musik machen tut. Und das Singen im Allgemeinen. Gestern und vorgestern war ich lange zu Fuß in der Stadt unterwegs und da ich meine Kopfhörer gerade irgendwie versaubeutelt habe, musste ich mir selbst was vorsingen. Da fallen mir dann oft die alten Chorlieder ein – Bohemian Rhapsody und Don’t Stop Me Now natürlich, aber auch viele andere, die ich nicht wie diese aus dem Stegreif auswendig zusammenbekomme. Deswegen also heute nochmal das Herausholen und Absingen des gesamten Repertoires – der Hase war nicht da und die Katzen sind mittlerweile relativ resistent meinem schiefen Gesang gegenüber. Und wieder einmal merkte ich: Singen ist gesund und wirkt ausgleichend und aufmunternd auf mich. Daher freue ich mich sehr auf die nun folgende Woche, in der ich nicht nur Besuch von meiner Musikstudentinnencousine bekomme, mit der ich bestimmt das eine oder andere Liedchen schmettern werde, sondern auch noch eine lustige Karaoke-Runde angesetzt ist. Denn wie sangen schon die Wise Guys:
Wenn die Luft aus der Lunge Richtung Kehlkopf fließt,
wenn das Stimmbandsystem alles gut verschließt,
wenn die Stimmlippen mitwippen, bis sie richtig schwingen,
bezeichnet man den Vorgang allgemein als ‘Singen’.
Der Kehlkopf ist dabei der Tongenerator,
die Stimmbänder sind gewissermaßen der Vibrator.
Über sechzig Muskeln geben Gas,
doch das Allerbeste: Singen macht Spaß!Sing!
Sing mal wieder –
Bach-Choräle, Pop oder Kinderlieder!
Sing (Sing mit)!
Band oder Chor,
oder sing dir in der Dusche selbst was vor.
Sing!
Sing wenn du verlierst!
Singen hilft immer. Aber nur wenn du’s probierst.
Sing (Sing mit)!
Auch wenn du gewinnst,
sing auch dann, wenn alle Leute denken, dass du spinnst.Wer nicht schön singen kann – na, der singt halt laut,
denn die Hauptsache ist, dass man sich was traut.
Nur mit Scheuklappen rumtappen? Was soll das denn bringen?
Mach’ dich einfach locker und fang an zu singen!
Wer singt, bei dem kann man ohne Sorge pennen,
weil böse Menschen eben keine guten Lieder kennen.
Das Singen, das öffnet dir Tor und Tür.
Und manche Leute kriegen sogar Geld dafür…Sing!
Sing mal wieder –
Rock, Punk, Soul oder Weihnachtslieder!
Sing (Sing mit),
Singen ist gesund!
Sperr die Ohren auf und benutz deinen Mund.
Sing!
Sing wenn du gewinnst!
sing, wenn alle Leute denken, dass du spinnst.
Sing (Sing mit)!
Auch wenn du verlierst,
Sing deinen Frust weg, bevor du explodierst.Sing im Stadion,
sing im Friseursalon,
sing in der Warteschlange,
sing trotz Zahnarztzange!
Sing im Abendrot,
sing auf’m Segelboot,
sing, wenn du spontan verreist,
sing, außer wenn du Dieter Bohlen heißt!
Sing, wenn du bei ‘ner Taufe bist,
sing, wenn die Taufe schon gelaufen ist,
sing zur Beförderung,
sing auch bei ‘ner Beerdigung!
Mobster Dinner: Balls
Relativ regelmäßig treffen wir uns ja an Freitagen mit einer großen Gruppe von Freund*innen zum Mobster Dinner. Der Name hat nichts mit der Mafia zu tun, sondern damit, dass beim allerersten Dinner, das unter dem Motto “Lobster” stand, scheinbar ziemlich viel gemobbt wurde (ganz liebevoll natürlich). Daraus entstand dann eben der M-obster. Gleich geblieben ist über die Jahre, dass es jeweils ein Motto gibt, das Mobben ist hingegen mal mehr, mal weniger intensiv.
Hätten wir den ersten Teil der Überschrift geklärt. Der zweite betrifft das heutige Motto: Balls. Auch dieses hat eine etymologische Entwicklung durchgemacht, denn ursprünglich ging es dabei mal um Meatballs. Anglophile können sich vielleicht ungefähr vorstellen, auf welchen Umwegen wir von Meatballs im Speziellen zu Balls im Allgemeinen gekommen sind. Einen kulinarischen Grund gibt es aber auch: Vorspeise und Dessert bleiben fleischfrei, aber dennoch kugelig.
Jetzt essen, nicht mehr schreiben!
Zwei legendäre Abende
Ich habe ja noch gar nicht richtig von den letzten beiden Abenden erzählen können, die jeder für sich genommen und in ihrer Gesamtheit ziemlich legendär waren. Die richtigen Menschen zur richtigen Zeit gemeinsam am richtigen Ort waren das.
Es begann am Dienstagabend mit dem Geburtstag meiner Mama, bei dem außer dem Hasen und mir mehr so Leute der Elterngeneration waren – Verwandte ebenso wie alte und vergleichsweise neue Freunde. Es gab gutes Essen und guten Wein und ziemlich schnell drehten sich die Gespräche um Vergangenes. Gemeinsame Erinnerungen von Menschen, die sich seit über 40 Jahren (und teilweise über 60 Jahren) kennen. Der Hase und ich konnten uns bequem auf dem Sofa zurücklehnen und einem ganz besonderen Schauspiel beiwohnen.
Es ist ja so eine Sache mit der Erinnerung: Sie ist subjektiv, selektiv und mitunter auch schlicht und ergreifend spekulativ. Da sitzen also Menschen beisammen, die vor 45 Jahren eine (oder zwei?) Reisen zusammen unternommen haben und als Rucksacktouristen durch Bulgarien getrampt und in den dortigen Hochgebirgen gewandert sind.
Aber da fängt es schon an: Waren denn alle auf beiden Reisen dabei? Oder hat diejenige Recht, die steif und fest behauptet, nur ein einziges Mal in Bulgarien gewesen zu sein? Und zu welchem der männlichen Mitreisenden gehörte eigentlich “die anstrengende Freundin”, an die sich alle erinnern? Wer hat wann wo weswegen gekotzt? Wer schlief mit wem in welchem Zelt? Und als sie nach dem Regen mit den Schäfern zusammen am Feuer saßen, wurde da ein Schaf frisch geschlachtet oder hatte jemand rohes Fleisch im Rucksack dabei? Und dann waren da doch in dieser Massenunterkunft diese beiden Schwulen, die die ganze Nacht über Sex hatten, so dass ein Mitreisender, der sich mit ihnen ein großes Bett teilte, nicht schlafen konnte? Wann war das nochmal und wo? Und wie sind sie da hingekommen? Und wer war nochmal dabei? Am Ende wird das Fotoarchiv zur Hilfe genommen, das natürlich längst digitalisiert ist. Die Fakten scheinen nun klar, aber die Erinnerung sagt trotzdem etwas ganz anderes… Was ist wahr?
Das war alles wirklich sehr, sehr amüsant anzusehen, gerade auch wegen der bestehenden Geschwister- und Liebesbeziehungen und der Art, wie sich diese auf die Gesprächsdynamik und Wahrheitsfindung auswirkten. Wir haben alle Tränen gelacht. Übrigens waren Filmschaffende unter den Gäst*innen. Solltet Ihr ähnliche Szenen also demnächst im Fernsehen sehen, dann wisst Ihr, woher die Inspiration kam… Was mir dabei noch aufgefallen ist: Anscheinend hatten meine Eltern eine viel wildere Jugend als ich selbst, ich sollte da evtl. dringend nochmal was nachholen!
Deswegen traf es sich auch sehr gut, dass ich am Mittwochabend direkt zu einem kleinen konspirativen Treffen geladen war, bei dem in der Ecke eines Fensters oben links im Großraumbüro (Kenner wissen) mit wenigen Handgriffen ein Lounge-Bereich in einen Probenraum verwandelt wurde. Schlagzeug, Bass, zwei Gitarren, Percussion-Spielereien… alles da. Und dann wurde da bis kurz vor Mitternacht musiziert, wobei mir vor allem eine beobachtende Rolle zukam. Aber wer mich kennt weiß: Wenn die Musik nicht so laut wär, dann wär sie auch nur halb so schön. Und wenn irgendwo Lieder gespielt werden, die ich mag, dann muss ich da auch mitsingen. Zum Glück wurde das von den Profis enthusiastisch begrüßt und die Gitarre war auch so laut, dass die schiefen Töne einfach verschluckt wurden.
So ging es kreuz und quer durch die Musikgeschichte – von Bob Marley über Rage Against the Machine und Nirvana bis zu Oasis, Die Ärzte, Fools Garden und Silbermond. Selbst ein katholisches Kirchenlied wurde von den drei anwesenden Katholik*innen verpunkt und zu Gehör gebracht, während die vier anwesenden Nichtkatholik*innen (samt Hund) etwas ratlos durch die Gegend schauten. Besonders schön war auch, wie auf der Suche nach neuem Liedgut die Inspiration mal aus der einen, mal aus der anderen Ecke kam. Mal war es eine Bassline, mal ein Gitarrenriff, mal ein Drumbreak, das von den anderen erkannt und aufgenommen wurde. Nicht immer wusste ich sofort, um welchen Song es gehen sollte, aber einige habe ich dann doch als einzige mehr oder weniger sofort erkannt und mitgesungen, etwa den “Schunder-Song” und “Hurra” von Die Ärzte oder “Durch die Nacht” von Silbermond.
Am Ende hatte fast jeder mal am Schlagzeug gesessen und auch Bass und Gitarren wechselten regelmäßig die Besitzer. Und ich wusste mal wieder, dass ich zwar nicht wirklich gut singen kann (besonders in schwierigen Tonlagen, in denen ich innerhalb einer Strophe ständig die Oktave wechseln muss, um die Töne halbwegs zu erreichen), aber dabei wirklich unglaublich viel Spaß habe – zumindest wenn die Musik und die Begleitung stimmen. Zum Glück ist die nächste Runde bereits angesetzt und vorher treffe ich alle Beteiligten schon nächste Woche in der Karaoke-Kabine wieder ❤