Vorsatz-Pause mit Kuchen und Musik

Dieses Wochenende ist kein gutes für meine Vorsätze. Erst habe ich zwischen dem Freitagsdate, der “Wir haben es satt“-Demo und dem danach dringend nötigen Ausruhen und Serien gucken gestern komplett vergessen, zu meditieren und dann brachten mich regelmäßig stattfindende Prozesse an meinen primären Geschlechtsorganen heute dazu, auf das zweite Training diese Woche zu verzichten und noch einen eher ruhigen Tag einzulegen. Da die kommende Woche schon relativ vollgepackt ist, könnte das auch bedeuten, dass ich es nächste Woche auch nur einmal zum Sport schaffe, da ich erst am Donnerstag den ersten freien Abend dafür habe.

Das Schöne an Vorsätzen ist ja aber, dass sie dafür da sind, dass man sich mit ihnen besser fühlt und sich eben gerade nicht durch sie unter Druck setzen lässt. Deswegen mache ich mir deswegen jetzt einfach gar keinen Stress und blogge* eben über die Dinge, die ich stattdessen getan habe.

Der Tag begann damit, dass ich eine Playlist mit Lieblingssongs übersendet bekam, nachdem ich gestern Nachmittag einen Kollegenfreund/Freundkollegen/Kollegen/Freund (irgendwie so, ich arbeite noch an der Definition) im Auftrag des Hasen nach seiner Lieblingsmusik befragt hatte. Schon während ich diese Frage stellte, wurde mir bewusst, wie schwer sie eigentlich zu beantworten ist. Ich habe ja u. a. über “High Fidelity” meine Master-Arbeit geschrieben und Top-5-Listen sind ein Motiv, das sich durch das gesamte Buch zieht. Und eben auch, dass es unmöglich ist, sich wirklich auf eine All-Time-Favorite-Top-5 festzulegen.

Einerseits gibt es dafür viel zu viel tolle Musik und niemand, der Musik ernst nimmt, kann ernsthaft eine abschließende Rangfolge finden. Und andererseits hängt die Rangfolge immer von diversen Faktoren ab. Je nach Stimmung und Zeitpunkt ist sie anders. Es spielt auch eine Rolle, wem man seine Liste mitteilen möchte. Je nach (geschätztem) Musikgeschmack der oder des Fragenden sähe meine Liste sicherlich anders aus – etwa leicht an den Geschmack desjenigen angepasst oder mit Absicht komplett entgegengesetzt, auf Gemeinsamkeiten konzentriert oder in dem Bestreben, der anderen Person vielleicht neue Horizonte zu eröffnen.

Ich persönlich habe dann immer noch die Frage einer E- oder U-Liste. Wähle ich die Musik aus, von der ich weiß, dass sie qualitativ die hochwertigste ist? Oder die Musik, die ich am meisten feiere, auch wenn ich weiß, dass sie niveautechnisch nicht allzu viel reißen kann? Oder doch eine Mischung aus beidem?

Ich entschied mich für eine Mischung, mit leichtem Fokus auf Gitarrenmusik, die zu Bewegung einlädt. (Was ja auch im Großen und Ganzen genau meinem Musikgeschmack entspricht, aber ich habe dann eben auch ein paar Guilty Pleasures weggelassen bzw. von den Guilty Pleasure Bands Stücke gewählt, die ungefähr in diese Richtung gehen.) Zum Zusammenstellen bin ich nicht danach gegangen, was mir als erstes einfällt (was auch eine Option gewesen wäre, aber möglicherweise nicht so allumfassend), sondern habe zunächst meine bestehenden Playlisten nach “Best of the Best”-Kriterien gefiltert, dann einiges ergänzt, was mir assoziativ ins Hirn sprang und bin dann zum Schluss noch Vorschläge durchgegangen, die mir der Algorithmus dazu machte. Dabei kamen auch noch der eine oder andere Song dazu, der mir vorher schlicht nicht in den Kopf kam. Herausgekommen ist eine Playlist mit über 10 Stunden Spieldauer, die in den nächsten Wochen sicher noch regelmäßig weiter wachsen wird, im Shuffle-Modus abgespielt werden sollte und mir heute schon sehr viel Freude gemacht hat:

(Aus irgendeinem Grund klappt das Einbetten hier leider nicht…)

 

Dass ich ganz schrecklichen Appetit auf diesen Kuchen bekommen würde, habe ich mir schonmal eine Packung Chocolate Chip Cookies aufgemacht und genascht. Dann aber klingelten die Nachbar*innen von letzter Woche und brachten uns etwas von ihren selbst gebackenen Muffins und Kuchen (große Nachbar*innenliebe!) und DANN stellte sich auch noch heraus, dass meine Sorge ganz unbegründet gewesen war: Der beste Hase der Welt hatte meinen begehrlichen Blick richtig gedeutet und neben dem großen Kuchen für die Kollegin auch noch einen kleinen für uns gebacken. Kuchentechnisch ist dieser Sonntag also eine 10/10.

 

*Das tägliche Bloggen schaffe ich erstaunlicherweise immer noch und darauf bin ich ehrlich gesagt auch am stolzesten.

Lebensrealitäten

Dieses Wochenende wird mir trotz G20 in Erinnerung bleiben als eines voller Herzlichkeit, spannender neuer Menschen und extrem gegensätzlicher Lebensrealitäten. 

Am Freitagabend trikontinentales Dinner in einer doppelstöckigen Altbaudachgeschosseigentumswohnung in Ku’dammnähe, gekocht im Schatten einer Kitchen Aid und unter Verwendung von gefühlt der Gesamtkollektion von Le Creuset. Samstags im Schrebergarten Werkeln und Grillen in Pankow-Rosenthal mit DDR-Geschirr. Südafrikanisches Bobotie mit KaDeWe-Chutney und Curcuma-Pulver von Ja! im Dachgeschoss und Milchreis mit Apfelmus, Mandel-Aprikosen-Kuchen, Johannisbeer-Baiser-Kuchen und Kokoswasser im Garten.

Weltbürgertum und Einsatz für Opfer von Ausbeutung, Verfolgung und sexueller Gewalt zum Einen (in Pankow wie in Charlottenburg), Verschwörungstheorien und Angst vor Islamisierung in Deutschland zum Anderen. Linksgrünversiffte unterbezahlte Kunst-Wissenschaft-Sozialberufe-Twitter-Bubble mit viel Flausch auf der einen Seite, Startup-Gründer-nach-Millionen-Exit mit ebenso viel Flausch auf der anderen. 

Der gefühlte aktuelle Stern der deutschen Bloggerszene kennt die Dörfer der Hasenheimat ebenso gut wie indische Slums und sudanesische Kriegsgebiete; der Urberliner CPO volunteert in afrikanischen Schulen und sein ehemaliger Mitschüler und sehr guter Freund arbeitet bei einem Anzeigenblatt in Köpenick. Beim gemeinsamen Unkraut jäten zeigt sich, dass vor den Unbillen von Natur und Medizin alle gleich sind.

Dazwischen viele kleine niedliche Babies und viel zu lachen. Am Ende sind sich alle gar nicht so unähnlich, wie man vermuten würde. Der Islamistenfürchter grillte bereitwillig koschere Grillspieße, obwohl er “noch nie einen Juden gesehen hatte”; Südafrikaner und Australier lachten gemeinsam mit Deutschen über nicht jugendfreie Witze und amerikanische Rednecks und über die Bedeutung von gutem Essen waren sich sowieso alle einig. 

Vielleicht muss man die einfach alle mal zusammenbringen, dann gibt es Hoffnung.

Alles hängt mit allem zusammen
Alles hängt mit allem zusammen

Anyone we know dead?

Voldemort hat das Ministerium übernommen, alle wichtigen Positionen sind mit Todessern besetzt worden und der Widerstand formiert sich im Verborgenen. Jeden Morgen nach dem Aufwachen die bange Frage “Anyone we know dead?”… Die momentane weltpolitische Lage weckt in mir jede Menge Harry-Potter-Assoziationen. Der erste und der letzte Blick des Tages gelten Twitter, wenn noch Zeit bleibt folgen in geringerem Maße Facebook, YouTube und SPON. Bei allem, was vor sich geht bleibt mir oft nur das Liken und/oder Retweeten, denn für alles andere fehlen Kraft, Energie und Überblick.

Poohead
Bild vom Women’s March in Berlin

Die Augen verschließen und einfach nur hoffen, dass alles bald wieder gut wird kann ich aber auch nicht. Ein paar Serienfolgen hier und da schaffe ich, aber für größere eskapistische Ausflüchte in Form von Spielfilmen oder gar Büchern reicht es momentan irgendwie nicht. Beim Nicht-Verrückt-Werden helfen hoffnungmachende Aktionen wie der Women’s March, die Proteste gegen den Muslim Ban, Kommentare von Stephen Colbert, Seth Meyers, Trevor Noah oder Samantha Bee und die inoffiziellen Twitter-Accounts von NASA und EPA.

Und dann gibt es ja trotz allem immer noch das eigene Leben, das mitunter auch ne Menge Aufmerksamkeit verlangt. Die letzten Wochen und Monate waren vom medizinischen Standpunkt aus gelinde gesagt aufregend, man drücke die Daumen, dass da jetzt langsam mal Ruhe einkehrt. Auf Arbeit gerät momentan auch einiges in spannende Bewegung und verlangt gesteigerte Aufmerksamkeit.

Und dann gibt es auch noch die positiven Nachrichten. Die beste Freundin bekam ihr zweites Kind und der Fratz somit eine kleine Schwester. Die beiden im Sommer erfolgreich verheirateten Freundinnen sind kurz davor, das Projekt “Umzug nach Berlin” abschließen zu können. Genauso geht es “unseren” Syrern. Am Montag konnten die drei nach fast zwei Jahren endlich ihre Mutter und Schwester wieder in die Arme schließen, die im Rahmen der Familienzusammenführung ein Visum bekommen haben und jetzt mit in der kleinen 1,5-Zimmer-Wohnung in Neukölln wohnen. Sogar oberleckere Süßigkeiten haben sie noch aus Damaskus mitgebracht. Der Hase verbrachte einen guten Teil der letzten Woche damit, den beiden bei den unendlich vielen Behördengängen zu helfen. Die Hochzeit von Bruder und Schwägerin-in-spe schreitet außerdem mit riesigen Schritten voran und gestern haben der Hase und ich mit vereinten kreativ-kulinarischen Kräften und professioneller Unterstützung die Hochzeitstorte entworfen und bestellt. Apropos Bruder, der ist jetzt auch auf Twitter, ebenso wie die Teeniecousine, die außerdem auch noch YouTube unsicher macht.

Außerdem habe ich mir in den letzten Wochen den regelmäßigen Kuchenkonsum meiner Kindheit und Jugend wieder angewöhnt, im Zuge dessen backe ich nachher auch endlich mal wieder, nämlich diesen Orangen-Mandel-Kuchen.

Es ist also nicht alles schlecht. Vielleicht gibt es sogar ab und zu was zu bloggen, das wäre doch auch schön, nachdem ich aufgrund des Schweigens der letzten Wochen bei den Iron Bloggern schon punted bin.

#12von12 im Oktober 2016 – Herbstwetter-Edition

Immer am 12. eines Monats machen Blogger:innen zwölf Fotos von ihrem Tag. Diesmal bin ich auch wieder dabei, die anderen gibt es wie immer bei Caro.


Honibuftis

Der Hase hat in meiner Abwesenheit Lust auf klebrig süße Frühstückscerealien bekommen und einfach mal welche gekauft, was ich aber erst gestern Abend gesehen habe. Heute morgen habe ich mir dann direkt ein Tupperdöschen voll mitgenommen, die Milch dazu gibts im Büro. So hatte ich seit langem mal wieder “Honibuftis”, wie sie bei uns in der Familie heißen. Standen früher immer bei Oma in der Wohnstube herum und wurden von Enkeln und (mindestens) einer Tante trocken aus der Hand genascht. Erinnerungen!

 

Mittag

Der Vormittag im Büro plätschert ohne besondere Vorkommnisse vor sich hin. Früher als sonst bekomme ich wieder Hunger, woran das wohl liegt 😉 Zum Mittag mit der besten Kollegin-Freundin gibt es vom Hasen zubereitete Kartoffelsuppe und für sie Pellkartoffeln mit Quark. Die frischen Komponenten spendiert der Arbeitgeber dazu.

 

Photoshop

Kaum wieder am Platz taucht dieses von Photoshop arg verunstaltete Foto auf und sorgt für Heiterkeit – kommt uns natürlich nicht auf die Seite!

 

Kicker

Zum Feierabend laufe ich durch unseren neu gestalteten Eingangsbereich und amüsiere mich über das Schild am Kickertisch, das darum bittet, nicht zu viel Lärm zu machen. Wer schonmal gekickert hat, weiß, wie sinnvoll und zielführend das ist…

 

Verspätung

Die U2 verkehrt pünktlich zum Feierabend unregelmäßig. Ich warte also zunächst erstmal 12 Minuten auf eine Bahn, diese ist dann natürlich brechend voll. Ebenso die drei Minuten später. In die dritte passe ich dann hinein (genau wie gestern….).

 

Laub

Als ich zum Sport laufe, dämmert es bereits. Was hier wie buntes Herbstlaub aussieht, ist allerdings in Wirklichkeit noch grün und wird nur von orangenen und roten Neonschildern erleuchtet.

 

Sport

Auf dem Weg zum Sport bin ich allerdings in meine erste Herbstpfütze getreten und durfte feststellen, dass Schuhe aus Baumwolle natürlich nicht wasserfest sind.

 

Kastanien

Als ich das Sportstudio verlasse, ist es endgültig dunkel. Zuhause erwartet mich der Anblick eines kompletten Esstisches voller zerkleinerter trocknender Kastanien. Aus denen will der Hase den Winter über immer nach Bedarf nachhaltiges Waschmittel herstellen.

 

Kater

Der Hase ist heute Abend bei unseren syrischen Freunden. Ich nehme mir also die neuesten Serienfolgen mit in die Küche und koche mir was schönes. Der Kater ist wie immer neugierig.

Gemüse

Heute verarbeite ich letztes Gemüse – Paprika vom Balkon, Zucchini und Tomaten aus dem Garten der Hasenfamilie. Eine Schale voller Cocktailtomaten vom Balkon haben wir dann noch übrig, die halten sich aber noch eine Weile.

 

Gebackenes Gemüse

Inspiriert von Rachels dieswöchigem Rezept im Guardian Cook wird das Gemüse mit viel Olivenöl, Salz, Pfeffer, Knoblauch und Oregano ganz langsam im Ofen geröstet. Am Ende ist es so weich, dass es auf der Zunge zergeht und wahnsinnig aromatisch. Besonders die Paprika und Tomaten werden regelrecht süß und leicht rauchig, genau wie Rachel es beschreibt. Dazu esse ich Couscous. Die Reste bleiben für das Mittagessen morgen, dann wahrscheinlich kalt, denn laut Rachel schmeckt das dann sogar noch besser!

 

Kuchen

Und weil mir so herbstelig ist, mache ich mir zum Nachtisch das letzte Stück des Apfel-Streusel-Kuchens, den der Hase am Wochenende gebacken hat, warm und mahle mir frischen Zimt darüber. Wie schon Sookie über den Gurkenduft sagte: If you can’t fight it, embrace it! Die Heizung haben wir jedenfalls inzwischen auch angemacht…

Tagebuch-5 im Oktober 2016: #cousiniza Hippie-Watching auf Ibiza

Es ist mal wieder der 5. und wie jeden Monat fragt Frau Brüllen wieder: WMDEDGT? Ich habe heute auf Ibiza Hippie-Watching betrieben…

Nach einer sonnenbrandbedingt etwas unruhigen Nacht wachen die Twencousine und ich so gegen 8 Uhr in unserem AirBnB-Zimmer in Eivissa auf. Etwa eine Stunde später sind wir beide abmarschbereit, das dauert vor allem deshalb so lange, weil mit uns noch eine wechselnde Anzahl anderer AirBnB-Gäste plus ab und zu auch der Gastgeber in diesem (wunderschönen und toll gelegegen!) Apartment haust, es aber nur ein Bad gibt. Kurz nach 9 sitzen wir dann jedenfalls in einem Café an der Flaniermeile Vara de Rey und ich bestelle mir das perfekte Frühstück: Churros mit heißer Schokolade und einen großen frisch gepressten Orangensaft.

Churros

Während ich in diesen Köstlichkeiten schwelge, starrt die Twencousine fasziniert auf einen süßen Welpen am Nachbartisch (sie ist eine Hundenärrin). Als dessen Besitzerin mal kurz verschwinden muss, bekommt sie die ehrenvolle Aufgabe, den Hund namens Cor zu beaufsichtigen und löst diese mit Bravour – Streicheleinheiten gegen freundliche Knabbereien an den Cousinenfingern.

Hund

Als Cors Frauchen zurück ist, nehmen wir dann den Bus nach Es Canar, einem kleinen Badeörtchen etwas die Küste hinauf, das für seinen jeden Mittwoch stattfindenden “Hippie-Markt” bekannt ist. Ibiza war ja schon weit vor der aktuellen Elektro-Party-Szene eine Hochburg der Subkulturen und besonders der Norden ist auch heute noch von den Hippies geprägt, die seit den 60ern ihr Lager hier aufschlugen.

Es Canar

Allerdings hat der Hippie-Markt, oder wie hier geschrieben “Hippy Market” (sic) nicht mehr viel von authentischer Hippie-Kultur. Die Subkultur wird zum Tourist:innen-Ereignis und alle paar Meter hört man Leute im breitesten süddeutschen Dialekt miteinander reden. Das reißt uns dann auch regelmäßig aus der entspannten Urlaubsstimmung heraus. Ich frage mich auch, wie viele der Tourist:innen, die hier im knalligen Ganzkörper-Batik-Outfit herumlaufen, zuhause auch so herumlaufen und wie viele von ihnen sich zuhause wieder in massentauglichere Alltagsklamotten schmeißen, die BILD lesen und AfD wählen… (Ja, der Satz “Isch guck mal, ob isch ne BILD-Zeitung finde.” fiel vor ein paar Tagen in unserer Hörweite.) Angesichts der Mehrzahl des Publikums ist dieses Foto leider sehr treffend:

Hippie-Markt

Es ist aber nicht alles schlecht und neben allerlei Tand und Tinnef gibt es dann doch auch einige Stände mit schönen Waren und authentisch wirkenden Verkäufer:innen und Kund:innen. An solchen kaufe ich mir dann einen mangogelben Pareo mit türkisfarbenen Eidechsen drauf, die Cousine schlägt bei Schmuck und Hunde-Equipment (natürlich!) zu und als wir einen Stand mit handgemachten peruanischen Schuhen aus Baumwolle mit traditionellen Mustern und Sohlen aus recycletem PVC vorbeikommen, werden wir sogar beide fündig.
Hippie-Markt

Voll bepackt mit tollen Sachen, die das Leben schöner machen besteigen wir einen Bus nach Santa Eulalia des Rio, wo wir in einen weiteren nach San Carles umsteigen. Dort befindet sich die Bar Anita, die sich als zentrale Anlaufstelle für alle Hippies bewährt hat, die im Norden von Ibiza relativ abgeschieden leben und die Bar als ihre Postadresse benutzen – der eine oder andere von ihnen bezahlt seine Rechnung gerne in Kunstwerken, so dass die Wände des gemütlichen Lokals voll hängen.

Bar Anita

Hier gibt es laut der Twencousine das beste Allioli (katalanische Schreibweise) der Welt, was natürlich sofort überprüft werden muss. Und wirklich, es ist verdammt lecker! Die Oliven auch, was mich sehr freut, denn da die Cousine diese nicht mag, hab ich sie ganz für mich allein.

Allioli

Zum Hauptgang gibt es dann ausnahmsweise mal nichts Spanisches, sondern kubanischen Reis mit Ei, Bacon, Bananen und Tomatensauce. Ist ganz OK, aber ich bin dann doch traurig, dass ich mich nicht an die lokalen Gerichte getraut habe. Das auf Foursquare hochgelobte Gericht mit rotem Reis, Pute und gegrillten grünen Tomaten fand ich nicht auf der Karte und bei den Fisch- und Fleischgerichten steht jeweils nur die Hauptkomponente da, die mich weniger interessiert als die eventuellen Beilagen. So habe ich gekniffen und schaue dann nur neidisch auf die Teller an den Nebentischen, die durchaus appetitlich aussehen. Bis wir am Sonnabend wieder abfliegen, muss ich auf jeden Fall nochmal authentische ibizenkische Küche ausprobieren (was in einem Touristenort wie Eivissa nicht ganz trivial ist: Überall gibt es italienische Restaurants, Burger, Sandwiches, Sushi und Tapas, aber die Restaurants mit lokaler Küche sind rar gesät und sehr sehr klein – als wir am ersten Abend zu einem wollten, stand schon zehn Minuten bevor es um 20:30 Uhr aufmachte eine lange Schlange davor.

Arroz Cubano

Wenigstens zum Nachtisch wird es dann doch noch ibizenkisch – zum Kaffee gibt es Flao, einen Käsekuchen mit Minze und Thymian und hinterher Hierbas, den hiesigen Kräuterlikör, von dem ich auch unbedingt noch ein Fläschchen kaufen muss.

Flao und Hierbas

Kugelrund und leicht angetüdert (die Cousine mag keinen Alkohol, so dass ich den Großteil ihres Glases mit austrinken muss) verlassen wir nach über zwei Stunden die Bar und sehen uns draußen noch die Kirche von San Carles an. Vor ihr steht ein riesiger alter Johannisbrotbaum, an dem 1936, während des spanischen Bürgerkriegs, die Republikaner den Pfarrer und seinen Vater aufhängten, die sie zuvor vom Glockenturm aus beschossen hatten.

San Carles

Im Schatten des Baumes warten wir dann auf den Bus zurück nach Eivissa, der uns in etwa einer Stunde wieder zurück bringt. Wir laufen mit einem kleinen Umweg über den Rolex-Laden (die Cousine lernt Uhrmacherin und kann sich stundenlang Uhren ansehen) zurück zum Apartment. Hier packen wir unsere Einkäufe aus und ich mache ein Foto von meiner Beute für den Hasen und das Internet. Dann wird gebloggt und gleich schauen wir noch, was Netflix uns für den Rest des Abends zu bieten hat, wenn wir schon ausnahmsweise mal früh “zuhause” sind.


Schuhe und Pareo

Tagebuch-5 im September 2016

Es ist der 5. und wie in jedem Monat fragt Frau Brüllen wieder: WMDEDGT?

Ich wache eine knappe halbe Stunde vor dem Weckerklingeln auf und habe direkt Kopf und Rückenschmerzen. Das zieht sich schon ein paar Tage und will mir wahrscheinlich sagen, dass es mal wieder Zeit für Sport ist, immerhin sitze ich seit zwei Wochen wieder im Büro herum. Zum Glück ist der Hase auch schon wach, obwohl er eigentlich ausschlafen könnte, und so komme ich in den Genuss einer morgendlichen Massage, nach der es mir schon deutlich besser geht. Obendrein mixt er mir dann auch noch einen Smoothie zum Frühstück – so könnte eigentlich jeder Tag anfangen! Fürs zweite Frühstück im Büro nehme ich mir selbstgemachte durchs nicht-Öffnen und Liegenlassen einer Flasche Milch entstandene Dickmilch mit Brombeermarmelade mit, in die ich vor Ort noch ein paar Haferflocken streuen werde.

Draußen herbstelt es gewaltig, was angesichts des Datums klar geht, aber gleichzeitig auch irgendwie unpassend erscheint, denn für die nächsten Tage ist wieder schönstes Hochsommerwetter mit bis zu 32 Grad angesagt. Wahrscheinlich möchte der Wettergott den Berlinern den ersten Montag nach den Ferien nicht zu schön machen, damit keiner bedauert, nicht mehr frei zu haben. Apropos Ferienende: Auf einen Schlag sind die Bahnen morgens wieder knackevoll – in der Tram bekam ich in den letzten Wochen immer einen Sitzplatz, heute ist nicht daran zu denken. Die erste U-Bahn lasse ich dann auch völlig überfüllt wegfahren, bevor ich in der zweiten einen Stehplatz ergattere. Und so geht das jetzt wieder monatelang…

Im Büro erst einmal große Freude, denn die beste Kolleginnenfreundin ist aus dem Urlaub zurück und es gibt gleich erstmal viel zu erzählen und eine Verabredung zum Mittagessen. Leider ist ein Kollege weiterhin krank, so dass ich auch diese Woche wieder mehrere Personen und Aufgabenbereiche vertreten werde. So komme ich in den Genuss eines wichtigen Meetings und zweier kürzerer Arbeitsaufgaben, die ich neben dem Tagesgeschäft angehen muss. Abgesehen davon geht der Tag einigermaßen entspannt voran.

Mittags schnippeln die Freundin und ich uns Salat und essen den gemeinsam, während wir uns über unsere jeweiligen Urlaubserlebnisse austauschen. Danach bleiben nur noch 2,5 Stunden Arbeit übrig, denn durch das wichtige Meeting essen wir erst ziemlich spät. Pünktlich um 17:30 verlasse ich das Büro und fahre zum Sport. Dabei muss ich am Alex umsteigen und freue mich wieder einmal, wie bunt und lebendig er doch in den letzten Monaten geworden ist – viele Leute aus allerlei Kulturen und Szenen sitzen herum und unterhalten sich, Straßenmusiker und -künstler zeigen ihr Können und obwohl es Montag ist, gibt es heute keine Demo von besorgten Bürgern und ein Volksfest ist auch gerade nicht. Toll!

Beim Sport mache ich nach nun mehr als 4 Wochen Pause eine unerwartet gute Figur, so dass ich danach sehr zufrieden mit mir nach Hause gehen kann. Dort füttere ich die Katzen, ruhe mich kurz vor dem Internet aus, tippe diesen Blogpost und mache dann gleich noch eine Mangold-Tortilla zum Abendbrot. Der Mangold kam gestern gemeinsam mit Kartoffeln, Zwiebeln, Tomaten, Äpfeln, Roter Bete, Kohlrabi, Zucchini, Bohnen, Eiern, Kuchen und (gekauftem) Schafs- und Ziegenkäse gemeinsam mit den Haseneltern hier bei uns an, die uns einen Sonntagsbesuch abstatteten. Die nächsten Wochen müssen wir also kaum Lebensmittel kaufen und können viel leckeres und selbstgezogenes verbrauchen. Juhu!

Beim Kochen schaue ich weiter Gilmore Girls und warte auf den Hasen, der gerade noch mit einem Freund zusammen an einem Projekt arbeitet, dass ich wohl nachher auch noch einmal begutachten und lektorieren werde. Dann endet der Abend wie üblich mit den Katzen auf der Couch. Ein guter Montag!

 

Queere deutsch-französische kirchliche Trauung mit Zitaten von Yoda und Mr. Spock

Der Pfarrer war nervös, aber enthusiastisch, als er am Samstag vor der Aufgabe stand, meine beiden Freundinnen kirchlich zu trauen. Nervös war er vor allem, weil der Gottesdienst zweisprachig, auf Deutsch und Französisch stattfinden würde, er selbst aber gar nicht Französisch sprach. Enthusiastisch war er, weil er sich gemeinsam mit dem Brautpaar im Vorfeld auf ein Science-Fiction-Thema für den Gottesdienst geeinigt hatte und er so Referenzen auf Star Wars und Star Trek in seine Predigt einbauen konnte. Dass das vor ihm stehende Paar aus zwei Frauen bestand und er somit die erste kirchliche Trauung eines lesbischen Paares in Offenburg durchführen würde, spielte in all dem nur noch eine sehr untergeordnete Rolle.

Das Science-Fiction-Thema zog sich nun tatsächlich durch den gesamten Gottesdienst. Anhand von sieben Etappen (ich hätte sie ja Episoden genannt, aber wer möchte perfektionistisch sein), verglich der Pfarrer die Ehe mit dem Aufbruch in eine neue Galaxie, mit dem Ausfechten von Konflikten, mit dem gemeinsamen Bestehen von Abenteuern… Ich habe mir nicht alles merken können, es endete aber mit der siebten Etappe, mit der Macht (der Liebe), die mit dem Brautpaar sein solle. „Möge die Macht (der Liebe) mit Euch sein“, ist ein wortwörtliches Zitat.

In den Trauversprechen kamen sowohl die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich als auch die ganz individuellen zwischen zwei Menschen zum Tragen. So versprach die eine Braut der anderen, niemals ein deutsches Bett mit zwei Matratzen statt einer durchgängigen zu kaufen, die andere wiederum versprach der einen, sie immer ausschlafen zu lassen. Dann folgte der Star-Trek-Bezug. Die eine Braut erzählte, wie sie gewusst hatte, dass die andere Braut für immer an ihrer Seite sein sollte, als diese nach dem gemeinsamen Anschauen von 200 Folgen Star Trek anfing, klingonisch zu sprechen. Sie versprach ihr ein gemeinsames „Live long and prosper“ und hob dabei die Hand zum entsprechenden Spock-Gruß (leider hatte niemand rechtzeitig die Kamera am Start).

Es gab vier Fürbitten, zwei auf Deutsch und zwei auf Französisch, die von vier Weggefährtinnen der Bräute verlesen wurden. Hier hatte ich meinen Einsatz und bat vor lauter Muttersprachlern in meinem dilettantischen Schulfranzösisch (und als Atheistin!) für die Familien und Freunde der Bräute.

Am Ende spielten Sohn (und Tochter?) des Pfarrers auf dem Klavier vierhändig den Cantina Song, den sie dann in Hevenu Shalom Alechem münden ließen, das zuvor bereits gesungen worden war und zu dem wir dann aus der Kirche auszogen. Zum Cremant-Empfang erklärte die Braut dann noch, dass der Mr.-Spock-Gruß aus der jüdischen Tradition stammt und im Prinzip auch Shalom Alechem, also „Friede sei mit Dir“ bedeutet. Dann aßen wir eine köstliche Regenbogen-Torte mit Erdbeeren, lauschten dem Gitarrenspiel und Gesang von Brautstiefvater und Brautonkel und machten Fotos.

Am Abend gab es dann Flammkuchen und Schokoladensoufflés, bevor wir auf dem gerade stattfindenden Stadtfest noch ein paar Songs einer Rockabilly-Soul-Blues-Country-Band beklatschten, zu denen Brautmutter und Brautstiefvater noch eine flotte Sohle aufs Parkett legten. Noch später fanden sich dann Bräute und Trauzeuginnen zu viert auf der heimischen Couch ein, pflegten ihre wunden Füße und ließen den wunderschönen Tag mit ein paar Folgen Gilmore Girls ausklingen.

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Markttag, Mispeln und mal wieder Pizza

Was macht man so an einem Sonnabend in der Toskana? Richtig, man geht auf den Markt. Hierzu fahren wir nach Volterra, wo der Wochenmarkt direkt neben den Ruinen des römischen Theaters stattfindet. Zu fast 90% besteht er aus Ständen mit Kleidung, Schuhen, Haushaltstextilien und anderem für uns uninteressanten Zeug, aber entlang zweier Seiten finden sich die spannenden Lebensmittelstände.

Bereits seit San Gimignano vor einer Woche gelüstet es dem Hasen nach Porchetta (Spanferkel), heute werden wir endlich fündig (vorher sah es immer entwedernicht so lecker aus oder wir hatten gerade gegessen.) Er nimmt also eine Porchetta im Panino und ich darf kosten. Wir finden es lecker, aber er noch ein bisschen mehr als ich 😉

Am nächsten Stand kaufen wir Wildschweinsalami und pikante Salami, am übernächsten Fenchelsalami (Finocchiona), wie sie Das Nuf immer für ihre Kinder bestellt. Dort kosten wir außerdem noch einen Schinken, entscheiden uns dann aber gegen den Kauf.

Gegenüber fotografiere ich den Fischstand – leider sind wir nicht mehr lange genug hier, um welchen zu verarbeiten. Am Gemüsestand bewundere ich Artischocken und Zucchiniblüten, aber mangels Kochchancen kaufen wir dann doch nur Marmande-Tomaten, Mispeln und Erdbeeren.


Einen Brotstand gibt es nicht, aber wir finden noch einen Bäcker, bei dem es außer Brot und Pizza sogar auch Kuchen und Kekse gibt – in Italien findet man die sonst normalerweise nur in der Pasticceria. Die Verkäuferin ist sehr happy mit unserem Großeinkauf – Brot, Kirsch-Crostata, Nusstorte und Cantuccini für zuhause – dass sie uns noch ein Miniküchlein schenkt und der Hase seinen gewünschten Keks umsonst bekommt.

Der nächste Stopp ist obligatorischerweise der Eisladen. Für mich gibt es heute Curcuma und Pinienkern, letzteres ist vegan, wovor mich der Verkäufer extra warnt. Schmeckt aber trotzdem sehr gut! 😉

Zuhause gibt es Kaffee, Kuchen und Obst und dann eine mehrstündige Siesta zum Schlafen, Dösen, Internet leer lesen und Podcast hören. Abends wollen wir dann wieder in die Pizzeria gehen, aber da es Sonnabend ist, ist alles ausgebucht. Man bietet uns aber an, unsere Pizza als Take-away zu nehmen. Dafür berechnet man uns auch nur einen geringeren Preis und weil unsere “Gastgeber” gute Bekannte der Inhaber sind, gibt es auch noch einen extra Rabatt. Am Ende gehen wir mit vier sehr leckeren Pizzen für 26 € zurück nach Hause. 

Meine Pizza heißt Lucrezia und ist mit Mascarpone, frischen Tomaten, Grana und Rucola – buonissima!

Spritzer, Schlieren und ein lachender Buddha

Heute habe ich gemerkt, dass das tägliche Meditieren und das Nichtstun der letzten Tage durchaus positive Nebeneffekte haben (also außer genug Schlaf und Zeit für aufwendige BBC-Literaturverfilmungen): Ich werde so langsam tatsächlich entspannter. Der heutige Morgen hätte mich zum Beispiel auch komplett aus dem Takt bringen und mir den Tag versauen können.

Beim Betreten des Bads stellte ich fest, dass sich vom Besuch verspritztes Duschwasser auf ungute Weise mit von den Katzen verteiltem Katzenstreu vermengt hatte und der Boden nun voller grauer, festgetrockneter, schlammiger Schlieren war. Was ich nicht feststellte, war, dass sich dazwischen auch ein recht frisches, noch weiches Stückchen Katzenkacke befand, in das ich trat, während ich versuchte, der Situation putzend Herrin zu werden. 

Also erstmal Ersatzhausschuhe holen, die dreckigen Hausschuhe Saubermachen und zum Trocknen auf den Wäscheständer legen und dann zusätzlich zu den grauen auch noch die braunen Schlieren aufwischen, die ich überall verteilt hatte. Dann spülte ich den Wischlappen in der Badewanne aus und stellte währenddessen fest, dass mir mein iPhone in die Wanne gerutscht war und es jetzt Gefahr lief, ebenfalls gespült zu werden. Ich konnte es noch gerade rechtzeitig herausfischen und die ganze Misere twittern.

Zum Frühstück gab es dann den letzten Silvesterpfannkuchen, den der Hase fein säuberlich teilte. Spätestens bei diesem Anblick war ich mit dem Tag versöhnt:   

    

Stollen und Stollenkuchen

Eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen überhaupt ist das Mandelnknipsen. Jedes Jahr Ende November, wenn es draußen ungemütlich und kalt wurde, saßen wir zusammen um einen großen Tisch – einmal bei uns in der Küche, einmal bei Oma in der Wohnstube – und befreiten Mandeln von ihren braunen Häutchen, damit sie dann gemahlen werden und in den Stollen wandern konnten. 24 Stollen hat meine Oma jedes Jahr gebacken, für die ganze große Familie, liebe Freunde und Kollegen – und zwar dies- und jenseits der Mauer. Der Dank von “Drüben” kam dann prompt in Gestalt von Westpaketen mit Kaffee, Schokolade und allerlei mehr, die an Heiligabend geöffnet wurden.

Heute werden weit weniger Stollen gebacken und die Töchter meiner Oma müssen es inzwischen selbst erledigen. Zu diesem Zweck schickte ich meiner Mutter dieser Tage übrigens ein paar abgezählte bittere Mandeln in einem wattierten Briefumschlag nach Kanada, denn so etwas Giftiges bekommt man dort nicht zu kaufen. Auch hierzulande wird es inzwischen schwierig. Vor einem Monat hatten wir weder in der Delikatessenabteilung noch im Bioladen hier in Berlin Glück. Jetzt aber gibt es sie laut meiner Tante sowohl im Reformhaus, als auch in Apotheken und wohl auch Supermärkten, zumindest in den traditionellen Stollengegenden.

Bittere Mandeln für den besonderen Kick

 

Süße und bittere Mandeln gehören wie gesagt geschält in den Stollen. In der DDR konnte man Mandeln nur mit Schale kaufen, also verbrachten wir lange Nachmittage damit, kiloweise Mandeln aufzukochen und aus der dann locker sitzenden Schale zu schnipsen, idealerweise in die Hand oder Schüssel, all zu oft auch auf den Boden, wo sich dann sofort Dackel Poldi darüber hermachte. Auch wir Menschen naschten die eine oder andere Mandel und erzählten dabei Geschichten, während eine um die andere Ladung Mandeln gebracht wurde. (Wenn die bitteren dran waren, gab es eine Warnung, ich habe trotzdem ab und zu mal eine gekostet, der Wissenschaft halber. Geschadet hat es mir wohl nicht, obwohl mein Bruder beim Lesen schon aus Prinzip widersprechen wird.)

Meditatives Mandelnknipsen – leider habe ich kein Foto der Unmengen Rosinen, die zeitgleich in kubanischem braunem Rum eingelegt wurden

 

Als wir letztes Wochenende in das Haus am Wald fuhren, freute ich mich sehr, dass wir zufällig genau zum Stollenbacken da sein würden, denn nichts ist schöner, beruhigender und meditativer, als sich an kalten Tagen bei schummrigen Licht im Familienkreis heiße Mandeln in den Händen wie Kiesel hin und her gleiten zu lassen und ab und zu eine in den Mund zu stecken. Schon allein deswegen werden wir wohl nie geschälte oder gar gemahlene Mandeln für den Stollen kaufen. Meine Tante, die sonst gerne über von mir fotografiertes und gepostetes Essen spottet, war diesmal sehr darauf erpicht, dass ich auch wirklich jeden Schritt der Stollenzubereitung fotografiere und ich tat ihr den Gefallen, an mein Blog denkend, natürlich gerne.

Orangen- und Zitronenzesten in braunem Zucker – früher gab es keine ungespritzten Südfrüchte, da wurde das fertig in Tüten gekauft

 

Orangeat und Zitronat im Urzustand – die kandierten Schalen von Orangen und Cedratfrüchten
Der Hefeteig wird angesetzt

 

Gemahlene Mandeln und jede Menge Butter

 

Milch, Zitronensaft und Teig werden in der mollig warmen Wohnstube auf die gleiche Temperatur gebracht
Der Teig wird vermischt, zunächst für Stollenkuchen

 

Teig aufs Blech, Zucker und Butter drüber, fertig

 

Stollenkuchen werden in der Adventszeit gegessen, der eigentliche Stollen muss vier Wochen ziehen, bevor er zu Weihnachten angeschnitten wird.
Köstlicher warmer Stollenkuchen als Nachmittagssnack, dazu gehört ein Glas Schwarzer Tee
Aus dem restlichen Teig wird später der Stollen geformt
Vor dem Backen einmal einschneiden, damit er weiß, wo er im Ofen hinwachsen soll

 

Nach dem Backen mit Butter bestreichen – vor dem eigentlichen Essen vier Wochen später kommt dann nochmal eine Schicht flüssige Butter drauf, damit der viele Puderzucker auch gut hält 😉

 

Bei nur wenigen Stollen kann man das Ganze natürlich zuhause machen, bei größeren Mengen gehen die Leute damals wie heute am Montag nach Totensonntag zum Bäcker (denn montags haben echte Bäcker ja traditionell zu, das vergisst man nur in der Stadt immer) und lassen die Stollen in der Backstube backen. Ich erinnere mich noch, wie wir früher am Wochenende vor dem ersten Advent eimerweise Zutaten herstellten und zusammenstellten und dann mit den vielen Eimern zum Bäcker fuhren. Die Stollen wurden vor Ort geformt und bekamen Schildchen aus Metall, so dass sie später wieder den einzelnen Familien zugeordnet werden konnten. Am Nachmittag konnten wir die fertigen Stollen abholen, die dann in einem kühlen Raum bis Weihnachten gelagert oder eben in Paketen verpackt und verschickt wurden.

Leider kann ich Euch mit dem tatsächlichen Rezept nicht dienen, denn obwohl meine Tante auf all den Fotos bestand, war sie, genau wie meine Cousine, der Meinung, dass dieses Rezept ein Familiengeheimnis sei und bleiben müsse…