11.06.2024 – Büro, Bildung, Bolitik

Wie fast immer im Moment kurz nach 7, vor dem Weckerklingeln, erholt aufgewacht. Morgendliche Verrichtungen und dann geht es rechtzeitig los ins Büro, um Punkt um 9 mit der Arbeit zu starten – obwohl am Alex ein Umweg gelaufen werden muss, denn am Kaufhaus ist Feuerwehreinsatz, tatsächlich ein Brand, wie ich später nachlese. Im Büro dann das übliche, mit jeweils einem Meeting am Vormittag und einem am Nachmittag. Zwischendrin gehe ich in der Mittagspause bei meinen Eltern Blumen gießen, nach der Post sehen und zurückgelassene Lebensmittel retten. Diese Zeit jetzt wieder. Ich esse einen unterwegs gekauften vegetarischen „Burger“ von der Bäckertheke im Bioladen.

Nach der Arbeit hingegen wird alles etwas spannender. Ich treffe mich mit dem Liebsten an der kanadischen Botschaft, wo wir eine Podiumsdiskussion besuchen: „Elemente indigenen Stils. Wie schreibt und spricht man über indigene Kulturen?“

Anlass und Aufhänger der Diskussion ist das Erscheinen dieses Buches auf Deutsch. Es geht um Diplomatie durch Netzwerken, die Lebensgeschichte des Autors Gregory Younging (halb Cree, halb Chinese), die kanadische indigene Erfahrung, sich wandelnde Sprache, Handreichungen zu respektvollem Umgang in Literatur, Kultur, Museen, Kitas, überhaupt zu Diversität, Gleichstellung und Inklusion, Erfahrungsberichte, etc. etc. Dann folgt die Fragerunde am Ende, die dem Liebsten und mir alles abverlangt, um ruhig zu bleiben. Alle Klischees bedient:

  • Wie verhalte ich mich, wenn ein Mitglied einer marginalisierten Gruppe sich rassistischer Sprache bedient?
  • Ich möchte kein Mikrofon benutzen aber trotzdem ganz viel sagen
  • Ich habe keine Frage aber ein Statement, erzähle dabei meine ganze Biografie und verwende dabei rassistische Sprache
  • Das Thema ist irrelevant, viel wichtiger ist…
  • Wie kann man indigene Kulturen trotzdem feiern, wenn man sein Kind jetzt nicht mehr so verkleiden darf?
  • Ich filme mein Statement (keine Frage), das überhaupt nichts mit dem Thema zu tun hat und flechte noch einen Hinweis zu Israel und Palästina mit ein

Huiuiui, wir kommen aus dem Augen verdrehen gar nicht mehr raus. Nach der Diskussion gibt es veganes Catering und kanadischen Wein – einen sehr leckeren Sauvignon-Blanc aus British Columbia und einen sehr schweren Cabernet Franc von der Niagara-Halbinsel.

Wir unterhalten uns nochmal über die Fragerunde, die das eigentlich gute Gesamterlebnis der Diskussion doch entscheidend getrübt hat. Die Moderatorin kommt zum Plaudern zu uns – sie ist meine ehemalige Dozentin und Bachelor-Mutter und langjährige Facebook-Freundin. Nach einer Weile verabschiedet sich der Liebste zurück nach Südberlin, wo er noch einen späten Termin im Internet hat. Ich unterhalte mich mit a) einer anderen Diskussionsteilnehmerin, b) einer Referentin der Botschaft und c) einer Mitarbeiterin des Humboldt-Forums – über a) den Stand von DEI und wie merkwürdig es ist, wenn in einer Fragerunde der unproblematischste Beitrag der eines weißen Mannes ist, b) über meine Bezüge zu Kanada, Berlin und kanadische Popkultur, c) über bedrohte indigene und Minderheitensprachen. Es werden jeweils Kontaktdaten ausgetauscht.

Dann wird es langsam Zeit zusammen zu packen, der Rotwein wirkt. Ich verabschiede mich nochmal ausführlicher von meiner ehemaligen Dozentin und ihrem Mann, inkl. Austausch von Neuigkeiten aus unseren jeweiligen Familien und Freundeskreisen sowie Reisepläne, dann mache ich mich nach herzlicher Umarmung auf den Heimweg.

Zuhause hat der Mitbewohner Besuch und es wird Carbonara gekocht. Da schließe ich mich doch gerne an, der schwere Rotwein darf ruhig noch etwas an Saugmasse gegenübergestellt bekommen. Wir unterhalten uns über das Expat-Leben in Berlin und Katzen und ich erfahre endlich, wer in dem Haus an der S-Bahn wohnt, das Tag und Nacht mit Polizeischutz bewacht wird. Das ist seit Monaten ein stetes Rätsel für mich, diverse Nachbar*innen und Menschen, die mich besuchen. Jetzt weiß ich es und bin ganz aufgeregt über die Information, die direkt noch mit den diversen Miträtselnden geteilt wird und auch dort für heftige Reaktionen sorgt. Nur die beiden Expats in meiner Küche können mit der Person nicht so viel anfangen.

Ich versichere ihnen, dass das ein wirklich bekannter und in meinen Kreisen nicht gerade beliebter Politiker ist, dann lasse ich sie alleine und gucke vor dem Einschlafen noch zwei Folgen Succession – erste Staffel dann auch vorbei.

2 thoughts on “11.06.2024 – Büro, Bildung, Bolitik

Leave a comment