#englandwalesroadtrip – Anglesey, Conwy und Llandudno

Puh, jetzt sind wir schon fast eine Woche wieder zuhause und noch immer habe ich es nicht geschafft, die Reiseberichterstattung fortzusetzen. Die Arbeit hat mich wieder, außerdem fraßen Steuererklärung, Treffen mit Freunden und Familie sowie der plötzlich wieder störungsfreie Zugang zum Internet gehörige Brocken Zeit… Aber jetzt ist es soweit und der vorletzte Teil der Reise ist da…

18. August

Wir versuchen, etwas früher aufzustehen, um mehr vom Tag zu haben und schaffen heute das Aufstehen, Frühstücken und Auto packen schon bis halb 12 😉 Dann fahren wir los gen Westen, denn heute wollen wir auf Anglesey, die größte Insel von Wales und die größte Insel rund um Großbritannien, die nicht zu Schottland gehört oder Irland heißt. Die Route führt über eine Schnellstraße, denn viele Menschen nutzen den Hafen Holyhead auf Holy Island, einer weiteren Insel, die Anglesey vorgelagert ist, um von dort aus die Fähre nach Irland zu nehmen. So sind wir ratzfatz drüben am anderen Ufer und machen unseren ersten Halt in Llanfair­pwllgwyngyll­gogery­chwyrn­drobwll­llan­tysilio­gogo­goch, dem Ort mit dem längsten Ortsnamen der Welt – 58 Buchstaben, ich habe sie alle gezählt. Natürlich fahren wir hier hauptsächlich hin, um die Ortsschilder als Beweise zu fotografieren, besonders aber auch, weil es bereits Fotos von mir und meinem Bruder aus dem Ort mit dem kürzesten Namen der Welt gibt, aus Å (wie ich der Wikipedia entnehme gibt es diesen Ortsnamen allerdings noch ein paar mal öfter, was man von Llanfair­pwllgwyngyll­gogery­chwyrn­drobwll­llan­tysilio­gogo­goch nun nicht behaupten kann.

Llanffairdingsda

Llanffairdingsda

Wie zu erwarten war, ist der Ort und besonders der Bahnhofsvorplatz voller Touristen, teils im eigenen Auto, teils als Rucksacktouristen unterwegs, teils in Reisebussen… Wir halten uns also nicht lange auf, machen ein paar Fotos und fahren direkt weiter, weg von den Menschenmassen und hin zu einem steinzeitlichen Rundgrab namens Bryn Celli Ddu, bei dem sich außer uns nur noch drei andere Leute (und natürlich ein Hund) aufhalten. Liegt vielleicht daran, dass man vom Parkplatz aus noch ein Weilchen an einer Weide voller Stiere entlanglaufen muss, die sehr neugierig am Elektrozaun stehen, sich aber dann doch nicht streicheln lassen wollen.

Stiere

Badestiere

Auf der anderen Wegseite gibt es dafür wieder unzählige superreife Brombeeren zu naschen. Das Grab selbst ist übrigens schon alleine deswegen besonders, weil es nicht komplett ausgegraben wurde, sondern immer noch mit Gras bewachsen ist und somit äußerlich immer noch so aussieht wie damals. Drinnen haben Touristen die eine oder andere Opfergabe in Form von Muscheln, Blumen, Münzen oder kleinen Flachmännern da gelassen.

Steinzeitgrab

Unser nächster Stopp ist der Strand von Rhosneigr, der vor allem bei Surfern sehr beliebt ist. Als erstes gibt es für unsere Junkies die nächste Kaffee-Dosis, dann gehen wir an den Strand. Es ist heute etwas kühler und windiger, so dass niemand Lust auf Baden hat und wir uns einfach an den Strand legen und aufs Wasser schauen oder lesen.

Rhosneigr

Danach essen wir Mittag in einem Surfer-Café. Der Hase und die Schwägerin vertreiben sich die Wartezeit mit weiterem Lesen, während der Bruder und ich das WLAN nutzen. Die Schwägerin nimmt eine Suppe mit Linsen, Kastanien und Minze, die superlecker ist und unbedingt nachgekocht werden muss.

Die Lesenden

Nach dem Essen fahren wir weiter auf Holy Island, um in Holyhead die längste Mole von Wales zu erlaufen – sie ragt zwei Kilometer weit in die Irische See hinein und dient als Wellenbrecher für die Marina. Zwei Kilometer ziehen sich ganz schön hin, aber am Ende können wir immerhin sagen, dass wir auf der längsten Mole waren und die Schrittzähler-App ist auch zufrieden mit uns. Bei gutem Wetter soll man vom Leuchtturm aus übrigens bis zum Snowdon gucken können. Heute ist es allerdings zu diesig dafür. Schön sieht es aber trotzdem aus.

Holyhead Breakwater

Holyhead

Ganz in der Nähe der Mole sind wir auf dem Hinweg bereits an einer Schweineherde vorbeigekommen. Auf dem Rückweg nehmen wir uns die Zeit, halten an, streicheln und machen Fotos.

Schweinebande

Zum Übernachten fahren wir nochmal ein Stück in den Nationalpark hinein, nach Capel Curig. Im Plas Curig Hostel haben wir die tollsten Hostel-Betten des gesamten Urlaubs. Nichts quietscht und knarrt, es ist sehr bequem und man kann seine Schlafkoje mit einem Vorhang abtrennen und hat so etwas mehr Privatsphäre und stört gleichzeitig die anderen nicht, wenn man mitten in der Nacht lesen will. Echt ein tolles Konzept, auch wenn es hinter dem Vorhang bei sommerlichen Temperaturen ganz schön heiß und stickig wird. Wir beschließen den Abend im Inn ein paar Häuser weiter und gönnen uns noch einmal moderne walisische Küche mit u.a. Black Beef Burger und Holunderblüten-Prosecco-Jelly mit Erdbeeren.

Traumbetten

 

19. August

Unser letzter Tag in Wales beginnt mit einem letzten Hostel-Frühstück, einem letzten Mal Autopacken und der Fahrt nach Conwy. Das mittelalterliche Städtchen an der Mündung des gleichnamigen Flusses ist vor allem für sein Schloss (UNESCO-Weltkulturerbe) und seine fast vollständig erhaltene Stadtmauer bekannt. In einem Coffee-Shop gibt es Kaffee und WLAN, dann laufen wir zum Schloss, das wirklich beeindruckend aussieht. Den Hasen zieht es aber zunächst zum Wasser – ein schöner Naturhafen, überspannt von mehreren Brücken und voller kleiner Segelboote.

Conwy Harbour

Am Kai angeln jede Menge Kinder mit an Schnüren baumelnden Fleischresten nach Krebsen, die sie in Eimern sammeln und zählen, bevor sie sie zurück ins Wasser schütten. Das scheint hier eine beliebte Beschäftigung zu sein, mehrere Läden verkaufen Eimer, Schnüre und Köder. Witzig finden wir, dass die Kids zwar völlig enthusiastisch bei der Sache sind, aber auch laut aufkreischen und sich verstecken, als sich ein Krebs befreit und einfach so durch die Gegend läuft.

Krebse angeln

Wir laufen weiter zum Schloss, haben aber keine Lust, den Eintritt zu bezahlen. Stattdessen entern wir die Stadtmauer, laufen eine Weile darauf entlang und fühlen uns wie in einem Mittelalter-Film.

Conwy Castle

Stadtmauer in Conwy

Da wir nur einen Parkplatz für eine Stunde haben, brechen wir dann schnell wieder auf und fahren weiter ins nahe gelegene Llandudno, das größte Seebad von Wales, das mich sehr an Brighton, Eastbourne und andere Seebäder erinnert. Viel monumentaler als das niedliche Aberystwyth, mit breiter Promenade, einer Seafront voller mehr oder weniger runtergekommenen Hotels und einem Pier mit allen Arten von unnützen Vergnügungen. Alles ist voller Rentner, Kinder und Möwen und überall sitzen Leute und essen Fish und Chips aus Pappkartons. Genau so stellt man sich ein englisches Seebad vor, nur dass dieses eben in Wales liegt. Auf unserer Suche nach einem Parkplatz sehen wir, wie gerade ein Bestatter eine(n) Tote(n) auf einer Bahre aus einem Hotel schafft – das Klischee ist perfekt. Wir lassen den fußlahmen Hasen an der Promenade sitzen und schauen uns den Pier an.

Llandudno Pier

Hier gibt es alles von Glücksspielen über „Wildwasserkanufahrten“ und Airhockey bis hin zu Krabbenständen, Snowcones und frisch gemachten Donuts. Sollte man mal gesehen haben, aber im Prinzip ist es egal, welchen Pier in welchem Seebad man dafür aussucht. Typischer für Llandudno sind die von Lewis Carroll inspirierten Statuen, die Alice, das weiße Kaninchen und den verrückten Hutmacher zeigen. Die echte Alice, die ihn zu den Büchern inspiriert hat, hat nämlich mit ihrer Familie immer hier in Llandudno Urlaub gemacht.

Mad Hatter

Alice

White Rabbit

Wir essen in einem alteingesessenen Lokal zu Mittag und ich bin sehr begeistert von meinem Panino mit Ziegenkäse und Mango-Limetten-Chutney.

Panino

Dann bringen wir unsere beiden Mitreisenden, die bereits heute zurück nach Birmingham fahren, zum Bahnhof, bevor wir zu zweit noch hoch auf den Great Orme fahren, einen hohen Gipfel über der Stadt, der ein beliebtes Ausflugsziel ist. Man kann hoch wandern, die Seilbahn nehmen oder mit einer Schmalspurbahn fahren. Wir nehmen trotzdem das Auto. Oben gibt es eine mittelalterliche Kirche, ein steinzeitliches Grab und eine Kupfermine aus der Bronzezeit. Wir suchen vor allem noch einmal ein Stückchen Natur und Ruhe mit Blick auf das Meer.Eigentlich gibt es hier oben auch wilde Ziegen, aber von denen sehen wir leider nur die getrockneten Kötel überall. Für eine gute halbe Stunde sitzen wir relativ ungestört dort oben und gucken aufs Meer gen Liverpool. Dann verabschieden wir uns vom wunderschönen Wales und fahren auf viel befahrenen Straßen voller Staus und Baustellen genau dort hin – aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden 😉

Schmalspurbahn

Great Orme

#englandwalesroadtrip – Aberystwyth und Snowdonia Nationalpark

Ich liege zwar schon wieder mit den Katzen zuhause auf der Couch, im Blog ist es aber gerade erst letzten Sonntag. Zum Glück hatte ich vorhin im Flugzeug ein wenig Zeit und konnte unsere nächste Etappe verbloggen…

15. August

Wir starten früh in unsere zweite Urlaubswoche, denn kurz nach 11 Uhr wollen wir meinen Bruder und seine Freundin (eigentlich sollte ich wohl Verlobte sagen, aber nach fast 18 Jahren fällt die Umstellung schwer ;)) im zwei Stunden entfernten Aberystwyth abholen. Die nächsten vier Tage werden wir gemeinsam im Snowdonia Nationalpark, auf Anglesey und an der walisischen Nordküste unterwegs sein.

Wir stellen uns also einen Wecker, frühstücken kurz, verabschieden uns von unseren neuen Freunden und nehmen dann die wunderschöne Küstenstraße nach Norden. Die Sonne scheint und wir fahren auf gewundenen Wegen durch verträumte Fischerdörfer und kleine Städtchen auf und ab die steile Küste entlang – die wahlweise an das Mittelmeer, Nova Scotia oder die Gaspésie erinnert. 

Irische See

Pinie

Die Kiefern erinnern an Pinien und in den Städtchen steht auch die eine oder andere Palme herum. Wir kommen überpünktlich in Aberystwyth an, einem Badeort mit nur 13.000 Einwohnern, aber auch einer Universität, die gemeinsam mit den Touristen für ein gewisses Großstadtflair sorgt.

Als die beiden ankommen, freuen sie sich über die unerwartete Wärme – ihr Zug war auf bibberige 17 Grad heruntergekühlt gewesen – und ziehen sich erst einmal kurze Hosen an. Dann spazieren wir gemeinsam zur Promenade und besorgen uns Kaffee (die beiden), Pommes (der Hase) und ein Tomaten-Mozzarella-Baguette (ich), bevor wir uns ein gemütliches Plätzchen am Strand suchen. Für die nächsten Tage sollte sich die regelmäßige Kaffeebeschaffung als fester Programmpunkt auf unseren Fahrten erweisen – hat jemand Junkies gesagt? 😉 Der Strand in Aberystwyth bietet vor allem schöne Ausblicke auf die Steilküste, das Meer und das verfallene Schloss, aber zum Baden ist er nicht besonders schön. Der Sand ist eher grau und kieselig. 

Aberystwyth

Deswegen beschließen wir, noch kurz zum Schloss zu laufen und dann weiterzufahren – zu einem laut Reiseführer schöneren Strand in Fairbourne.

Die Badenden

Dort gibt es außer dem kilometerlangen Strand so gut wie nichts, aber mehr brauchen wir ja auch nicht. Die ersten Meter müssen wir über große Kiesel klettern, danach folgt dank Ebbe ein breiter Streifen feiner Sandstrand. Da meine Erkältung mich immer noch quält, passe ich auf unsere Sachen auf, während sich die anderen drei sich stolz in die Fluten der Irischen See stürzen. Ich kümmere mich derweil um unsere weitere Tagesplanung und entdecke einen Wanderweg, der halbwegs auf unserem Weg zum nächsten Hostel mitten im Snowdonia Nationalpark liegt. Dreieinhalb Meilen sollten auch für mich zu schaffen sein, immerhin ist das nur halb so lang wie der mit den Wasserfällen in den Brecon Beacons.

Die anderen sind einverstanden und so fahren wir endlich so richtig hinein in Wales’ größten, spektakulärsten und leider auch vollsten Nationalpark. Zum Glück haben wir am ersten Tag noch nicht so viel mit den Menschenmassen zu tun, da wir uns vornehmlich im südlichen Teil und noch nicht so nah am Snowden selbst aufhalten. Passenderweise entdeckt der Hase mal wieder ein Schild am Straßenrand und hält an einem Holztisch mit abgepackten Beutelchen voller Pflaumen und einer Kasse des Vertrauens an. Für 1 Pfund nehmen wir einen Beutel mit.

Schaf an See

Der „Precipice Walk“ beginnt dann recht gemütlich entlang von Bäumen, Himbeersträuchern und einem lang gestreckten hübschen See, bevor dann ein jäher Anstieg über Schafweiden nach oben führt. Schnell erreichen wir eine Höhe, auf der es keine Bäume mehr gibt und folgen einem schmalen Pfad durch Heidekraut und diverse ungefähr knie- bis hüfthohe Gewächse um einen Berg herum. 

Mauerhase

Rechts geht es steil bergauf, links steil bergab und dazwischen laufen wir über mehr oder weniger unwegsames Gelände. Ich bin froh über meine langen Hosen, denn mitunter piksen die Pflanzen sogar durch diese durch und ich glaube unsere beiden Kurzhosigen haben ganz schön unter ihnen gelitten. Dafür waren aber die Ausblicke und das Wetter wunderschön, wir hatten spaßige Unterhaltungen mit Schafen und je weiter nach oben wir kamen, desto mehr reife Blaubeeren konnten wir pflücken und naschen. Alles in allem war das ein guter Einstieg für unsere Neuankömmlinge, würde ich sagen.

Blaubeeren

Südfranzösisches Wales

Als wir nach überraschend langer Zeit (wandern dauert halt irgendwie doch immer länger als erwartet), wieder am Auto landen, ist es schon relativ spät, so dass wir beschließen, direkt weiter ins Hostel zu fahren. Nur an einem Supermarkt halten wir zwischendurch noch an und besorgen Zutaten für das heutige Abendessen, neues Brot und Käse fürs Frühstück, Kaffee, Milch und Bier (Dinge, die der Hase und ich alleine nicht gebraucht hatten ;)). 


Meer und Berge

Unser Hostel liegt einige Autominuten von Blaenau Ffestiniog entfernt ziemlich einsam in den Bergen. Gäbe es nicht noch ein weiteres Gästepaar, wären wir so weit das Auge reicht nur von Schafen umgeben. Selbst der Betreiber des Hostels kommt auf unseren Anruf hin erst mit dem Auto angefahren, um uns den Schlüssel für unser Vierbettzimmer zu übergeben und uns in die örtlichen Gegebenheiten einzuweisen. Ich kümmere mich ums Essen, während die anderen auspacken, den Kühlschrank einräumen und auf dem Fernseher die Olympiaberichterstattung finden. Es gibt Spaghetti mit einer Spinat-Estragon-Feta-Caerphilly-Sauce und danach Olympia und Bier.

Pasta und Bier

 Während die anderen fernsehen, versuche ich, zu bloggen. Leider komme ich nur mit dem Telefon, aber nicht mit dem Laptop online und da ich darauf nicht vorbereitet war, habe ich auch keine Möglichkeit, meine vorgeschriebenen Texte der letzten Tage aufs Handy zu schieben, um sie von dort in die Welt hinauszuposaunen. So endet der Abend für mich relativ früh mit Buch und Bett.

16. August

Am nächsten Morgen erwachen wir gegen 9 Uhr bei strahlendem Sonnenschein. Die anderen Hostelgäste sind bereits ausgeflogen und so haben wir Haus und Picknicktische draußen für uns allein und können ganz schamlos ein ausführliches Frühstück im Schlafanzug draußen zu uns nehmen. Bis wir alle fertig sind, der zweite Kaffee getrunken, der Tisch abgeräumt, das Geschirr abgewaschen und alle abfahrbereit sind, ist es 12 Uhr mittags. Upsi!

Für heute haben wir uns eine im Lonely Planet vorgeschlagene Driving Tour rund um den Snowdon vorgenommen, inklusive Wanderung und See. Unser Anfangsort auf der Route ist das quirlige Beddgelert, wo wir unseren ersten Eindruck von der schieren Menge der Touristen bekommen, unsere ersten geschriebenen Postkarten einwerfen und einen Eisladen entdecken, den mein Bruder schlauerweise aus Belohnung für die erfolgreich zurückgelegte Wanderung, die ganz in der Nähe auf uns wartet, auslobt.

Wanderweg

Es ist nicht ganz einfach, den richtigen Startpunkt für den Wanderweg zu finden, so dass wir erst einmal zwanzig Minuten lang umsonst durch die Gegend laufen und dann selbst als wir auf dem richtigen Weg sind immer noch unsicher sind, ob wir hier richtig sind. Wir einigen uns darauf, dass entweder die Karte schlecht gemacht oder die Markierungen schlecht gemalt sind – oder eben beides, was ich vermute. Als wir den Weg erstmal haben, ist er dann aber sehr schön, wenn auch sehr anstrengend. Wieder geht es erst einmal über Schafweiden in die Höhe. Dann folgt ein kleiner Wasserfall. Bruder und ich sind uns einig, dass uns die isländischen Wasserfälle versaut haben und es jetzt relativ schwer für uns ist, von so einem Minifutziwasserfall beeindruckt zu sein. Allerdings können wir unsere Trinkflaschen auffüllen, schon dafür hat sich der bisherige Weg gelohnt.

Wasserfall
Tor

Ein wenig später geht es durch einen lichten Laubwald und dann hinauf auf den Gipfel des Dinas Enrys, unter dem damals der rote keltische Drache und der weiße sächsische Drache so lange miteinander gekämpft haben und dabei so viel Unruhe und Lärm verursachten, dass Merlin sie freiließ. Seitdem kämpfen Kelten und Angelsachen überirdisch über die Vorherrschaft auf den britischen Inseln.

Oben auf dem Gipfel machen wir wohlverdiente Rast. Dann geht es wieder zurück zum Auto und mit dem Auto zurück nach Beddgelert und zum Eisladen, der mit spannenden Sorten wie Himbeer-Pavlova, Quadruple-Chocolate oder Mango-Erdbeere-Cointreau aufwartet. Das Eis ist dann auch ganz lecker, aber 2 Pfund pro Scoop ist dann doch irgendwie übertrieben – leider kostet gutes Eis hier drüben überall ganz schön viel, so dass einem das eigentlich sauteure (aber wundervolle) Hokey Pokey im Prenzlauer Berg gerade zu preiswert vorkommt. Dann fahren wir durchs Gebirge bis zu einem Aussichtspunkt, von dem man einen guten Blick auf den Snowdon hat – wenn man denn sicher sein kann, welcher Gipfel welcher ist. Außer dem Snowdon gibt es hier nämlich noch einige andere Berge, die fast genau so hoch sind und Schnee lag im August auch nicht mehr drauf. Wir glauben aber, ihn korrekt identifiziert zu haben.

Snowdon

Den nächsten Halt machen wir im Städtchen Llanderis, es wird Zeit, die Koffeinspeicher aufzufüllen. Für den Hasen und mich gibt es stattdessen eisgekühlte Limonaden in verschiedenen Geschmacksrichtungen.

Limo

Wir beschließen, nicht nach Caernarfon hinein und zum dortigen Schloss zu fahren, sondern naturnah zu bleiben. Meine Schwägerin-in-spe möchte nämlich gerne noch in einen See hüpfen. Das gibt unsere Route auch her. Wir landen am wunderschön gelegenen Bergsee Llyn Cwellyn und parken auf einem toll gelegenen Zeltplatz mit Badestelle, der in mir sofort schöne Erinnerungen an frühere Zelturlaube in Skandinavien und Patagonien weckt. 

Llyn Cwellyn

Das Wasser des Sees ist eisig kalt und gleichzeitig recht flach, so dass aus der geplanten Schwimmung eher eine kurze Planschung wird. Bei einem Erkundungsgang in ein nahegelegenes Gebüsch entdeckt der Hase einen im Baum hängenden frischen Lachs, der dort wahrscheinlich geparkt wurde, während seine Bezwinger wandern sind. Das weckt natürlich seinen Angelehrgeiz und so werden Bruder und Baldschwägerin auch einmal Zeugin eines Angelversuchs. Wir können zwar jede Menge kleine Fische sehen, die kurz unter und auch über der Wasseroberfläche herumtollen, aber an die Angel gehen weder sie noch irgendwelche Lachse.

Lachs

So bleiben wir bei unserem ursprünglichen Plan, nach Harlech in ein vom Lonely Planet empfohlenes jamaikanisches Restaurant zu fahren. Wir erreichen das Städtchen kurz vor Sonnenuntergang und sind schwer von der über allem thronenden Schlossruine begeistert. Leider können wir sie nicht in Ruhe besichtigen, da im Schlosshof eine Theateraufführung stattfindet. 

Harlech Castle

Also machen wir uns auf die Suche nach dem Restaurant, das leider inzwischen an eine andere Adresse umgezogen und außerdem heute geschlossen ist. Wir haben einfach kein Glück mit den jamaikanischen Restaurants im Moment und wie schon neulich in Birmingham holen wir uns stattdessen Pizza, diesmal in Blaenau Ffestiniog, das vom Schieferbergbau lebt und im von brotlos geliehenen DuMont-Kunstreiseführer in verschiedensten Grautönen beschrieben wird. Mit Pizza bewaffnet geht es zurück ins Hostel, wo der Abend wieder vor dem Fernseher endet. Ein neues zweites Gästepärchen gibt es auch, die gucken aber genauso begeistert Olympia wie meine Mitreisenden, so dass es zu keinem Streit um die Macht auf der Couch kommt.

Sonnenuntergang

 

#englandwalesroadtrip – Die Brecon Beacons, Teil 1

Ich bin ein wenig hinterher in meiner Berichterstattung, hoffe aber, in den nächsten Tagen aufholen zu können…

10. August

Heute geht es in den ersten der drei Waliser Nationalparks, die Brecon Beacons. Diesen Namen kenne ich schon seit dem Englischunterricht der 5. oder 6. Klasse, glaube ich, deswegen war es klar, dass er auf die Reiseroute gehört, selbst wenn er laut Reiseführer etwas weniger beeindruckend ist, als die beiden anderen, die natürlich auch noch folgen. Nach dem Frühstück im Hostel mit Tee, Cornflakes, selbst gepflückten Brombeeren und jeder Menge Marmeladentoast fahren wir also los.

Frühstück

Unterwegs halten wir aber noch in Caerphilly an, einem kleinen Städtchen, das vor allem für sein verfallenes Schloss aus dem 13. Jahrhundert und seinen Käse bekannt ist. Wir laufen einmal um Schloss und Schlossgraben herum und erfreuen uns neben der Ruine vor allem der vielen Vögel, die sich hier herumtreiben: Möwen, Kanadagänse, Enten, Gänse… Alle sehr zahm und unerschrocken.

Gänse

Dann gehe ich erst einmal in eine Apotheke und hole mir Lutschtabletten und etwas Schleimlösendes für meine Nebenhöhlen. Weiter gehts durch die Straßen der Stadt auf der Suche nach Käse – leider erfolglos. Später erfahren wir, dass wir dafür in die Touristeninformation hätten gehen müssen, wohin denn auch sonst? Leider ist es da schon zu spät und wir haben uns bereits im Supermarkt mit dem Nötigsten für die nächsten Tage eingedeckt – Continental Bread, Peanut Butter, Lemon Curd, Erdbeermarmelade, zwei Sorten Käse (Caerphilly pur und Caerphilly mit Schnittlauch und Knoblauch), Orangensaft, Tee, Honig, Spaghetti, Baked Beans, ein paar Weintrauben und jede Menge Taschentücher.
So ausgerüstet begeben wir uns auf den Weg auf einer Route durch den östlichen Teil des Nationalparks, die Black Mountains. Wir nehmen dafür eine Tour, die der Lonely Planet vorschlägt, allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Unser erster Stopp ist eine kleine Kirche, die Patrishow Church, für die wir von der Hauptstraße abbiegen müssen und gefühlt ewig lang eine schmale Straße zwischen Hecken viele Berge rauf und runter fahren und dabei immer wieder mit entgegenkommenden Autos darüber verhandeln müssen, wer jetzt ein Stück zurück zur letzten Ausweichmöglichkeit fährt. Der Hase ist irgendwann schon richtig genervt und glaubt, wir seien zu weit gefahren. Also schalte ich das Navi an und siehe da: noch um zwei Kurven und dann sind wir da. An einem grünen Hang steht das alte Kirchlein, umgeben von einem Friedhof mit krumm und schief stehenden Grabsteinen. Drinnen gibt es mittelalterlicher Wandmalereien und tolle filigrane Schnitzereien in Eichenholz zu bestaunen. Das hat sich dann doch gelohnt!

Partrishow Church

Zudem hat uns die Fahrt schon mal auf die Straßenverhältnisse für die nächsten Tage vorbereitet: Meistens sind die Straßen einspurig, oft links und rechts mit Hecken begrenzt, ab und zu fährt man über Viehgitter und gar nicht selten stehen plötzlich Schafe auf der Straße oder Pferde am Wegesrand. Drumherum ist es sehr grün, es gibt Felder, Wiesen, Laubwälder und angelegte Nadelwälder, Bäche, Flüsse und dazu immer wieder kleine Dörfer, Kirchen oder Ruinen. So eine ist unser nächster Halt, die Ruine der Llanthony Priory. Hier lebten früher Priester ähnlich wie in einem Kloster zusammen, nur dass sie eben keine Mönche waren, sondern auszogen um in den umliegenden Gemeinden zu predigen. Als die Anglikanische Kirche sich immer mehr ausbreitete, wurde das Gebäude verlassen und verfiel zusehends. Seit dem 19. Jahrhundert wird der jetzige Zustand erhalten und ähnlich wie die Tintern Abbey ist die Priory seit Jahrhunderten Ziel von Wanderern, Malern, Dichtern und sonstigen Romantikern.

Von Llanthony aus geht es hoch in die Berge und über den Gospel Pass, eine Gegend, wo kein Baum mehr steht und hauptsächlich Heidekraut und ähnliche Pflanzen wachsen. Außer Schafen, Pferden, Felsen und dem einen oder anderen Paraglider gibt es hier oben gar nichts. Schön!

Gospel Pass

Dann fahren wir wieder hinab und landen im legendären Hay-on-Wye, das Literaturfreunden aufgrund seines Festivals und seiner unzähligen Antiquariate und Second-Hand-Buchläden ein Begriff ist. Leider haben wir nur noch zwei Pfund in Münzen dabei, was unsere Hay-Zeit auf zwei Stunden beschränkt. Wir durchstöbern einige Buchläden auf der Suche nach Second-Hand-Ausgaben einiger Bücher von meinem Wunschzettel, haben aber kein Glück. Da wir disziplinierte Reisende sind, kaufen wir auch nichts anderes, obwohl das sehr schwer fällt.

Hay-on-Wye
Stattdessen gönnen wir uns aber in Shepherds Ice Cream Parlour köstliches Eis aus Schafsmilch. Für mich gibts Stachelbeere-Custard und Mango-Sorbet, der Hase nimmt Honeycomb-Taffy und Peanutbutter-Choc.
Eis
Dann wollen wir noch ein bisschen mehr Essen und vor allem Tee trinken (meine Erkältung nervt zusehends). Dafür gehen wir in die Granary und nehmen – der Erfahrung wegen – unseren ersten Cream Tea zu uns. Es gibt also Scones mit Clotted Cream und Marmelade, dazu Earl Grey für mich und Erdbeer-Früchtetee für den Hasen. Sehr lecker, auch wenn ich gerne noch ein paar Finger Sandwiches dazu gehabt hätte, war doch alles sehr süß so.

Cream Tea
Dann müssen wir zurück zum Auto und fahren wieder gen Süden, fast bis an den Ausgangspunkt der Tour zurück, wo sich unser Bunkhouse für die nächsten zwei Nächte befindet. Der Besitzer hatte mir eine ausführliche Anfahrtsbeschreibung geschickt, für die wir sehr dankbar waren, denn das Wern Watkin Bunkhouse liegt wirklich sehr abgelegen in den Bergen. Begrüßt werden wir zunächst von Pferden und Hunden. Als wir aus dem Auto steigen, sehen wir das Betreiberpaar, das uns zuruft, wir müssten noch ein paar Minuten warten, sie müssten zwei Schafe wieder einfangen. Wir bieten unsere Hilfe an, die dankbar angenommen wird. Zu viert laufen wir nun über die Wiesen des Gehöfts und versuchen, die beiden Schafe zurück zu treiben. So richtig gelingt es uns nicht, aber es war wohl vor allem wichtig, sie vom Haus und Garten wegzubekommen, sie gehörten nämlich den Nachbarn und hatten hier nichts verloren. Zum Dank für unsere Hilfe bekamen wir dann auch direkt ein Upgrade unserer Buchung und somit ein Zimmer ganz für uns alleine. Dafür war besonders ich dankbar, denn inzwischen war ich so kaputt, dass ich nur noch ins Bett und schlafen wollte. Das Abendessen fiel an diesem Tag aus.

Wern Watkin

#englandwalesroadtrip – Von Birmingham nach Cardiff

Wie es scheint, bleibt die Internet-Situation auch weiterhin angespannt – ziemlich oft gibt es keinen oder nur sehr schlechten Empfang auf dem iPhone und auch in den Unterkünften ist das WLAN bisher nur in den Gemeinschaftsräumen einigermaßen stark. Deswegen zeige ich hier im Blog weiterhin nur wenige Bilder – mehr könnt Ihr auf Instagram unter #englandwalesroadtrip sehen, denselben Hashtag verwende ich auch auf Twitter.

7. August

Den Sonntag verbringen wir weiterhin bei Bruder und Schwägerin, allerdings lassen wir es heute ein klein wenig ruhiger angehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück und ein wenig Olympia im Fernsehen nehmen wir gegen Mittag den Bus in die Innenstadt. Der Hase braucht eine neue Hose (eine, die er eigentlich mitnehmen wollte, hängt zuhause vergessen auf dem Wäschetrockner) und ich möchte mir nun endlich Harry Potter and the Cursed Child kaufen. Da wir in England sind, ist das auch an einem Sonntag kein Problem – alle Läden haben offen. Bei Waterstones werde ich schnell fündig, ein paar ramponierte Exemplare von Cursed Child liegen auf dem Half-Price-Tisch direkt am Eingang. Für 10 Pfund (etwa 11,80 €) schlage ich zu und bin in unter zwei Minuten wieder aus dem Laden raus. Dann geht es weiter zu Urban Outfitters, eine Premiere für mich. Hui ist das ein krasser Hipsterladen, aber doch mit einigen Annehmlichkeiten. Es läuft gute Musik (viel zu laut), zwischen den Klamotten liegen Vinyl-LPs, die man kaufen kann, es gibt auch Haushaltsgegenstände, Accessoires und Bücher (hauptsächlich zu Themen wie Achtsamkeit ;)) und eine Produktlinie, bei der alte Kleidung recycelt und zu neuen Teilen geschneidert wird. Da der Hase sehr konkrete Vorstellungen hat (eine Jeans in Nicht-Blau), verschwindet er schnell mit den beiden einzigen Modellen in seiner Größe in der Umkleidekabine. Ich schaue mich weiter im Laden um, Bruder und Schwägerin kaufen nebenan ein paar Laufschuhe, die die Schwägerin schon seit Wochen im Auge hatte. Der Hase kommt mit zwei passenden Hosen wieder aus der Umkleide, eine von beiden ist nicht ausgepreist, kommt aber vom Rabatt-Tisch. Die nächsten zehn Minuten verbringen die Jungs an der Kasse vergeblich damit, einen Preis dafür zu ermitteln. Dann bieten sie sie ihm für 10 Pfund an („Ist aber ohne Umtauschrecht!“) und wir verlassen mit zwei neuen Hasenhosen den Laden.

Dann ist erst einmal Stärkung geboten und wir holen uns Kaffee (Bruder und Schwägerin), Frozen Yoghurt (Bruder, Schwägerin und Hase) sowie Bubble Tea (ich) und verschnaufen ein wenig. Als nächstes wollen wir zum „Secret Garden“ auf der Bibliothek, aber ausgerechnet die hat am Sonntag natürlich zu. Macht nichts, der kommt auf die Liste für unseren nächsten Birmingham-Besuch, genau wie das Museum of the Jewellery Quarter und die Backs-to-Backs-Tour, das irische Viertel Digbeth und die ehemalige Custard Factory, in der heute Bars, Gallerien und kleine Läden sind).

Botanischer Garten


Wir fahren mit dem Bus zum Botanischen Garten und verbringen dort ein paar tolle Stunden zwischen Tropenhaus, Bambus-Labyrinth und Kräutergarten. Eine Weile liegen wir auch einfach mit diversen anderen Sonnenhungrigen auf der Wiese und erfreuen uns des Sommers. Dann kehren wir zurück nach Hause, trinken Tee und beschäftigen uns mit Olympia bzw. Cursed Child, bis der Hunger anfängt zu nagen. Als ich das Buch zu etwa zwei Dritteln bezwungen habe, gehen wir wieder raus. Wir wollen zu einem jamaikanischen Restaurant um die Ecke. Leider hat auch das heute zu und muss also auf die Liste. Stattdessen holen wir uns leckere Deep Pan Pizza und essen sie zuhause mit einem Salat.

Der Tag endet mit Buch und Olympia, das letzte Drittel schaffe ich natürlich auch noch.

8. August

Heute beginnt unser Roadtrip so richtig. Nach einem frühen Frühstück packen wir unsere Rucksäcke und laufen eine knappe halbe Stunde zur Autovermietung in der Innenstadt. Mein Bruder lässt sich als zweiter Fahrer mit eintragen, denn in einer Woche treffen wir die beiden an der Westküste von Wales wieder. Dann verabschieden wir uns und der Hase und ich wagen uns in den Linksverkehr von Großbritanniens zweitgrößter Stadt. Nach einer knappen Viertelstunde hat das Navi dann auch erkannt, wo es ist und wir können relativ zügig die Autobahn gen Süden nehmen.

Kurz vor Wales halten wir an einer Tankstelle an, da das schlaue Auto uns auf einen unzureichenden Reifendruck im rechten Vorderreifen hinweist. Für 20p überprüft der Hase den Druck, pumpt den Reifen auf und wir bestätigen dem Auto, dass jetzt alle Reifen in Ordnung sind. In der Zwischenzeit lockt mich das Schild mit „Homemade Snacks“ und ich kaufe uns ein Cornish Pasty, eine Pork Pie und ein Scotch Egg. Letzteres wollte ich schon einige Zeit lang probieren, der Hase war wegen eines Fotos im Reiseführer scharf auf das Pasty und Pie geht ja sowieso immer. Wir fahren noch ein kleines Stück weiter und suchen uns dann einen Picknickplatz im Grünen.

Dann halten wir, schon in Wales, kurz in Monmouth und spazieren durchs Stadtzentrum, bevor wir durchs wunderschöne Wye-Tal zur Tintern Abbey fahren. Dort halten wir länger und ich mache diverse Fotos und erzähle dem Hasen von der Bedeutung dieser Ruine für die englische Romantik, Malerei und Tourismus-Industrie. Mein Professor für englische Literatur wäre stolz auf mich gewesen, auch wenn ich damals für das Referat zu einem hier entstandenen Wordsworth-Gedicht nur eine 3 bekommen habe…

Tintern Abbey


Weiter geht es nach Chepstow, an die Mündung des Severn, wo wir von weitem einen beeindruckenden Blick auf eine der beiden Brücken haben, die England und Wales hier „unten“ miteinander verbinden. Dann fahren wir weiter zu unserem heutigen Domizil, einem Guesthouse in Newport. Wir haben „Glück“: aufgrund einer Umleitung wird der gesamte Durchgangsverkehr an unserer Unterkunft vorbeigeleitet, deswegen brauchen wir zunächst einmal deutlich länger, um überhaupt hinzukommen und haben dann eben jenen Durchgangsverkehr direkt vor unserem Fenster. Abgesehen davon ist es im Guesthouse sehr schön – viktorianische Einrichtung, gemütliches Zimmer, Guest Lounge mit WLAN und Sofas und ein putziger Betreiber. Leider stellt sich dieser schnell als Leave-Befürworter heraus. Im Fenster hängt ein Aufruf, für den Brexit zu stimmen, an der Rezeption liegen Flugblätter mit einem unsäglich schlechten Schmähgedicht auf die EU und an der Pinnwand ein diffamierender Zeitungsartikel über den „betrunkenen Rüpel“ Jean-Claude Juncker.

Obwohl unsere Sympathien für den Betreiber sofort zurückgehen – wir können halt auch nicht aus unserer Haut – folgen wir seinem Tipp fürs Abendessen und gehen ins „The Pen and Wig“, ein Pub, das echtes englisches Ale serviert („und nicht diesen kohlensäurehaltigen Mist!“). Wir essen Fish and Chips und Cottage Pie und hinterher einen Apple Crumble mit Custard und trinken Bass Ale, Strongbow Dark Fruits Cider und ein zweites Ale mit Hopfenaromen von tropischen Früchten. Zurück im Guesthouse buche ich noch schnell zwei Hostels für die letzte Phase des Riadtrips und dann geht es, unterstützt von den gratis verteilten Ohropax, in die Heia.


9. August

Trotz Autos vor dem Fenster schlafen wir beide erstaunlich gut und auch das Full English Breakfast am Morgen sorgt für einen guten Start in den Tag. Ich nehme die vegetarische Version mit Tomate, Bohnen, Pilzen und Potatoe Cake zum pochierten Ei, der Hase wählt Rührei, Bacon und Würstchen mit Tomate und Bohnen, lässt aber die Blutwurst aus. Dazu gibt es Toast mit Marmelade, Orangensaft und für ihn Tee und für mich heiße Schokolade (immerhin Fairtrade!).

Wir packen unsere Sachen, verabschieden uns und fahren nach einem kurzen Blick auf die Newporter Transporter Bridge weiter nach Caerleon. Hier gibt es die Überreste einer alten römischen Stadt zu besichtigen, mit Amphitheater, Barracken und Bad. Gerade im Bad wird die Geschichte sehr schön und medial aufbereitet. Es gibt Projektionen von Wasser und Schwimmenden, Spuren von Hunden und Katzen in den Steinen, kurze Filme und Computerspiele zum Lernen und es riecht sogar ein wenig nach Sauna, finde ich.

Caerleon Roman Baths


Von Caerleon geht es dann direkt weiter nach Cardiff. Wir beziehen unser Hostel und laufen dann in die Innenstadt, wo wir einer Route unseres Lonely-Planet-Reiseführers folgen, um die wichtigsten Sehenswürdigkeiten komprimiert zu sehen. Es beginnt mit Gerichtshof, Rathaus und den Gorsedd Gardens. Dann geht es weiter zur Universität, durch deren Hauptgebäude wir auch laufen. Danach folgen die Alexandra Gardens, die Hochschule für Musik und Theater, der Bute Park samt Kanal, Steinkreis, Ruinen und gerade vorbereitetem Festival und das Schloss mit seiner Animal Wall. Auf der sitzen Steinfiguren von Bären, Robben, Löwen, Adlern, Ottern, Bibern und mehr, die angeblich nachts zum Leben erwachen. Lebendig genug sehen sie in jedem Fall aus. Durch eine Straße mit Clubs und Kneipen und vorbei am Millennium Rugby-Stadion geht es weiter zur Fußgängerzone. Dort müssen wir uns schwer zusammenreißen, nicht ins jamaikanische Restaurant zu gehen und betreten stattdessen die Hallen des Cardiff Markets. Hier kaufen wir fürs Abendessen Auberginen, Tomaten und Knoblauch sowie Brot und Pfirsiche ein, bewundern den Fischstand und snacken ein paar köstliche Welsh Cakes.

Dann laufen wir durch das alte, heruntergekommene, Hafenarbeiterviertel Bute Town zur Cardiff Bay, dem aufgemotzten ehemaligen Kohlehafen. Es gibt köstliches Eis (Honeycomb-Mango und Double Choc-Nut) mit Blick auf das Wasser, ein Riesenrad, eine norwegische Kirche, in der Roald Dahl getauft wurde und die heute vor allem als Galerie und Kulturzentrum dient und eine Doctor-Who-Experience. Da wir (noch) keine Fans des Doctors sind, laufen wir an der und den dazugehörigen Studios von BBC Wales relativ unbeeindruckt vorbei. Spannender finde ich das Gebäude des Waliser Parlaments, das mit geschwungenem, maritimen Holzdach und dunklen Steinen ebenso wie zwei Statuen von Minerva und Neptun, die wir in der Innenstadt gesehen haben, die zwei Säulen der (vergangenen) Waliser Wirtschaftsmacht – die Kohle und die Seefahrt – repräsentiert.

Cardiff Bay

Auf der Suche nach einer schöneren Route zurück zum Hostel laufen wir am Atlantic Wharf vorbei, einer riesigen Wasserfläche mitten in der Stadt voll mit Möwen, Enten und Kormoranen. Am Ufer wachsen Brombeerhecken (wie überhaupt überall, wo wir bisher waren) und wir essen die eine oder andere, während wir unsere klugerweise mitgeführte Tupperdose füllen.

Zurück im Hostel ist die Küche bereits relativ voll. Zum Glück hat noch niemand den Ofen in Beschlag genommen, so dass wir unsere Auberginen einfach in einer Auflaufform hineinschieben können. Die nächste gute halbe Stunde beschäftigen wir uns mit dem (langsamen) Internet. Dann backe ich das Brot auf, schneide die Tomaten und den Knoblauch klein, mache einen Tomatensalat, schäle und zerkleinere die Auberginen und mische sie mit Knoblauch sowie Öl und einer italienischen Würzmischung aus Hostel-Beständen und einem Spritzer Zitrone von einem Mitbewohner, der damit gerade sein Steak Tatar würzt.

Immer mehr macht sich (schon wieder!) eine Erkältung bei mir bemerkbar. Schon den ganzen Tag habe ich Halsschmerzen und die Nase läuft. Deswegen geht es nach dem Essen für mich direkt und warm eingepackt ins Bett – immerhin nach über 17 Kilometern zu Fuß heute!

 

Queere deutsch-französische kirchliche Trauung mit Zitaten von Yoda und Mr. Spock

Der Pfarrer war nervös, aber enthusiastisch, als er am Samstag vor der Aufgabe stand, meine beiden Freundinnen kirchlich zu trauen. Nervös war er vor allem, weil der Gottesdienst zweisprachig, auf Deutsch und Französisch stattfinden würde, er selbst aber gar nicht Französisch sprach. Enthusiastisch war er, weil er sich gemeinsam mit dem Brautpaar im Vorfeld auf ein Science-Fiction-Thema für den Gottesdienst geeinigt hatte und er so Referenzen auf Star Wars und Star Trek in seine Predigt einbauen konnte. Dass das vor ihm stehende Paar aus zwei Frauen bestand und er somit die erste kirchliche Trauung eines lesbischen Paares in Offenburg durchführen würde, spielte in all dem nur noch eine sehr untergeordnete Rolle.

Das Science-Fiction-Thema zog sich nun tatsächlich durch den gesamten Gottesdienst. Anhand von sieben Etappen (ich hätte sie ja Episoden genannt, aber wer möchte perfektionistisch sein), verglich der Pfarrer die Ehe mit dem Aufbruch in eine neue Galaxie, mit dem Ausfechten von Konflikten, mit dem gemeinsamen Bestehen von Abenteuern… Ich habe mir nicht alles merken können, es endete aber mit der siebten Etappe, mit der Macht (der Liebe), die mit dem Brautpaar sein solle. „Möge die Macht (der Liebe) mit Euch sein“, ist ein wortwörtliches Zitat.

In den Trauversprechen kamen sowohl die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich als auch die ganz individuellen zwischen zwei Menschen zum Tragen. So versprach die eine Braut der anderen, niemals ein deutsches Bett mit zwei Matratzen statt einer durchgängigen zu kaufen, die andere wiederum versprach der einen, sie immer ausschlafen zu lassen. Dann folgte der Star-Trek-Bezug. Die eine Braut erzählte, wie sie gewusst hatte, dass die andere Braut für immer an ihrer Seite sein sollte, als diese nach dem gemeinsamen Anschauen von 200 Folgen Star Trek anfing, klingonisch zu sprechen. Sie versprach ihr ein gemeinsames „Live long and prosper“ und hob dabei die Hand zum entsprechenden Spock-Gruß (leider hatte niemand rechtzeitig die Kamera am Start).

Es gab vier Fürbitten, zwei auf Deutsch und zwei auf Französisch, die von vier Weggefährtinnen der Bräute verlesen wurden. Hier hatte ich meinen Einsatz und bat vor lauter Muttersprachlern in meinem dilettantischen Schulfranzösisch (und als Atheistin!) für die Familien und Freunde der Bräute.

Am Ende spielten Sohn (und Tochter?) des Pfarrers auf dem Klavier vierhändig den Cantina Song, den sie dann in Hevenu Shalom Alechem münden ließen, das zuvor bereits gesungen worden war und zu dem wir dann aus der Kirche auszogen. Zum Cremant-Empfang erklärte die Braut dann noch, dass der Mr.-Spock-Gruß aus der jüdischen Tradition stammt und im Prinzip auch Shalom Alechem, also „Friede sei mit Dir“ bedeutet. Dann aßen wir eine köstliche Regenbogen-Torte mit Erdbeeren, lauschten dem Gitarrenspiel und Gesang von Brautstiefvater und Brautonkel und machten Fotos.

Am Abend gab es dann Flammkuchen und Schokoladensoufflés, bevor wir auf dem gerade stattfindenden Stadtfest noch ein paar Songs einer Rockabilly-Soul-Blues-Country-Band beklatschten, zu denen Brautmutter und Brautstiefvater noch eine flotte Sohle aufs Parkett legten. Noch später fanden sich dann Bräute und Trauzeuginnen zu viert auf der heimischen Couch ein, pflegten ihre wunden Füße und ließen den wunderschönen Tag mit ein paar Folgen Gilmore Girls ausklingen.

img_2684

#12von12 im Juli 2016

An jedem 12. eines Monats machen Bloggerinnen und Blogger 12 Fotos von ihrem Tag, gesammelt wird das Ganze hier bei Caro.

 

Das erste Foto mache ich gleich morgens im Bett. Erst hinterher fällt mir auf, dass da ein Zettel auf dem Boden liegt. Es ist meine Gelato Card vom Wochenende. Übrigens haben Nummer 1 und 3 gewonnen und treten im September beim Finale in Florenz an)!

 

Erste Amtshandlung: Nimbin streicheln. Meine Teeniecousine fragte zu dem Bild an, seit wann ich mir denn die Fingernägel lackiere. Mache ich eigentlich gar nicht, aber wegen der indischen Hochzeit neulich, bei der wir alle barfuß waren, bin ich dann doch mal zur Pediküre gegangen, sollte ja festlich aussehen.

 

Noosa ist nicht in Streichelstimmung, sie muss Fliegen jagen. Hier ist sie kurz davor, die Fliege erstmal böse anzumeckern, deswegen ist das Foto etwas verwackelt, aber immernoch schärfer als alle weiteren. Agiles Kätzchen, das.

Ich trage heute endlich mal wieder meinen gelben Rock und dazu ein blaues Shirt – die Farben von Bautzen, Schweden, IKEA und leider auch der FDP.

 

Bei unserer wöchentlichen Betriebsratssitzung bin ich immer diejenige, die sich ein Getränk mitbringt. Heute gibt es Kräutertee in meiner schönen Tasse aus Bolgheri.

 

In der Mittagspause arbeite ich weiter an der Urlaubsplanung. Im August geht es für uns zwei Wochen nach Birmingham (meinen Bruder besuchen), Wales (Roadtrip!) und Liverpool (Meinen Freund Evil Pink Machine besuchen). Die Idee hatten wir natürlich schon vor Brexit und EM, aber der Urlaub macht mehr und mehr Sinn – schnell nochmal rüber, bevor es vielleicht komplizierter wird!

 

Um das Nachmittagstief zu überstehen, schmeiße ich mir ein Spotify-Radio an, so komme ich beschwingt bis in den Feierabend.

 

Auf dem Heimweg wird fürs Abendbrot eingekauft – mir steht der Sinn nach Gemüse.

 

Um die Ecke (und auch noch an anderen Stellen in Berlin) gibt es ein neues Streetart-Motiv. Vielleicht weiß ja jemand mehr darüber? Eine Kollegin kommentierte dieses Foto damit, dass sie mal hinter dem kleinen Fenster neben der Streetart gewohnt hat, das ist doch mal sehr cool!

 

Katzenfutter und Katzengras stehen auch noch auf dem Einkaufszettel.

 

Zuhause angekommen, suche ich erst einmal meinen Impfausweis heraus, den ich morgen brauchen werde. Auf Twitter entspannt sich gleich eine heftige Debatte über sein Äußeres.

 

Fertig ist das Abendbrot, es gibt einen Gnocchi-Salat mit Zucchini, Tomaten und Scamorza und einem Dressing aus Kapern-Fenchel-Pesto, Olivenöl, Balsamico, Knoblauch, Zitronensaft und Bärlauchsalz.

Neun Eise beim Gelato Festival

Endlich mal wieder ein Sonntag, an dem ich Blogbares zu berichten habe und auch noch die Zeit habe, das etwas ausführlicher auszuformulieren. Liegt wahrscheinlich auch mit daran, dass ich während der Woche krankheitsbedingt mal wieder sehr wenig erlebt habe, bis auf die Krankenbesuche lieber Freundinnen natürlich. Von denen abgesehen habe ich hauptsächlich geschlafen, gelesen und Gilmore Girls geguckt, so dass ich gar keine Gelegenheit hatte, in Stress zu verfallen. Aber eigentlich soll es hier ja nicht um Stress-, sondern um Eis-Assessment gehen. Derzeit findet nämlich auf dem Gelände der Arena das Gelato Festival statt, bei dem man nach Zahlen des Eintrittspreises an zehn Ständen verschiedene Eiskreationen probieren kann und dann am Ende seinen Favoriten aus den sechs am Wettbewerb teilnehmenden Sorten küren kann. Das Festival tourt durch diverse Städte in Europa, bevor dann die besten Zwei aus jeder Stadt beim großen Finale in Florenz gegeneinander antreten. Eise essen und bewerten? Genau die richtige Veranstaltung für den Hasen und mich!

Ich hatte jobbedingt schon vor ein paar Wochen von dem Festival erfahren und direkt vergünstigte Tickets gekauft, der Termin stand also felsenfest im Kalender und war selbst von meiner hartnäckigen Sinusitis nicht mehr daraus verdrängbar. Wir nahmen also gestern ein eher spartanisches Frühstück zu uns und fuhren dann gemeinsam mit einer lieben Freundin, deren Kollegin und deren (der Kollegin) Mann zur Arena. Dort wandelten wir an einem Automaten unsere Ticketcodes in eine Gelato Card um und schon konnte der Spaß beginnen. Deutsch, korrekt und wissenschaftlich orientiert, wie wir sind (zumindest, wenn es ums Essen geht), nahmen wir uns die Stände der Reihe nach vor – evtl. nicht ganz optimal, wie wir noch feststellen sollten.

Eis Nummer 1 war die „Seduzione di Aphrodite“, die Verführung der Aphrodite, mit einer Basis aus griechischem Joghurt, Moosbeeren und Nüssen. Hat uns sehr gut geschmeckt, war schön cremig und joghurtig-säuerlich und wurde vom Hasen als seine Nummer 1 gekürt. Die Kreation stammt vom Eiscafé Venezia in Kirn (von Berlin ausgesehen: irgendwo in Rheinland-Pfalz).

 

Nummer 2 war „Valle dei Templi“, das Tal der Tempel. Natürlich hatten wir daran sehr große Erwartungen, denn das Tal der Tempel in Agrigento zählt zu unseren gemeinsamen und einzelnen schönsten Urlaubserinnerungen. Diese Kreation vereinte Mandeln, Pistazien und Zitronen, also drei der vorstechendsten sizilianischen Aromen, ging mir aber ein kleines bisschen zu sehr in Richtung Marzipan. Gut, aber hinter den – zugegebenermaßen sehr hohen – Erwartungen zurückbleibend. Diese Kreation stammte aus der Gelateria Cristallino in Bad Tölz (von Berlin aus gesehen: irgendwo in Bayern).

 

Nummer 3 hieß schlicht und einfach „Ginger Lemon“ enthielt aber außer köstlichem Ingwer-Zitrone-Eis auch noch Preiselbeeren. Sehr lecker, fruchtig frisch, zitrussig, scharf und ein bisschen süß-bitter. Der Favorit des Mannes der Kollegin der Freundin war der erste Lokalmatador vom Fantasia del Gelato in den Spandauer Arkaden (von Berlin ausgesehen: da hinten in Spandau).

 

Nummer 4 war ein weiteres Heimspiel, „EisQueen Summer Garden“ von der EisQueen in Rangsdorf (von Berlin ausgesehen: da unten bei Schönefeld) und die wohl spannendste Kreation im Wettbewerb: Limetteneis mit kandierten Karotten. Hätte man es bei dieser wirklich wohlschmeckenden Kombination belassen, hätte das Eis echte Chancen auf einen Preis gehabt, leider gab es aber obendrauf noch eine irgendwie nach Babybrei schmeckende pürierte Möhrensauce und riesige Stücken gefrorener Möhre, die das Essen unnötig erschwerten. Die (schwangere) Kollegin der Freundin hat das Eis sehr schnell entsorgt, wir anderen haben versucht, die Sauce schnell hinter uns zu bringen oder unterzurühren, danach gings dann. Schade um die schöne Idee!

 

Nummer 5, „Crazy Choc“ wurde mit italienischem Akzent immer wieder marktschreierisch angepriesen als würden nicht der Charakter des Festivals und die Kombination aus Schokoladeneis, Himbeersorbet, Brownie, Himbeer- und Schokoladensauce sowie gefrorener Sahne ohnehin für freudige Abnehmer sorgen. Es war aber auch wirklich superlecker und der Hase und ich überlegten beide krampfhaft, wo wir schon einmal so eine Schokohimbeer-Kombination gegessen hatten. Eingefallen ist es uns nicht, aber sei’s drum. Auch Nummer 5 war übrigens wieder das Produkt eines Eiscafé Venezia (hat ja auch jede Stadt), diesmal aus Birkenfeld (von Berlin aus: auch irgendwo in Rheinland Pfalz).

 

Direkt daneben und deutlich ruhiger dann Nummer 6, der Favorit von mir und der Freundin: das „Mediterraneo“ vom Erste Sahne in Neukölln (von Berlin aus: im In-Bezirk, südlich der Hasenheide). Ein veganes Sorbet aus Bronté-Pistazien, parfümiert mit Orangenblütenwasser, mit kalabrischem Olivenöl aus der Produktion des Vaters des Gelatiere, Karamellsauce und getoasteten Mandeln. Wundervoll, leicht, cremig, unglaublich aromatisch und auch der klare Sieger der beiden Pistazieneis-Variationen. Wie schön, dass mein Favorit auch der für mich am verkehrsgünstigsten gelegene ist, da schauen wir demnächst nochmal vorbei!

 

Nach den sechs Wettbewerbseisen waren wir schon ganz schön platt, aber es gab nun einmal noch mehr Stände und wir hatten sowohl Appetit als auch Ehrgeiz genug, sie alle abzugrasen. Nummer 7 gab es Cookies Eis in zwei Variationen – Original und Black. Ich entschied mich für Black, kostete aber bei der Freundin auch die Original-Sorte, die ein wenig an Pudding erinnerte. Beides nett, aber nicht preisverdächtig.

 

Nummer 8, Buontalenti, eine „Spezialität aus Sahne und Rahm“ von der Florentiner Eisdiele Badliani und benannt nach dem angeblichen Erfinder des Gelato, war skandalöserweise leer (später habe ich über Instagram erfahren, dass nachmittags wieder aufgefüllt wurde, aber da war ich schon lange wieder zuhause in Stars Hollow…). So mussten wir wohl oder übel ein Eis auslassen und gingen direkt zum Trüffeleis von Savitar über. Nicht was wir uns unter Trüffeleis vorstellen, sondern wirklich Eis aus weißen, toskanischen Trüffeln. Eine überraschende und erstmal fremde Mischung aus herzhaftem Trüffelgeschmack (evtl. auch Knoblauch?) und normal-süßem Sahneeis. Nachdem wir uns daran gewöhnt hatten, war das Eis doch erstaunlich lecker und der Hase und ich aßen ohne zu Murren und mit Genuss auf – die anderen hatten in Erwartung des letzten Eisstands ausgesetzt.

 

Dort, bei Pernigotti, gab es nämlich fünf verschiedene wundervolle Schokoladeneissorten mit herkunftsreinem Kakao aus Santo Domingo, Ecuador, Peru, Sao Tomé oder Kuba. Ich entschied mich mit Peru für die dunkelste Schokolade aus 80%igem Kakao und wurde nicht enttäuscht. Enttäuscht war ich eher darüber, dass man uns Nummer 8 vorenthalten hatte, obwohl uns angeboten wurde, einfach noch eine weitere Portion eines anderen Eises zu kosten, was wir aufgrund mangelnder Magenkapazitäten dann doch abgelehnt haben. Ich hätte gerne zum Abschluss nochmal ein leichtes, fruchtiges und nicht zu saures Sorbet gehabt, um eine Balance zur Schokolade zu schaffen. Aprikose, weiße Traube oder Feige wäre toll gewesen. So ein ausgleichendes Eis fehlte mir auch insgesamt ein bisschen in der Auswahl und ich war fast versucht, auf dem Heimweg noch irgendwo anzuhalten. Die Vernunft siegte dann aber doch und so stimmten wir nur noch schnell ab und rollten dann unsere eisigen Bäuche nach Hause.

Das Festival geht heute zu Ende, aber Ihr habt ja noch den ganzen Sonntagnachmittag, um vorbeizuschauen, wozu wir hiermit ausdrücklich raten!

Edit: Die Eise 1 und 3 belegten die beiden ersten Plätze und werden am Finale in Florenz teilnehmen.

Auch heute bleibt die Blogküche kalt

Nach einer Woche mit krankheitsbedingtem Schonungsgebot (samt ärztlicher Anweisung, möglichst wenig zu lesen und „fernzusehen“), meinem Geburtstag, Brexit-Schockstarre und der gestrigen Nachfeier im Volkspark Friedrichshain, habe ich heute wieder nur ein paar Fotos für Euch – der Iron Blogger wegen. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich demnächst auch mal wieder etwas mehr zu schreiben habe…

Noosa
Noosa beim Lage checken
Geburtstag
Geburtstagsfrühstück im Bett
Geschenke
Geburtstagsgeschenke I
Gutschein
Geburstagsgeschenke II
Post
Geburtstagspost
Geburtstag
Sizilianische Geschenke
Rucksack
Neuer Rucksack
Europeada
Doch mal kurz „ferngesehen“
Miezen
Hungrige Miezen
Grill
Heiße Sounds auf dem Grill
Gäste
Süße Geburtstagsgäste

Tagebuch-5 im Juni 2016: Syrisches Essen und Rücken

Es ist mal wieder der 5. und wie jeden Monat fragt Frau Brüllen wieder: WMDEDGT?

Es ist heiß in Berlin. Gegen 10 wachen wir auf und stehen auch recht bald auf, da wir zum Mittagessen in Neukölln verabredet sind. Duschen, Zähneputzen, Anziehen, Katzen füttern… Zum Frühstück für uns gibts es einen schnellen Smoothie aus Pfirsichen, Aprikosen, Erdbeeren, Bananen und Eiswürfeln.

Smoothie

Dann gehen wir los zur S-Bahn und fahren mit der Ringbahn zum Treptower Park. Hier müssen wir in den Bus umsteigen und kaufen in einem Späti an der Bushaltestelle schnell noch eine Wassermelone. Ich trage sie ein paar Schritte lang (hauptsächlich um später sagen zu können: „Ich habe eine Wassermelone getragen.“), merke aber schnell, dass das meinem bereits schmerzenden Rücken nicht so richtig gut tut.

Melone

Wir fahren weiter nach Neukölln zu unseren syrischen Freunden. Gemeinsam mit einem befreundeten Paar sind wir dort heute zum Essen eingeladen. Während wir auf die beiden anderen warten unterhalten wir uns mit den Gastgebern über ihre Sprachfortschritte. Gerade der Vater ist erstaunlich weit, besonders im Lesen und Schreiben, weniger im Sprechen. Er spricht außer Syrisch und Englisch auch ganz gut Französisch und Spanisch, kein Wunder, dass er mit dem Deutschen so gut vorankommt. Leider wird er trotz sehr guter Leistungen in der Sprachschule eher zurückgehalten als gefördert und ist sehr enttäuscht darüber. Auch die beiden Jungs verstehen uns jetzt schon deutlich besser, aber sie sprechen trotzdem größtenteils Englisch mit uns, während wir versuchen, möglichst auf Deutsch zu antworten. Sprachpraxis ist schließlich alles. Im Fernsehen läuft Panda, Gorilla & Co., das ist schonmal ein guter Schritt 😉

Ich blättere durch die Lehrbücher aus der Sprachschule, finde sowas ja generell immer spannend. Als eines der Bücher droht, zu Boden zu fallen, beuge ich mich schnell vor, um es zu retten. Ab diesem Moment sind meine Bewegungen nur noch sehr eingeschränkt möglich und tun größtenteils weh. Die Kombination aus temperaturbedingtem Flip Flops tragen, Schwimmen am Donnerstag, Kieser Training am Samstag, Melone tragen und dieser plötzlichen Bewegung scheint meiner Lendenwirbelsäule mal wieder den Rest gegeben zu haben.

Da wir zu siebt und damit ein Stuhl zu wenig in der Wohnung vorhanden ist, setzt unsere Freundin auf dem Couchtisch. „Ist das OK?“ fragt sie. Ihr Freund witzelt: „Klar ist das OK, die Ms. sind doch Christen, da ist alles OK.“ T. reagiert prompt lachend: „Yes, we’re not Daesh!“

Mit Mühe schaffe ich es vom Sofa an den Esstisch. G. serviert heute gefüllte geschmorte Zucchini, die sehr interessant gewürzt sind und mit den Fingern gegessen werden, außerdem einen Gericht aus Zuckerschoten und Hackfleisch mit Reis. Zum Nachtisch gibt es unsere Melone sowie zwei verschiedene Süßigkeiten. Kleine runde Pfannkuchen werden an einer Seite zusammengedrückt wie Tüten. Die andere Seite wird gefüllt – einmal mit einer Creme und gehakten Pistazien, einmal mit Walnüssen. Über beide Varianten wird flüssiger Honig gegossen. Irgendwann zeigt G. mir, wie man das alles zubereitet, hat er versprochen.

Zucchini

Zuckerschoten

Syrisch

Walnuss

Pistazie
Während des Essens beginnt es draußen zu Donnern. Die drei Syrer zucken zusammen, bei ihnen löst das Geräusch Erinnerungen an Bomben in Damaskus aus. Sie erzählen uns in wenigen nüchternen Worten, was sie gesehen haben – viele viele Tote, darunter Freunde, Nachbarn, Kollegen, Kinder auf dem Schulweg… Es ist schwer, dazu etwas zu sagen, mehr als unser Mitgefühl und Verständnis auszudrücken, können wir nicht tun. Der Moment geht schnell vorüber und dann scherzen wir schon wieder und reden über die Arbeit. Unser Freund hat einen neuen Job bei einer Firma, die mit „IS…“ anfängt, auch das wieder ein Anlass für ein wenig Galgenhumor.

Nach dem Essen lege ich mich und meinen Rücken ein wenig auf den Fußboden, in der Hoffnung, dass die Schmerzen doch noch nachlassen und ich mit den anderen zum Fußball gehen kann. Sie wollen zum Auswärtsspiel von TeBe beim BSV Hürtükel, hier um die Ecke. Leider macht mein Rücken da nicht mit – ich kann mich nicht gerade auf den Beinen halten. Also beschließe ich, stattdessen nach Hause zu fahren. Wir verabschieden uns alle gemeinsam von G. und bedanken uns für das tolle Essen. Auf dem Weg die Treppe hinunter merke ich, dass es illusorisch ist, mit Bus und Bahn nach Hause zu fahren – jede Treppenstufe ist eine Qual und solange ich stehe, muss ich gebückt bleiben, alles andere tut zu sehr weh.

Also nutze ich die Gelegenheit, endlich mal die myTaxi-App auszuprobieren. Die anderen gehen los zum Spiel und ich setze mich vor die Haustür und warte die fünf Minuten, bis mein Taxi da ist. Der Fahrer ist Türke und wir fachsimpeln über Fußball, den heute beginnenden Ramadan, Ischias-Nerven, Taxifahren in Berlin, die Flüchtlingssituation, den Krieg in Syrien und die Politik Erdogans. Bis auf den letzten Punkt sind wir uns sehr einig über alles, aber er ist überzeugt davon, dass Erdogan kein Diktator ist und die Medien sowohl hier als auch in der Türkei nicht die Wahrheit sagen. Nunja, in meiner Situation möchte ich mich nicht streiten und er bekommt natürlich trotzdem ein gutes Trinkgeld von mir.

Berlin
Ich schleppe mich zuhause die Treppen hoch, bringe meinen neuen Laptop, ein paar Bücher und etwas zu trinken zum Sofa und lege mich hin, eigentlich in der Hoffnung heute nicht noch einmal aufstehen zu müssen. Meine Eltern haben mir das Manuskript für ihr nächstes Buchprojekt geschickt, dass ich jetzt lese und kommentiere. Dabei merke ich schon, dass das Sofa für meine Situation suboptimal ist: Die Katzen lagern um mich herum und schränken meine Bewegungsfreiheit zusätzlich ein. Ich muss aber ab und an mal die Position wechseln, was so nicht gut möglich ist. Ich überlasse den Katzen also den Rest der Wohnung und verziehe mich aufs Bett im Schlafzimmer. Viel besser!

Ich schaue auf Netflix Blue Valentine und dann mehrere Folgen House of Cards. Irgendwann zwischendurch kommt der Hase mit unserem heutigen Übernachtungsbesuch nach Hause, der von einem Wochenendtrip nach Riga zurückgekommen ist und erst morgen weiter nach Hause fährt. Da ich immer noch liegen muss, schauen die beiden alleine einen Film und bringen mir zwischendurch noch ein wenig aufgewärmte Reis-Gemüse-Pfanne.

House of Cards
Solange ich liege, geht es mit den Schmerzen einigermaßen, ich hoffe also, morgen wieder einigermaßen beweglich zu sein. Ansonsten wird wohl diese Woche, ähnlich wie der heutige Tag, ganz anders ablaufen müssen als geplant…

 

Markttag, Mispeln und mal wieder Pizza

Was macht man so an einem Sonnabend in der Toskana? Richtig, man geht auf den Markt. Hierzu fahren wir nach Volterra, wo der Wochenmarkt direkt neben den Ruinen des römischen Theaters stattfindet. Zu fast 90% besteht er aus Ständen mit Kleidung, Schuhen, Haushaltstextilien und anderem für uns uninteressanten Zeug, aber entlang zweier Seiten finden sich die spannenden Lebensmittelstände.

Bereits seit San Gimignano vor einer Woche gelüstet es dem Hasen nach Porchetta (Spanferkel), heute werden wir endlich fündig (vorher sah es immer entwedernicht so lecker aus oder wir hatten gerade gegessen.) Er nimmt also eine Porchetta im Panino und ich darf kosten. Wir finden es lecker, aber er noch ein bisschen mehr als ich 😉

Am nächsten Stand kaufen wir Wildschweinsalami und pikante Salami, am übernächsten Fenchelsalami (Finocchiona), wie sie Das Nuf immer für ihre Kinder bestellt. Dort kosten wir außerdem noch einen Schinken, entscheiden uns dann aber gegen den Kauf.

Gegenüber fotografiere ich den Fischstand – leider sind wir nicht mehr lange genug hier, um welchen zu verarbeiten. Am Gemüsestand bewundere ich Artischocken und Zucchiniblüten, aber mangels Kochchancen kaufen wir dann doch nur Marmande-Tomaten, Mispeln und Erdbeeren.


Einen Brotstand gibt es nicht, aber wir finden noch einen Bäcker, bei dem es außer Brot und Pizza sogar auch Kuchen und Kekse gibt – in Italien findet man die sonst normalerweise nur in der Pasticceria. Die Verkäuferin ist sehr happy mit unserem Großeinkauf – Brot, Kirsch-Crostata, Nusstorte und Cantuccini für zuhause – dass sie uns noch ein Miniküchlein schenkt und der Hase seinen gewünschten Keks umsonst bekommt.

Der nächste Stopp ist obligatorischerweise der Eisladen. Für mich gibt es heute Curcuma und Pinienkern, letzteres ist vegan, wovor mich der Verkäufer extra warnt. Schmeckt aber trotzdem sehr gut! 😉

Zuhause gibt es Kaffee, Kuchen und Obst und dann eine mehrstündige Siesta zum Schlafen, Dösen, Internet leer lesen und Podcast hören. Abends wollen wir dann wieder in die Pizzeria gehen, aber da es Sonnabend ist, ist alles ausgebucht. Man bietet uns aber an, unsere Pizza als Take-away zu nehmen. Dafür berechnet man uns auch nur einen geringeren Preis und weil unsere „Gastgeber“ gute Bekannte der Inhaber sind, gibt es auch noch einen extra Rabatt. Am Ende gehen wir mit vier sehr leckeren Pizzen für 26 € zurück nach Hause. 

Meine Pizza heißt Lucrezia und ist mit Mascarpone, frischen Tomaten, Grana und Rucola – buonissima!