Reisetagebuch 19. September 2019 – Case Vecchie #loosinterrail #eatalien

Nach der gestrigen Herausforderung des späten Frühstücks stellen sich unsere Gastgeber*innen heute einer neuen: Frühstück um 6. Eigentlich hatte ich nur gefragt, ob es möglich ist, dass wir uns morgens um 6 einen Kaffee machen, aber davon wollten sie nichts hören: Sie würden ja sowieso früh aufstehen und wir bekämen natürlich ein komplettes Frühstück, man kann doch nicht ohne aus dem Haus!

Mit Mühe können wir sie morgens davon abhalten, uns Rühreier zu servieren. Nach einem schnellen Frühstück fahren wir halb 7 los: Der Bruder muss zum Flughafen, ich muss rechtzeitig den Shuttle-Bus nach Catania erwischen und das Mietauto muss auch noch abgegeben werden. Zum Glück klappt alles wie am Schnürchen, so dass ich in Catania in den Zug steigen kann, der mich nach Case Vecchie bringt. Was das ist und wie es dort ist, findet man, wenn man in diesem Blog nach Geburtstagswoche sucht.

Unterwegs habe ich noch einen zweistündigen Aufenthalt auf einem fast verlassenen Provinznestbahnhof, aber dann steige ich in den nächsten Zug und irgendwas in mir erkennt die Landschaft wieder (obwohl ich letztes Mal aus der anderen Richtung kam) und die Vorfreude steigt ins Unermessliche. Ich werde am Bahnhof abgeholt und stehe auf einmal wieder vor dem blauen Tor. Es ist, wie nach Hause zu kommen. Als ob ich plötzlich durch all die Fotos laufe, die ich vor vier Jahren gemacht habe. Ich atme tief ein und komme an – so richtig und ganzheitlich.

In der Küche sitzen bereits alle beim Essen: Fabrizia, ihr Team, der Freund der Gärtnerin und drei Kochschüler*innen. Ich werde freudig begrüßt und dann gibt es Mittagessen: Ricotta-Gnocchi mit Sugo, Kaninchen in Mostarda-Sauce mit Kartoffeln und einem Salat aus bunten, gehäuteten Tomaten, Obst (Jujube, Erdbeertrauben), Feigen-Trauben-Tarte und Kaffee. Zum Essen gibt es Grillo, einen autochthonen sizilianischen Weißwein. Ein ganz normales Mittagessen in Case Vecchie eben…

Nach dem Essen besprechen Fabrizia und ich kurz unsere Pläne für meinen Aufenthalt, dann legt sie sich zur Siesta hin und ich begebe mich zu meinem Lieblingsort im Garten, genieße die Aussicht, atme den Duft von Blumen und Kräutern, meditiere, reflektiere und lese.

Irgendwann fängt es an zu regnen, so dass unsere Gartenarbeitspläne ins Wasser fallen. Stattdessen lese ich noch ein wenig in der Bibliothek weiter und abends plaudern Fabrizia und ich dann über dies und das – vom Catch-up seit unserem letzten Treffen im November über Lebensphilosophien, die politische Entwicklung in Deutschland und Italien, Familiengeschichten und Berufliches bis hin zu unseren Lieblingsserien. Der Rest der Gesellschaft ist auf einem Pizza-Workshop im Dorf, deswegen sitzen wir alleine am riesigen Esstisch und essen Reste – frischen Ricotta und älteren Schafskäse, eingelegte gegrillte Auberginen, getrocknete Tomaten, Sauerteigbrot, Macco aus eingefrorenen Fava-Bohnen – schön grün und aromatisch, anders als vorgestern – und eine Cassatina. Alles aus eigenen Zutaten und selbst hergestellt, inklusive des Weins, eines Nero d’Avola.

Nach dem Essen darf ich dann noch in die Badewanne – immerhin zum ersten Mal seit fast drei Wochen – und dann geht es müde und zufrieden ins Bett.

Reisetagebuch 18. September 2019 – Modica, Scoglitti und Comiso #loosinterrail #eatalien

Der Tag beginnt – wie auch sonst – mit einem Frühstück. Bei dem haben wir unsere Gastgeber*innen zeitlich ein wenig herausgefordert, denn eigentlich gibt es Frühstück nur bis 9:30 Uhr, ich bestellte es aber unwissend für 9:30 Uhr und so geschieht es dann auch und ist sehr reichhaltig und lecker:

Nicht im Bild: Rührei, Käse, Schinken…

Nach dem Essen brechen wir nach Modica auf, das nicht nur mit seinem barockem Stadtbild, sondern auch seiner berühmten Schokolade lockt. Eifrige Leser wissen, wo meine Prioritäten liegen… Und bei Katzen:

Als wir unseren Spaziergang durch die Altstadt beenden ist es schon ganz schön heiß, zu heiß für Schokolade – Zeit für ein Eis, mit besagter Schokolade (für den Bruder mit Pistazie).

Dann brauchen wir dringend eine richtige Abkühlung und fahren an den südlichsten Punkt der gesamten Reise, nach Scoglitti, und gehen dort an den Strand. Dieser erinnert in Aufbau und Sandbeschaffenheit an den Strand unserer Kindheit in Warnemünde und macht damit schonmal vieles richtig. Dazu ist das Wasser auch noch angenehm warm und türkisfarben und es gibt sowohl Algen als auch Muscheln und knapp unter der Wasseroberfläche schwimmen kleine Mini-Fischlein, die uns zwar regelmäßig anstupsen, aber sich nicht fangen lassen. Haben wohl Angst, dass wir ihnen gleich den Kopf abbeißen und/oder ne Zitrone aus der Badehose holen.

Als es das nächste Mal zu heiß wird, gibt es eine Granità. Pistazie für den Bruder (erkennt man ein Muster?) und Maulbeere für mich:

Dann geht es für eine weitere Badung bis kurz vor Sonnenuntergang zurück an den Strand, bevor wir für ein frühes Abendessen nach Comiso fahren. Das ist ein Tipp von Rachel, die hier in der Nähe ihr Sommerhaus hat. Wir haben zunächst Schwierigkeiten, die Cantunera zu finden, was daran liegt, dass sich das Lokal über drei Ecken einer Kreuzung erstreckt. An der einen Ecke bestellt man die Arancini und Getränke, eine andere beherbergt den Außenbereich und die dritte den Innenbereich samt Toiletten. Wir bestellen liebe Grüße von Rachel und werden dann sehr zuvorkommend beraten.

Zu sizilianischem Craftbeer gibt es für mich Arancini mit Salsiccia und Radicchio bzw. Apfel, Speck und Asiago. Der Bruder nimmt zwei andere, aber da ich erst Tage später zum Bloggen komme, habe ich leider vergessen, welche das sind. Nach dem Essen geht es zurück nach Hause und früh ins Bett – nicht ohne die Reste des Weißweins zu trinken, die wir am Brudergeburtstag noch mitgenommen hatten.

Reisetagebuch 17. September 2019 – Zafferana Etnea und Ätna #loosinterrail #eatalien

Heute ist wieder ein Reisetage, aber zwischen Frühstück und Autofahren passt immer noch ein bisschen Meer. Findet zumindest das Brüderchen und dieser Meinung schließe ich mich gerne an. Wie schon vorgestern fahren wir dazu zur Baia di Tono, wo türkisblaues unglaublich klares Wasser auf helle Kiesel treffen. Selbst wenn man ewig weit rausschwimmt und schon lange lange nicht mehr stehen kann, sieht man noch den Grund. Ich bedauere ein wenig, keine Unterwasserkamera dabei zu haben. Es gibt zwar weder Pflanzen noch Tiere zu sehen hier – was mich ein wenig stutzig macht – aber alleine der Anblick meiner vergleichsweise immer noch käsigen Beine vor diesem Hintergrund wäre ein Bild wert.

Wir lassen uns von der Sonne trocknen und dann geht es los – wir wollen vom Norden Siziliens hinunter in den Süden, da braucht man eine Weile. Einen ersten Stop machen wir in Zafferana Etnea an den Hängen des Ätna. Die Stadt ist für ihren Honig bekannt und der Bruder möchte aus Gründen welchen kaufen (irgendwas mit einem Hobby-Honigforscher in seinem Kollegenkreis, Geografen sind mitunter anders). Obwohl ich mich nicht mehr genau erinnere schaffen wir es, in dem selben Honigladen einzukehren wie der Hase und ich vor 5 Jahren. Diesmal schlage ich nicht ganz so exzessiv zu, aber Zitronenhonig, Eukalyptushonig, Thymianhonig, Pistazienpesto, Olivenöl mit Zitrone und verschiedene Honigseifen müssen trotzdem mit.

Danach kehren wir in einer Bar ein, wo es für den Bruder Caprese und für mich eine “Pizza Siciliana” mit Mortadella, Mozzarella und Pistazien gibt – eigentlich wollte ich ja Arancini, aber die waren aus, ebenso wie die Pizza mit Zucchiniblüten und wildem Fenchel und das Lemonsoda. Aber Oransoda hatten sie da. Die Pizza Siciliana ist übrigens eine Art frittierte Calzone und verlangt mir einiges ab – es bleibt wenig Hunger fürs Abendbrot übrig.

Dann geht es hinauf auf den Ätna, wo wir uns ein wenig Vulkanatmosphäre geben wollen. Auf dem Weg zu den Crateri Silvestri nehmen wir einen Tramper mit, der sich als Ätna-Guide entpuppt, welcher spontan eine Wanderroute geändert hatte und nun zurück zu seinem Auto möchte. Wir nehmen ihn mit und bekommen auf dem Weg eine volle Dosis an Tipps – leider viel zu viel für unsere knappe Zeit. Aber wir steigen dann auf den größeren der Crateri und machen eine Menge schöner Fotos – ist ja für uns beide bei weitem nicht der erste Vulkan, da muss man es auch nicht übertreiben.

Mit Bimssteinchen in den Schuhen und “I Bims”-Witzen auf den Lippen geht es dann weiter nach Süden, bis in die Nähe von Modica, wo wir im Agriturismo schon erwartet werden. Wieder ergießt sich ein Schwall italienischer Fragen und Tipps über uns – auch noch in starkem sizilianischem Dialekt – aber die wichtigsten Informationen bekomme ich gefiltert: Wann gibt es Frühstück und wo ist die nächste Trattoria?

Zum Glück nur etwa 700 m entfernt, so dass wir uns einfach zu Fuß auf den Weg machen können. Wir kommen dort gegen halb 9 an und sind neben den anderen deutschen Gästen des Agriturismo die einzigen. Da ich immer noch voll von der Pizza bin, teilen wir uns die gemischten Antipasti und ich esse danach “nur” noch eine Suppe – eine Macco aus Fava-Bohnen mit ordentlich Olivenöl drauf. Leider wurden hier getrocknete Bohnen verwendet, so dass die Suppe eher langweilig schmeckt und bei weitem nicht so gut, wie mein erstes Macco damals 2015.

Brüderchen hat mehr Hunger als ich und isst noch Cavatelli alla Norma, Caponata und eine Insalata mista. Dazu gibt es einen lokalen Rotwein, der nicht näher benannt wird, es aber auch nicht lohnt nachzufragen. Als wir fertig sind ist es halb 11 und inzwischen sind viele Tische besetzt – in Sizilien isst man spät. Wir laufen zurück zum Agriturismo und fallen müde ins Bett.