27.03.2023 – Ein Tag mit richtiger Handlung

Ich wache relativ früh auf und mache aus Gewohnheit erstmal einen Schnelltest, der aber auch am dritten Tag in Folge negativ bleibt. Ich akzeptiere das von nun an als gegeben. Fieber gibt es auch keines mehr, ich bin nur noch „normal“ krank – abgeschlagen, etwas verschnupft, mit Kapriolen schlagendem Bauch. Ich melde mich auf der Arbeit für eine weitere Woche krank (offiziell im System, dann noch in meinem Team und in drei weiteren Arbeitsgruppen), sage im Arbeitskalender ab, sage zwei Physio- und einen Yoga-Termin ab und melde mich vom Stammtisch der Landesgruppe meines Berufsverbands ab, der auch diese Woche stattfindet.

Dann erstmal tief durchatmen und Morgenroutine einleiten – mit dem Liebsten telefonieren, Internet leer lesen, Duolingo und Babbel erledigen und nebenbei den letzten kalten Tee von gestern austrinken. Dann mache ich mir frischen Tee (Zitronenmelisse) und Porridge mit gedünsteten Äpfeln und Zimt, füttere die Katzen und lege mich mit dem Frühstück zurück ins Bett. Zwischendrin habe ich immer einen Blick auf die Uhr, damit ich rechtzeitig aus dem Haus komme, um pünktlich vor Beginn der Akutsprechstunde in der Arztpraxis zu sein.

Ich bin etwas unentspannt und stehe schnell wieder auf, räume um das Bett herum etwas auf, stelle fest, dass die Katzen mal wieder meinen Rucksack markiert haben und schicke ihn durchs Hygieneprogramm der Waschmaschine. Den Rucksack mögen sie nicht, wenn ich den packe, bin ich im besten Fall den ganzen Tag, im schlechtesten Fall mehrere Tage nicht da. Weil ich das inzwischen weiß, packe ich ihn normalerweise immer gleich aus, wenn ich nach Hause komme, und lege ihn oben auf den Schrank, da ist er sicher. Als ich das letzte Mal nach Hause kam hatte ich frisch Covid und wollte nur schnell ins Bett, also lag er auf dem Boden.

Ich stelle eine Tüte mit Müll (hauptsächlich Taschentücher und Schnelltests) an die Wohnungstür, leere den Papiermüll in den leeren Schnelltestkarton aus und stelle den und den Biomüll dazu – den hat eine Woche lang niemand runtergebracht… Dann dusche ich und ziehe mich an. Ich lege mich nochmal kurz aufs Bett und ruhe mich aus, dann wird es Zeit, loszugehen. Ich bringe den Müll weg und laufe los. Langsam, sehr langsam, mit schmerzenden, steifen Beinen. Ich habe aber genug Zeit eingeplant und muss mich nicht hetzen. Unterwegs bringe ich noch zwei Mehrwegdosen zurück ins Restaurant.

Dann ruft ein Kollege an, erkundigt sich nach meinem Befinden und hält mich über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden. Ich muss am Anfang Husten und meine Stimme klingt auch danach noch so krank, dass er mich ordentlich bedauert und mich bittet, mich erst einmal ganz in Ruhe auszukurieren. Während des Gesprächs saß ich kurz auf einer Bank in der Sonne, jetzt laufe ich weiter zur Arztpraxis. Dort angekommen bin ich etwa 20 Minuten vor Beginn der Akutsprechstunde als erste Patientin da.

Bevor es losgeht, kommen noch vier andere an, darunter ein Mann ohne Maske, der sagt, er hätte im Rahmen des Streiks sein Gepäck/Handy verloren und müsste in seinem Hotel anrufen (?), er bittet die anderen Wartenden, ob er jemandes Telefon borgen könnte, wird aber von einer Mitwartenden (die mir optisch bekannt vorkommt) geistesgegenwärtig an die Apotheke unten verwiesen. Dann wird uns Einlass gewährt. Plötzlich ist der Mann wieder da und sitzt ohne Maske im Wartezimmer – ich habe eine original verpackte FFP3-Maske dabei und dränge sie ihm gerade höflich auf, als ich auch schon aufgerufen werde.

Meine Hausärztin ist froh, dass ich so schnell wieder negativ bin und die Erkrankung insgesamt wohl harmloser verläuft, als beim letzten Mal. Sie betastet meinen Bauch und lässt mir Blut abnehmen. Außerdem schaut sie sich die Wunde an meinem Finger an, klebt einen Wundverschlussstreifen drauf und weist mich an, das Gelenk möglichst nicht zu bewegen, damit die Wunde besser verheilen kann. Als ich wieder ins Wartezimmer komme, wird die mir optisch bekannt vorkommende Frau gerade aufgerufen. Sie trägt einen bekannten Nachnamen und während ich das hier tippe habe ich gegoogelt und bin mir zu 99 % sicher, dass es sich um eine Schauspielerin handelt. Witzigerweise eine, von der ich gerade Nilz Bokelberg in einem Podcast habe erzählen hören.

Ich verlasse die inzwischen übervolle Praxis und mache mich auf den Heimweg. Ein paar Ecken weiter stelle ich fest, dass der Wundverschlussstreifen abgefallen ist, das muss beim Anziehen passiert sein. Da ich dem Praxispersonal keinen zusätzlichen Stress machen möchte, steuere ich die nächste Apotheke an. Man könne mir solche Streifen verkaufen, aber aufkleben dürfe man sie nicht. Ich kaufe erst einmal und überlege dann, ob ich mir das selbst zutraue, dann rufe ich meinen Bruder an, der um die Ecke wohnt.

Er ist ja im Moment immer noch krank zuhause und hat außerdem aus den letzten Wochen sehr viel passive Verbandserfahrung und außerdem eine Wundschwester, die ihn behandelt. Ich küre ihn kurzentschlossen zum Wundbruder (und mich zur passiven Wundschwester) und er klebt mir einen Streifen auf die Wunde, genau dahin, wo man noch den Abdruck des abgefallenen sieht. Dann mache ich mich wirklich auf den Heimweg und laufe bei strahlendem Sonnenschein unter Kirschblüten langsam nach Hause.

Das Laufen geht jetzt deutlich besser als auf dem Hinweg, anscheinend sind meine Beine eine Maschine, die regelmäßig bewegt werden muss, damit sie rund läuft. Auf den letzten Metern ruft der Liebste an, bewundert meinen blauen Himmel und zeigt mir seinen schneeverregneten (was 13 km so ausmachen).

Endlich wieder zuhause lege ich mich erschöpft wieder ins Bett. Ein paar Minuten später wähle ich mich für eine halbe Stunde in ein Teammeeting ein. Keine gute Kranke, kein Vorbild für die Arbeiterklasse, aber es ist erstens das letzte Meeting für zwei der Anwesenden, die uns Ende der Woche verlassen werden und zweitens ist für den Rest des Teams gerade Land unter und mein Input kann hilfreich sein. Auch hier wieder sind die Kolleg*innen entsetzt, wie krank ich klinge und ich muss versprechen, danach direkt wieder den Rechner zuzuklappen. Allerdings kann ich tatsächlich helfen – ich habe ein fertiges Google Sheet, das nur minimal angepasst werden muss, um uns in der neuen Situation nützlich zu sein. Das mache ich also nach dem Call noch schnell und schicke es rum. Es hätte die anderen viel Zeit gekostet, damit von 0 anzufangen und Zeit habe ich ja gerade genug. Und froh, beim Abschied dabeigesessen zu sein bin ich auch.

Ich klappe den Laptop zu, mache mir ein paar schonköstliche Stullen und rufe hinterher den Liebsten wieder an. Wir telefonieren, bis er von seiner Mitbewohnerin in ein Gespräch verwickelt wird (nachdem sie sich bei mir nach Befinden und Verlauf erkundigt hatte). Ich schaue ein paar Folgen „Suits“ (nochmal von Anfang an), dann ruft der Liebste an, um gute Nacht zu sagen. Dann trage ich mein dreckiges Geschirr in die Küche (gar nicht erst wieder einreißen lassen) und treffe dort auf den Mitbewohner. Zum ersten Mal seit langer Zeit haben wir Zeit und Muße für ein längeres Gespräch mit Katze(n) auf dem Schoß. Danach gehe ich noch fix ins Bad und dann endgültig schlafen. Kurz vorm ins Bett Krabbeln sagt das Fitbit, ich hätte heute 10.000 Schritte gemacht. Rapüüüüüüh.

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