10.03.2023 – Ein Anti-Girlboss-Tag

Ich wache wieder mit leichten Kopf- und Halsschmerzen auf und bin einfach ziemlich erschöpft. Der Corona-Test ist weiterhin negativ (auch einer am Nachmittag und einer am nächsten Morgen, Anm. d. Red.) und da heute nur zwei Meetings anstehen und ich ansonsten einen entspannten Arbeitstag vor mir habe, sehe ich keinen Grund, mich krankzumelden, sondern gönne mir noch einmal gemütliches Bettoffice.

Eines der beiden Meetings wird dann sogar noch auf Montag verschoben, da eine Kollegin, die im Norden Englands auf dem Land wohnt (auf den Fotos sieht es so aus, wie ich mir Wuthering Heights vorstelle), sich aufgrund eines Blizzards erst einmal um Haus und Hof kümmern und nebenbei ihre Tochter betreuen muss, die wegen des Schnees schulfrei hat. Im März. In England. Klimawandel much?

Am Morgen kontaktiere ich zunächst einmal unsere Kollegen (nur Männer aktuell) in Hamburg und erkundige mich, ob alles in Ordnung ist nach dem Amoklauf am Abend vorher. Einer von ihnen kam wegen der Polizeisperren schwer nach Hause und hatte die ganze Nacht einen Heli über dem Haus rumfliegen, ansonsten geht es allen zum Glück gut.

Danach arbeite ich vor mich hin, recherchiere Dinge, kümmere mich um Administratives, tausche mich mit Kolleg*innen aus, schreibe meine Wochenzusammenfassung und den Ausblick auf die nächste Woche für meine Chefin. Nebenbei bestelle ich eine große Lieferung Katzenfutter für die beiden Monster, die mir kuschelnd Gesellschaft leisten und plausche ein wenig mit dem Mitbewohner, der heute auch Homeoffice macht. Er erzählt, dass er übers Wochenende mit Freunden an einen See südlich von Potsdam fährt und ich freue mich auf noch mehr Freiheit dieses Wochenende (Treffen mit dem Liebsten fallen ja Covid-bedingt aus und die Besuchsslots bei meinem Bruder im Krankenhaus sind auch schon voll.)

Zum Mittag gibt es Pastareste von gestern und dann fange ich auch schon an, mir Gedanken über das Abendbrot zu machen. Neulich lief ich an einem indischen Restaurant vorbei und bekam mal wieder Lust auf Pakoras, Naan und Co. Der Mitbewohner kocht ja sehr regelmäßig pakistanisch und erklärt dann immer recht ausschweifend, in welchen (wenigen, streng abgesteckten) Gegenden in Indien es überhaupt gutes Essen gibt. Unsere Empfindungen gehen da etwas auseinander. Außerdem hat er berechtigterweise viel Meinung zu indischen Restaurants hier und kann schon am Geruch des Ladens erkennen, ob da gut gekocht wird – sagt er zumindest und ich vertraue ihm da.

Übrigens sind viele indische Restaurants in Berlin pakistanisch geführt, ohne das so zu benennen – verkaufte sich nämlich früher besser so. Da ich aber das „indische“ Essen in Berlin grundsätzlich mag, nutze ich die Gelegenheit, sturmfrei zu haben und bestelle nach Feierabend einfach bei einem Restaurant, das einigermaßen gute Bewertungen hat und umweltfreundliche Mehrwegverpackungen anbietet – und zwar Dinge, die der Mitbewohner nicht regelmäßig kocht.

Es gibt Blumenkohl-Pakoras mit Tamarinden- und Minz-Chutney, einen Salat mit Früchten, Matter Paneer mit Reis, Knoblauch-Naan, Raita und ein Litschi-Lassi. Natürlich schaffe ich das nicht alles und hebe die Reste für morgen auf. Doof ist, dass am Ende nur das Hauptgericht in der Mehrwegdose kommt und die anderen Bestandteile dann doch wieder jede Menge Müll verursachen – das war neulich beim Chinesisch bestellen besser. Bis das Essen kommt, lese ich weiter in „Anti-Girlboss“.

Während des Abendbrots (inzwischen bin ich aufs Sofa umgezogen) schaue ich „9 to 5“ mit Jane Fonda, Lily Tomlin und Dolly Parton, was ganz zauberhaft in diese Frauentagswoche und allgemein zum Thema Arbeitswelt passt. Den Anfang hatte uns mal eine Kulturwissenschaftsprofessorin im Studium gezeigt, als wir über Judith Butler und das Konzept Gender sprachen. Das Titellied begleitet mich schon länger und nachdem Stephen Colbert vor kurzem Jane Fonds und Lily Tomlin zu Gast hatte, von denen ich in Kombination seit Grace & Frankie großer Fan bin, und erwähnte, dass ihre erste Kollaboration ja „9 to 5“ war, musste ich mir den endlich mal ganz anschauen.

Nach dem Essen verblogge ich noch schnell den Donnerstag und dann mache ich es mir mit „Anti-Girlboss“ und den Katzen gemütlich. Kurz vor halb 1 habe ich das Buch ausgelesen und beschließe dann, einfach noch eine Weile weiter auf dem Sofa zu liegen und durch TikTok zu wischen – Nadia wäre stolz auf mich! Ich entdecke u. a. einen Creator, der sich als „Stay at Home Boyfriend“ geriert und mit Wuschelhaaren und leicht bekleidet kocht und bäckt, das mit sanfter Stimme kommentiert und die Ergebnisse am Ende mit leicht laszivem Blick in die Kamera hält. I feel seen.

Zum Schluss bleibe ich in einem Live hängen, indem eine Chihuahua-Hündin gerade zwei Jungen zur Welt bringt – es gucken Zehntausende Menschen zu. Leider gibt es beim zweiten Hündchen Probleme und der Stream wird rasch abgebrochen, um zum Tierarzt zu fahren. Am nächsten Morgen wird sich leider herausstellen, dass das Hündchen einen Geburtsfehler hatte.

CONTENT NOTE UNGEFÄHR ALLES – Sanfte Gemüter bitte einfach einen Absatz überspringen:

Die Gedärme waren nicht im Bauch, sondern hingen nach außen und während die Mutter es säuberte und die Nabelschnur durchbiss, wurden seine Innereien so stark verletzt, dass auch der Tierarzt nicht mehr helfen konnte und es eingeschläfert werden musste. Weil das Internet das Internet ist, bekam die Züchterin nicht nur jede Menge Mitgefühl, sondern auch böseste Hasskommentare, die ihr die Schuld für das Unglück gaben.

All das bekomme ich aber nicht mehr mit. Das ist der Moment, den Abend zu beenden, schnell für Aufmunterung zu sorgen und zur neusten Folge von „Niemand wird verurteilt“ von Maria Lorenz-Bokelberg und Nilz Bokelberg (große Podcast-Empfehlung!) einzuschlafen.

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