Der Mittwoch ist für viele meiner Kolleg*innen ein fester Bürotag. Ich selbst habe in meiner Rolle komplette Freiheit darin, ob ich zuhause arbeite, im Büro oder irgendwo anders (nur fürs Arbeiten außerhalb Deutschlands gibt es gewisse Regeln und Einschränkungen). Nur sehr selten ist meine Anwesenheit im Büro wirklich dringend erforderlich und oft sogar unpraktisch, wenn ich zum Beispiel den ganzen Tag in virtuellen Meetings hocke oder tagsüber Arzt- oder Physiotermine habe.
Trotzdem versuche ich, ab und zu und mindestens einmal pro Woche, hinzugehen, um nicht-virtuellen Kontakt mit Kolleg*innen zu haben, Smalltalk in der Küche zu halten, mit Kolleg*innen ins Gespräch zu kommen, mit denen ich über die reine Arbeit selten zu tun habe, den guten Kaffee zu genießen, Papierkram zu erledigen und auch einfach mal was anderes zu sehen. Diesmal ergibt es sich dann ganz praktisch, dass mein Mittwoch angenehm meeting- und terminfrei ist und außerdem Papierkram zu erledigen ist und ich so die Gelegenheit habe, möglichst viele Kolleg*innen vor Ort zu treffen.
Da ich ohne Zeitdruck unterwegs bin und endlich wieder mobiler werden muss, laufe ich ins Büro. Das dauert eine gute Stunde und ist ein angenehm entschleunigender Start in den Tag. Dabei höre ich „Die Träume anderer Leute“ von Judith Holofernes, gelesen von Nora Tschirner, woran mich Herrn Buddenbohms Blog bei der Morgenlektüre freundlicherweise erinnert hatte. Ich hatte das Hörbuch schon vor ein paar Wochen gehört und den Anfang mehrfach zum Einschlafen gehört, dann geriet es aber irgendwie wieder in Vergessenheit. Jetzt aber!
Als ich im Büro ankomme, muss ich leider aufhören mit dem Hören. Dafür sind da jetzt liebe Kolleg*innen, die mich freudig begrüßen. Ich gehe an meinen Stammplatz (Hot Desk Policy, höhö. Die Theorie denkt, der Mensch lenkt.), stöpsele meinen Laptop an, stecke meine Kopfhörer ans Ladekabel und schaue kurz, ob irgendwelche dringenden E-Mails reingekommen sind, während ich mit Judith Holofernes/Nora Tschirner beschäftigt war. Da nichts ganz eiliges passiert ist, gehe ich dann in die Küche.
Dort hat jemand Kekse und Mini-Muffins hingestellt, von denen ich mich erst einmal bediene. Dann kippe ich mein von Zuhause mitgebrachtes Müsli und den klein geschnittenen Apfel in eine Schüssel und habe dann die Wahl, ob ich fettarme Milch, Sojamilch oder Hafermilch darüber gießen möchte. Zwei liebe Kolleg*innen machen sich gerade ebenfalls ihr Frühstück fertig und es entspinnt sich eine Diskussion über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Alternativen. Wir alle bedauern, dass keine Vollmilch da ist. Wenn schon Tierleid, dann soll es auch schmecken! Ich entscheide mich dann jedenfalls für die Hafermilch.
Während mein Kaffee durchläuft (Cappuccino mit einem Extra-Shot Espresso), kläre ich mit beiden auch noch jeweils kurz ein Arbeitsthema. Dann mach ich eine kurze Runde durch das restliche Büro und sage allen kurz „Hallo“. Den Rückweg an meinen Platz muss ich zweimal gehen – erst mit Müslischüssel und Müslibehälter, dann mit Kaffee und Gebäckteller. Wenigstens mache ich so weiter Schritte gut.
Dann erstmal in Ruhe E-Mails abarbeiten, auf Nachrichten reagieren, mich mit zwei Kolleg*innen kurz zu einem vertraulichen Thema in einen Meetingraum zurückziehen… Zwischendurch wird ein Meeting, das für 22 Uhr angesetzt und fester Teil meiner Tagesplanung war, auf morgen verschoben und ich muss entsprechend umdisponieren. Dann erlebe ich den Torjubel live, als ein Kollege ein Projekt erfolgreich abschließt, an dem er seit über anderthalb Jahren gearbeitet hatte. Wir erinnern uns gemeinsam, dass ich auch ganz am Anfang zufällig live dabei war, damals, als ich noch viel seltener im Büro war als jetzt, wegen dieser Pandemie. Ein schöner Moment, auch als dann aus der ganzen Firma Glückwünsche für ihn eintrudeln.
Dann bin ich mit einem anderen Kollegen zu Papierkram verabredet, den ich erstmal ausdrucken und sortieren muss. Da es schon 14:30 Uhr ist, beschließen wir, erst etwas zu essen, bevor wir uns inhaltlich damit befassen. Wir gehen zu einem vietnamesischen Restaurant um die Ecke. Für mich gibt es Bun Nem und ein Ginger Ale. Zurück im Büro dann der Papierkram, mit Zwei-Augen-Prinzip. Dauert ungefähr eine Stunde.
Danach wieder ein wenig „Freiarbeit“. Ab etwa 17 Uhr bin ich die letzte im Büro, ich bin ja aber auch später gekommen als die anderen und außerdem regnet es gerade wieder. Als ich mit allem fertig bin, ist es kurz vor 18 Uhr. Ich setze mir wieder Judith Holofernes/Nora Tschirner auf die Ohren und verlasse das Büro. Als ich auf der Straße stehe, verkündet mir mein FitBit, dass die 10.000 Schritte voll sind. Aber die Luft ist schön, der Regen vorbei, der Tag noch hell und meine Beine hören langsam wieder auf, beim Laufen wehzutun. Also beschließe ich, auch den Heimweg zu laufen, um diesen Fortschritt zu untermauern. Außerdem kann ich so doppelt so lange Hörbuch hören.

Im Laufe des Heimwegs kommt erst der Sonnenuntergang und dann nach und nach die Dunkelheit. Gegen 19 Uhr bin ich zuhause. Ich räume meinen Rucksack aus, mache mir einen Pfefferminztee und setze mich erstmal aufs Sofa. Katzenkuscheln, Internet gucken, mit dem Liebsten telefonieren… Gegen 20 Uhr mache ich mir Abendbrot (ein Rest Postelein wird mit zwei kleinen Crowdfarming-Avocados, einer Orange, einer Kiwi, Leinöl, Salz Pfeffer und einem Spritzer Ahornsirup zu einem leckeren Salat, dazu überbacke ich mir eine Scheibe Brot mit Camembert). Zum Essen fange ich mit der Doku „Island im Winter“ an, die Frau Frische Brise neulich empfahl, bin aber nicht mehr wirklich aufnahmefähig. Ich blogge nebenher, buche meinen AquaFitness-Kurs für morgen und als die Doku vorbei ist, verschwinde ich gegen 22 Uhr ins Bett.