Regelmäßig schreibt das beste Fräulein von Allen, die Godmother der Tastatur, auf, wie ihr Monat roch und lädt ein, selbst olfaktorische Erinnerungen zu notieren. Und wie immer, wenn das Fräulein etwas anpackt, finden sich schnell Gleichgesinnte, diesen Monat u. a. in Indien und Hamburg, in Chile und in Brandenburg. Ich will mich nun auch einmal daran versuchen, denn beim Lesen und kurzen Überlegen sind mir erstaunlich viele Gerüche des Oktobers wieder eingefallen…
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Der Oktober riecht zuerst einmal nach salziger Lagunenluft, nach Feuchte, Schimmel, Algen und jeder Menge Regen. Nach viel zu vielen enggedrängten nassen Menschen im Vaporetto und nach gutem Kaffee zu touristischen Preisen. Nach süßem Gebäck und überreifen Feigen, nach geschmolzenem Glas und Torta della Nonna. Er riecht nach Meeresgetier auf dem Teller und nach dunkler Schokolade.
Der Oktober riecht nach alten Gemäuern und jahrhundertealter Weisheit, duftet nach tropischen Blüten und schwerer, feuchter Luft ebenso wie nach verbranntem Gummi und Benzin. Der Duft von Schafskäse zieht sich durch den kompletten Monat, den von Trüffeln hingegen lassen wir nach einigen Tagen hinter uns. Trauben frisch von der Rebe gepflückt riechen im Oktober manchmal schon leicht vergoren und künden von dem Wein, zu dem sie werden.
Der Oktober riecht nach Oma, nach Zuhause, nach Kindheitserinnerungen und Kaminfeuer zwischen dicken Steinwänden, nach Jahrzehnten voller Bücher und Gemälden ebenso wie nach einem Hühnerstall und gleichzeitig nach den Zitronen, die C. für uns pflückt. Der Oktober riecht immer noch nach Tomaten.
Nach Wein riecht er wochenlang, in den verschiedensten Herstellungsstufen, Mischungen und Aromen. Nach Prosecco, Spumante und Lambrusco, nach Soave und Bardolino, Sangiovese, Brunello und Verdicchio, Pinot Grigio und Vinsanto.
Er riecht nach Eichenfässern, Kellerstaub und Trester. Nach frischem Brot und rohem Fleisch. Nach Pasta und Brühe und Pfeffer und noch mehr Käse. Nach Schinken, Salami, Salsiccia und Bacon. Nach zu flüssigen Frühstückseiern und aufgewärmter Lasagne. Er umschmeichelt die Nase mit Squaquerone und karamellisierten Feigen und fordert sie mit Schwefelquellen und gechlortem Wasser heraus.
In den Bergen riecht der Oktober schon nach tiefstem Herbst, nach Holzfeuer und Gebirgsbächen und nach Abendbrot im Bett. Er riecht nach Aprikosenmarmelade und cremigem Gelato, nach Frittiertem und jeder Menge Caffè, nach angekohltem Hefeteig und Schokoladenfabrik. Und nach Gianduia riecht er auch.
Der Oktober riecht nach Knoblauch und Kakis, nach Eseln und Ziegen, nach frisch gepflügter Erde und verbrannten Weinstöcken. Er riecht nach nassem Hund und schlammigen Pfoten auf neuen Hosen.
Nach blauem Meer und blauem Himmel, sanfter Brise und weißen Kieseln riecht der Oktober. Nach Meerfenchel und salziger Seife, nach Honig und nach Rosenblättern. Nach Neuem und Altem und der schwierigen Zeit dazwischen. Nach Puderzucker und Maroni, geschmolzenem Käse, Kürbis und Mandeln.
Er riecht nach Ledersitzen im Zug und Zugtoiletten. Nach uiguirischem, irischem und irgendwie modernem Essen. Nach Selbstgekochtem und endlich wieder deutschem Kuchen. Nach Aufbruch und Neuanfang und einer Ahnung vom Schweren.
Nach bunten Blättern und abgemähten Hagebuttenhecken, nach Asphalt und Alltag, Bürofußbodenbelag und erstem Glühwein, nach Katzenschnurren und jeder Menge Tee – und immer noch nach Rattenkot. So riecht der Oktober.
Ich werde a) knallrot und bin b.-z.) sehr begeistert, dass Du schreibst!
Ich werde knallrot, dass Du mich verlinkst und mein Herz hüpft, dass Du kommentierst 😘
Wo, wenn nicht bei Dir? Blogschwester!