Ich habe ja in Rostock studiert, unter anderem, weil ich die Stadt (speziell Warnemünde) und die Ostsee bereits aus familiären Gründen liebte – Papa wuchs hier auf, Oma und Opa lebten hier, als ich klein war und natürlich waren wir oft zu Besuch. Die Studienzeit ist natürlich eine sehr prägende und für viele die schönste Zeit des Lebens, ich glaube das war für mich auch so. Ich ging mit zwei weinenden Augen aus Rostock weg, um nach Berlin zu ziehen und es hat gedauert, bis daraus inzwischen zwei lachende Berliner Augen geworden sind. Trotzdem hat mich Rostock nie losgelassen und es zieht mich immer und immer wieder zurück in meine Herzheimat. Die Ostsee, die Menschen, das Lebensgefühl, die Freund*innen, die Familie…
Dass ich allerdings wirklich spätestens alle 2-3 Monate wieder nach Rostock fahre, das hat vor ungefähr zwei Jahren angefangen. Der Anlass für diesen ersten Besuch nach längerer Zeit war die Eröffnung eines Cafés. Ein lieber Freund aus Rostocker Zeiten war aus Berlin wieder zurück in die alte Heimat gezogen. Wir verbrachten kurz vorher einen netten Abend in einer Kneipe im Prenzlauer Berg und sprachen über seine Café-Idee, die er dann tatsächlich wahr machte. Ich fuhr also zur Eröffnung hin und habe nicht nur gemerkt, wie sehr mir Rostock in meinem Leben gefehlt hatte und wie gut es mir tut, immer wieder hinzufahren und aufzutanken – ich habe auch mein zweites Wohnzimmer entdeckt.
Das gemütliche Törtchenlokal in der KTV ist der Ort, den ich neben dem Warnemünder Strand bei jedem Rostock-Trip besuche – und zwar normalerweise an jedem Tag. Alles ist natürlich unglaublich lecker – Törtchen, Kuchen, Kekse, Apfelstrudel, Quiches und seit neuestem auch Frühstück. Vor allem lockt mich aber die Atmosphäre und dieses ganz besondere Zuhause-Gefühl. Stundenlang sitze ich meist dort und immer treffe ich liebe Bekannte und Freund*innen – teils verabredet, teils spontan und unvermutet. Das Café ist zum Dreh- und Angelpunkt meines Rostocker Freundeskreises geworden.
Heute ging ich – nach sehr kurzer, weil durchtanzter Nacht – gegen 11 hin und traf dort auf den Inhaber, eine Angestellte, den Bruder des Inhabers und den Hund des Bruders. Ich wurde herzlich begrüßt und bekam direkt einmal den Kuchenschaber zum Ablecken gereicht. Dann schaute ich beim Törtchenmachen zu und überlegte mir, was ich essen wollte. Teller, Brötchen, Croissants, Besteck und einen Käseteller nahm ich mir selbst, Kaffee und ein weiches Ei wurden für mich gemacht. Ich setzte mich zu Bruder und Hund an einen Tisch neben der Küche, aß, erzählte und gehörte einfach dazu.
Insgesamt war ich dann vier Stunden dort. In dieser Zeit gesellten sich zu uns an den kleinen Tisch – obwohl zu Beginn noch viele andere Tische frei waren, das große Törtchengeschäft findet am Nachmittag statt:
- Eine Bekannte von früher, die ich bestimmt 10 Jahre nicht gesehen hatte mit ihrer kleinen Tochter, von deren Existenz ich bis dato noch gar nichts gewusst hatte. Sie hatte gerade neue Dekoration für das Café genäht und kam auf einen Plausch vorbei.
- Die 10-jährige Tochter einer Bekannten, die regelmäßig Wartezeiten zwischen Terminen im Café verbringt und deren besondere Aufgabe es ist, die Schublade mit den Gratis-Süßigkeiten für Kinder zu überprüfen und aufzufüllen.
- Einer aus dem weiteren Bekanntenkreis, der gestern Abend auch beim Tanzen dabei war, aufs Klo wollte, einen Kaffee trank und sich einfach eine Runde dazusetzte und Partyplanungen für heute Abend anregte.
- Die Angestellte, die Formulare und Rechnungen der letzten Monate sortierte und nebenbei frühstückte.
- Der Inhaber, der mit den Törtchen fertig war, mit den Rechnungen half, frühstückte und nebenbei mit uns herumalberte.
Zu dem offiziell bestellten Frühstück gab es dann noch einen übrig gebliebenen Marzipantaler zu naschen und ich bekam einen kleinen Obstteller serviert.
Zwischendurch hatte ich ein Foto meines Frühstücks gepostet, das haben wir dann gemeinsam über die Seite des Cafés geteilt. Es bekam gleich eine Menge Zuspruch und dann klingelte das Telefon und jemand machte eine Reservierung zum Frühstück für morgen. Jetzt bin ich echte Influencerin!
Gegen 15 Uhr brach ich dann auf Richtung Strand – nicht ohne noch einen Proviant-Keks zugesteckt zu bekommen. Morgen gehe ich wieder hin, dann gibt es aber auf jeden Fall Törtchen!