Um dieser etwas merkwürdigen Aussage Sinn einzuhauchen, muss ich Euch mit zurücknehmen in meine Vergangenheit, zurück in die Pubertät…
Es ist 1996 und meine (nee, meine Freundin ist nicht weg und bräunt sich) Mama nimmt mich mit ins Kino, um mir einen Film zu zeigen, den sie neulich im Flugzeug schon gesehen hat und dessen Titeltrack in Australien, wo sie und Papa gerade Urlaub gemacht haben, ein Charthit wurde: That Thing You Do! Zack, hatte ich einen neuen Lieblingsfilm. Nun war das damals in Bautzen und dort kamen die guten Nicht-Mainstream-Filme immer genau einmal (wenn überhaupt), nämlich montags im “Kino extra”, also hatte ich keine Chance, den Film ein zweites Mal im Kino zu sehen. Ich wartete also ungeduldig auf den Video-Release.
Sobald das Video in unserer örtlichen Videothek angekommen war, habe ich es ausgeliehen und zuhause direkt angesehen. Und als der Abspann abgelaufen war, zurückgespult und gleich nochmal von vorn angefangen. Und dann habe ich es an dem Wochenende noch zweimal gesehen. Dann schlug Mama mir eine illegale Raubkopie vor (ich denke, das ist verjährt, Mama ;)) und wir schlossen unsere beiden Videorekorder an den Fernseher an. Leider war ein Kopierschutz auf der Kassette und nur der Ton wurde sauber kopiert, vom Bild war nicht viel zu sehen. Trotzdem hatte ich zumindest die ersten 10 Minuten des Films als Tonspur und auch die habe ich mir ab und zu angehört (und regelmäßig den Film wieder ausgeliehen), bis dann endlich, endlich das Kaufvideo auf dem Markt war, das ich mir direkt am ersten Tag gekauft habe.
Der Film ist wirklich ziemlich großartig (die IMDB-Bewertung ist da nicht ausreichend ;)), hat ein sehr gutes und witziges Drehbuch, tolle Schauspieler, gute Stimmung, super Musik… Ein absoluter Gute-Laune-Film und dabei nicht ohne Tiefgang.
Und That Thing You Do! hat Guy Patterson. Er ist “der Drummer, der den den Takt hält, das Rückgrat”. Er kommt als eigentlicher Jazz-Fan zu einer aufstrebenden Rock’n’Roll-Band hinzu, macht einen okayen Song zu einem Riesenhit, sorgt für beatlesque Erfolge, bleibt dabei die ganze Zeit aber auf dem Boden der Tatsachen und verkraftet so das Ende der Band von allen am Besten. Und er spannt dem karrieregeilen Gitarristen die Frau aus(natürlich erst nachdem sie den verlassen hat natürlich, er ist ja Gentleman) und macht mit ihr zusammen eine Jazz-Schule auf. Guy ist die Hauptfigur in dem Film, auf eine unaufdringlich normale Art gut aussehend, unglaublich lieb, witzig und eben irgendwie “besonders”. Ihr merkt es schon, Klein-loosy war verliebt. (Und ich möchte betonen: In die Filmfigur, nicht den Schauspieler!) Ich glaube tatsächlich, dass mich Guy im Hinblick auf die Männer, die mich interessieren, entscheidend geprägt hat und entdecke in der Rückschau wahrscheinlich bei jedem irgendeine Parallele.
Jedenfalls, “That Thing You Do!” ist immer noch in meiner ewigen Top 5 meiner Lieblingsfilme drin. Ich habe mir natürlich auch die DVD gekauft, auf Englisch und inkl. des deutlich längeren Director’s Cuts. Der macht den Film im Nachhinein nochmal großartiger, aber ich bin ganz froh, dass ich ihn erst Jahre später gesehen habe. Einige der Szenen zeigen Guy in Situationen (Sex ‘n’ Drugs ‘n’ Rock ‘n’ Roll), die meinem 13-jährigen Ich so gar nicht gefallen haben. Mein ca. 23-jähriges Ich fand ihn dadurch nur noch ein bisschen toller und sympathischer. Anyway…
Den Schauspieler hinter Guy, Tom Everett Scott, fand ich schon auch ganz hübsch, aber leider hat er hinterher nie wieder Rollen und Filme gespielt, die mich interessiert hätten. Und dann saß ich vor zwei Jahren mit einer Freundin im Freiluftkino Friedrichshain und schaute La La Land. Wie es sich gehörte, war ich natürlich für die Dauer des Films total in Ryan Goslings Sebastian verknallt. Und dann taucht ganz am Ende plötzlich Tom Everett Scott als der neue Freund von Emma Stones Mia auf, bevor es an die Schlüsselszene des Films geht, in der Sebastian und Mia sich wiedersehen, ihre gemeinsame Zeit heraufbeschworen wird und sie trotz der aufwallenden Gefühle ihren Frieden miteinander machen. Diese Szene ist an sich schon unglaublich und wurde für mich durch “Guy Patterson” nochmal zum absoluten Mindfuck – da Sebastian und Mia, in meinem Kopf ich und Guy… 😉
Ich habe mich dann noch einmal in die Tiefen des Internets bewegt und u. a. herausgefunden, dass sowohl La-La-Land-Regisseur Damien Chazelle als auch Ryan Gosling und Emma Stone riesige That-Thing-You-Do!-Fans sind, dass Sebastian durchaus ein bisschen nach Guys Vorbild geschrieben wurde (das ganze Jazz-Ding!), dass sie in der Vorbereitung des Films sehr viel über That Thing You Do! gesprochen haben und deswegen dann Tom Everett Scott diese Cameo-Rolle angeboten wurde und sie alle hellauf begeistert waren, als er zusagte. In dem Zusammenhang habe ich dann auch gleich noch weiter rumgelesen, alte und neue Interviews mit den TTYD-Schauspieler*innen angesehen und bin einigen von ihnen auf Instagram gefolgt. Unter anderem natürlich auch Tom Everett Scott.
Darüber habe ich dann mitbekommen, dass er jetzt in einer Serie mitspielt und mir die dann natürlich auch gleich angeschaut: In I’m Sorry geht es um eine Comedy-Autorin (Andrea Savage), ihren Mann (Tom Everett Scott), ihre kleine Tochter (Olive Petrucci) und ihre Mutter (Kathy Baker). Es geht um das Leben in Hollywood/LA in der heutigen Zeit, um Feminismus, Gender Equality, #metoo, LGBTQI-Rechte, Political Correctness, Sex Positivity, Erziehung usw. usw. Eine Art “Curb Your Enthusiasm” in jung, weiblich, feministisch und sympathisch. Ziemlich anders auf jeden Fall, als die “Mainstream”-Sitcoms, die so zu uns rüberschwappen und wirklich, wirklich lustig. Super ist außerdem wie selbstverständlich gleichberechtigt die beiden Paarsein und Elternschaft leben. Kann ich Euch allen nur ans Herz legen! (Und der großartige Jason Mantzoukas spielt auch mit.)
Und zum Schluss nochmal ein kleines bisschen That Thing You Do!, den Ihr natürlich ebenso dringend gucken solltet – wer diesen Film liebt, kann kein schlechter Mensch sein und wenn Ihr ihn genau so liebt, wie ich, habt Ihr (aufgrund positiver Erfahrungen) auf jeden Fall einen Stein im Brett bei mir. Für Viewing Parties (deutsch, englisch oder Director’s Cut) bin ich auch jederzeit bereit und zu haben! 🙂