#englandwalesroadtrip – Pembrokeshire Coast

13. August

Der nächste Tag begann mit einem Klopfen an der Tür – unsere superliebe Gastgeberin brachte uns Kaffee ans Bett und stellte frischen Toast zu den anderen Frühstückszutaten auf der Kommode am Fußende des Betts. Dann verabschiedete sie sich und wir frühstückten in aller Ruhe im Bett. Was für ein Luxus! Wir ließen uns jede Menge Zeit und verließen die Unterkunft erst so gegen 11 Uhr. Dann nahmen wir Kurs auf die Pembrokeshire Coast, unseren zweiten der Waliser Nationalparks. Erste Station waren die Lily Ponds in Bosherston, künstliche Seerosenteiche auf den Ländereien eines ehemaligen Herrenhauses, in denen man angeblich Otter beobachten kann. 

Bosherston Lilyponds

Die Otter haben wir leider nicht gesehen, aber andere große Tiere gibt es dort durchaus, wie sich später noch zeigen sollte. Zunächst einmal liefen wir jedoch einfach im schönsten Sonnenschein an den idyllischen Teichen entlang, an deren Ende ein goldener Strand mit unglaublich feinem Sand auf uns wartete. Diesmal wagten wir uns bis zu den Knien ins Wasser, für mehr hätten wir Badeklamotten gebraucht, denn ganz leer war der Strand natürlich nicht. Schön war es aber trotzdem und spätestens jetzt fühlte sich unser Roadtrip wie ein vollwertiger Sommerurlaub an.

Broadhaven Beach

Das Gefühl wurde noch verstärkt, als wir später an einem Stand am Straßenrand Erdbeeren kaufen konnten – mit einer kleinen Dose Schokoladendip dazu. Unser nächstes Ziel führte uns über relativ einsame Landstraßen, gesäumt von den typischen Hecken, bis an die Steilküste bei Marloes. Unterwegs trafen wir am helllichten Tag auf einen Babyfuchs, der wahrscheinlich die Hecke auf der falschen Straße verlassen hatte und nun etwas ziellos die Straße entlang lief. Hoffentlich hat er seinen Ausflug unbeschadet überstanden!

Babyfuchs

Wir parkten unser Auto ein paar Kilometer weiter und liefen dann einen Pfad über Wiesen und an Feldern entlang bis zur Steilküste hin. Unterwegs gab es wieder Brombeeren zu naschen. Wir liefen die Steilküste entlang bis zu einem Vorsprung, von dem aus wir in beide Richtungen sehr sehr weit die Küste entlang schauen konnten und vor uns eine vorgelagerte Insel sahen, auf der sich Spuren alter keltischer Besiedlung ausmachen ließen. Hier setzten wir uns hin, aßen die schokolierten Erdbeeren und genossen Ausblick und Einsamkeit. Wohin man sehen konnte gab es niemanden außer uns – und zwei älteren Damen, die ein paar hundert Meter entfernt aquarellierten.

Dann fuhren wir weiter Küstenstraßen entlang, bis der Hase an einem Farmshop hielt: Auf dem Hof einer Farm stand ein kleiner, offener Schuppen, an dessen Wänden sich Obst, Gemüse und Eier stapelten – jeweils mit Preisen versehen. Wir sahen uns um, überlegten, was wir alles kaufen sollten und warteten auf Bedienung. Nach einer Weile kam eine Frau samt Hund an und fragte, ob wir zurecht kämen. Wir bejahten dies, fragten aber, bei wem wir denn bezahlen sollten. Sie wies auf ein Einweckglas, in dem ein wenig Geld lag und meinte: „Rechnet einfach zusammen, was Ihr schuldet und packt das Geld dort hinein!“ Dann ging sie wieder. 

Farm Shop

Wir packten begeistert alles mögliche zusammen: sechs Eier, ein Kilo Kartoffeln, ein paar Tomaten, eine Gurke, zwei Äpfel, ein Romanesco, einen Beutel Baby-Zucchini, einen Beutel Champignons, Knoblauch und eine Zwiebel. Dann benutzten wir einen Block und einen Stift, schrieben alles auf, was wir genommen hatten und rechneten zusammen. Heraus kam ein lächerlich geringer Betrag, den wir auf fünf Pfund aufrundeten, die wir in das Glas steckten. Dann verstauten wir unsere Beute im Auto und fuhren weiter nach St. David’s, die kleinste City des Vereinigten Königreiches.

St. David's Cathedral

„City“ ist man hier nämlich, wenn man eine Kathedrale hat. Und die hat der Geburtsort des Waliser Schutzpatrons mit seinen gerade mal 1870 Einwohnern. Und was für eine beeindruckende! Man kann verstehen, warum St. David’s Pilgerort ist. Früher galten zwei Pilgerfahrten hierhin genauso viel wie eine nach Rom. Machte man den Trip dreimal, konnte man sich das Pilgern nach Jerusalem sparen. Wir haben auch ein spirituelles Erlebnis in St. David’s, nämlich bei Gianni’s Ice Cream. Gianni hat das Eismachen in einer Außenstelle der Gelato University gelernt und benutzt für seine Kreationen Biomilch von einer Farm ganz in der Nähe. Ich beschränke mich auf zwei Sorten (Eton Mess und Passionfruit Sorbet), der Hase nimmt drei. Als wir damit durch die Stadt laufen wird er ganz schön (bewundernd?) angestarrt, denn die Scoops hier auf der Insel sind tatsächlich relativ groß. Wir sind aber gute, trainierte Eisesser und schaffen die Portionen ohne Schwierigkeiten.

Im Reiseführer steht noch ein weiterer schöner Aussichtspunkt an der Küste, St. David’s Head. Auch von diesem soll man einen tollen Blick auf Spuren aus der Vergangenheit haben. Wir fahren also hin und kommen an einem Strand an, der voller Surfer ist. Der Weg auf den St. David’s Head sieht dann allerdings sehr steil aus – zu viel für mich und meine Erkältung. Also laufen wir nur bis ans Ende des Strandes und klettern dort über ein paar Felsen und bis auf die Spitze einer Landzunge hinaus, von der man einen schönen Blick auf den Strand und die Umgebung hat. Dann kehren wir zum Auto zurück und fahren zu unserem nächsten Hostel, das mitten im Nirgendwo, ganz oben über der Steilküste liegt. 

Pwll Deri

Vom Dining Room, den Dorms und der Terrasse aus blickt man aufs Meer, und zwar ziemlich direkt nach Westen, genau richtig für den Sonnenuntergang, der heute allerdings leider hinter Wolken stattfindet. Aber wir haben ja am nächsten Tag noch einmal die Chance. Was wir nicht haben, ist WLAN oder einfach nur profaner Handy-Empfang. Von der Außenwelt abgeschnitten beschäftigen wir uns mit dem Abendbrot und kochen uns Spaghetti mit Tomaten, Zucchini und Champignons. Dann geht es früh ins Bett – diesmal in getrennt Schlafsäle, denn die Doppelzimmer waren hier schon seit Wochen im Voraus ausgebucht und in britischen Jugendherbergen gilt strikte Geschlechtertrennung!


14. August

Da wir zwei Nächte lang in diesem Hostel bleiben und schon recht viel von der Prembrokeshire Coast gesehen haben, beschließen wir, dass ich heute einfach mal „zuhause“ bleibe und versuche, meine Erkältung auszukurieren. Der Hase fährt indes den ganzen Tag angeln. Im Internet haben wir einen Anbieter gefunden – Yet-Y-Gors Fishery – wo er sich Tipps für die besten Angelplätze holt. Die Fishery gehört einem Angelfanatiker mit eigenem Teich und Campingplatz, der sich für den Hasen “quasi ein Bein ausgerissen hat” und ihm den idealen Platz für seinen Angeltrip herausgesucht hat – witzigerweise eben jene Seerosenteiche, die wir tags zuvor besucht hatten.

Ich verbringe den Vormittag mit dem Lesen des allgegenwärtigen New York Times Magazine über die Entwicklungen in der Arabischen Welt. Dann halte ich einen kurzen Mittagsschlaf, zeitgleich mit einem Mutter-Tochter-Gespann aus Luxemburg, die mich hinterher auf einen Teller voll Tomatensuppe einladen. Wir kommen ins Gespräch und setzen uns nach dem Essen gemeinsam nach draußen auf die Terrasse. Die beiden lesen und ich schreibe ein wenig Reisetagebuch – immer mit dem Blick auf die irische See.

Offlinebloggen

Erst ziemlich spät kommt der Hase wieder – mit einem 63 cm langen Hecht, seinem persönlichen Angelrekord. Wir laden die Luxemburgerinnen und eine weitere Hostelgästin, mit der wir schon Freundschaft geschlossen haben spontan zum Abendessen ein. Es gibt gebackenen Hecht, den wir mit Zitronenscheiben gefüllt haben auf einem Bett aus Zwiebeln, Knoblauch und Möhren und dazu Salzkartoffeln und Romanesco.

Hecht

Wir werden zu fünft sehr gut satt und haben einen tollen Abend draußen auf der Terrasse und schauen uns den Sonnenuntergang über dem Meer an. Die anderen sitzen noch ziemlich lange zusammen, aber ich habe gegen 10 genug und verziehe mich ins Bett.

Sonnenuntergang

#englandwalesroadtrip – Die Brecon Beacons, Teil 2, und die Gower Peninsula

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben und nicht vollmundig häufigere Blogeinträge machen, wenn man noch nicht hundertprozentig weiß, wie die Internetsituation in den nächsten Tagen sein wird. Tatsächlich haben wir nach dem letzten Post erst einmal zwei Nächte in einem Hostel ohne WLAN und Telefonempfang verbracht, danach zwei Nächte in einem, in dem ich zwar auf dem Telefon WLAN hatte, nicht aber auf dem MacBook, auf dem ich die Texte schon vorgeschrieben hatte – und somit auch keine Möglichkeit, die Texte vom Laptop auf das Handy zu bekommen. Danach folgte eine weitere Nacht in einem Hostel mit so schlechtem WLAN, dass man sich zwar damit verbinden, jedoch keine einzige Internetseite öffnen konnte. Und jetzt sind wir in Liverpool und auf einmal habe ich sowohl guten Empfang auf dem Handy als auch funktionierendes WLAN für alle Geräte. Dafür habe ich aber auch wenig Zeit zum Schreiben, aber ich hau jetzt einfach mal raus, was ich bereits geschrieben habe…

11. August

Wir schlafen aus und frühstücken in aller Ruhe. Da wir zwei Nächte im Bunkhouse bleiben, treibt uns nichts zur Eile. Für heute haben wir uns vorgenommen, uns ein wenig im westlichen Teil der Brecon Beacons herumzutreiben. Der Reiseführer und unser Pro-Brexit-Gastgeber aus Newport sind sich einig, dass wir eine Wanderung mit vier Wasserfällen unternehmen sollten und wir finden diese Idee auch gut. So fahren wir also in die Waterfall Region und finden nach einigen Anlaufschwierigkeiten den Parkplatz, der der Ausgangspunkt für unseren Walk sein soll. Laut Ausschilderung stehen uns 6 Meilen, also etwa 9 Kilometer bevor, die geschätzte 4,5 Stunden dauern sollen. Die Strecke traue ich mir trotz Erkältung zu, nur habe ich irgendwie unterschätzt, dass es ganz schön viel bergauf und bergab gehen und es auch einige schwierige, steile, rutschige oder enge Stellen geben würde. Aber gut, mitgehangen, mitgefangen und einmal unterwegs gibt es sowieso kein sinnvolles Zurück mehr. Zur Motivation nasche ich ein paar Himbeeren vom Wegesrand und es werden Verschnaufpausen eingelegt, wann immer ich sie nötig habe.

Himbeeren

Der Beginn der Tour ähnelt optisch noch den Nadelbaumbewachsenen Hängen des Czorneboh, nach und nach wird es dann aber doch typischer für die britischen Inseln. Regelmäßig kommen uns auf dem Weg zum Beispiel Familien mit Hunden entgegen. (Nachdem wir in Italien überall Katzen gesehen haben, ist dieser Urlaub definitiv der der Hunde!) Zu den einzelnen Wasserfällen muss man dann immer vom Hauptweg herab ins Tal steigen, was in beide Richtungen relativ anstrengend, auf dem Rückweg aber mehrmals geradezu zermürbend ist. Weil wir übersehen haben, dass einer der Abstiege gleich zu zwei Wasserfällen führen soll, das aber erst bemerken, als wir schon wieder oben sind haben wir dann auch nur drei der vier Fälle überhaupt gesehen. Das finde ich dann doch recht frustrierend, aber nicht so sehr, dass ich mich ein zweites Mal hinabgequält hätte. Die Fälle, die wir sehen, sind wirklich sehr schön und beeindruckend – nicht so wahnsinnig hoch oder wasserreich, aber einfach schön und pittoresk in die Landschaft eingebettet. Beim Mittleren kann man auf Steinen zwischen den verschiedenen Wasserläufen sitzen, beim Letzten sogar hinter dem Wasserfall entlanggehen. Da das aber zusätzliche Ab- und Aufstiege bedeutet, macht der Hase das alleine und ich fotografiere ihn dabei.

Wasserfall

Ein letztes Ärgernis ist dann, dass die zweite Hälfte des Rundwegs, die nach den Wasserfällen beginnt und laut Karte weniger anstrengend und auch kürzer sein soll, gesperrt ist und wir so den langen, strapazenreichen Weg zurückgehen müssen. Auch das merken wir natürlich erst, als wir vor der Absperrung stehen. Nichtsdestotrotz meistern wir auch das und am Ende sind wir sogar in etwas mehr als drei Stunden zurück und damit deutlich schneller, als die angegebenen viereinhalb Stunden – trotz Erkältung! Allerdings bin ich danach so platt, dass ich auch Tage später keine Lust mehr aufs Wandern verspüre – etwas ungünstig, wenn man sich in Gegenden herumtreibt, die besonders wegen ihrer Wandermöglichkeiten bekannt und beliebt sind.

Unser nächster Halt ist dann die Penderyn Distillery, die einzige Whisky-Destille in ganz Wales. Auf eine Führung haben wir keine Lust, aber die Tradition will es, dass wir die lokale Whisky-Wirtschaft unterstützen und so kaufen wir ein paar Probierfläschchen für Zuhause. Dann nehmen wir einen anderen Weg zurück nach Hause, vorbei an einem großen See. Dort halten wir für ein Stündchen an und während der Hase seine Angel auswirft, bringe ich meinen Sitz in eine waagerechte Position und schlafe eine Runde. Dann fahren wir zurück ins Bunkhouse, checken unsere E-Mails und entledigen uns der schlammigen Wanderklamotten.

Abends fahren wir ins nahegelegene Crickhowell um in der Nantyffin Cider Mill zu essen, einem Pub, das schon seit dem 16. Jahrhundert betrieben wird und in dem früher auch eigener Cider hergestellt wurde. Heute gibt es leider nur noch eine Fremdcider, aber der Rosie’s Pig (?), den ich mir aussuche, ist auch sehr lecker. Zur Vorspeise nehme ich erkältungsbedingt eine Gemüsesuppe, der Hase wählt den frittierten Whitebait – einen ganzen Berg Köderfische – mit einer scharfen Mayonnaise als Dip. Für das Hauptgericht entscheide ich mich für den slow-cooked Schweinebauch, und zwar vor allem wegen der Beilagen: Kartoffelbrei mit Senfkörnern, Wider Gravy, knusprige Bacon Rinds und saisonalem Gemüse. Der Hase nimmt ein Wildpilzrisotto und hilft mir danach mit dem restlichen Schweinebauch, denn mein kranker Körper hat einfach nicht genug Kapazität für große Mengen. Deswegen fällt auch der Nachtisch aus und es geht schnell wieder zurück ins Bett.


12. August

Die Erkältung lässt nicht locker, deswegen schlafen wir wieder aus und nehmen unser Frühstück dann schon unter den ungeduldigen Blicken der Putz-Crew ein. Dann packen wir das Auto und fahren ein letztes Mal durch die Brecon Beacons hindurch, die wir nach Westen hin verlassen. Der erste Zwischenstopp für heute sollen die Aberglasney Gardens sein. Der Hase ist ja ein großer Garten-Fan und ich kann ihn nur mit Mühe davon abbringen, auch noch den Nationalen Botanischen Garten von Wales ansehen zu wollen. Aberglasney klingt aber im Reiseführer gut, vor allem, weil man sich dort angeblich wie in einem Jane-Austen-Roman fühlen soll. Tatsächlich erinnert er mich eher an den Geheimen Garten von Frances Hodgson Burnett, aber das finde ich ehrlich gesagt sogar noch besser.

Aberglasney Gardens

Wir laufen durch die verschiedenen Bereiche des Gartens, bestaunen Blumen, Seerosenteich und ein kleines Wäldchen, verbringen viel Zeit im eingemauerten Garten, der Gemüse-, Kräuter-, Obst- und Blumengarten miteinander vereint (es gibt hier sogar Feigen und Artischocken!), steigen hinauf zum asiatischen Garten und beenden unsere Tour im Gewächshaus, das in einem verfallenen Teil des Hauses angelegt wurde, den man einfach mit Glasplatten überdacht hat, und auch einige subtropische und tropische Pflanzen enthält.

Pferde

Dann geht es weiter auf die Gower-Halbinsel südlich von Swansea, denn ich möchte nun endlich, endlich das Meer sehen. Zwischen Heidekraut und Wildpferden steht kurz vor dem Örtchen Reynoldston ein Grabmahl, genannt Arthur’s Stone. Wie immer, wenn wir an solchen Orten sind, sind vor uns Familien mit Kindern da, die erst einmal ausgiebig auf den Steinen herumklettern und dann einzeln und in Gruppen darauf für Fotos pausieren müssen. So dauert es also wieder einmal eine ganze Weile, bis auch ich meine obligatorischen Fotos geschossen habe, denn da sollen natürlich keine Menschen drauf sein.

Steinzeitgrab


Und dann fahren wir endlich direkt ans Meer, nach Rhossili. Erst müssen wir einen ziemlich langen Weg die Steilküste hinunter und dann noch über einen sehr sehr breiten Strand laufen, aber dann stehe ich endlich mit den Füßen in der Irischen See. Ist aber ganz schön kalt! Wir sammeln etwas Sand für unsere Katzensitterin ein (ein Ritual, dass wir seit unserem ersten gemeinsamen Urlaub vor Jahren einhalten) und schauen nach interessanten Muscheln.

Rhosilli Beach

Eigentlich hätte noch eine kleine Wanderung an der Küste entlang auf dem Plan gestanden, aber meine Erkältung sagt: Nein! So begnügen wir uns damit, an der Küste entlang den Rest der Halbinsel zu umrunden und zu unserer Unterkunft nach Llanelli zu fahren. Dort landen wir mit Hilfe des Navis vor einem unscheinbaren Reihenhaus, ohne jeglichem Schild. Da es aber so aussieht, wie auf dem Foto im Internet, klingeln wir einfach mal. Nichts passiert und ein Klingelton ist auch nicht zu hören. Wir sehen aber durchs Fenster, dass durchaus jemand drinnen ist. So betätigen wir dann den beeindruckenden Türklopfer – das wollte ich ja eh schon immer mal tun. Doch auf mein zaghaftes Klopfen hin passiert immer noch nichts. Erst nach mehrmaligem lauten und irgendwann ungeduldigen Klopfen reagiert der ältere Herr, den wir durchs Fenster sehen können und ruft nach jemandem.

Kurz darauf wird die Tür von einer Frau mit osteuropäischem Akzent geöffnet, die sich für die Wartezeit entschuldigt und uns ohne Umschweife oder nach dem Namen zu fragen in ein Zimmer im Erdgeschoss führt. Es gibt ein Doppelbett, einen Fernseher, eine Kommode mit Tee, Kaffee, Cereals, Milch, Marmelade, Welsh Cakes, Geschirr und Besteck und einem Zettel mit dem WLAN-Passwort. Viel mehr brauchen wir auch nicht. Nebenan ist das Bad, das wir uns mit der Familie teilen werden. Dann fällt Ihr noch ein, uns das Erste-Hilfe-Set und den Feuerlöscher zu zeigen, die im Flur aufgehängt sind, weist uns an, im Falle eines Feuers auf direktem Weg zur Haustür hinaus zu treten und händigt und Schlüssel und Anwohnerparkschein aus („Bitte unbedingt morgen hier lassen, der ist lebensnotwendig!“). Dann atmet sie tief durch und fragt, ob wir noch etwas bräuchten, gibt uns einen Tipp für eine Location zum Abendessen, kündigt an, uns morgens noch Kaffee und warmen Toast zu bringen und fragt, wo wir denn so herkämen. Sie selbst kommen aus Lithauen. Alles klar, hier wurde also vermutlich für „Remain“ gestimmt, sofern sie denn überhaupt mitwählen duften.

Wir machen es uns erst einmal in unserem Luxuszimmer gemütlich und recherchieren nach Restaurants in der Umgebung. Das von unserer Gastgeberin empfohlene hat heute ein Livemusik-Event, das ist uns zu hektisch. Zum Glück gibts es nur wenige Schritte entfernt eine Brasserie, deren Speisekarte sich sehen lassen kann – die Preise auch, aber wir sind ja die nächsten Tage dann wieder in Hostels und werden selber kochen. Wir gehen also hin, bestellen uns ein lokales Ale und ein Cider und studieren die Karte. Schweinebauch und Wildpilzrisotto hätten wir wieder nehmen können, die scheinen momentan Trendgerichte zu sein und stehen wirklich auf jeder Karte. Stattdessen entscheide ich mich für Frühlingsrollen, die mit „Cockles“ und „Laverbread“ gefüllt sind, also mit Herzmuscheln und frittierten Algen. Laverbread ist eine der Waliser Spezialitäten schlechthin und wird hier gerne auch mal zum Frühstück serviert, das muss ich probieren! Zum Hauptgang bleibe ich im Thema und bestelle Lachs in Zitronen-Shrimps-Sauce mit gedünstetem Blattgemüse. Der Hase lässt sich frittierte Pilze mit Knoblauch und in Rotwein geschmorte Lammhaxe schmecken. Als Dessert wähle ich etwas leichtes – einen Rhabarber-Zitronen-Trifle und der Hase, der eigentlich behauptet hatte, pappsatt zu sein und keinen Nachtisch mehr zu wollen, genehmigte sich eine Käseplatte.

Dann rollten wir nach Hause, es war ja zum Glück nicht weit, und bevor ich ins Bett fiel genehmigte ich mir noch schnell ein heißes Bad, natürlich ausschließlich wegen der Erkältung! 😉