Yasmina Banaszuk sprach auf der re:publica über die Fankultur im Internet und rannte damit bei mir offene Türen ein. Vieles von dem, was sie sagte habe ich genau so erlebt. Das Fazit war, dass man sich nicht mehr schämen müsste und solle, ein Fan zu sein, weil Fansein und vor allem der Austausch mit anderen Fans einen persönlich weiterbringen. Während des gesamten Vortrags dachte ich immer wieder: Ja, genau so war’s und deswegen werde ich jetzt mal zusammenschreiben, was das Fansein mir gebracht hat.
Der nächste große Schritt war dann das Internet. Es war 1997 und seit einiger Zeit beschäftigten sich meine Eltern abends intensiv mit dem Surfen im Web. Ich habe das ein wenig belächelt und fand es eher langweilig und uncool. Bis meine Eltern mich mal davor setzten und in die Suchmaschine (ich glaube es war Yahoo) “Kelly Family” eingaben. Ich war sofort hin und weg und verbrachte Stunden damit, mich auf der offiziellen Webseite und den diversen Fan-Homepages umzutun. Meine Bookmarksammlung wuchs ins Unermessliche und nachdem meine Eltern mir geholfen hatten, eine E-Mail-Adresse bei Hotmail anzulegen, begann ich, Kontakt mit anderen Fans aufzunehmen. Bald kommunizierte ich regelmäßig, per Brief, E-Mail und in diversen Chats mit Fans aus Deutschland, der Schweiz, Norwegen, Schweden, den Niederlanden, Polen, Frankreich und Kanada. Das war natürlich ein weiterer Quantensprung in der Entwickung meiner Englischkenntnisse sowie meiner Tipp-Geschwindigkeit.
Dann fing meine Mutter an, sich HTML beizubringen, fand, dass das etwas für mich wäre und baute mir eine index.html (das lief damals ganz easy über den Windows Editor und das Öffnen der Dateien im Browser). Dann drückte sie mir dann das Handbuch in die Hand und ließ mich alleine. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich meine eigene Kelly-Fanseite – ergänzt um ein paar andere Dinge, damit meine Eltern nicht ganz so enttäuscht über die Einseitigkeit meines Interesses waren. Nach und nach schaute ich mir einiges bei anderen Seiten ab, kollaborierte mit anderen und hatte dann über die Jahre fünf verschiedene Webseiten, die dank des regen Kontakts mit anderen Fans auch gut besucht waren. Irgendwann kamen dann CSS, PHP etc. in Mode und mir wurde alles etwas zu kompliziert und ich gab das Thema eigene Webseite vorerst auf – bis ich ein paar Jahre später, 2005, mein(en) erstes/n eigenen/s Blog hatte. Die Affinität für das Internet ist mir jedoch geblieben und sorgte nicht zuletzt dafür, dass ich heute in einer Online-Redaktion arbeite.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Themenkomplex ist wohl der soziale, zwischenmenschliche. Zum Einen habe ich über das Fansein und das Herumhängen im Internet einen großen, internationalen Freundeskreis aufgebaut, inkl. Sprachkenntnisse, interkultureller Kompetenz etc. Zum Anderen gab es einen Gegenpol zu den Leuten um mich herum, im “realen Leben”. In meiner Klasse war ich nämlich durch das Fansein lange Zeit eher eine Außenseiterin. Ich denke, dass zum einen der Kontakt mit Gleichgesinnten mir Rückhalt gegeben hat, zum anderen auch die Philosophie, die irgendwie hinter den Kellys steht und stand: Man muss nicht im Mainstream mitschwimmen. Man kann auch cool sein, indem man einfach sein Ding durchzieht. Es gibt andere Lebenswege, die genauso valide sind, wie die, die meine Altersgenossen gut finden. Lügen ist scheiße und man kann auch mal unangenehme Situationen aushalten, wenn man dafür bei der Wahrheit bleiben kann. Und: Alle Menschen sind gleich viel Wert, egal wie sie aussehen, was sie können, was sie glauben, wie sie leben oder woher sie kommen.
Dieser letzte Punkt ist ein angestrebtes Ziel, dass täglich vor diverse Prüfungen gestellt wird und ich bin weit davon entfernt, nicht manchmal auf Menschen herabzusehen (vor allem wenn sie dummes Zeug reden ;)). Aber hey, man muss es versuchen, oder? Vielleicht liegt in diesem ganzen Fansein auch die Ursache dafür, dass ich heute andauernd mit Leuten über Gleichberechtigung, nichtdiskriminierende Sprache usw. diskutiere(n) muss.
Also: Sprachkenntnisse, Geschichtskenntnisse, das Internet als Solches, diverse Freundschaften, Gerechtigkeitssinn, Wahrheitsliebe und eine gewisse Scheiß-drauf-was-ihr-von-mir-denkt-Mentalität – das habe ich vom Fansein gelernt.
Hier ist übrigens nochmal der sehr zu empfehlende Vortrag von Yasmina Banaszuk, zu dem es nächstes Jahr mit etwas Glück noch ein paar tiefergehende Ergänzungen geben soll: