So, heute probiere ich dann also aus, wie sich die Normalität anfühlen würde, wenn ich in Valencia lebte. Zuerst aber klingelt der Wecker früher als normal, da ich ein bisschen Respekt vom Bürofinden, Reinkommen und Ankommen habe. Und dann wache ich natürlich auch noch vor dem Weckerklingeln auf, aufgeregt, wie ich bin. Dank früher Bettgehzeit habe ich aber trotzdem ausreichend geschlafen. Nach Lesen, Bloggen, Telefonieren und sogar Frühstücken und Apfelschneiden fürs Büro komme ich ausreichend pünktlich los und laufe mit Musik auf den Ohren eine knappe halbe Stunde bis zum Büro – anders als in Berlin bin ich hier eine der wenigen mit Musik auf den Ohren. Dafür sitzt schon arbeitende Bevölkerung in Grüppchen vor Lokalen und trinkt Kaffee, obwohl die Sonne gerade erst vor einer halben Stunde aufgegangen ist.

Das Büro liegt im vierten Stock des drittgrößten Wolkenkratzers von Valencia. Als erstes muss ich meinen vorbereiteten Badge abholen (und dafür meinen Ausweis vorzeigen), dann darf ich durch das Vereinzelungsdrehdings durchgehen, ohne meinen Rucksack durchleuchten zu lassen (obwohl die Gerätschaft dafür vorhanden ist). Die Fahrstuhlsituation ist spannend. Man muss außen wählen, in welches Stockwerk man will und bekommt dann angezeigt, welchen Fahrstuhl man nehmen muss. Im Fahrstuhl selbst nur die Anzeige, an welchen Stockwerken er hält, aber keine Eingriffsmöglichkeit. Mit Unterstützung von Einheimischen komme ich im zweiten Versuch auf die richtige Etage, aber scheitere dann an der Bürotür selbst. Zum Glück sehen mich Kollegen und lassen mich rein.

Ich hatte mein Auftauchen im Büro zwar ausführlich angekündigt, trotzdem herrscht einige Verwirrung, da heute auch noch zwei Kolleg*innen aus Chicago erwartet werden, um eine Schulung zu halten, und zwei Kolleginnen neu anfangen. Bis das alles sortiert und zugeordnet ist, vergeht etwas Zeit. Ich suche mir dann einen Platz in der Nähe einer Kollegin aus, mit der ich recht viel zu tun habe und richte mich ein. Während ich noch beim Lesen und Abarbeiten der E-Mails bin, die am langen Wochenende aufgelaufen sind, gehen die ersten Kolleg*innen schon zur Frühstückspause – Kaffee und Süßkram. Spanischer Arbeitsalltag eben. Ich verzichte dankend, halte dann aber später ein Schwätzchen an der Kaffeemaschine in der Küche. Das Team hier ist sehr international, neben Spanisch und Englisch wird um mich herum auch viel Deutsch, Italienisch und Französisch gesprochen – wie eigentlich überall in der Stadt.
Ich erledige typische Monatsanfangsaufgaben: einen Newsletter versenden, die Firmenjubiläen im Intranet aktualisieren, Nutzungsdaten des Intranets vom Vormonat ziehen, aufbereiten und verteilen… Um 11 dann das erste Meeting, mit dem Berliner Büro, Biesdorf und Ostfriesland, für das ich mich in einen der Meetingräume zurückziehe. Die sind allesamt nach spanischen Malern (kein Gendern nötig) benannt und es hängt drinnen jeweils ein Druck eines ihrer Werke. Eigentlich habe ich El Greco gebucht, aber Mirò ist von der Ausstattung her passender und so buche ich um, auch für das Nachmittagsmeeting. Zur Mittagspause um 14 Uhr hole ich mir mit einer Kollegin eine Etage weiter unten ein Pad Thai (spanische Küche ist im Food Court eher nicht angesagt) und dann essen wir gemeinsam mit den beiden Neustarterinnen in der Küche. Die beiden werden genau wie die Kollegin auch für den deutschen Standort arbeiten und wir reden dementsprechend Deutsch.
Am Nachmittag dann weiter emsiges Arbeiten, eine Schulung muss eingeplant und kommuniziert und der Inhalt auf Vollständigkeit und Korrektheit überprüft werden. Danach Teammeeting mit Nord- und Südengland, Paris und Chicago plus Nachbereitung. Dann habe ich noch ein wenig Zeit, gucke mir die einzelnen Meetingräume an und buche meine Meetings für den Rest der Woche um auf Picasso. Gegen 18 mache ich Feierabene, erkläre den Kolleg*innen aus Chicsgo, dass sie jetzt noch nicht viel Glück mit Abendessen in Restaurants haben werden, und spaziere dann feierabendlich erst zum Hafen und dann zum Strand.


Ich sitze und gucke aufs Meer, telefoniere mit dem Liebsten, knabbere die restlichen Apfelstückchen und als mir kalt wird, mache ich mich auf den Heimweg. Unterwegs kaufe ich noch in dem Supermarkt ein, der jetzt endlich auch mal offen hat.
Zuhause wasche ich ab, bereite ich Abendbrot zu und mache Meal Prep für morgen früh: Ich putze zwei Artischocken und koche sie in Salzwasser mit frischgepresstem Zitronensaft, bereite Salat aus den letzten Tomaten und einer kleinen Gurke zu, richte mir einen Käse- und Schinkenteller mit Birne an, mache mir eine kleine Tortilla warm und zuckere die letzten Erdbeeren fürs Frühstück ein.

Zum und nach dem Essen (die halbe Tortilla und mehr als die Hälfte vom Salat bleibt übrig) gucke ich „The Lobster“, einen reichlich merkwürdigen, aber nicht umspannenden Film. Danach ist es schon weit nach halb 11 und ich mache mich direkt bettfertig, über noch Italienisch und mache dann gegen 11 das Licht aus.