Mittwoch morgens hinfliegen, Samstag abends zurück – eigentlich sind es nur zwei ganze und zwei halbe Tage, die wir in Stockholm verbringen. Und obwohl wir im Laufe der Zeit einige Punkte aus unserer To-Do-Liste werfen, haben wir in dieser kurzen Zeit wahnsinnig viel erlebt, wie ich beim Durchschauen der Fotos resümiere…
Essen
Da ich bei Facebook vor allem die Fotos vom Essen geteilt habe, kam bei einigen meiner Freunde scheinbar der Eindruck auf, dass wir die ganze Zeit nur mit Essen beschäftigt waren. Wer mir auf Twitter oder Instagram folgt, hat zumindest noch ein bisschen was drumherum mitbekommen. Nichtsdestotrotz war das Essen natürlich wie immer ein Schwerpunkt unserer Reise, gerade wo Stockholm für sein gutes Essen bekannt und die neue nordische Küche gerade so im Trend ist. Wir hielten es denn auch die ganze Zeit nordisch, aber schon eher traditionell als neu. Es gab:
- Einen typisch schwedischen Lunch in der Gaststätte um die Ecke unseres AirBnBs. Traditionell bieten die meisten Restaurants einen Mittagstisch an, bei dem man ein Tagesgericht samt Salat, Brot, Butter und Kaffee zu einem vergleichsweise günstigen Preis bekommt. Der Hase nahm Fischrouladen in einer Schnittlauch-Sahne-Sauce mit Kartoffelbrei, für mich gab es gepökelten Schweinebauch mit Meerettich-Sauce und Salzkartoffeln. Außerdem gab es für mich einen Erdbeer-Cidre, der Hase begnügte sich mit Wasser.
- Eis im im Reiseführer hochgelobten Café Järntorget in Gamla Stan, das aber nicht so gut war, wie sein Ruf (auch wenn die Sorte Safran-Honig tatsächlich etwas für sich hatte).
- Für den Hasen noch einen der allgegenwärtigen Hotdogs, nämlich beim Pølsemannen auf dem Medborgarplatz in Södermalm, genau da wo dieser Tage gegen Abschiebungen nach Afghanistan demonstriert wird und am Tag danach ein Jugendlicher einen Polizisten mit einem Messer angriff. Als wir da waren, war alles recht ruhig und wir freuten uns über die Demonstration. Der Hase wählte weiches Tunnbröd mit Chorizo, Kartoffelbrei, Ketchup, Senf und Röstzwiebeln
- Ein Frühstück mit dunklem Brot, Västerbotten-Käse, Marmelade, Müsli und Joghurt bei unserer Gastgeberin
- Traditionelle Fika mit Kaffee und diversen Sorten Kuchen und Gebäck (Blaubeertorte, Mandeltorte, Zimtschnecke…) vom Buffet im Freiluftmuseum Skansen
- Ein Menü im Pelikan in Södermalm. Der Hase hatte Heringshappen und Käse zur Vorspeise sowie Rentierbraten mit Pilzen, Kartoffelkuchen und Rowanbeerengelee und ich ließ mir einen klassischen Toast Skagen und einen Krabbensalat mit Avocado und Ei sowie das lokale Pale Ale “100 Watt” schmecken
- Ein Menü an Bord des Dampfers S/S Storskaer, mit dem wir am Freitag durch einen Teil des Schärengartens schipperten. Hier teilten wir uns zur Vorspeise Heringshappen und eine Västerbotten-Käse-Pie mit Kaviar, dann gab es für mich kaltgeräucherten Lachs mit warmen Sahne-Dill-Kartoffeln und für den Hasen gebratenen Hering mit Kartoffelbrei und Preiselbeeren. Ich gönnte mir dann noch einen wundervollen Nachtisch mit einem mit Schokolade umwickelten Brownie, Vanille-Eis, Erdbeer-Coulis und frischen Beeren
- Am Freitagabend gab es für mich Filmjölk mit Blåbärssoppa, wie früher immer bei unseren Schwedenaufenthalten (ich war als Kind immer mal “nur kurz auf der Durchreise” in Schweden und einmal dann auch etwas länger, da hatten wir 38°C im heißesten Sommer der schwedischen Wetteraufzeichnung) und für den Hasen eigentlich nichts mehr.
- Dann aber kam unsere Gastgeberin von einer Freundin zurück und brachte uns Surströmming mit, den berühmten fermentierten Fisch, der ganz fürchterlich stinkt, wenn man die Dose öffnet. Den servierte sie uns auf knusprigem Tünnbröd mit gekochten Kartoffeln, Schmand und roten Zwiebeln. Wenn man die Nase beim Essen “zu macht” schmeckt das ganz lecker, sehr umami. Außerdem sollte man die Dosen unter Wasser öffnen und nach dem Essen Geschirr, Besteck und sich selbst sofort sehr gründlich reinigen, sonst hat man noch tagelang Freude an dem Geruch!
- Sonntag trafen wir Berliner Freunde, die am Vorabend angekommen waren in einem Café derselben Kette, deren Södermalmer Filiale das Stammcafé von Stieg Larsson war. Dort gab es Kardamomschnecken (nicht ganz so allgegenwärtig wie, aber noch leckerer und traditioneller als Zimtschnecken) und belegte Brote, die unabhängig vom sonstigen Belag alle eine Schicht Kalles Kaviar abbekommen hatten.
- Mittags holte sich der Hase endlich einen Brathering-Burger von Nystekt Strömming an der Tunnelbana-Station Slussen, nachdem wir schon drei Tage lang unverrichteter Dinge um diesen Brathering-Stand herumgeschlichen waren. Für mich hingegen gab es Blaubeer-Sorbet und Birne-Kardamom-Eis bei StikkiNikki am Mariatorget
- Ganz zum Schluss gab es von unserer Gastgeberin noch Möhren mit auf den Weg, die sie gerade in ihrem Schrebergarten geerntet hatte. Dorthin hatte sie uns eigentlich noch für ein Stündchen einladen wollen, das haben wir dann aber zeitlich nicht mehr geschafft.
Sightseeing
Eigentlich waren unsere Sightseeing-Pläne noch viel größer, aber dann haben wir teilweise wegen Wetter, teilweise wegen Unlust und müder Füße doch ziemlich zusammengestrichen und waren zum Beispiel außer in Skansen in keinem einzigen Museum und sahen auch sonst keine Kirchen, Schlösser und ähnliches von innen. Übrig geblieben sind:
- Spaziergänge rund um den Hafen, durch Gamla Stan, durch Södermalm und Norrmalm und durch den Wald und am Ufer bei unserer Unterkunft
- Ein ausführlicher Besuch des Freiluftmuseums Skansen mit der Besichtigung von diversen Häusern aus unterschiedlichen Regionen und geschichtlichen Epochen Schwedens, dem Begucken von Elchen, Rentieren, Wölfen, Robben, Ottern und einem Vielfraß und der oben bereits beschriebenen Fika
- Die Millenium-Walking-Tour durch Södermalm, entlang an wichtigen Locations aus den Büchern und Filmen samt spannenden Hintergrundinformationen zu Leben und Werk von Stieg Larsson (nicht nur als Schriftsteller, sondern vor allem auch ls politischer Journalist und Aktivist gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Nationalismus) sowie zur Geschichte des Viertels selbst. Dabei wurde unsere Gruppe von einem französischen Fernsehteam begleitet und demnächst wird man uns dann wohl dort im Fernsehen sehen können – der Hase wurde sogar interviewt! Wir bekommen einen Link zugeschickt, wenn es soweit ist.
- Eine dreieinhalbstündige Dampfertour durch den Schärengarten, bei der wir neben dem Essen viel Zeit darauf verwendeten, uns zu überlegen, auf welcher der Schären und in welchem der Häuser wir denn gerne wohnen würden.
Bemerknisse
- Ja, in Schweden gibt es tatsächlich überdurchschnittlich viele gut aussehende Menschen, da fühlten wir uns gleich wie zuhause.
- Was Gleichberechtigung der Geschlechter angeht, ist man dort tatsächlich schon ein wenig weiter. Immer wieder begegneten uns zum Beispiel die Plakate für ein Festival, bei dem an zwei von drei Tagen Frauen die Headlinerinnen waren. Auf Festivals in Deutschland muss man ja hingegen ganz schön suchen, um überhaupt Frauen auf der Bühne zu finden.
- Dass in Schweden vieles so fortschrittlich läuft, hat natürlich auch damit zu tun, wie gut es dem Land seit langer Zeit geht. Der letzte Krieg ist mehr als 100 Jahre her, nach dem zweiten Weltkrieg wurde man mit dem Wiederaufbau Europas und der großen Nachfrage nach den zwei Hauptressourcen, Holz und Eisen, reich und konnte sich so in aller Ruhe den vielgerühmten Sozialstaat aufbauen. Laut unserer Gastgeberin hat sich das in den letzten 20-30 Jahren allerdings wieder relativiert und auch in Schweden gibt es Gentrifizierung und eine sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich.
- Religion spielt im Alltag so gut wie keine Rolle und ist in jedem Fall Privatsache. Zitat unserer Walking-Tour-Führerin: “Ich bin in meinem Berufsleben bestimmt viermal öfter danach gefragt worden, was ich verdiene, als ob ich religiös bin.”
- Kaum ist man aus der Innenstadt raus, gibt es in Stockholm jede Menge Natur: Felsen, Bäume, Flechten… Und das Wasser ist ja sowieso überall, da die Stadt auf 14 Inseln liegt und davor dann noch bis zu 24.000 Schären “im Meer verstreut” sind.
- Stockholm ist voller Kunst. Bauprojekte werden nur genehmigt, wenn ein gewisser Prozentsatz des Budgets für öffentlich zugängliche Kunst ausgegeben wird. Die Folge sind Skulpturen überall. Schizophrenerweise sind gleichzeitig Streetart und Graffiti nicht erlaubt und werden innerhalb von 24 Stunden entfernt, wenn sie gemeldet werden. Für das Melden gibt es sogar eine eigene App.
- Unsere Gastgeberin war ein totaler Glücksgriff und wir hoffen, sie bald hier in Berlin wieder treffen zu können. Solltet Ihr demnächst ein AirBnB in Stockholm suchen, sagt Bescheid, ich empfehle sie gerne weiter!
Stockholm hat mir selber sehr gefallen. Skansen kann ich auch nur empfehlen. Dort war ich praktisch den ganzen Tag und konnte mich gar nicht losreissen.
Und natürlich die Natur und das viele Wasser. Mir gefallen auch die kleinen Gassen in der Altstadt.
Ich würde selber gerne mal ein AirBnB machen. Deine Erzählungen hören sich nämlich super interessant an. Damit bekommt man sicher auch andere Insider-Geschichten und Plätze.
Auf jeden Fall! Musst nur darauf achten, dass die Anbieter auch tatsächlich dort wohnen und vor Ort sind 😉