30.05.2025 – Immergut Tag 2 – Keine Fotos

Die Blase drückt gegen 8 so stark, dass mir nichts weiter übrig bleibt, als mir etwas überzuziehen, in die Stiefel zu schlüpfen und einmal quer über den Zeltplatz zum Kompostklo zu stapfen – dieses Jahr übrigens kostenlos, bin begeistert! Durch die aufwendige Prozedur bin ich dann richtig wach, lege mich aber nochmal ins Zelt. Gelegenheit für Umziehen und erstes Frühstück (Pistazienwaffel, Apfel) und etwas Duolingo – für richtiges Internet reicht der Empfang hier im Zelt leider nicht. Nach und nach werden allerdings auch die anderen wach und dann gibt es in größerer Runde Kaffee, zweites Frühstück (Käsebrot, Würstchen, Ei und Zuckerwaffel) und ein bisschen besseren Empfang für einen kurzen Nachrichtenüberblick.

Um 11:30 beginnt auf dem Marktplatz die Frühstücksrunde, bei der ein ehemaliger Radiokollege von mir (und begnadeter Musiker natürlich, bekannt von Passadeena, Talking to Turtles und Das Paradies) das Matineeorchester bildet. Es gibt Geplauder mit Musiker*innen und Festivalorganisator*innen, einen Cocktail-Wettbewerb und den Wetterbericht. Es folgt ein Quiz zu 25 Jahren Immergut, für das sich ein ehemaliger Kneipenquiz-Kumpan zu mir gesellt. Dazu trinke ich ganz gesundheitsbewusst eine Maracuja-Traubenschorle. Nach dem Quiz geselle ich mich nochmal kurz zur Runde an den Zelten, esse noch eine Kleinigkeit und dann geht es auch schon aufs Gelände. Mit Himbeer-Kokos-Eis höre ich mir eine Lesung von Charlotte Brandi an und mache es mir dann liegend gemütlich für das erste Konzert und die zweite Lesung des Tages. Das ist eigentlich der schönste Teil vom Immergut: Auf der Wiese liegen, in den Himmel schauen, Text und Musik lauschen und zwischendurch auch gerne nochmal wegdämmern.

Überhaupt findet heute fußbedingt wieder sehr viel im Sitzen oder Liegen statt, was den Genuss ein wenig schmälert, da ich die meisten Konzerte nur aus der Ferne erlebe, ohne richtig von der Stimmung mitgerissen zu werden. Ich kompensiere das mit leckerem Essen und Getränken (Espresso Tonic zum Wachwerden nach dem Nickerchen bei Lesung 2, frische Pasta mit veganer Bolognese und Salat, Erdbeerbowle, Pommes mit Mango-Chili-Mayo) und Begegnungen mit Bekannten – eine plus ihre drei Kinder aus Berlin, eine gemischte Rostock-Berlin-Gruppe, ein paar Rostocker*innen.

Heute ist es etwas wärmer als gestern und ich habe auch noch mit einem zusätzlichen Thermo-Pulli vorgesorgt, so dass das viele Nicht-Bewegen leichter zu ertragen ist. Bauchschmerzen habe ich auch keine, yeah. Dafür fängt der Hals langsam an zu meckern, was sich über Nacht noch zu ausgewachsenen Schluckbeschwerden ausdehnen wird. Erstmal aber alles soweit OK.

Musikalisch reißt mich leider wenig vom Hocker, es fehlt wohl die Komponente des Gemeinschaftsbads vor der Bühne. Aber ich halte durch bis Bilderbuch spielen, sehe Teile der Show inkl. des einen großen Hits (der bei der Crucchi Gang aber schöner ist) im Stehen und mache mich dann auf den Weg Richtung Zelt und Schlafsack. Gerade als ich in den schlüpfe, schallt noch der zweite große Hit über den Platz, so dass ich dann zufrieden gegen halb 1 die Augen zu machen kann. Morgen dann der Tag mit den großen musikalischen Highlights, hoffentlich.

29.05.2025 – Immergut Tag 1 – Keine Fotos

Ohne Wecker pünktlich um 7 aufgewacht, was auch ganz gut ist, da ich so quasi ohne Stress ins nächste Festival starten kann. Nach dem morgendlichen Reboot gibt es Müsli mit TK-Kirschen und TK-Ananas und ordentlich O-Saft (nochmal ordentlich Vitamine tanken!), dann wird ausgiebig geduscht, Katzen- und Pflanzenversorgung betrieben und Rucksack und Proviant gepackt. Nach einem weiteren Liebstentelefonat geht es kurz nach 12 los zum Bahnhof. Der RegionalExpress ist feiertäglich voll und ich bekomme einen Platz auf dem Boden – der Fuß ist nicht amüsiert. Dafür kommt auf der Fahrt aber die Nachricht, dass das neuste Geschwisterkind des Teilzeitkinds geboren wurde – passgenau zwischen diverse andere Geburtstage, so ist das gut.

In Neustrelitz heißt es dann ein bisschen warten, bis der Pendelzug die Meute weiter zum Festivalgelände bringt. Dort ist dann nochmal warten am Eingang, aber das findet in der Sonne, bei Kiefernduft und Vorfreude statt – großes Zuhausegefühl bei meinem elften Immergut! Mit Bändchen versorgt finde ich schnell die Bezugsgruppe und kann erstmal ablegen und ankommen. Wir warten noch auf zwei Bullis, als die sorgfältig eingeparkt sind, können die letzten Zelte, unter anderem meins, aufgebaut werden. Dann gibt es erstmal was zum Anstoßen („Ihr habt Champagner? Dann trinken wir erst den und danach den Cremant!“ Festivals haben sich verändert, seit ich jung war.) Dann noch fix Mittagessen (mitgebrachtes Brot mit Käse, Wiener, Ei und ein paar Erik-Pflaumen) und dann geht es aufs Festivalgelände.

Die erste Künstlerin habe ich verpasst, von der zweiten (Sofie Royer) kriege ich immerhin das Ende mit, klingt gut. Richtig dabei bin ich dann bei Mel D, die richtig schöne Musik macht und beeindruckend und ungewöhnlich singt. Problematisch ist, dass der Fuß kein langes Stehen oder Tanzen erlaubt und ich mir immer schnell Sitzgelegenheiten suchen muss. Nicht bewegen bedeutet dann natürlich auch schnell frieren, zumindest bei den derzeitigen Temperaturen. Die restlichen Bands höre ich dann eher von weitem, sie klingen mal besser und mal schlechter. Irgendwann hole ich mir eine heiße Schokolade und ein paar Tacos. Die anderen testen Pasta, Pizza, Burger, Pommes… Gyros, Burritos, Crepes usw. gibt es auch noch – alles vegetarisch oder vegan. Wir werden gut versorgt.

Irgendwann habe ich nicht nur mit Fuß und Kälte zu tun, sondern auch mit Bauchschmerzen – Endometriose? Histamin? Beides? Man weiß es nicht. Ich nutze also die Neuerung des Menstruationszelts zum ersten Mal. Hier kann man gemütlich auf Sofas, Decken und Kissen chillen, mit Wärmflaschen, Decken und Gratis-Tee. Menstruationsprodukte kriegt man auch umsonst (so wie übrigens auch auf der re:publica), aber da habe ich keinen Bedarf. Und man kann sich auch gegen Pfand Wärmegurte ausleihen, das probiere ich vielleicht in den nächsten Tagen mal.

Heute sitze ich nur eine gute Stunde gemütlich, ruhe den Fuß aus, wärme den Bauch und lausche der Musik von der Bühne. Und dann gehe ich gegen 23 Uhr einfach ins Zelt. Die großen musikalischen Highlights kommen erst noch, ich muss Kräfte sparen. Sehr gut übrigens: Ich bin mit Thermoleggins, warmen Socken und Fleecedecke so gut ausgerüstet, dass ich die ganze Nacht über nicht einmal friere. Nacht 10/10, gerne wieder.

28.05.2025 – Letzter Tag re:publica

Der Streak der gut durchschlafenen Nächte ist wieder abgerissen, aber egal, der Tag wird gut! Nach dem morgendlichen Reboot (zu testender neuer Begriff für die Abfolge „Internet leer lesen – Bloggen – Sprachen lernen – Rätsel – Mit dem Liebsten telefonieren“) stehe ich auf, mache wieder Müsli zum Mitnehmen (heute White Chocolate Berry mit TK-Ananas und -Kirschen sowie Joghurt), schnappe mir eine Wegmate vom Balkon und laufe los in den Regen. Ich bin ja kein Regenschirm-Mensch, aber eine Regenjacke hätte der Situation gut getan. In der Tram verwende ich viel Zeit, mit meinem langen Rock meine Brillengläser zu trocknen ohne sie zu verschmieren. In der U-Bahn dann nochmal.

Da ich etwas später dran bin als an den beiden letzten Tagen (erste Session in meinem Plan erst halb 11, Maja Göpel gucke ich später nach), dauert der Einlass nicht so lange, dafür ist die Kaffeeschlange kurz und ich kann mir noch einen heißen Tee (Ceylon Breakfast) holen, um die nassen Klamotten auszugleichen. Den gibt es dann zu Müsli und Tipps zu gelingendem hybriden Zusammenarbeiten im Team von einer Arbeitspsychologin der VBG. Dann geht es auf Stage 2 thematisch ähnlich aber doch ganz anders weiter damit, wie psychische Gesundheit im Internet und den sozialen Medien verhandelt wird, Stichwort Selbstdiagnosen (Alle haben ADHS) oder Verstärkung von tatsächlichen Symptomen.

Danach bleibe ich gleich sitzen, denn es folgt die obligatorische Session von Marcus John Henry Brown, der eindrucksvoll zeigt, wie man eine gute Präsentation hält und trotzdem happy und mental gesund bleibt (grob zusammengefasst, in den 30 Minuten steckt noch sehr viel mehr, von beeindruckenden Zahlen über gutes Storytelling bis zu witzigen alten Fotos, unbedingt nachgucken!)

Danach laufe ich ein bisschen herum und gucke mir wieder Rahmenprogramm an. Ich hole den gestern zum Bedrucken abgegebenen Beutel ab und habe jetzt eine sehr gut aussehende Erinnerung an die Konferenz, mit der ich beim Immergut passend auftreten kann.

Zwischendurch kommt auch die Sonne kurz raus, so dass ich nochmal im Hinterhof stehe und mich aufwärme. Bei der Gelegenheit hole ich mir gleich noch den veganen Brat Dog zum Mittagessen, der OK ist, aber auch nicht mehr und nicht so lange satt macht wie die Mittagessen an den vorherigen Tagen. In der Schlange komme ich mit einer anderen Besucherin ins Gespräch, weil der Verkäufer uns beide siezt, was nicht zum (gefühlten) Altersunterschied passt (Die vor uns wurden geduzt!). Kontakte knüpfen, so wichtig!

Es folgt eine sehr amüsante Session darüber, wie Popkultur und Nerdtum die Welt retten kann, mit Beispielen von Jules Verne und Mary Shelley im 19. Jahrhundert über Star Trek und Star Wars bis hin zu Pikachu und K-Pop auf Demonstrationen. Auch unbedingt nachzugucken, auch wenn dem Vortragenden ein Übersetzungsfehler unterläuft, der meinen inneren Sprachnerd enttäuscht, Stichwort Rudy Giuliani bei SNL nach 9/11.

Als ich wieder rauskomme, entdecke ich, dass es im Makerspace wieder Mate zu verkosten gibt. Damit habe ich vor Jahren (2018 oder 2019?) schonmal gute Erfahrungen gemacht. Ich mache mir eine Tasse und darf sie immer wieder auffüllen – das mache ich im Laufe des Nachmittags dreimal. Erst aber setze ich mich damit ein bisschen hin und lege den Fuß hoch, der an Tag 3 mit viel Herumlaufen jetzt doch anfängt, zu schmerzen.

Um 16 Uhr dann stehe ich am Stand einer Initiative für Wissensvermittlung zu Pflanzen und Ernährung, verkoste Brot mit Möhrenblätterpesto und mache dann beim Gemüse-Tinder mit, bei dem wir lernen, welche Pflanzen man gut nebeneinander anbauen kann und welche eher nicht, teilweise mit Erklärung, teilweise sind es nur jahrhundertealte Erfahrungswerte, für die es immer noch keine wissenschaftliche Begründung gibt.

Beim Herumlaufen danach entdecke ich nach drei Tagen endlich zum ersten Mal die Kaltmamsell, die gerade am Affenfelsen im Gespräch mit drei weiteren geschätzten Damen aus der Timeline ist, die ich noch nicht persönlich kennengelernt habe und geselle mich dazu. Das Gespräch mäandert zwischen re:publica-Eindrücken, Dialekt-Feinheiten, Politik und anderen Timeline-Menschen hin und her. Am Ende verabschieden wir uns alle wieder in unterschiedliche Richtungen bzw. Sessions.

Bei mir sind es Notes of Berlin, die gezeigt und eingeordnet werden. Ich bin mir relativ sicher, dass ich so eine Session schon mal auf einer re:publica gesehen habe, aber es ist halt jedes Mal wieder witzig. Ich nehme mir vor, im Stadtbild noch mehr als zuvor auf die Zettel zu achten und witzige Exemplare einzuschicken.

Und dann ist auch schon wieder Ende – Closing Ceremony. Nächstes Jahr findet die re:publica früher statt, also vermutlich nicht in der gleichen Woche für das Immergut. Mal sehen, ob ich es wieder mitmache (Das denke ich jedes Mal, aber der Termin steht schon wieder im Kalender und wenn die Early Bird Tickets rauskommen, werde ich wahrscheinlich wieder zuschlagen und dann schauen wir mal, ob es am Ende alles klappt.) Dann noch Singen (Es ist erst vorbei, wenn die dicke Stage gesungen hat) und nostalgisch an 2020 denken, als wir remote gesungen haben und Nimbin es ins offizielle Video geschafft hat.

Hinterher mache ich mich schnell auf den Heimweg, keine Zeit für Emotionalitäten oder um noch zu tanzen. Der Fuß tut außerdem immer noch weh. Unterwegs kaufe ich letzte Dinge fürs Immergut ein, morgen ist ja Feiertag) und dann geht es nach Hause. Ich versorge die Katzen, koche Pasta mit Tomaten und Thunfisch und telefoniere mit dem Liebsten.

Währenddessen werde ich zu einer WhatsApp-Gruppe von ehemaligen Kolleg*innen hinzugefügt, eine Reunion ist angedacht. Alle fügen alle hinzu, deren Telefonnummern sie noch haben. Die Gruppe wächst und wächst, ist zum Glück stummgeschaltet, und es werden jede Menge Insider und Anekdoten ausgetauscht. Bis ich gegen Mitternacht ins Bett gehe sind etwa 300 Menschen in der Gruppe, Tendenz steigend. Bin gespannt, ob die Reunion wirklich irgendwann stattfindet und ob wir das Olympiastadion dafür anmieten werden müssen. Zum Glück ist das nicht meine Baustelle…

27.05.2025 – re:publica Tag 2

Nochmal gut geschlafen, wie schön. Ansonsten der Morgen ähnlich wie gestern, nur dass ich keine Banane fürs stehende Frühstück mehr habe und mir statt Stulle und Apfel fürs Frühstück Müsli mit Joghurt und TK-Himbeeren und -Granatapfelkernen mitnehme. Mate ist noch da, also kann ich die Klischees bedienen und damit in Tram und U-Bahn sitzen. Unvorbereitet bin ich dagegen darauf, dass es auch ohne Ticketkontrolle wieder eine Einlassschlange gibt, aber das geht dann sehr schnell. Früher als Gedacht sitze ich am Speak Up und löffle mein Müsli, vor und während meine erste Session des Tages stattfindet – zum Arbeitsalltag und möglichen Quereinstiegen in Behörden – stattfindet. Wo kann ich unterschreiben?

Danach geht es weiter zur Bühne von ARD und ZDF, wo eine Holocaust-Überlebende und eine Zeitzeugin (Witwe eines Überlebenden) vorgestellt werden und von ihren Erfahrungen berichten. Sie sind Teil des Projekts Zeugnisse, das die Erzählungen von Überlebenden aufzeichnet und für die Nachwelt verfügbar macht, solange das noch möglich ist.

Weiter geht’s mit einem eher skurrilen Vortrag über die Entwicklung von Design über die Generationen und wie Canva dabei unterstützen kann. Es gibt zwar einige Aha-Momente, aber die stehen so auch schon im Abstract und werden nur noch zwei oder dreimal wiederholt. Die Session ist sehr schnell vorbei und es gibt auch keine Fragen – später sehe ich auf YouTube, dass das dazugehörige Video nur elf Minuten lang ist. So verlasse ich diese Bühne schnell wieder und bekomme noch einen Teil von Johnnys Interview mit Ricarda Lang mit, das ich mir aber nochmal in Gänze zu Gemüte führen werde.

Da ich danach etwas Luft habe, esse ich schon wieder, und zwar diesmal einen okayen Burrito – nachdem es negative Berichte über den Burger gab, habe ich die Entscheidung über Mastodon und Bluesky gecrowdsourced. Morgen dann der Brat Dog, denke ich.

Danach geht es zu einer interessanten Session zu einem anderen Ansatz für die Jobsuche, basierend auf dem Gerne-Prinzip. Ich finde es spannend, mache direkt im Anschluss spontan noch ein kleines Networking-Training am Stand von Flipped Job Market mit und hole mir später das signierte Buch dazu am Dussmann-Stand. Bei dem Networking treffe ich auf zwei nette Frauen und wir tauschen uns über Netzkultur, mentale Gesundheit und neue Eissorten aus. So soll re:publica!

Danach habe ich wieder ein bisschen Luft und schlendere durch die Halle. An einem Stand baue ich meinen CO2-Verbrauch aus Legosteinen zusammen und schneide für Generation Y (zumindest unter den hier teilnehmenden) durchschnittlich, aber gut ab. Am meisten spare ich dadurch, dass ich Ökostrom beziehe und nicht Auto fahre. Meine größten Treiber sind hingegen, dass ich ab und zu Fleisch- und Milchprodukte esse und in Flugzeuge steige.

Obligatorisches Selfie

Dann geht’s mit zwei weiteren Sessions zurück in die Arbeitswelt – einmal über die Mischung verschiedenster Generationen am Arbeitsplatz, die zunehmend wichtiger und präsenter wird, und wie sie gelingen kann. Und dann über das Arbeitsumfeld bei den Berliner Wasserbetrieben. Auch hier wieder: Wo kann ich unterschreiben? Kommunalwirtschaft ist auf jeden Fall auch ne gute Sache.

Aus der nächsten Session verabschiede ich mich früh, weil das Thema an dem vorbeigeht, was ich erwartet hatte. Stattdessen lande ich auf dem Fußboden der Stage auf der Maximilian Czollek über Erinnerungskultur und deren Verankerung im Grundgesetz spricht.

Symbolfoto Schuhtrends auf der re:publica

Danach gehe ich zu einer Session, in der wissenschaftlich untersucht wird, ob TikTok wirklich Teenager*innen radikalisiert. (Passend zum re:publica-Motto steht im Titel Gen Z, tatsächlich sind aktuell ja die Hälfte der Teenager bereits Gen Alpha…) Antwort: Der TikTok-Algorithmus belohnt Aufmerksamkeit, Engagement und Emotionen, ist also von seiner Natur her dazu geeignet zu radikalisieren, aber es lassen sich bisher keine direkten Manipulationsversuche, etwa durch die chinesische Regierung, nachweisen. In Studien wird vor allem die Radikalisierung von Rechts oder durch religiöse Extremist*innen untersucht. Ich denke an meinen eigenen TikTok-Feed, der voll ist von links-grün-woken Menschen aus aller Welt, die sich (zum Glück) gegen den Faschismus radikalisieren und vernetzen. Geht also wirklich in alle Richtungen, wie immer im Internet.

Dann habe ich wieder etwas Zeit totzuschlagen und gehe mir nochmal etwas anschauen, das ich vorher nur aus dem Augenwinkel wahrgenommen habe – am Rand der Halle wird das Projekt „Oh wie Osten“ vorgestellt, in dem zwei ostdeutsche Design-Studentinnen an einer westdeutschen Hochschule ein Gesellschaftsspiel entwickelt (und designt) haben, mit dem man über Ost-West-Themen ins Gespräch kommen, Neues lernen, reflektieren, Ideen entwickeln und dafür Punkte bekommen kann. Wir spielen ein paar Fragen und landen direkt bei großen Themen. Sehr cool! Demnächst gehen die beiden damit auf Tour durch Begegnungsorte in ostdeutschen Städten. Mehr Infos gibt’s auf Instagram.

Für die letzte Session des Tages entscheide ich mich für einen Live-Podcast mit drei meiner liebsten Internet-Menschen, auch wenn ich diesen speziellen Podcast nur sehr selten höre. Nilz Bokelberg, Maria Lorenz-Bokelberg und Herm reden über dies und das, zeigen lustige Videos und machen viel Quatsch.

Zwischendurch müssen wir dann alle das Gebäude wegen eines falschen Feueralarms verlassen und stehen etwas ratlos auf dem Hof herum. Bei der Gelegenheit sehe ich auch Sarah Bosetti und Marc-Uwe Kling, deren Auftritte ich mir später auf YouTube anschauen werde – wie auch alle anderen von Prominenten, Heidi Reichinnek war heute auch da, zum Beispiel.

Nach einer Weile dürfen wir wieder rein und machen die Session zu Ende. Danach fahre ich nach Hause, versorge die Miezen und mache mir Kartoffelsalat mit Flusskrebsen und einem Klecks Mayo.

Zum und nach dem Essen telefoniere ich mit dem Liebsten und schaue dann den heutigen Besuch von König Charles in Ottawa nach, freue mich über die Zusammenkunft mit der Inuit-Generalgouverneurin, die Powwow-Trommelgruppe, das Land Acknowledgement des Königs, die vielen Federkronen von Abgeordneten im House of Commons (sämtlich auf der Seite wo Labour und NDP sitzen, natürlich) und Justin Tudeaus grüne Schuhe zum blauen Anzug. Und natürlich über die Spitzen gegenüber dem orangenen Diktator, die in der Rede verbaut sind.

Danach fange ich an, erste Sessions auf YouTube nachzuschauen, mache aber gegen Mitternacht doch das Licht aus.

26.05.2025 – Erster Tag re:publica

Erstaunlich gut geschlafen, irgendwann holt sich der Körper doch, was er braucht. Folglich zum ersten Mal seit langem vom Wecker geweckt worden, statt schon lange vorher wachzuliegen. Ich lese das Internet leer, blogge, telefoniere mit dem Liebsten, mache Französisch und Italienisch. Dann stehe ich auf, versorge die Katzen, packe meinen Festival-Beutel, esse eine Banane im Stehen, schnappe mir eine Weg-Mate und verlasse das Haus. Mit Tram und U-Bahn fahre ich zur Station. Ganz ungewohnt, ich musste mich in den letzten Wochen immer wieder daran erinnern, dass es diesmal nicht in die Arena geht. Letztes Jahr in der Station konnte ich aus Gründen nicht teilnehmen, die beiden Jahre zuvor war es in der Arena, die beiden Jahre davor remote. Mein letztes Mal Station ist also wahnsinnige sechs Jahre her.

Da ich die pre:publica ausgelassen habe, muss ich mich in die sehr sehr lange Schlange einreihen, die zu dem Zeitpunkt schon bis zur Bundespolizei führt. Trotzdem geht es erstaunlich schnell und kurz nach 10:30 betrete ich das Gelände und laufe schnell zu Stage 1. Beim Betreten der Halle ein kurzer Herzklopf-Vorfreude-Zuhause-Moment. Schön. Ich erreiche die Stage genau als Nilzi das re:publica-Programm begrüßt. (Seit ich NiWiVe höre kann ich nur noch Nilzi zu Nilz Bokelberg sagen.)

Und dann geht’s los durch einen vollen Programm-Tag. Ich optimiere meinen Favoriten-Plan so, dass ich jeweils nur eine Veranstaltung gleichzeitig drin habe (fast alles umschiffend, was auf den ganz großen Bühnen stattfindet, weil ich das später auf YouTube nachgucken kann). Es geht viel um die Rettung der Demokratie vor Broligarchen, Big Tech und ganz normalen Faschisten. Darum, wie man die digitalen Technologien nutzen kann, um Gutes zu tun und mit welchen Strategien man die Hürden überwinden kann, die die großen Plattformen einem inzwischen in den Weg legen. Digitalisierung in der Verwaltung, sich als „verrückt“ gerierende Diktatoren, von denen man sich nicht blenden lassen darf, der größer werdende digitale Graben zwischen entwickelten und Entwicklungsländern und seine Auswirkungen auf Zukunft und weltpolitische Machtverhältnisse und wie wichtig es ist, strategisch Dinge zu beenden um Neues zuzulassen.

Während der zweiten Session knabbere ich mein mitgebrachtes Brot mit veganem Schinken und einen Apfel. Nochmal etwas später hole ich mir draußen am Foodtruck einen sehr okayen aber arschteuren veganen asiatischen Nudelsalat (10 Euro!).

Ich komme nicht so richtig dazu, mit Menschen zu reden, höre aber welchen zu. Unter anderem zwei Damen, die für die CDU arbeiten und sich verklausuliert über Arbeitsdinge unterhalten. Einmal sitze ich neben jemandem aus der Timeline, lasse mir aber nichts anmerken, weil mir grad nicht nach Reden ist. Mehrfach sehe ich Menschen aus meinem Internet von weitem, aber niemand von denen, mit denen ich regelmäßig kommuniziere. Und dann renne ich halt auch ständig von Session zu Session. Morgen vielleicht. Zu meiner Verteidigung: Ich sehe außerhalb der Session-Locations auch sehr wenig vom Gelände und dem ganzen Drumherum, auch davon vielleicht morgen mehr.

Nach der letzten Session und vor dem Karaoke (die Woche wird noch lang) mache ich mich müde auf den Heimweg. Zuhause setze ich Pellkartoffeln auf und nutze die Kochzeit um Katzen und Pflanzen zu versorgen und Kräuterquark anzurühren. Damit geht es dann auf die Couch. Ich telefoniere nochmal mit dem Liebsten, lüfte mein volles Hirn aus und liege halb 11 schon wieder in der Falle. Knapp 10.000 Schritte mit dem Fuß in den neuen Docs – das geht erstaunlich gut, aber noch nicht spurlos an mir vorbei.

25.05.2025 – „Oh Mein Gott!!!!“

Als ich wach werde, ist es noch komplett dunkel (Jalousien) und still im Haus – kein Mux zu hören außer das Atmen des Liebsten neben mir und die Geräusche der Luftmatratze, wenn sich jemand bewegt. Ich versuche auf verschiedenste Arten, wieder einzuschlafen, gebe aber nach einer Weile auf und fange an das Internet leer zu lesen und zu bloggen. Das war jetzt die dritte unruhige und kurze Nacht in Folge und diesmal habe ich maximal vier Stunden rausschlagen können, wenn auch nicht am Stück. Zum Glück kam der Papa der kleinen Geschwister gestern noch nach Hause, sonst hätte ich vor lauter Verantwortung und Hinhorchen gar kein Auge zugemacht. Und der Liebste und ich hätten dann auch mit den Beiden in einem Zimmer geschlafen, statt das leere Zimmer des Teilzeitkinds für uns zu haben, das ja unten mit den anderen auf dem Matratzenlager pennt.

Wobei, jetzt nicht mehr. Gegen 7 geht unten das Geschnatter wieder los und irgendwann gesellt sich auch das größere der beiden kleinen Kinder dazu. Der Liebste und der Geschwisterpapa werden dann auch wach und so geht es für alle irgendwann nach unten, nur das kleine (bald mittlere) Geschwisterkind schläft und schläft und schläft. Erstmal Kaffee für die Erwachsenen. Die Kinder verlegen ihr „Wahrheit-oder-Pflicht“-Spiel nach oben, während wir unten Partyreste verräumen, den Geburtstagstisch finalisieren und Brötchen aufbacken. Als die Kerzen brennen, dürfen die Kinder wieder runterkommen. Wir singen nochmal und dann packt das Teilzeitkind eine knappe Stunde lang Geschenke aus und kommentiert wahlweise mit „Oh mein Gott, [xxx]“, „Wie süüüüüß!“ oder „Das kenne ich, das ist ja toll!“. Zwischendurch rufen die Teilzeitkindmama und die Oma an und gratulieren nochmal offiziell und werden mit Dankesworten für die Geschenke belegt.

Nebenbei wird schon fleißig Geburtstagskuchen gegessen und dann sehr früh das erste Kind abgeholt, dass hier in der Nähe Sonntagmorgens immer Reiten geht. Für die anderen gibt es dann ausführliches Frühstück mit Brötchen, Rührei und Co. Nach und nach ziehen sich alle an und werden abgeholt, das Matratzenlager leert sich und wir gehen an die Feinplanung für den Geburtstagstag, die am Ende so aussieht:

Das Teilzeitkind fährt mit dem letzten Geburtstagskind Trampolinspringen, inkl. Videos drehen, natürlich. Der Geschwisterpapa fährt mit den kleinen Geschwistern die Mama im Krankenhaus besuchen. Der Liebste fährt nach Hause, bäckt die Muffins für die Schule und erwartet dort das Teilzeitkind. Dann gehen der Liebste und das Teilzeitkind nochmal zum Stammitaliener für ein Extra-Geburtstagsdinner mit südländischer Feierintensität, bevor er das Teilzeitkind wieder zurück zu Geschwistern und Geschwisterpapa bringt, damit es ggf. heute Nacht auf die Kleinen aufpassen kann, falls die Geburt ernsthaft losgeht und der Geschwisterpapa ins Krankenhaus fahren muss. Für den Fall würde dann wiederum der Liebste sich in ein Taxi setzen und das Teilzeitkind schnellstmöglich unterstützen. Falls alles ruhig bleibt, bringt er morgens nur die Muffins in die Schule. Es ist ein ausgeklügelter Plan mit diversen Wegpunkten und Pfadabhängigkeiten. Und ich? Ich habe meine eigene Challenge.

Nachdem ich die Reisegruppe Südberlin in den Bus gesetzt habe, laufe ich selbst – völlig übermüdet – zur S-Bahn und fahre direkt durch nach Norden. Unterwegs mache ich die täglichen Rätsel, für die Sprachen bin ich noch zu kaputt. Ich bringe meinen Kram nach Hause, sage den Katzen und der Mitbewohnerin „Hallo“ und düse (man stelle sich ein langsam müdes, fußweh-müdes Schlurfen vor) mit einer Tasche voll Zelt, Schlafsack, Isomatte und Fleecedecke wieder nach unten. Dort nehme ich ein Taxi um ein Stück durch den Prenzlauer Berg zu fahren (Ich wäre trotz S-Bahn fast eine halbe Stunde zu Fuß unterwegs gewesen, das geht mit dem Gepäck nur mit gesundem Fuß.) und bringe das Gepäck zu dem Freund, der es am Donnerstag für mich zum Immergut mitnehmen wird, so dass ich nur meinen Rucksack mit den Klamotten tragen muss.

Ich war ewig nicht bei ihm zuhause und habe auch seine Frau ewig nicht gesehen. Also gibt es erstmal ein ausführliches Catch-up-Gespräch bei selbst gemachtem Eistee, bis mit fast die Augen zufallen und ich mich ohne Gepäck, also zu Fuß und mit der Bahn, wieder auf den Heimweg mache. Dort packe ich fertig auf, entdecke mir fremde Kinderklamotten im Rucksack, die ich gleich erstmal in die Waschmaschine stecke, und mache mir Caprese mit Büffelmozzarella zum späten Mittagessen.

Das ist Ginger Ale!

Damit geht es dann aufs Bett, genug bewegt für heute! Kurzer Check-In mit dem Liebsten, der die Muffins fertig hat und dann mache ich endlich Französisch und Italieniscb und gucke mir erschöpft Quatsch im Internet an. Später kommen Bilder vom Stammitaliener und noch mehr Geschenken und Extra-Desserts mit Kerzen drin für das glückliche Teilzeitkind. Ich kriege Hunger und mache mir noch eine schnelle Pasta „Alfredo“, also mit Butter und Parmesan.

Noosa hat ein Auge auf mich

Als der Liebste anruft und berichtet, dass das Teilzeitkind gut wieder bei den Geschwistern angekommen und soweit alles ruhig ist, bin ich beruhigt. Ich lade meine Powerbanks und den Kopfhörer für die re:publica morgen (wegen Wetter und Allem heute leider keine pre:publica für mich) und lege mich, inspiriert von den Kindern, mit einer Gesichtsmaske in die Badewanne. Halb 11 geht im Bett das Licht aus und dann wird endlich, endlich geschlafen.

24.05.2025 – Das war‘s mit ölf, gleich bist Du zwölf!

Kurze und unruhige Nacht, spätestens vorbei als ein aufgeregtes Teilzeitkind gegen halb 8 unter die Dusche hüpft und sich für die Party schick macht. Wir liegen mit Kaffee im Bett und lassen das alles noch etwas auf uns zukommen. Irgendwann gegen halb 11 ist dann Aufsteh- und Frühstückszeit. Das Teilzeitkind brät Omelette oder Spiegelei, je nach Wunsch.

Nach dem Essen räumen wir ein bisschen auf und gucken dann die Folge Étoile von gestern zu Ende. Dann haben alle nochmal Chillzeit – der Liebste zockt, das Teilzeitkind zockt auf meinem Handy, ich lese und halte das Niveau hoch. Am frühen Nachmittag bricht das Teilzeitkind schon mal auf zu seiner Mama für letzte Partyvorbereitungen. Wir fahren etwa eine Stunde später hinterher, im voll besetzten Doppeldeckerbus, der am Stadtteilfestrummel vorbei fährt.

Angekommen gibt es erstmal Kaffee und mit den kleinen Geschwistern herumtoben. Das große kleine Geschwister fällt uns sofort schreiend um den Hals, das andere ist von einem ganz anderen Schlag, winkt von weitem und kommt erst viel später auf Tuchfühlung. Ab 18 Uhr trudeln die Gastkinder ein und dann sind erstmal alle mit Trampolinspringen beschäftigt, bis die Pizza geliefert wird. Ab da folgen die Programmpunkte Schlag auf Schlag – „Wer bin ich?“, das Schokoladen-Auspack-Spiel, Stockbrot und Marshmallows an der Feuerschale. An diesem Punkt brechen die Teilzeitkindmama, der Vater ihrer kleinen Kinder und ihr kugelrunder Babybauch auf Richtung Krankenhaus und der Liebste und ich übernehmen Party und kleine Kinder.

Alle toben sich nochmal ordentlich aus und machen Quatsch mit überm Feuer gerösteten Süßkram (schmelzende, Fäden ziehende Gummibärchen sind immer noch ein Ding). Das kleine Geschwisterkind schaut sich derweil mit dem Liebsten Fotos rund um die Geburt vom Teilzeitkind an und verarbeitet was gerade geschieht. Bald darauf wird es langsam dunkel – wir räumen alles von draußen nach drinnen. Dann gibt es Eis zum selbst zusammenstellen und verzieren für alle und erste Nachrichten aus dem Krankenhaus – alles OK soweit, wird sich ziehen.

Die großen Kinder bereiten ihr Matratzenlager vor, ziehen sich Schlafanzüge an und applizieren Eye Patches und Gesichtsmasken. Der Liebste zieht die beiden Kleinen um, inkl. Schlafwindel für das Kleinere, während ich schon mal den Film vorbereite. Dann gibt es für die Großen (und mich) Clueless, die kleinen gucken mit dem Liebsten Bluey. Sehr gute Programmauswahl durch die Teilzeitkindmama.

Kurz vor Mitternacht kommt der Papa der Kleinen zurück – heute passiert nichts aufregendes mehr. Außer natürlich der Countdown fürs Happy-Birthday-Singen, bei dem auch die Teilzeitkindmama per Telefon dabei ist. Dann werden die Kleinen von ihrem Papa Schlafen gelegt und sind in Sekunden weggeratzt. Die Großen gucken noch mit uns den Film zu Ende und gehen dann Zähneputzen. Gegen 1 liegen alle und gegen halb 2 ist es still im Haus. Nur ich liege mal wieder noch eine ganze Weile wach.

23.05.2025 – Verschnauftag, bisschen

Beim Aufwachen (nach unruhiger Nacht und lange vor dem Wecker) steckt mir die Woche in den Knochen, das waren jetzt vier Tage voller Programm. Und vor mir liegen dann nochmal doppelt so viele. Heute aber gibt es fast keine Termine, also bleibe ich erstmal ganz ohne schlechtes Gewissen liegen, zumindest bis gegen 9 das letzte Geschenk fürs Teilzeitkind geliefert wird. Und danach dann wieder. Erst gegen 11 schäle ich mich aus dem Bett (nach Internet leer lesen, bloggen, mit dem Liebsten telefonieren, Französisch, Italienisch, Rätseln) und mache mir ein mediterranes Frühstück, das mangels Sonne bei 13 Grad dann doch drinnen verzehrt wird.

Croissants mit Feigenmarmelade, Erik-Pflaumen, letzte Crowdfarming-Orange, Tee mit Rosenblättern

Ich bin kaum mit dem Essen fertig, als die ehemalige Kollegin anruft, mit der ich für ein Mittagstelefonat verabredet bin. Wir müssen erstmal rekonstruieren, wann wir uns zuletzt gesehen haben – live auf jeden Fall vor der Pandemie, denn sie hat dann während wir alle im Homeoffice saßen den Job gewechselt. Es gibt also viel zu erzählen und neben dem Privaten auch viele hilfreiche Infos für meine Recherchen. Hinterher kümmere ich mich um „das bisschen Haushalt“ und höre nebenbei Podcasts. Dann nochmal ordentlich auf dem Sofa versumpfen und am Nachmittag muss ich mir dann ein bisschen in den Hintern treten, mich ausgehfein machen, die Geschenke für das Teilzeitkind verpacken, meine Sachen zusammensuchen und dann nach Südberlin fahren.

Dort angekommen werfe ich alles ab, versorge meine rechte Ferse mit einem Blasenpflaster (Docs mit dünnen Socken…) und lasse mir dabei vom aufgeregten Teilzeitkind, das gerade aus Gummibärchen und Speisestärke nach einem Rezept aus dem Internet „Bubble-Tea-Perlen“ herstellt, die spannendsten Erlebnisse des Schultags erzählen. Keines davon hat mit Unterrichtsinhalten zu tun, alle hingegen mit sozialen Beziehungen – zu Freund*innen, zwischen Mitschüler*innen und Lehrer*innen… Fühle ich sehr. Für halb 6 hat das Teilzeitkind uns einen Tisch beim Stammitaliener reserviert und da gehen wir dann zu dritt auch direkt hin.

Campari Negroni, Focaccia mit Gemüse-Knoblauch-Paste
Bruschetta und Carpaccio
Rinderfilet mit Grüner-Pfeffer-Sauce, dazu Montepulciano d‘Abruzzo
Limoncello, das Teilzeitkind bekommt statt Gratis-Digestif Gratis-Panna-cotta

Die Gespräche drehen sich größtenteils um das anstehende Geburtstagswochenende und die verschiedenen Partypläne, die zu erwartenden Kinder, wer wann kommt und geht, wann wir dabei sein dürfen und wann nicht… Gut anderthalb Stunden später liegen wir zuhause auf der Couch und schauen zu dritt nochmal die erste Folge Étoile, diesmal auf Deutsch (mit Untertiteln für chinesische und französische Dialoge). Das Teilzeitkind findet die Serie auch gut, wird aber dann mitten in Folge 2 müde, so dass wir den Rest auf morgen verschieben und gegen halb 12 alle im Bett liegen.

22.05.2025 – Verfrüht, hoch hinaus, strukturiert und delizioso

Dieser Tag hat drei Highlights, wobei sich eins davon schon gestern Abend ankündigte, von mir aber nicht als solches wahrgenommen wurde. Als ich nämlich gestern nach Hause kam stand in meiner Küche ein Strauß Blumen, flankiert von einem Chianti Riserva und einer Schachtel Pralinen „Happy Birthday“. Ich dachte mir nichts dabei, sondern vermutete, dass die Mitbewohnerin wohl noch zu einem Geburtstag wollte. Allerdings war sie auch arbeiten und würde erst nach 1 Uhr nachts nach Hause kommen und die Blumen waren auch nicht verpackt… Irgendwann beschlich mich so ein Gefühl und ich überprüfte kurz das Datum: Es war der 21. Sie wird doch nicht denken, dass ich Geburtstag habe und sich im Monat vertan haben?

Fast Forward zu heute, hatte sie wirklich! Als sie nachmittags aufsteht bevor sie wieder zur Arbeit aufbricht, klären wir, dass es wirklich ein Missverständnis gab und ich bedanke mich überschwänglich für die liebe Geste. Da sie nächsten Monat zu meinem Geburtstag nicht da ist, passt das alles ganz ausgezeichnet und den Wein trinken wir nach Möglichkeit demnächst zusammen, wenn falls wir mal beide gleichzeitig abends zuhause sind!

Das also der Nachmittag. Der Vormittag ist aber auch schon sehr spannend, denn da geht es unerwartet hoch hinaus. Mein Berufsverband hat zu einem Redaktionsbesuch bei der Kulturredaktion der Deutschen Welle geladen und ich habe die Einladung gerne angenommen. Nach ausführlicher Morgenroutine verlasse ich das Haus kurz nach 9 und zum ersten Mal mit normaldünnen Socken in den neuen Docs, fahre mit der S-Bahn nach Gesundbrunnen, laufe durch den Humboldthain und treffe vor dem Haupteingang meine Bezugsgruppe.

Wir nehmen in einem Konferenzraum mit toller Aussicht Platz, stellen uns alle kurz vor und dann gibt es eine spannende Einführung in die Deutsche Welle im Allgemeinen und die Arbeit der Kulturredaktion im Besonderen. Ich lerne viel, z. B. dass die Deutsche Welle Teil der ARD und also öffentlich-rechtlich ist, aber nicht von den Rundfunkbeiträgen bezahlt wird, sondern aus Steuermitteln. Diese werden vom Bundestag bewilligt. Der Output der Deutschen Welle „untersteht“ quasi dem Kulturministerium, die dazugehörige Akademie dem Entwicklungshilfeministerium – wie auch immer die jeweiligen Ministerien dann immer gerade heißen. Der Auftrag der Deutschen Welle lautet, gerade in Ländern, deren Zugang zu freier Presse eingeschränkt ist, „freie Informationen für freie Entscheidungen“ zu liefern – die Basis für demokratische Gesellschaften.

Daran arbeiten weltweit etwa 4000 Menschen aus 140 Nationen mit und die Inhalte werden über 3000 Distributionspartner ausgespielt. Zusätzlich gibt es drei Sender, die rund um die Uhr lineares Fernsehen senden – einer auf Englisch, einer auf Arabisch und einer auf Spanisch. Die Hauptzielgruppe ist zwischen 14 und 40. Dann werden uns schöne Beispiele gezeigt, etwa aus dem YouTube Kanal DW History and Culture, der historischen Kontext zu aktuellen Debatten liefert, von DW EuroMaxx, das sich vor allem an Amerikaner*innen richtet und über das Leben in Europa berichtet oder von DW AfriMaxx, auf dem Afrikaner*innen für Afrikaner*innen gemacht wird. In Planung sind auch ähnliche Angebote für Südostasien und ein Podcast für Inderinnen, der sich mit Liebe, Sex und Partnerschaft beschäftigt. Und dann gibt es auch noch so schöne Sachen wie DW Food, von dem ich schon einiges gesehen habe. Und natürlich sind sie auch auf TikTok unterwegs, da abonniere ich auch schon einige Accounts.

Nach dem Präsentationsteil bekommen wir eine Führung durch das Nachrichtenstudio, die Nachrichtenredaktion und das Social-Media-Studio, bevor es zum Abschluss nochmal aufs Dach geht.

Der Teleprompter wird per Pedal bedient, wusste ich auch nicht

Nach dem Besuch geht ein Teil von uns noch in einer nahen Lunch Location Mittag essen. Bei einer „Pho Bowl“ (über die wir großzügig den Mantel des Schweigens breiten) und hausgemachter Granatapfellimonade tauschen wir uns über unsere Eindrücke aus. Am Ende teile ich mir einen großen Teil des Heimwegs noch mit zwei Teilnehmerinnen und wir vernetzen uns für weiteren Austausch in der Zukunft.

Zum Schluss kaufe ich noch ein paar Kleinigkeiten ein und dann geht es erstmal nach Hause auf die Couch. Nachbereitung und Vernetzungen, Beantworten aufgelaufener Nachrichten und E-Mails, Verpusten. Bald darauf gibt es eine Patchwork-Familien-Videokonferenz zur Feinplanung des anstehenden Teilzeitkindgeburtstags unter erschwerten Bedingungen – eine Übernachtungsparty im Haus der Teilzeitkindmama, bei der allerdings theoretisch auch jederzeit die Wehen einsetzen könnten. Daher werden der Liebste und ich diesmal auch übernachten (letztes Jahr haben wir uns abends verabschiedet und der Liebste ist erst am nächsten Morgen wieder hingefahren) und im Fall der Fälle die Verantwortung für die Party Crowd und die beiden kleinen Geschwister übernehmen. Dazu noch Planungen für Essen, Spiele und Unterhaltungsprogramm. Und dann hoffen wir einfach alle, dass sich das Teilzeitkind auch zukünftig keinen Geburtstag teilen muss und in jedem Fall dieses Jahr eine tolle Party hat.

Wenig später muss ich dann auch schon wieder los nach Friedrichshain, wo ich mit dem Brüderchen und einer der Berlin-Cousinen zum Essen verabredet bin. Es ist die Einlösung eines Geburtstagsgeschenks an die Cousine und wird nicht nur ein sehr schöner und unterhaltsamer Abend, sondern auch kulinarisch wertvoll mit Sarti Spritz, frittierten Zucchiniblüten, frittierten Sardellen, neapolitanischen Pizzen, Peroni, Cannolo und Limoncello.

Am Ende liege ich satt, angeheitert und unheimlich müde gegen halb 12 im Bett – nach über 13.000 Schritten und mit gar nicht mal ganz so schlimmen Blasen an den Füßen.

21.05.2025 – „Weißt Du was, es gibt Nuuuuuudeln!!!“

Der Tag beginnt wie die letzten und wieder vor dem Weckerklingeln auch. Zur ersten Konferenz-Session auf dem Balkon gibt es Müsli und Tee, zur zweiten muss ich nach drinnen wechseln, weil der Laptop-Akku sich dem Ende nähert und die Steckdose dort ist, wo ich dann in der prallen Sonne sitzen müsste. Also zurück an den Schreibtisch für die letzten Sessions. Nach fünf davon ist heute für mich Schluss, Konferenz vorbei. Was für ein Ritt. Aber so kann ich schon mal trainieren für den ganzen Input auf der re:publica nächste Woche.

Am späten Nachmittag bin ich mit der Charlottenburger Freundin und ihren Kindern (2 und 4) auf einem Spielplatz verabredet. Auf dem Weg dahin kommt es allerdings zu Verzögerungen – die Ringbahn ist wegen eines Feuerwehreinsatzes aufgrund eines Böschungsbrands gesperrt und es ist unklar, ob und wann es weitergeht. Nach einigen Minuten bekommt der Fahrer aber die Anweisung, in entgegengesetzter Richtung zu fahren und da das immer noch der unkomplizierteste Weg ist, fahre ich also einmal andersherum um fast die ganze Stadt und bin dann eine Dreiviertelstunde später als geplant auf dem Spielplatz.

Als ich ankomme, bekomme ich erstmal die Tasche meiner Freundin in die Hand gedrückt, bevor sie sich in die luftigen Höhen der Kletterspinne aufschwingt, um das große Kind beim Abstieg zu begleiten, den es alleine nicht schafft. Das kleine Kind sitzt auf einem Schaukelhuhn, will dann jetzt aber auch nach oben und wird von Mama angeleitet, während das große Kind mir stolz erzählt, dass es heute gewachsen ist. Dann spielen kurz beide Kinder im Sand und servieren uns Eise, während wir die ersten Worte wechseln können. Das führt allerdings dazu, dass das echte Eis stetig lockt und das kleine Kind sich irgendwann alleine wegschleicht und den Spielplatz Richtung Eisladen verlässt. Die Freundin wetzt hinterher und fängt es vor der Straße ein. Dann sammeln wir das Spielzeug und den Buggy ein, setzen den Kindern ihre Helme auf und sie auf Fahrrad bzw. Laufrad. Eis gibt’s!

Cheesecake und Limette-Minze für mich

Ich nehme zwei Kugeln, die Freundin nur eine, die Kinder jeweils auch, aber mit Streuseln. Ich fühle mich kurz schlecht, weil die Freundin nur eine hat, sehe aber schnell wie sie neben der eigenen Kugel ständig parallel links und rechts mitlecken muss, damit nicht zu viel auf den Boden tropft. Und zwischendurch Emotionen moderieren, als das Eis zu weit runtergeleckt ist. Dann wieder Helme auf und weiter nach Hause, wo im Hof und mit den Nachbarskindern noch diverse Runden gefahren werden.

Hier schaffen wir nochmal ein paar Sätze, allerdings muss auch dem großen Kind erklärt werden, dass es nicht die Treppe runterfahren soll und der kleinen Kind, dass der Wasserschlauch vom Nachbarhaus nicht zur freien Verfügung steht. Das große Kind fährt dann trotzdem ein paar Stufen, denn das noch größere Nachbarskind macht es ja entgegen der Anweisung seiner Mutter auch. Geht aber alles gut. Die Kinder am Ende wieder zusammen zu bringen, die Räder und den Buggy anzuschließen und die vier Stockwerke hoch zu laufen dauert dann gefühlt auch nochmal eine halbe Stunde und viel Zureden, denn ab jedem Fenster kann man rausgucken und den Hund beobachten, der unten einen Ball apportiert.

Irgendwann sind wir aber oben und drinnen. Ich bin platt, aber die Freundin entsandet noch die Kinder. Dabei bekommt sie Hilfe von ihrem Freund und ich übernehme solange das Pfannenrühren.

Dann kollabiere ich müde auf der Couch, während das große Kind ganz aufgedreht aus der Küche kommt und „Weißt Du, es gibt Nuuuudeln“ ruft und sich freut. Dann spielt es mit Autos auf dem Spielteppich und das kleine Kind kommt rein und skandiert „Es gibt Nuuuuuudeeeeeeln“ und springt auf und ab. Es folgt eine Runde Toben auf dem Sofa, bis der Papa eine Runde nackte Nudeln zum Naschen bringt und wir uns an den Tisch setzen. Ich werde ausgefragt („Welche Farbe hat Dein Klo?“ „Wie heißt Deine Mama?“) und mit Nudeln gefüttert. Dann kommen die Eltern und der Rest der Nudeln, mit Pilzen, Schinken und Sahnesauce und Parmesan. Lecker! Besonders das große Kind ist weiter sehr aufgedreht und will genau das essen, was ich esse und wenn ich es esse. Das kleine Kind klettert mir auf den Schoß als es fertig ist, das große Kind klettert auf Papas Schoß, der neben mir sitzt… „Wir haben nicht oft Besuch zum Abendessen“ sagt die Mama. Fällt gar nicht auf.

Nach dem Essen wird gekuschelt und vorgelesen, also zwei Kinder hocken auf mir, während ich mich durch Wimmelbücher, Liederbücher und ein Buch über Busfahrer arbeite. Ich werde schon ganz müde, die Kinder lassen sich erst nach und nach etwas anmerken und werden dann in Schichten bettfertig gemacht. Das große Kind verabschiedet sich als erstes und wird von Mama ins Bett gebracht. Das kleine Kind macht noch Mittagsschlaf in der Kita und braucht noch einen Moment mit Papa auf der Couch. Um 20 Uhr ist dann Schichtwechsel bei den Eltern (das große Kind ist auch noch wach), ich verabschiede mich auch vom kleinen Kind und mache mich auf den Heimweg, sonst wird das nix mit der Nachtruhe.

Gegen 21 Uhr sitze ich auf meiner Couch, esse Wassermelone, telefoniere mit dem Liebsten und dem Brüderchen, schicke mir mit der Freundin Bilder hin und her und schon halb 11 liege ich selbst völlig kaputt in der Falle. Ein schöner Tag!