11.01.2023 – Drinnentag

Ich erwache kurz vor dem Weckerklingeln von ungewohnten Geräuschen, kann diese aber nicht wirklich lokalisieren. Dann also erstmal normale entspannte Morgenroutine im Bett. Ursprünglich wollte ich wieder erst gegen 10 am Schreibtisch sitzen, dann geht es aber schon deutlich früher heiß her im Teamchat (die Kollegin, die gestern von halb 9 bis 23 Uhr aktiv war, schreibt heute Morgen vor 8 das erste Mal wieder) und das macht dann irgendwie, dass ich doch freiwillig früher aufstehe und – nur mit einem Hoodie über dem Schlafanzug – halb 10 am Schreibtisch bin, mit Müsli, Mate und Pfefferminztee, mit einer Decke über den Beinen und einer satten Katze darauf.

Meetingmäßig ist es heute vergleichsweise ruhig, so dass ich größere Zeiträume lang einfach an Aufgaben sitze. Das viele Denken gestern hat sich gelohnt, heute bringe ich sinnvoll Sachen aufs virtuelle Papier. Auf einmal fühle ich mich gar nicht mehr so gestresst. 11:30 dann ein Meeting mit London, 12 Uhr mit Florenz, 12:30 mit Nordengland. Das letzte ist mit meiner Chefin und wir besprechen meine Prioritäten für das erste Quartal. Bis 14 Uhr sitze ich dann noch daran, das korrekt zu verschriftlichen, dann mache ich Mittagspause. Es gibt Gemüseeintopf von gestern auf der Couch, dann Handyspiel und zur Beschallung den „Jüdisch in der DDR-Podcast“ von Marion und Lena Brasch. Ich schaffe die erste Folge nicht ganz, da ist schon wieder die Stunde rum, aber ich bin intrigued und freue mich auf den Rest.

Am Nachmittag arbeite ich weiter an meinen verschiedenen Projekten und übersetze außerdem eine Präsentation ins Deutsche. Dann ist um 16 Uhr ein globales Meeting, bei dem ich aber nur zuhören muss, und direkt im Anschluss ein kurzes mit Berlin, Florenz und Chicago, um ein technisches Problem zu klären. Danach weiter Dinge abarbeiten bis gegen 18 Uhr – die Diskussionen im Teamchat ziehen sich danach noch eine Weile weiter. Das ist wirklich kein 9-to-5-Job hier…

Der offizielle Feierabend beginnt mit dem Ab- und Aufräumen meiner Weihnachtsgeschenke. Ich verabschiede den Mitbewohner zur Bandprobe, telefoniere mit dem Liebsten, mache Italienisch, telefoniere mit dem Bruder und bestelle eine Kiste Crowdfarming-Avocados zum Teilen, mache mir den Rest Gemüseeintopf warm und dazu eine Sanddornschorle, organisiere mir eine Lebensmittellieferung für anstehende Feierlichkeiten, lese den Wahlzettel für die anstehende Wiederholungswahl durch und recherchiere den Kandidat*innen hinterher…Und der Großteil des Abends besteht dann im Lesen von Rachel Roddys „An A-Z of Pasta“. Stand ewig als „Muss ich haben“ auf meiner Wunschliste, aber niemand hat es mir gekauft, also habe ich neulich dann endlich mal selbst zugeschlagen.

Ich lese bis nach 23 Uhr und schaffe ungefähr die Hälfte, dabei läuft mir ständig das Wasser im Munde zusammen und natürlich werden auch lauter Erinnerungen hochgespült, etwa als Rachel über Cappellacci in Ferrara schreibt und ich daran denke, dass wir damals auf eine Empfehlung von ihr hin in dieser einen Trattoria waren und sofort habe ich wieder das spezielle Brot vor Augen und den Lambrusco auf der Zunge. Oder wie ich mit Rachel über den Markt in Testaccio gelaufen bin und sie mir eine Probierportion Amatriciana in die Hand gedrückt hat. An dem Tag hat sie mir von dem Buch erzählt, an dem sie gerade arbeitet. Titel damals: „Fifty Shapes of Pasta“. Schade, dass der Verlag sich unentschieden hat. Und ich will wieder nach Italien! Und mehr Pasta essen! Und mit Rachel und Fabrizia und Luisa und den anderen in Case Vecchie in der Küche sitzen und über Essen philosophieren. Hach. Kauft/Lest dieses Buch!