Echt kalt ist es jetzt ja schon ein paar Tage, aber heute liegt draußen Schnee und so ist der kurze Herbst ab heute für mich gegessen, auch wenn es noch zwei Tage bis zum meteorologischen Winterbeginn sind – den kalendarischen kann ich in dem Fall sowieso nicht ernstnehmen. Winter also.

Ich hole die Liegestühle und Getränkekästen vom Balkon. Und ich mache einen Bürotag, weil ich nach den Nachrichten gestern bei und mit Menschen sein will, die ähnlich fühlen. Statt der Weg-Mate gibt es heißen Weg-Pfefferminztee und Mütze, Schal und Handschuhe.
Im Büro ist Müsli-Tag, das hatte ich vergessen, dass das dienstags ist. Also lasse ich mein mitgebrachtes Müsli samt Obst für morgen stehen, bediene mich am Cerealien-Büffet und ergänze mit Blaubeeren, Physalis, weißen und roten Trauben. Dazu gibt es doppelten Espresso mit Hafermilch. Im alltäglichen Konsum bin ich in den letzten Wochen fast komplett auf Hafermilch umgestiegen und es fehlt nix. Um 10 ein erstes Meeting mit Paris, danach habe ich ein wenig Luft, löffle mein Müsli und unterhalte mich mit einem Kollegen – nach herzlicher Umarmung vor allem über berufliche Sachthemen. Danach ist wieder Meeting – zwei sind aus Lichtenberg bzw. Ostfriesland zugeschaltet, wir anderen sitzen plus Hund im Büro.

Nach dem Meeting noch schnell Telefonkonferenz mit Ostfriesland und Nürnberg zur Abstimmung einer E-Mail und dann geht das normale Arbeiten heute los. In der Mittagspause gehe ich nach draußen – inzwischen scheint die Sonne am blauen Himmel, sowas muss man nutzen – und hole mir auf dem inzwischen eröffneten Weihnachtsmarkt eine warme Breze mit Leberkäse und süßem Senf – nicht sehr weihnachtlich, aber genau das Richtige für heute.

Zurück am Schreibtisch aktualisiere ich etwas im Intranet, bereite Talking Points für zwei Abteilungsleiter vor und beginne mit dem Erstellen einer Präsentation. Dazwischen immer wieder Gespräche mit Kolleg*innen vor Ort über den verstorbenen Kollegen und wie schnell das jetzt alles ging. Ein weiteres Meeting mit Paris habe ich dann auch noch und dann lichten sich langsam die Reihen im Büro. Ich telefoniere zum ersten Mal heute mit dem Liebsten (morgens war keine Zeit) und dann breche ich auf zum Yoga.
Unterwegs höre ich eine Folge unseres internen Podcasts, den wir im Sommer 2020 aufgenommen haben. Der am Sonntag verstorbene Kollege spricht darin mit zwei anderen über sein Erleben von Kurzarbeit, Lockdown und Homeofficepflicht. Es ist traurigschön, seine Stimme zu hören, aber nach einer Weile beschäftigt mich der Inhalt mehr. Wie optimistisch wir damals waren, dass das Schlimmste überstanden ist, dass wir als Firma in Deutschland gut durch die Krise kommen, dass ja gar nicht klar ist, ob es eine zweite Welle geben würde. Drei Jahre später sind wir aus Gründen nur noch ein Sechstel der Mitarbeiter*innen hier am Standort. Was für ein Zeitdokument!
Das Yoga ist schön aber heute wahnsinnig anstrengend. Abschalten schaffe ich auch so gar nicht. Trotzdem tut es gut. Auf dem Heimweg telefoniere ich wieder mit dem Liebsten. Zuhause angekommen mache ich mir Suppe warm und setze mich damit und mit einem Erdbeerradler auf die Couch. Nach dem Essen lege ich mich in die Badewanne und höre erstmals in diesem Jahr meine Weihnachtsplaylist. Dann geht es ins Bett – heute mit Buchlesen, wie schön.