Schon wieder gut geschlafen, wie kommt das nur – vielleicht liegt’s doch am Herbst und dem aufziehenden Winterschlaf-Feeling? Jedenfalls erholt aber immer noch müde in den Tag gestartet und dann mit Schokomüsli, Apfel und weißem Tee mit Kirschsaft an den Schreibtisch gesetzt. Nach drei verpassten Arbeitstagen und einem Wochenende habe ich etwa 130 E-Mail-Loops durchzugehen und in „aha“, „aha, merken“, „aha, tun“ oder „weg damit“ einzusortieren. Das dauert knapp bis zum ersten Meeting, mit Dortmund, aus dem sich weitere „tun“s und ein bis zwei „aha“s ergeben. Kurz vor dem Meeting steht übrigens der Mitbewohner auf und macht sich und mir Kaffee. Guter Mitbewohner!
Der restliche Vormittag besteht aus dem Abarbeiten von „tun“s, dann breche ich früh in die Mittagspause auf, ich hatte mir nämlich am Wochenende spontan einen Doppel-Impftermin (Grippe und neuster Covid-Wirkstoff) ergooglet und geklickt, witzigerweise in der Apotheke direkt neben meiner Hausarztpraxis. Es ist echt kalt da draußen. Nachdem seit gestern die Heizung läuft – nur zu gewissen Zeiten und mit moderaten Temperaturen – ziehe ich heute erstmals meinen Wintermantel an. In dem schwitze ich dann doch noch ein wenig, aber immerhin friere ich nicht.
Die Impferin der Apotheke kommt aus ungefähr meiner „Heimat“, das erkenne ich sofort am Dialekt und spreche sie darauf an. Die entstandene Verbundenheit trägt vielleicht dazu bei, dass sie die Anzahl der bestehenden Klebchen in meinem Impfausweis ignoriert und nicht nachfragt, ob und wie ich denn in die Empfehlung der STIKO falle. Mal sehen, ob sich die Krankenkasse noch irgendwann meldet und einen Nachweis oder Geld haben will. Meine persönliche Rechtfertigung ist, dass ich mich zweimal angesteckt habe, wenn niemand sonst sich angesteckt hat, und zweimal richtig krank war und lange noch Nachwirkungen hatte. Damit das möglichst nicht wieder passiert oder nicht wieder so heftig, nehme ich gerne das Upgrade fürs Immunsystem mit. Und Grippe sowieso, seit ich das einmal hatte und sechs Wochen flachlag.
Ich bin genau rechtzeitig zum nächsten Meeting wieder am Schreibtisch (Dortmund und Ostfriesland). Das geht dann fließend über in eins mit externen Menschen. Danach habe ich Zeit, mir Stullen zu schmieren – eine mit Frischkäse und Kresse und eine mit Butter und Sardellenpaste. Dazu gibt es eine Handvoll Minikiwis, die ich natürlich auch direkt nochmal googeln muss. Der botanische Name lautet „Scharfzähniger Strahlengriffel“ und jetzt tun sie mir ein bisschen leid.
Dann direkt ineinander übergehend Meeting mit Paris, Meeting mit Dortmund, Berlin, Hamburg und Valencia und Meeting mit Paris, Chicago und Südengland. Hinterher noch kurz Dinge erledigen und schon ist es 18 Uhr und Feierabend. Ich siebe die Katzenklos durch und setze mich einen Moment auf die Couch. Dann klingelt es auch schon und mein Bruder ist da. Wir verbringen gute anderthalb Stunden damit, uns um Papierkram zu kümmern, während der Mitbewohner mit zwei Freunden sein neues Hochbett reinbringt und aufbaut.
Kurz vor 20 Uhr bricht mein Bruder auf und ich lege mich kurz hin. Gegen halb 9 sind die drei Abbruzzesen fertig und beginnen mit der Zubereitung des Abendbrots. Es gibt zwei Sorten Salsiccia frisch aus der Heimat, eine „rohe“, die auf Bruschetta geschmiert und kurz im Ofen erhitzt wird, und eine halbgereifte, die gemeinsam mit Kartoffeln im Ofen gebacken wird. Ich mache einen Salat dazu und während des Kochens und Essens unterhalten wir uns auf Deutsch, Italienisch und Englisch. Die drei kommen alle aus der gleichen Provinz in den Abbruzzen, haben sich aber erst jeweils über gemeinsame Freunde hier in Berlin kennengelernt. Von Haus aus sind sie Grafiker, Krankenpfleger und Industriekletterer und alle haben sie interessante Sachen zu erzählen.

Gegen 22 Uhr verabschieden sich die beiden Freunde, wir räumen noch die Küche auf und ich erkläre dem Mitbewohner, wie der Geschirrspüler einzustellen ist, damit alles richtig funktioniert. Dann lege ich mich nochmal für eine halbe Stunde in die Badewanne, telefoniere zum vierten Mal heute mit dem Liebsten und liege dann kurz nach 23 Uhr auf dem nichtschmerzenden Arm im Bett.