30.09.2023 – Zwischen Mitbewohnern

Heute ist dann also der große Tag, Tag X mag ich dank Elon Musk nicht mehr schreiben. Heute zieht der eine Mitbewohner aus und der andere zieht ein. Der Plan sagt, dass der Noch-Mitbewohner morgens „so früh wie möglich“ geht und den Großteil seiner Sachen mitnimmt, ein kleiner Teil soll noch im Wohnzimmer bleiben. Man muss dazu sagen, dass der Noch-Mitbewohner keinen in Deutschland gültigen Führerschein besitzt und nur einer seiner Freunde einen solchen hat und damit berechtigt ist, ein Umzugsauto zu mieten und zu fahren. Dieser Freund zieht gerade selbst um – mit Frau und zwei Kindern – und nahm gestern zum zweiten Mal Zeug vom Noch-Mitbewohner mit. (Sie ziehen in die gleiche Kleinstadt im Speckgürtel Berlins, die nach den Erzählungen anscheinend gerade zum Little Karachi Brandenburgs wird.) Jedenfalls sind Platz und Gelegenheit begrenzt, weswegen ja gestern Abend auch nicht alles mitkam.

Der neue Mitbewohner hat hingegen angekündigt, gegen 12 Uhr samt Besitztümern und zwei Freunden, die beim Tragen helfen, hier aufzuschlagen. In meinem Kopf ist also der Noch-Mitbewohner irgendwann gegen 8 morgens weg, ich habe seine Schlüssel, kann das leere Zimmer ordentlich durchlüften und schon mal mit dem vielen Entrümpeln anfangen, das ich für dieses Wochenende aus Anlass von Aus- und Einzug geplant habe. In der Realität rührt sich den ganzen Morgen über nichts im Zimmer des Noch-Mitbewohners. Ich selbst werde ab 10 Uhr unruhig, stehe auf, mache laute Musik an und fange an, laut die Küche umzuräumen. Bei der Gelegenheit finde ich noch eine ganze Menge Sachen, die dem Noch-Mitbewohner gehören und stelle sie für ihn zurecht.

Gegen 11 setze ich mich zum Frühstücken ins Wohnzimmer, da kommt der Noch-Mitbewohner verschlafen aus seinem Zimmer und beginnt, sich für den Tag fertig zu machen und seine Übernachtungssachen wegzupacken. Ich schreibe verstohlen dem neuen Mitbewohner und frage, ob es bei ihm bei 12 Uhr bleibt. Er sagt, irgendwann zwischen 12 und 12:30 Uhr seien sie da, ich sage ihm, dass er sich nicht hetzten soll. Zwanzig vor 12 borgt der Mitbewohner sich Werkzeug von mir und geht hinunter in den Keller, um sein Fahrrad flott zu machen, das er heute auch mitnehmen will. Ich reiße das Fenster in seinem Ex-Zimmer auf und werde ihn dann über eine Stunde lang nicht mehr sehen.

Der neue Mitbewohner und seine Freunde hingegen klingeln zwanzig nach 12 und fangen dann an, seine Besitztümer nach oben zu tragen. Das dauert etwa eine halbe Stunde, dann müssen Sachen nach unten in den Keller, wo vom jetzt Ex-Mitbewohner und seinem Fahrrad jede Spur fehlt. Und nun? Wir setzen uns erstmal zu viert auf dem Balkon, trinken etwas und unterhalten uns in deutsch-italienisch-englischem Sprachgemisch. Der neue Mitbewohner plant, heute nochmal in seiner alten Wohnung zu nächtigen und sich erst ab morgen Nachmittag dem Auspacken und Einrichten zu widmen. Ich würde ihm ja gerne seinen neuen Schlüssel geben, aber er ist da ganz entspannt.

Dann geht irgendwann die Tür auf und der Ex-Mitbewohner steht mit einem Freund in der Wohnung. Es gab Probleme mit dem Fahrrad, er hat damit erstmal einen Fahrradladen aufgesucht, Ersatzteile gekauft und es dann selbst repariert. Nun ja. Bescheid sagen wäre super gewesen, aber ich nehme was ich kriege. Die beiden nehmen den Großteil der Sachen mit, so dass im Wohnzimmer nur noch ein Ventilator, eine Kiste und die beiden Mangopflanzen stehen, für die ich für die nächsten Wochen die Pflegschaft übernommen habe, bis die neue Wohnung soweit eingerichtet ist, dass er sich um Pflanzen kümmern kann. (Ich werfe einen Blick in das Zimmer des Neu-Mitbewohners, in dem diverse Pflanzen stehen.)

Dann ist Schlüsselübergabe und wenige Minuten später bin ich mit den Katzen alleine in der Wohnung. Geschafft. Ich lege mich erstmal kurz aufs Sofa und ruhe mich aus, während Noosa und Nimbin die Besitztümer des neuen Mitbewohners und sein Zimmer im allgemeinen erkunden, in das sie die letzten zweieinhalb Jahre fast nie hineindurften, weil der Ex-Mitbewohner eine Katzenallergie entwickelt hatte.

Sobald ich wieder etwas Energie habe, mache ich mit meinem Umräumen- und Entrümpeln-Projekt weiter. Ich nehme mir das Tiefkühlfach und den Kühlschrank vor und entsorge lebensmittelhygienetechnische Gruseligkeiten, die mich teilweise schon seit Jahren genervt haben (Ich muss dringend weniger konfliktscheu werden). Ich bringe einen vollen Müllsack (inkl. der alten Mülleimer für Biomüll und Restmüll, für die ich im Laufe der Woche Ersatz besorgt hatte), einen riesigen Karton voller Papiermüll und eine versiffte Matratze zum Müll (drei mal Gehen), räume die Spülmaschine aus, hänge Wäsche auf, bringe Altglas und Pfandglas weg und habe dann erstmal genug geackert. Zum späten Mittagessen gibt es aufgewärmte Trüffel-Pizzarollen und einen Brownie, dann schlafe ich ein bisschen.

Am späten Nachmittag breche ich auf und fahre mit Tram und U-Bahn zur Wohnung meiner Eltern, um nach der Post und den Pflanzen zu gucken. Danach geht es zurück in den Prenzlauer Berg, wo ich mich mit einer Freundin in einem indischen Restaurant treffe. Es gibt Mango-Bier, Papadams, Samosas und Aubergine mit Paneer und Erbsen für mich. Hinterher laufen wir noch ein wenig durch den Kiez. Dann mache ich das Post-und-Pflanzen-Spiel nochmal in der Wohnung meines Bruders und nehme auf dem Heimweg zwei der Stühle mit, die der Liebste und ich neulich zur Geburtstagsparty mitgebracht hatten. Damit stiefle ich nach Hause, wo ich mich mit einem Glas Federweißen und den Katzen aufs Sofa lege und noch zwei Folgen „Mad Men“ schaue, bevor ich gegen 23 Uhr ins Bett falle.

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