30.10.2023 – Back in Berlin

Sanftes Aufwachen mit ganz langsam aus dem Traum in die Realität finden und dann auf die Uhr schauen und feststellen, dass der Wecker bald klingelt – der Montag fängt erstaunlich gut an. Ich mache mir zum Frühstück Toast mit Marmelade (Pflaume) und Mandelcreme und setze mich an den Schreibtisch. 160 E-Mail-Loops plus diverse Benachrichtigungen aus dem Projektmanagementtool plus Chatnachrichten erwarten mich. Ich muss mich daran erinnern, dass ich auf die meisten E-Mails schon einen halben Blick geworfen habe und nichts gravierend Schlimmes dabei war. Und dass diese Woche nicht allzu viele Meetings anstehen und ich also vermutlich genügend Zeit für alles haben werde und alles viel weniger stressig wird, als ich jetzt denke. Dann geht es, ich atme tief durch und fange an.

Kurz vor dem ersten Meeting halb 11 bin ich mit dem Lesen und Sortieren durch und habe sogar schon etwas beantwortet. Dann ein kurzer Catch-up mit Dortmund, keine großen Dramen. Danach habe ich Zeit, mich in Ruhe an die Aufgaben zu machen, die anstehen, ausführlich mit einem Kollegen zu telefonieren und einen kurzen Schnack mit dem Mitbewohner zu halten, den ich gestern Abend nicht mehr gesehen hatte. In der Mittagspause gehe ich raus – Tageslicht tanken und Lebensmittelvorräte aufstocken.

Während meiner Abwesenheit hat auch in Berlin der Goldene Oktober Einzug gehalten

Ich komme gerade mit Äpfeln, Kakis, Gurke, Brot, Käse und Hafermilch beladen – die Kühllager werden weiter bestreikt und heute war auch die Bio-H-Milch alle, aber ich wollte ja eh mal auf pflanzlich umstellen – zurück in die Wohnung, als der Kollege in Ostfriesland fragt, ob wir unser Meeting spontan früher machen können. Ich kürze also meine Mittagspause radikal ab und verschiebe Stullen schmieren und essen auf nach dem Meeting. Am Nachmittag weiter geruhsames Abarbeiten (es sind viele kleine Dinge, also nicht ganz so geruhsam als wenn es nur ein großes Projekt wäre, aber ich komme voran), bis zu einem globalen Meeting. Kurz danach dann unser Team-Meeting, bei dem wir dann gnadenlos 20 Minuten überziehen, weil es schon wieder so viel zu besprechen gibt.

Deshalb muss ich dem Ex-Mitbewohner, als er Punkt 18 Uhr klingelt, um seine Post abzuholen, auch kurz schreiben, dass er sich noch gedulden soll – ich hänge mit Kopfhörerkabeln und Kamera am Laptop und wenn ich jetzt erklären muss, dass ich kurz an die Tür muss, zieht sich das Meeting noch länger und dafür habe ich keine Zeit. Um 18:05 verabschieden wir uns in die Woche und ich lasse den Ex-Mitbewohner rein. Er öffnet seine Post noch in der Wohnung, damit ich ggf. mit Übersetzungen helfen kann, dann reden wir kurz ein bisschen, er streichelt Nimbin (Noosa ist seit dem Klingeln unterm Bett verschwunden) und bricht nach 10 Minuten wieder auf. Zum Glück, denn jetzt habe ich nur noch genau 45 Minuten um das Katzenklo durchzusieben, das Bett neu zu beziehen, die Wohnung durchzusaugen und mich umzuziehen.

Um Punkt 19 Uhr verlasse ich das Haus und fahre mit Tram und Tram nach Friedrichshain, in die neue Wohnung von meinem Bruder. Dort warten schon der Liebste, mein Bruder, seine Freundin und der Bootsbauer-Cousin auf mich. Es gibt eine kurze Tour durch die Wohnung – noch ist alles im Werden, aber man kann sich inzwischen ein Bild machen, wie es aussieht, wenn alles da ist und ausgepackt ist und außerdem gibt es inzwischen eine Küche, mit schicker, professionell vom Cousin zugeschnittener und angebrachter Arbeitsplatte. Dann brechen wir auf und gehen gemeinsam „russisch“ essen. Eher sowjetisch, denn auf der Karte stehen auch ukrainische, georgische und aschkenasische Gerichte.

Salzgurke, gebratene Wareniki, Forellenmousse, Lachstartar, Rote-Bete-Aufstrich, Mors
Chicken Kiev – nach dem Aufschneiden lief die leckere Dillbutter raus – mit Kartoffelbrei und Salzgurke
Quarkpfannkuchen mit Waldbeeren
Ein Vodka aufs Haus

Wir essen und erzählen und lachen viel und dann ist es schon ganz schön spät. Gegen halb 11 verlassen wir das Lokal und verabschieden uns. Der Liebste und ich fahren mit Tram und S-Bahn zu mir und sitzen dann noch mit einer Limo auf dem Balkon, bis seine Allergietablette wirkt. Es sind immer noch 12 Grad – mehr als auf Hiddensee in den letzten Tagen tagsüber. Kurz vor Mitternacht liegen wir dann im Bett, samt Katzen natürlich, aber die Tablette tut ihren Job.

29.10.2023 – Zum Ende endlich Wetter

Ich wache früh auf, laut Handy ist es kurz vor 7, aber zum Glück hat das ja über Nacht die Uhr umgestellt und ich habe doch insgesamt fast acht Stunden geschlafen. Da ich heute bis 10 Uhr auschecken muss, hatte ich mir den Wecker auf 8 gestellt und brauche ihn nun nicht. Ich lese das Internet leer – gleich als zweites, dass Matthew Perry tot ist. Ich warte, bis der Liebste das erste Lebenszeichen von sich gibt, dann rufe ich ihn direkt an. Er hat es auch gerade gelesen und wir sind zusammen traurig. Wir telefonieren dann bis kurz nach halb 9, dann stehe ich auf, dusche, ziehe mich an und packe meine Sachen. Alles passt wieder in den Rucksack rein – sogar etwas besser als auf der Hinfahrt, weil ich einen der voluminösen Wollpullover anhabe – die Souvenirs kommen in einen Extrabeutel. Als ich zum Frühstück runtergehe, nehme ich das Gepäck direkt mit und stelle es wie verabredet in den Flur. So kann mein Zimmer schon während ich esse für die nächste Belegung fertig gemacht werden (die Betreiberinnen sind nur vormittags hier).

Zum Frühstück nochmal das Gleiche wie an allen anderen Tagen – Käsebrot, Marmeladenbrötchen, Müsli mit Sanddornquark, Eier, Tee, Saft. Nebenan sitzt heute eine große Runde und unterhält sich, erst über angenehme Todesarten und welche man für einen Suizid nutzen würde (Ertrinken wohl besser als Erfrieren), dann über die Insel und über zukünftig geplante Reisen (Segelkreuzfahrt auf der Ostsee? Yes, please! Eine Gästin macht die anlässlich ihres 60. nächstes Jahr mit ihrer Tochter, die sich geweigert hätte, zu fliegen oder eine reguläre Kreuzfahrt zu machen. Es gibt noch Hoffnung!)

Draußen regnet es aktuell noch in Strömen, deshalb lasse ich mir Zeit mit dem Essen und vor allem mit dem Austrinken. Wordle kostet mich heute etwas Zeit, bei Connections schaffe ich nur zwei Gruppen… Ich bezahle meine „Schulden“ bei der Gastgeberin – für Sanddorngelee, Rosengelee, Wildschweinleberpastete und die Flasche Wasser vom Anreisetag. Dann ist der Frühstücksraum leer und ich rufe meinen Cousin an, der sich gestern Abend gemeldet hatte und jetzt auch auf der Insel ist – aber am anderen Ende. Wir verabreden uns für ein Treffen in der Mitte. Als der Regen nachlässt, laufe ich los.

Über den Deich laufe ich nach Vitte, an Schafen und überfluteten Wiesen voller Kanadagänse, Enten und Kormorane vorbei. Das dauert eine knappe Dreiviertelstunde, dann sitze ich im Hipstercafé von neulich und genehmige mir einen weiteren heißen Sanddornsaft. Kurz darauf treffen auch mein Cousin und seine Freundin ein, die mit dem Fahrrad aus Neuendorf gekommen sind. Zuletzt sahen wir uns ja gerade erst vor zwei Wochen im Bahnhof in der Wasserstadt, von daher gibt es wenig Neuigkeiten zu erzählen und wir reden viel über Wohnsituationen in Berlin, Rostock und auf Hiddensee und über das Cousins- und Cousinentreffen, das unsere Väter mit ihrer Schwester und ihrem Cousin gerade in Kanada abhalten. Wir bekommen regelmäßig Fotos und meine Tante bloggt auch (passwortgeschützt) darüber.

Als „zweiten Gang“ gibt es für alle noch einen Tee, dann lockt uns die Sonne nach draußen. Zum ersten Mal, seit ich angekommen bin, gibt es eitel Sonnenschein auf Hiddensee – ausgerechnet am Abreisetag. Ich entscheide mich, den Besuch im Gerhart-Hauptmann-Museum sausen zu lassen (Ich komme ja jetzt hoffentlich wieder öfter her.) und wir spazieren gemütlich am Strand entlang Richtung Norden.

Etwa auf der Hälfte der Strecke verabschieden sich die beiden und kehren zurück zu ihren Fahrrädern. Ich laufe weiter nach Kloster und bin gegen 14 Uhr zurück in der Pension. Mit Gepäck geht es dann hinunter zum Hafen, wo ich bis zur Abfahrt der Fähre auf einer Bank in der Sonne sitze und den Blogeintrag über gestern fertigstelle.

Als wir abgelegt haben, gehe ich nochmal eine Weile oben an Deck und nehme Abschied von der Insel. Dann hole ich mir drinnen ein Matjesbrötchen, ein Stück Apfelkuchen und einen letzten heißen Sanddornsaft und esse Mittag/Vesper/Abendbrot in einem.

Etwa zweieinhalb Stunden dauert die Überfahrt über ruhige See, inklusive diesmal wunderschönem Sonnenuntergang.

Als wir in Stralsund anlegen, werden die Häuser noch vom letzten Nachglühen erhellt, dann ist Schluss mit Licht für heute. Im Dunkeln laufe ich einmal quer durch die Altstadt zum Bahnhof und brauche trotz des Gepäcks dafür nur genau die 27 Minuten, die Google Maps dafür veranschlagt. So habe ich noch kurz Zeit, bevor der Zug abfährt und kaufe mir am Automaten am Bahnsteig eine Tafel Salted-Caramel-Schokolade für den Fall, dass ich doch nochmal Hunger bekomme. Um 18:04 fährt der Zug pünktlich ab. Jetzt krame ich meine Kopfhörer raus – zum ersten Mal seit Mittwoch – und kümmere mich endlich um Duolingo und Babbel. Danach hole ich mein Buch raus.

In Neustrelitz heißt es dann nochmal Umsteigen. Ich winke innerlich kurz der Immergut-Stadt zu – spätestens in sieben Monaten sehen wir uns wieder! Dann noch eine gute Stunde weiter bis Berlin, fleißig lesend. Halb 10 schließe ich die Wohnungstür auf – wieder über 12 km gelaufen heute. Ich begrüße die Katzen, informiere den Ex-Mitbewohner über eingetroffene Post, telefoniere mit dem Liebsten, packe mein Gepäck aus und liege um 10 mit Buch und Schokolade in der Badewanne. Um 22:40 liege ich im Bett – eine Katze links, eine Katze rechts, das Buch vor der Nase – und um 23:30 mache ich das Licht aus. Urlaub vorbei.

28.10.2023 – Weiter akklimatisieren

Ich erwache wieder gegen 8 und habe einen gemütlichen Morgen im Bett. Gegen 9 ruft der Liebste an und wir telefonieren ein halbes Stündchen. Dann werde ich langsam unruhig und ziehe mich doch an und gehe frühstücken. Im Frühstücksraum gibt es wieder Gespräche, gleich drei andere Gäst*innen sind anwesend, plus zwei Gastgeberinnen. Über das Wetter wird gesprochen, das sei jetzt genug Regen gewesen, sagen die Gastgeberinnen. Über den Ostseeradweg auch. Und der Gast aus dem Westen sagt, er hätte schon gerne auch mal in der DDR gelebt, um mitreden zu können. Daraus entspinnt sich ein Gespräch darüber, was besser und was schlechter war und was die Wende brachte.

Nach dem Essen lege ich mich nochmal aufs Bett, blogge und spiele auf dem Handy, dann ist es plötzlich schon 12. Höchste Zeit, ins Draußen zu gehen. Der angekündigte Regen für heute ist zum Glück nicht eingetroffen. Ich lenke meine Schritte zuerst zu der Ferienwohnung von damals (gestern Abend war es zu dunkel) und ja, ein bisschen erinnere ich mich. Vor allem an die grüne Farbe, die gab es damals auch schon. Leider ist der Hof, wo damals das Plumpsklo war, nicht richtig einsehbar.

Ich laufe weiter zur Kirche und gehe ausnahmsweise mal hinein. Ich habe in meiner Kindheit in den Urlauben so viele Kirchen besichtigt, dass ich heute meistens draußen bleibe. Diese aber interessiert mich und ja, auch die kommt mir vertraut vor. Da waren wir bestimmt auch mal drin, nur zum Angucken oder vielleicht zu einem Konzert/Vortrag? Finden hier nämlich auch statt, heutzutage zumindest.

Draußen auf dem Friedhof gucke ich dann nach dem für mich prominenten Gräbern – Gret Palucca (Ich lege auch einen Kiesel auf den Stein, wohl der Nachrichtenlage wegen.), Gerhart Hauptmann, Sabine Hirschberg. Letztere war laut Informationstafel Mitglied der Weißen Rose. Habe also die lokale Antifa besucht (der Liebste schickt mir in Reaktion ein ✊) und lese später nach, dass sie zwar kein bekanntes Mitglied war, aber wohl durchaus auch Flugblätter verteilt hat und ihre Großeltern hier ein Sommerhaus hatten.

Weiter geht es dann zum Heimatmuseum, mit einer bunten Mischung aus Inselgeschichte und Informationen zu Pflanzen, Tieren und Fossilien, die man hier sehen kann. Hätte ich es mir gemerkt, wüsste ich jetzt, wie welche der Muscheln heißt, auf die man hier am Strand ständig tritt. Die kleinen schwarzen sind wirklich Miesmuscheln, wenn auch deutlich kleiner als die, die man im Restaurant zu essen bekommt, dann noch Herzmuscheln, und… vergessen. Auch was sich gerade so am Wegesrand befindet steht frisch geschnitten in Vasen und mit Beschriftung herum. Nächstes Mal zuerst ins Museum und dann in die Natur! Außerdem gelernt, dass Mascha Kaléko auch eine häufige Hiddensee-Gästin war, das wusste ich noch nicht. Auch über den Antisemitismus hier im Dritten Reich und lange davor, schon 1922 warb Vitte mit „Kein Luxusbad, judenfrei“. Gruselig, auch vor der aktuellen Nachrichtenlage wieder.

Dann über die DDR-Zeit und die FDGB-Urlauber*innenzuteilung. Gastgeber*innen hatten zwei „Besuchsscheine“, die sie privat vergeben durften, der Rest war staatlich gelenkt. Das heißt wohl, dass meine Familie über Beziehungen das Glück hatte, hier unterzukommen, als Besucher*innen. Da mal nachfragen. Außerdem noch ein Zitat aus der Ausstellung, man bezog sich auf die Zeit nach der Wende: „Die Insel blieb von der Verstädterung durch Hotelneubauten, Vergnügungslokale und durchgängig gepflasterte Wege verschont“. Darauf einen Sanddornlikör.

Apropos, den nehme ich mir heute an einer Kasse des Vertrauens mit – in der Variante mit Vanille und nur in Flachmanngröße, aber immerhin den größten der Flachmänner (sie kosten alle gleich viel, sind aber zumindest optisch unterschiedlich groß). Dann laufe ich nochmal ins Hochland, diesmal auf anderen Wegen, und sehe schon ein bisschen mehr Herbstfärbung als am Donnerstag. Ende Oktober darf es dann auch mal langsam bunt werden.

Der „Große Inselblick“ heißt nicht umsonst so – links Bodden und dahinter Rügen, rechts Ostsee, in der Mitte erstreckt sich das söte Länneken weit gen Süden.

Ich kehre nochmal im Klausner ein, der Apfelstrudel lockt natürlich – mit Vanilleeis, Apfelmus, Sahne und Eierlikör. Dazu – klar – wieder heißer Sanddorn. Wieder ist die Inhaberin erst extrem ruppig und später total lieb. Dass mir das als Berlinerin überhaupt auffällt, sagt wohl einiges.

Da ich die Ostsee heute bisher nur von weitem bzw. aus dem Museumsfenster gesehen habe, entscheide ich mich spontan für den Abstieg über die Klausnertreppe, das Steilküstenufer hinunter. Überall stehen Schilder, dass das auf eigene Gefahr geschieht und ja, vor 33 Jahren war die Treppe weniger kaputt und der Strand weniger voller abgebrochener Bäume und großer Steine. Hier muss man gut zu Fuß sein, es riecht nach Abenteuer. Erstmal unten angekommen sieht es dann aber sehr schön aus.

Dann soll es am Strand entlang, um die Hucke herum, zurück nach Kloster gehen. Der Weg ist etwa so wie auf dem obigen Foto und verlangt meine komplette Aufmerksamkeit – daher keine weiteren Fotos. Ich komme aber am Ende gut an und sitze dann erstmal noch gemütlich am Wasser und ruhe mich aus, bevor ich die nächste Treppe nach oben erklimme, um noch einen Blick auf die „Lietzenburg“ zu erhaschen.

Von dort geht es dann wieder hinunter ins Dorf und ich bummele noch ein bisschen. Zuerst geht es in die weitgerühmte Buchhandlung und ich bin wirklich beeindruckt vom Sortiment. Ich sehe vieles, was ich schon gelesen habe, nehme anderes in die Hand und mache Fotos, um es später auf meine Wunschliste zu packen und werde dann am Ende doch noch schwach – an dem Tisch mit den Hiddensee-Büchern. Der Stapel neben meinem Bett wird nun langsam wirklich gefährlich hoch, aber was soll ich machen? Die Hiddenseekarte mit den houses of the stars, also den Ferienunterkünften der Künstler*innen, die die Insel besuch(t)en („Künstlerkarte Hiddensee“) muss auch noch mit. Darauf lerne ich später, dass in meinem Pensionszimmer möglicherweise schon Albert Einstein geschlafen hat – im gleichen Haus auf jeden Fall.

Direkt nebenan ist noch ein Café mit einigen Souvenirs. Ich will nur mal kurz gucken, denn irgendwie möchte ich noch etwas Dauerhafteres mitnehmen als „nur“ Fressalien und Bücher. Auf den ersten Blick sehe ich nichts und bin ganz erleichtert, dass ich nicht noch mehr Geld ausgebe. Dann aber sehe ich diesen einen Hoodie, den ich mir noch genauer ansehen möchte, bevor ich wieder gehe. Blöderweise ist der dann wunderschön. Noch blödererweise ist er auch sehr teuer, aber dafür aus fair gehandelter Bio-Baumwolle. Er ist in S und ich habe kurz die Hoffnung, dass er mir nicht passt. Aber ich probiere an und doch, der sitzt auch noch. Dann muss er wohl mit. Die Verkäuferin verspricht mir, dass er lange hält und sie manchmal Kund*innen in ihren Klamotten sieht, die noch acht Jahre später wie neu aussehen. Na dann hoffen wir mal, wa?

Es ist kurz vor 17 Uhr und ich gehe meine Möglichkeiten durch. In einer idealen Welt würde ich erst im ältesten Hotel des Dorfes einen Sanddorn Spritz als Aperitif nehmen und dann in einem anderen Restaurant fürs Abendessen einkehren. Dieses hat aber heute geschlossen, weil der Koch krank ist, und das Hotel ist mit mehreren Festgesellschaften heute komplett ausgebucht. Mist. Muss ich mir den Spritz also demnächst zuhause machen. Ich laufe dann also noch zu einer weiteren Gaststätte mit ganz guten Bewertungen und werde direkt in den noch leeren Gastraum geführt. Eigentlich ist es noch ein wenig früh zum Essen, aber andererseits habe ich schon ein bisschen Appetit.

Ich bestelle mir also das mit Apfel und Sanddorn überbackene Schollenfilet und eine Sanddornschorle. Der Wirt und ich unterhalten uns über die Aufregung draußen vor dem Fenster. Dort stehen inzwischen mehr Fahrzeuge als ich dachte, dass auf der Insel existieren. Ein Polizeiauto, zwei Feuerwehren, zwei Notarztwägen und ein Rettungshubschrauber kreist auch noch. Ein 90jähriger Mann ist von seiner Tochter auf einer Bank „geparkt“ worden und war weg, als sie wieder kam. Draußen dämmert es schon langsam und danach wird es echt schwer, hier jemanden zu finden, der ziellos herumirrt. Nach und nach füllt sich der Gastraum mit Menschen – fast alle Inselbewohner, die den Wirt duzen, ihre üblichen Bestellungen bekommen und über Inseldinge reden. Und den Vorfall draußen vor dem Fenster natürlich. Irgendwann sammeln sich alle Helfer wieder und fahren ohne Hektik ab, wir gehen also davon aus, dass der Mann gefunden wurde.

Zum Nachtisch gibt es einen „Sturmbeutel“ mit Schlagsahne und Sanddorncreme. Am Nebentisch drehen sich die Gespräche inzwischen über die wilde Jugend im Osten, Vorträge über John Lennon als Friedenskämpfer und die Musik, die man damals in der Disko gehört hat, viel weniger „Ost“ als damals vorgeschrieben war. Dann beschwert sich eine der Gästinnen aber, dass die lokalen Bands heute alle auf Englisch singen würden und sie dann immer direkt weiterschalten würde. Was ist nur mit den Leuten?

Ich zahle und bin gegen 18:30 schon wieder auf meinem Zimmer. Dort lese und spiele ich bis etwa 23 Uhr auf meinem Handy, dann mache ich mich bettfertig und nehme nochmal für ein Stündchen ein Buch in die Hand, bevor ich einschlafe.

27.10.2023 – Natur und Postmoderne

Heute schlafe ich länger, bis gegen 8 im Haus das Leben losgeht. Gegen halb 10 gehe ich hinunter zum Frühstück – diesmal in Flip-Flops, und treffe dort wieder auf gesprächige Menschen. Da fährt man auf eine nur wenig bewohnte Insel um mal seine Ruhe zu haben und bekommt schon zum Frühstück Gespräche an die Backe genagelt. Schlimm. Um das auszugleichen, gehe ich dann nach dem Bloggen direkt nach draußen und spaziere eine lange Weile durch menschenleeres Gebiet.

An den Pferden vorbei geht es zum Strand und dort dann diesmal nach Süden. Ich gucke nur halbherzig nach Steinen, sehe hauptsächlich Muscheln, Meer und Möwen und atme Seeluft. Dabei telefoniere ich auch kurz mit dem Liebsten und dem Teilzeitkind, bevor sie zurück nach Berlin fahren. Dann einfach laufen, laufen, Kopf leer machen.

Auf Höhe von Vitte gibt es kurzzeitig ein paar Fetzen blauen Himmel und außerdem kreative Sandskulpturen. Ich laufe dann noch weiter bis zur Dünenheide. Dort verlasse ich den Strand und stehe plötzlich wirklich mitten im Nirgendwo, hier gibt es auch keine vereinzelten Spaziergänger mehr.

Ob man das blaue Haus mieten kann?

Ich laufe zur geografischen Mitte der Insel, da steht ein Schild und eine Bank und natürlich gibt es einen Geocache, den ich erfolgreich gebe – der erste in diesem Urlaub, nachdem ich in Berlin und Stralsund jeweils zwei nicht gefunden hatte. Dann laufe ich wieder Richtung Norden und nach Vitte hinein. Plötzlich sind da Menschen, Zivilisation und ein moderner Ostsee-Ferienort. Im Gegensatz zu Kloster sind hier soweit ich überblicken kann alle Straßen gepflastert. Es gibt einen Supermarkt, einen Geldautomat (Ich decke mich ein, damit ich die Kassen des Vertrauens füttern kann – bisher habe ich nur eine einzige mit PayPal-QR-Code gesehen), diverse Läden, Cafés und Restaurants.

Ich kehre in einem Café ein, das auch allerlei regionale Produkte verkauft und fühle mich fast in den Prenzlauer Berg zurückversetzt. Die Käse- und Wursttheke sieht aus wie in meinem Stamm-Bioladen, allerdings ist fast alles regional. Die Menschen tragen bunte Mützen und Schals und haben Bullerbü-Kinder dabei und wahrscheinlich kommen die meisten aus Großstädten. Der Sanddornsaft wird hier mit dem Milchaufschäumer der schicken Kaffeemaschine heiß gemacht. Dazu gönne ich mir eine Waldbeerentorte und eine Nussecke und die Lektüre der Firmenzeitung.

Das Café gehört mit vielen weiteren Läden und Gastronomiebetrieben zum Imperium der Familie, der die kleine Insel Öhe seit 700 Jahren gehört. Dort züchten sie Rinder und Schafe und engagieren sich als zurückgekehrte Großstädter für die lokalen Fischer, Bauern, Fleischer etc. Klingt alles sehr lobenswert, nach Slowfood und zurück zur Natur, aber ein bisschen skeptisch macht es schon auch. Zumal sie dann noch eine Zeitung über sich in Auftrag gegeben haben und die für 3 € verkaufen. Egal, mich interessiert die Thematik und ich habe sie mitgenommen. Trotzdem mal recherchieren, was es mit dem Imperium noch so auf sich hat.

Ich sitze draußen und teile mir die Kuchenkrümel mit den Spatzen der Umgebung, bis es mir zu kalt wird. Dann setze ich mich nach drinnen, trinke noch einen Tee, lese und lausche den Gesprächen an den Nachbartischen. Zwei Gästinnen tauschen sich über queere Codes in Harry Potter und Tintenherz aus, eine weiße Mama mit Dreadlocks hilft ihrem Sohn beim Postkartenschreiben… Hier ist definitiv das Hipstercafé von Hiddensee.

Gegen 16 Uhr breche ich wieder auf und spaziere noch ein wenig durch Vitte. Erst zur Blauen Scheune, die aber jetzt im Herbst für Besucher*innen geschlossen ist, dann zum Asta-Nielsen-Haus.

Dann geht es über den Deich zum Hafen von Vitte, nochmal mit dem Liebsten und dem Teilzeitkind telefonierend, die inzwischen wieder zuhause angekommen sind.

Dort kehre ich in einem weiteren Lokal des Imperiums ein, das ein konsequentes Katzenthema durchzieht – vom veganen Katzengras-Burger bis zum Katzenklo, das laut Bedienung grad frisch eingestreut ist. Ich bestelle mir einen Burger vom Öhe-Rind, der hier mit „Pommes Chips“ und Sauerrahm serviert wird – nix Ketchup – und weiche so von Fisch-Thema der letzten Tage ab. Eine große Dosis Histamin ist wohl trotzdem dabei, entweder vom Fleisch oder vom Sanddorn-Radler.

Ich esse also langsam und behutsam und trinke hinterher viel Wasser nach – so geht es einigermaßen. Zwanzig vor 6 breche ich wieder auf, denn um 18 Uhr fängt im Zeltkino die Vorstellung von „Sophia, der Tod und ich“ an. Ich dachte ja, das Kino hätte für die Saison geschlossen, aber nein, die ziehen das durch und zeigen sogar zur für mich passenden Zeit den Film, den ich schon seit Wochen sehen will. Großartig! In diesem Kino (bzw. einem der Vorgänger, das aktuelle Zelt steht wohl erst zehn Jahre), habe ich damals „Die BMX-Bande“ gesehen und womöglich noch andere Filme, vielleicht „Mio mein Mio“, „Die unendliche Geschichte“, „E.T.“?

Der Film ist zum Glück so gut wie erwartet, die etwa 20 anderen Zuschauer*innen und ich haben viel Spaß. Danach laufe ich die 2,2 km zurück in meine Pension, zwischen den beiden Dörfern ohne Straßenlaternen und teilweise ohne befestigter Straße. Pünktlich 20:15 liege ich dann auf meinem Bett, wieder mit über 14 km in den Füßen, und beschäftige mich mit meinem Handy, poste Fotos, spiele… Dann irgendwann bettfertig machen und weiter Buch lesen. Kurz nach Mitternacht schlafe ich ein.

26.10.2023 – Auf den Spuren der Vergangenheit

Ich erwache früh, schon kurz nach 7. Im Haus ist schon einiges los. Natürlich bleibe ich aber trotzdem noch lange im Bett liegen, lese im Internet, mache Sprachlerndinge, blogge… Dann gehe gegen halb 10 runter zum Frühstück und werde vorpommersch herzlich begrüßt – der einzige andere Gast im Raum nickt mir zu und die Frau von der Pension möchte erst einmal Kurtaxe – in bar und jetzt sofort. Ich gehe also nochmal hoch und habe zum Glück passendes Kleingeld. Nach dem Bezahlen guckt die Frau auf meine besockten Füße, hält einen Vortrag über Versicherungen in der Gastronomie und ich gehe also nochmal hoch und ziehe mir meine Wanderschuhe an. Dann ist sie zufrieden. Am Buffet stelle ich mir mein Frühstück zusammen – Müsli mit Sanddornquark, Kaki und Kiwi, Käsebrot, Brötchen mit hausgemachten Marmeladen – ich entscheide mich für Sanddorngelee und Rosengelee – hartgekochtes Ei, schwarzer Tee, Multivitaminsaft.

Während ich esse wird es weniger vorpommersch. Man spricht über das Wetter, ich erkundige mich nach der Sturmflut letzte Woche („Wir haben ja Deiche“), dann bekomme ich von den vielen Tieren auf der Insel erzählt. Die Wildschweine kommen schon bis ganz nach Süden, ursprünglich schwimmen die ja von Rügen rüber, Damwild auch. Und viele Kormorane gibt es im Süden, die stehen zwar unter Naturschutz, „aber die fressen schon viel Fisch weg“, die Seeotter auch und ein paar Robben gibt es auch noch. Dann geht die Frau in meinem Zimmer Zimmerservice machen und lobt mich hinterher, wie sauber es doch war. Bisschen doll familiär hier, wie im Cheshire Cat Inn.

Nach dem Essen mache ich mich schnell fertig und gehe nach draußen. Erst laufe ich wieder hinunter zum Hafen (gestern war es ja dunkel) und versuche, meine Erinnerungen von früher hervorzuholen und abzugleichen. Die Bilder aus meinem Kopf passen wenig zusammen mit der heutigen Realität, sind aber auch schon über 30 Jahre alt. Ich habe mehrere Sommerurlaube hier verbracht, beim letzten war ich 7, zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung. Auf einem der Fotos habe ich den Teddy in der Hand, den mir meine Eltern bei unserem ersten Besuch in Westberlin gekauft haben – mein Begrüßungsgeld-Teddy sozusagen.

Vor meinem geistigen Auge sehe ich den Hafen von der Gangway aus, Fahrräder, Handwägen, Pferdefuhrwerke – alles da, sieht aber anders aus – außerdem sandig-schlammige, unbefestigte Straßen (Check) und wenn es nach meiner Erinnerung von damals geht (oder der mit 4, 5, 6?) müsste es irgendwo eine Straße nach rechts ab geben, dort eine Bauernkate mit Reetdach, darin eine Ferienwohnung mit einem durch einen Vorhang abgetrennten Bereich mit Betten und hinten auf dem Hof ein Plumpsklo. Bloß ist da rechts gar keine Straße. Nun ja, der Orientierungssinn von Kindern… Vielleicht können mir ja mitlesende ältere Familienmitglieder einen Tipp hinterlassen, wo das war. 😉 (Edit: Mein Bruder hat geliefert, die Straße ging links rein, nicht rechts.) Ich laufe dann quasi vom Bodden bis zur Ostsee, einmal durch das ganze Dorf, und schaue mich um.

Hausgemachter Sanddornlikör mit Kasse des Vertrauens. Als ich später die 10-Euro-Flasche mitnehmen will, ist sie schon weg. Die 8,50 € hätte ich nicht passend. Vielleicht habe ich die Tage nochmal Glück.

Es sprühregnet im Laufe des Tages immer wieder mal, ich habe aber einen Schmuddelwetter-Wintermantel, eine Kapuze und sogar eine Mütze, komme also insgesamt ganz gut durch. Am Strand jauchzt mein Herz kurz auf ob der helltürkisen Ostsee bei diesem grauen Himmel, dann laufe ich ein Stück Richtung Norden, zur Steilküste. Anders als die anderen Spaziergänger*innen ist mein Blick nicht auf den Boden geheftet, auf der Suche nach Bernstein, Hühnergott und Donnerkeil, sondern ich schaue aufs Wasser. Das mit den Steinen mache ich bestimmt auch noch, gehört ja dazu.

Dann nehme ich eine der Treppen nach oben und laufe oben entlang, durch die herbstliche „Botanik“ mit immer wieder schönen Blicken aufs Meer, im/durch den Dornbusch bis fast zum Leuchtturm. Dabei versuche ich, alte Erinnerungen hervorzukramen – wann war ich hier, wer war noch alles da, welche Erinnerungen gehören hier auf die Insel und welche nach Warnemünde? Was sind echte Erinnerungen und was sind Fotos? Roch es in Kloster wirklich nach Kuhscheiße oder war das nur der Geruch vom Plumpsklo? Wo stand der Softeis-Automat mit dem Himbeer-Vanille-Eis, gab es den wirklich und kostete das Eis 50 Pfennig? Ich laufe die Pfade, die schon mindestens drei Generationen meiner Familie entlanggelaufen sind und überlege, wer schon alles hier war und wer noch regelmäßig herkommt. Es sind viele. Und dann fällt mir ein, dass mein Bruder hier mit meiner Tante im Urlaub war, als ich geboren wurde und evtl. gibt es die Geschichte, dass er dann dringend früher zurück nach Berlin wollte – oder hat das meine Tante dazu erfunden und sie kamen planmäßig zurück?

Als ich im Klausner einkehre, ist es kurz nach 12. Ich erinnere mich an den Außenbereich und habe einen Geschmack im Mund von DDR-Gaststätte, unbestimmt, irgendwas mit Fleisch und Rotkraut? Oder vermischt sich das mit der „Suppe“ aus Lutz Seilers „Kruso“? Ich überlege, ob mein Cousin damals in den 80ern hier mit den „Aussteigern“, „Schiffbrüchigen“, am Strand rumgehangen hat, er war damals in dem Alter. Oder meine jüngste Tante? Und welche Geschichten gibt es noch von damals? Haben die Generationen vor mir hier mit den ganzen Künstler*innen Umgang gepflegt? Hätte Lust auf einen Familienroman, über Generationen weg, erzählt entlang der Sommer auf Hiddensee.

Im Klausner gibt es Sanddorngrog, und damit der nicht gleich so zu Kopfe steigt noch Eierkuchen mit heißen Kirschen. Zu spät fällt mir ein, dass der Apfelstrudel hier die Spezialität des Hauses ist, ich glaube auch damals schon – vielleicht komme ich nochmal wieder? Auch hier wieder vorpommersch herzlicher Empfang – die Hausherrin erklärt patzig, dass die Quarkplinsen alle sind und läuft erst weiter, bevor sie meine Aufweichbestellung aufnimmt. Im zweiten Anlauf ist sie dann aber sehr freundlich.

Nach dem Grog geht es hoch zum Leuchtturm. Meine Cousine erzählte mir noch, wie neidisch sie sei, dass ich den jetzt frisch renoviert zu Gesicht bekäme, die Arbeiten dauern aber noch an. Ich schaue mich da ein wenig um, laufe dann weiter, über Stock und Stein und auf überwachsenen Pfaden.

Auf einer Lichtung spricht mich ein Wanderer an und wir unterhalten uns kurz über die Beschaffenheit der Wanderwege. Er weist mich darauf hin, dass es dort, wo ich eigentlich lang möchte, nicht lang geht – auf den Wanderkarten sind die Wege als gesperrt markiert und noch weiter hinten darf man nicht lang, weil dort Wildschutzgebiet ist. Er ist sehr nett, aber dann kommt er auf den Klimawandel zu sprechen, der „das sagen viele“ auch mit Schuld ist an der Küstenerosion, dabei „wandelt sich das Klima seit Millionen Jahren“. Er merkt wohl, dass er da bei mir auf Granit beißt und verabschiedet sich. Kurz danach nehme ich auch den Weg nach unten, Richtung Bodden.

Ich laufe die lange gepflasterte Straße vom Eingang zu Enddorn-Nationalpark über Grieben zurück nach Kloster. Auf dem Weg telefoniere ich ausgiebig mit dem Liebsten und dem Teilzeitkind, so dass mir die Zeit nicht lang wird. Zurück in Kloster gehe ich kurz in einen Laden und kaufe stilles Wasser – meine Wasserflasche passt nicht unter den Hahn im Zimmer und die Flasche Wasser in der Pension kostet das vierfache wie im Laden – und als Snack für heute Abend beim Lesen Geleebirnen in dunkler Schokolade. Eigentlich will ich nur kurz die Einkäufe auf mein Zimmer bringen und wieder los, dann fällt mir aber ein, dass ich Urlaub habe und ich heute schon ordentlich gelaufen bin und ich lege mich erstmal aufs Bett und ruhe mich aus. Etwa drei Stunden liege ich, lese, spiele, döse weg… Und dann ist es 18 Uhr und ich habe Hunger.

Ich laufe durchs dunkle Dorf zu dem Restaurant, das mir von meiner Cousine und meinem Bruder am wärmsten empfohlen wurde, und habe Glück, dass ich so früh da bin – so kann ich noch einen Tisch nutzen, der dann ab 19:30 reserviert ist.

Ich esse Fischsuppe und Dorsch mit Tagliatelle in Sanddornrahm und trinke eine Sanddornschorle. Die Desserts sprechen mich nicht so an (bis auf den Sanddornquark, aber den gibts in meiner Pension ja auf dem Frühstücksbuffet) und so liege ich schon kurz nach 19 Uhr wieder auf meinem Bett, mit über 14 km in den Füßen. Ich lese und knabbere Geleebirnen zum Nachtisch. Als der Liebste und das Teilzeitkind vom Abendessen mit den Großeltern zurück sind, telefonieren wir nochmal ausführlich, dann müssen die beiden Snooker gucken. Ich mache mich bettfertig und lese dann noch bis nach Mitternacht in meinem Buch weiter. So geht Urlaub.

25.10.2023 – Back to the Island

Heute also endlich wieder Reisen. Ich wache vor lauter Aufregung viel zu früh auf – natürlich – und höre noch Hörbuch bis kurz vor Weckerklingeln um 8. Nach Internet leer lesen und mit dem Liebsten und dem Teilzeitkind telefonieren ist es irgendwann schon Dreiviertel 9 und höchste Zeit, aufzustehen. Ich mache mich fertig für den Tag, mache mein Bett und sammle darauf alles was ich für vier Übernachtungen im Herbst an der Ostsee brauche. Bei der Überlegung Koffer oder Rucksack entscheide ich mich nach Abschätzen des Gesamtvolumens dann doch für Rucksack, damit bin ich einfach mobiler, und packe alles ein. Wahnsinn, wie vier Tage im Herbst den Rucksack genauso füllen wir zehn Tage im Sommer. Ich rechne mit vielen Lagen Klamotten, dicken Pullovern und Wechselklamotten für nach potenziellen Regengüssen. Außerdem ein zweites Paar feste Schuhe aus dem gleichen Grund.

Dann noch schnell Katzen füttern, Tee trinken und Müsli mit Joghurt, Apfel und Granatapfel essen und schon kann es losgehen. Mit der S-Bahn fahre ich zum Bahnhof und steige dort in den Regionalzug nach Stralsund. Am Anfang ist es sehr voll, ich finde aber nach einigen Suchen noch einen Sitzplatz. Neben mir wird Funny van Dannen gelesen. Ich kümmere mich um Duolingo und Babbel und fange dann an zu bloggen. Ab Eberswalde wird es deutlich leerer, ich kann mich ans Fenster setzen und habe neben mir einen freien Platz. Dort blogge ich zu Ende und beschäftige mich dann mit meinem Reiseführer, um mich auf die vier Stunden Aufenthalt in Stralsund vorzubereiten. Ab Pasewalk ist der Zug so gut wie leer – ich habe einen Vierersitz für mich alleine und draußen ist vorpommersche Einöde, aber schön. Die Schaffnerin kommt, muss aber kurz warten, bis wir aus einem Funkloch raus sind, bevor ich ihr mein 49-Euro-Ticket zeigen kann. Direkt mal einen Screenshot machen für die Rückfahrt – just in case.

In Stralsund laufe ich hinüber in die Altstadt und spaziere gemütlich aber relativ direkt zum Alten Markt, wo das Restaurant mit „kreativer nordischer Küche“ liegt, das ich mir mit Hilfe von Reiseführer, Google-Maps-Bewertungen und Online-Speisekarte ausgesucht habe. Weil auch andere draußen sitzen, lasse ich die Jacke an und speise mit Blick auf das Stralsunder Rathaus und die alte schwedische Kommandatur, Ich ignoriere die saisonalen Angebote und bestelle genau, was ich mir bereits online ausgesucht hatte: Zanderfilet, gebratener Blumenkohl mit Pflaumen-Portwein-Chutney, Pimientos de Padrón, Tomaten-Knoblauch-Kartoffelstampf, Grapefruit-Salat mit Tamarindendressing, dazu lokales Sanddorn-Radler und zum Nachtisch die Spezialität des Hauses: Brotpudding. Alles sehr lecker!

Nach dem Essen spaziere ich noch etwas gemütlicher – jetzt habe ich ja Zeit – durch die Gassen der Altstadt und hinunter zum Hafen.

Einem Tipp folgend fahre ich mit dem Fahrstuhl auf das Dach vom Parkhaus des Ozeaneums, habe dort einen tollen Ausblick auf Altstadt, Hafen und Strelasund und stelle fest, dass dieses Dach wohl auch ein Treffpunkt für die örtliche Jugend ist. Verständlich!

Wieder unten spaziere ich weiter am schönen Hafen entlang (der ist netter als der Stadthafen in Rostock und auch besser in die Stadt integriert), ruhe mich eine ganze Weile auf einer Holzbank aus und gucke aufs Wasser und dann wird es schon langsam Zeit, an die Weiterfahrt zu denken. Ich hole mir ein Rollmopsbrötchen fürs Abendbrot an einem Fischkutter und spaziere dann Richtung Anleger für die Fähre. Die kommt früher als erwartet an, so dass ich kaum zu früh bin. Ich bringe mein Gepäck nach drinnen zu gemütlichen Sesseln ganz vorne am Bug, besuche fix die Örtlichkeiten und gehe dann zum Ablegen nach oben an Deck. Leider ist der Himmel komplett zugezogen, sonst könnte man genau jetzt den Sonnenuntergang sehen.

Die See ist spiegelglatt und auch für die nächsten zwei Stunden spürt man kaum mal ein paar Wellen. Ich gehe bald wieder nach Drinnen, denn es wird jetzt schnell dunkel. Dort sitze ich dann und lese den Großteil der Überfahrt in meinem Buch. Am ersten Hiddenseer Hafen steigt der Großteil der Passagier*innen aus, jetzt sind wir nur noch zu sechst plus Crew. Ich esse mein Fischbrötchen, lese noch ein bisschen und dann biegen wir auch schon in den Hafen ein. Am Anleger stehen jede Menge Fahhräder und Handwägen – Autos gibt es hier praktisch nicht. Außer mir ist nur noch eine andere Passagierin touristisch da – die anderen steigen auf ihre Fahrräder und fahren nach Hause – einer mit einer Katze, mit der er beim Tierarzt war, andere mit Einkäufen aus der „großen Stadt“.

Ich schultere meinen Rucksack und mache mich auf den Weg zu meiner Pension. Abseits vom Hafen ist es zappenduster, aber ein paar erleuchtete Fenster weisen noch den Weg. Ich folge der Wegbeschreibung „hinter dem Ententeich links ab und an der ehemaligen Zahnarztpraxis vorbei“, und muss dann auf unbefestigtem, teils schlammigem Weg noch ein wenig bergauf, dann lande ich tatsächlich an meiner Unterkunft. Auch hier ist alles dunkel, aber an der Tür hängt ein Umschlag mit meinem Namen, dem Schlüssel und einer kleinen Einweisung.

Ich suche mein Zimmer und stelle an den Schuhen vor den anderen Zimmern fest, das wohl alle belegt sind und auch alle anderen Gäst*innen schon da sind. Ich lege mein Gepäck ab, hole mir aus der Teeküche noch einen Pfefferminztee und eine Flasche Wasser, und bleibe dann auf meinem Zimmer. Gut, dass ich Duschgel und Shampoo dabei habe, das gibt es hier nicht, ebensowenig wie Seife. Dafür riechen meine Hände jetzt nach Litsea und Zitrone und verbreiten „Lebensfreude“. Ich drehe die Heizung runter, mache die Balkontür auf und schaue auf dem Handy, was in der Welt passiert ist. Nur eins der beiden Betten ist bezogen, zum Glück das für mich richtige. Jetzt muss ich nur noch die Mehrfachsteckdose von der anderen auf diese Seite umstecken und schon ist alles, wie es sein soll. WLAN gibt es keins, aber einen Balken mit abwechselnd 4G und 5G.

Gegen 10 raffe ich mich nochmal auf und ziehe meinen Schlafanzug an. Dann kuschele ich mich wieder ins Bett, lausche auf die Stille da draußen und lese noch ein Stündchen weiter, bis mir die Augen zufallen.

24.10.2023 – Extreme Wellnessing

Heute morgen rächt sich, dass ich wegen Don Draper & Co. erst halb 3 das Licht ausgemacht hatte. Der Mitbewohner muss gegen 8 los zu einem Termin und obwohl er dabei sehr leise ist, werde ich doch wach. Ich mache mir mein Hörbuch an und will gerade wieder einschlafen, da rufen der Liebste und das Teilzeitkind an. Der Liebste will mich direkt wieder Schlafen schicken, aber das liebliche Stimmchen des Teilzeitkinds hat mich dann doch nachhaltig wach gemacht, fürchte ich. Ich mache nochmal die Augen zu und döse, da schreibt der Lieblingsnachbar und bittet um einen Gefallen, da er heute im Büro ist… Okay, okay, Nacht vorbei.

Der Vorteil ist, dass ich so früh genug mit allem fertig bin, um doch meinem etwas verrückten Plan nachzugehen, wegen dem ich gestern auf Mastodon belächelt wurde. Ich lese das Internet leer, bediene die Sprach-Apps, spiele, blogge und stehe dann kurz vor halb 11 auf. Die Katzen bekommen Frühstück, ich nur einen Müsliriegel und einen schnellen Kaffee. Dann begebe ich mich mit voller Gymbag zum ersten Mal seit vor der Pandemie in die Schwimmhalle um die Ecke (sie war lange Baustelle und dann war wegen der Ukraine-Solidarität letzten Winter dort die Sauna zu, so dass ich lieber ins Fitnessstudio ging (zumal da auch die AquaFitness-Kurse für mich inklusive sind). Jetzt aber wird dort die Sauna umgebaut, dafür ist die in der Schwimmhalle wieder offen.

Der Eintritt ist für mich kostenlos, für die Sauna muss ich leider zahlen, aber wozu habe ich Urlaub? Ich schwimme 20 Bahnen à 25 m (immerhin war ich gerade noch krank und außerdem gilt meine Sauna-Karte nur drei Stunden.) und gehe dann weiter in den schicken neuen Sauna-Bereich. Ich glaube, das mache ich jetzt öfter! Für 12 € drei Stunden Zeit mit Dampfbad, vier Saunen, Tauchbecken, Kneipp-Becken, Außenbereich und okayem Ruheraum – das ist mehr Wellness, als das Fitnessstudio bietet. Mit stetem Blick auf die Uhr und verkürzten Saunagängen (jeweils nur 5-10 Minuten, selber Grund wie in der letzten Klammer) komme ich ziemlich genau nach drei Stunden wieder raus und habe einmal das komplette Spa-Gefühl mitgenommen und sogar ordentlich in meinem Buch weitergelesen. Nächstes Mal gönne ich mir vielleicht die Tageskarte für mehr Ruhe (und nehme evtl. den Liebsten mit).

Ich laufe durch Nieselregen zurück nach Hause. Dort mache ich mir den Rest Nudeln von gestern warm, schnacke beim Essen mit dem Mitbewohner und nehme dann von zwei Bekannten die Sackkarre des Lieblingsnachbarn entgegen, die er ihnen für ihren Umzug weg aus Berlin geliehen hatte. Dann dusche ich nochmal ganz ausführlich (in der Schwimmhalle muss man eigenes Shampoo und Duschgel mitbringen, auch das anders als im Fitnessstudio), creme mich ein und lege mich nochmal zwei Stunden ins Bett. Schlafen kann ich allerdings nicht, weil mir noch zu viel im Kopf herumgeht, trotzdem, die Siesta tut gut.

Um 17 Uhr stehe ich wieder auf, hänge Wäsche auf, räume den Geschirrspüler aus, wechsle das Streu im Katzenklo, bringe das Streu zum Müll und die Sackkarre in den Keller und putze noch ein wenig das Bad. Mit den Trocknungszeiten zwischendrin dauert das ziemlich genau bis zu dem Zeitpunkt, wo ich zum Yoga aufbrechen muss (und der Mitbewohner losgeht, um seinen Besuch von der Bahn abzuholen). Es regnet in Strömen, aber mein Wintermantel heißt ja nicht umsonst „Schmuddelwetter“. Auf dem Weg telefoniere ich mal wieder mit der Freundin in Frankreich, die um einen „Catch-up“ gebeten hatte. Eigentlich schön, aber wir reden dabei natürlich auch viel über Arbeit – und das im Urlaub.

Wird Zeit, dass ich aus Berlin rauskomme, um so richtig in die Urlaubsentspannung zu kommen. Das Yoga hilft dabei natürlich auch schon ein wenig und ist mit ein Grund, warum ich erst morgen zu meinem Inseltrip aufbreche. Wir verquatschen uns hinterher noch ein wenig und bis ich wieder zuhause bin ist es halb 10. Ich mache mir noch schnell Pellkartoffeln mit Quark, Leinöl und Spreewaldgurken. Zum und nach dem Essen gucke ich ein paar Folgen „Feel Good“ mit Mae Martin und Lisa Kudrow – große Empfehlung bisher!

Gegen Mitternacht mache ich dann vernünftigerweise das Licht aus – morgen klingelt ausnahmsweise der Wecker, damit ich meinen Zug auch rechtzeitig erwische.

23.10.2023 – Ab jetzt ist Urlaub

Es ist Montag und kein Wecker klingelt, es ist Montag und das Diensthandy liegt stumm in der Ecke, es ist Montag und es ist Urlaub. Juhu. Wieder gute acht Stunden (brutto) geschlafen und gemütlich den Morgen im Bett verbracht. Kurz nach 10 mit dem Liebsten und dem Teilzeitkind telefoniert, die da schon im Phantasialand sind und ihre erste Achterbahn absolviert haben. Von da kommen den Tag über immer wieder Nachrichten, Fotos und ein Video, das bei mir ein ganz dringendes „Ich möchte lieber nicht“ auslöst. Beim Liebsten vor Ort auch. Das Teilzeitkind hingegen möchte und möchte dann auch nochmal. Alles so, wie es soll.

Ich mache mir Porridge, Apfel und Zitronentee zum Frühstück und höre dabei und beim Essen Podcast. Dann ziehe ich mich für den Tag ab und sitze gegen 12 dann doch am Schreibtisch – die Steuererklärung muss noch fertig gemacht werden. Etwa zwei Stunden suche ich mir Zahlen zusammen, kämpfe mit verschiedenen Systemen und Online-Konten, jeweils mit 2-Faktor-Authentifizierung und Rausfliegen bei zu langer Nicht-Aktivität (also ständig). Ich verzweifle kurz, als ich in ELSTER eingeloggt bin, also mit der Zertifikatsdatei, die man dafür hochladen muss und für die man schonmal einen postalisch geschickten Code zum Freischalten brauchte, und mit Passwort, und dort dann sehr fröhlich auf elektronische Mitteilungen statt postalischer umschalten möchte. Was braucht man dafür? Natürlich einen weiteren Code, der postalisch zugesandt wird. Na mal gucken, ob die Post dann noch Briefe bringt.

Gegen 14 Uhr habe ich alles soweit fertig wie möglich, packe den Laptop und etwas zu Trinken in meinen Rucksack und gehe zum Kopfauslüften und für das Urlaubsgefühl nach draußen. Mit Podcasts (Hagrids Hütte, Reflektor, La Bottega Di Babbel) auf den Ohren laufe ich drauflos. Zuerst mal zur Post, wo ich ein POSTIDENT-Verfahren durchführen lassen muss, damit die Online-Bank, bei der ich seit ca. 16 Jahren ein Konto habe und die mir relativ regelmäßig Post nach Hause schickt, mir glaubt, dass ich vor 15 Jahren umgezogen bin und auch wirklich an allen Stellen meine Adresse auf die anpasst, die sie inzwischen seit zehn Jahren nutzt, um mit mir zu kommunizieren. Da musste ich vorher auch einen Brief hinschicken, weil sowas natürlich nicht per E-Mail geht. Dann geht es weiter in den Drogeriemarkt, wo ich etwas aussuche, an der Selbstbedienungskasse einscanne, dabei per App Punkte sammle, die ich später in Flugmeilen umtauschen werde und mit einer Gutscheinkarte bezahle, die ich vor zehn Jahren mal zum Geburtstag bekommen habe. Soviel zum Stand der Digitalisierung in Deutschland.

Dann laufe ich aber wirklich so richtig drauflos. Zwischen der Kleingartenanlage und dem Volkspark sitzt eine echte Elster im Baum und lacht mich aus. Sie fliegt weg, als ich das Handy zum Fotografieren raushole. Passt doch. Ich laufe in den Volkspark und dort weit nach oben.

Auf einer Bank verschnaufend telefoniere ich nochmal mit den beiden Freizeitparkmäusen. Dann geht es woanders wieder herunter, aus dem Park heraus, durchs Sportforum hindurch und nacheinander an drei Seen – andere drei als gestern, dit is Balin, wir haben hier einige davon.

Der dritte See ist im Naturschutzgebiet mitten im Wald und so zugewuchert, dass ich kein Wasser sehe und auf ein Foto verzichte. Es ist inzwischen später Nachmittag und der italienische Podcast hat mich auf die Idee für einen weiteren Programmpunkt gebracht. Mit Tram, Tram und S-Bahn fahre ich zurück in meinen Kiez und genehmige mir einen Aperitivo in meiner Stammadresse für italienisches Streetfood und Aperitivi. Dick eingepackt kann ich dabei auch um 17 Uhr noch draußen sitzen am 23. Oktober.

Cynar Spritz, Parmigiana, Pizza mit Aubergine und Zucchini, Pizza mit Stracciatella und Rucola, Tomate-Mozzarella-Spieß und Mini-Arancino mit Spinat und Béchamel

Ich esse und trinke genüsslich, dann spaziere ich weiter, zu meinem Bruder. Hier gibt es einen warmen Pfefferminztee zum Aufwärmen und wir klären noch ein letztes Thema am Laptop, bevor ich zwei Steuererklärungen in zwei Systemen abschließen und übermitteln kann. Geschafft! Als ich wieder losgehe, habe ich einen Reiseführer für meinen Inseltrip later this week im Gepäck und außerdem zwei Balkonkästen mit Tulpenzwiebeln, da mein Bruder in seiner neuen Wohnung keinen Balkon mehr haben wird. Schwer bepackt nehme ich die Tram für die drei Stationen nach Hause. Dort angekommen sind auch über 19.000 Schritte erreicht, selbst ohne Gepäck wäre die Tram gerechtfertigt gewesen.

Ich unterhalte mich mit dem Mitbewohner über seinen Tag und unsere Pläne für die nächsten Tage und koche mir dabei Abendbrot. Es gibt Spaghetti mit aglio, olio und statt peperoncino noch Anchovi, Oliven, Kapern, Bottarga, Petersilie und Zitrone. Die Portion wird für zwei Tage reichen. Beim Essen telefoniere ich wieder mit dem Liebsten und dem Teilzeitkind, die zurück im Hotel sind und den Tag gleich mit Pool und Sauna beschließen werden.

Ich selbst beschließe den Tag auf dem Sofa, mit Katzen und „Mad Men“. Als der Mitbewohner schlafen geht, wechsle ich auch in mein Zimmer und gucke auf dem Bett weiter, um ihn nicht zu stören. Als das Serienfinale zu Ende ist, ist es bereits 2 Uhr morgens, upsi. Jetzt schnell ins Bad und bettfertig machen und nach einer letzten Runde durchs Internet ist um halb 3 dann endgültig das Licht aus.

22.10.2023 – Urlaubssonntag

Ich habe wieder ordentlich lange geschlafen und fühle mich heute deutlich besser. Also, nicht ohne Symptömchen, aber ohne das dringende Bedürfnis weiter im Bett liegen zu bleiben. Andererseits ist halt auch Sonntag und Urlaub und bis ich wirklich aufgestanden bin ist es auch schon so 11:00. Bis dahin habe ich allerdings schon im Internet gelesen, gebloggt, mit dem Liebsten telefoniert, der heute mit dem Teilzeitkind gen Westen aufbricht, alle Tagesaufgaben bei Duolingo erledigt, eine Lektion plus Wiederholungen auf Babbel gemacht, ein wenig auf dem Handy gespielt und dabei Podcast gehört… Dann stehe ich aber wirklich auf, ziehe mich ordnungsgemäß an und mache mir zum Frühstück unter anderem ein Frühstücksei.

Danach kümmere ich mich um Dinge, die während meiner Bettzeit liegen geblieben sind. Ich beziehe mein Bett neu, wasche Wäsche und lege trockene Wäsche zusammen, ich siebe die Katzenklos durch und fülle die Wassernäpfe auf und ich bringe Müll runter. Dann ein kurzer Plausch mit dem Mitbewohner, bevor ich in die Oktobersonne nach draußen gehe und eine große Spazierrunde drehe. Erst noch sehr langsam und mit wehen, steifen Beinen, dann geht es doch immer besser. Muss wieder mit dem täglichen Spazieren anfangen, gut, dass jetzt erstmal Urlaub ist.

Im Strandbad am Weißen See setze ich mich zum Verschnaufen eine Weile in einen Liegestuhl und schaue erst aufs Wasser, dann aufs Feuer. Dann geht es wieder nach Hause. Ich verkneife mir zweimal das Einkehren in ein Café, um Geld zu sparen und mache mir zuhause statt Kuchen Joghurt mit Zimt-Dingsis und Granatapfelkernen und einen Hot Apple Cider. Dann lege ich mich mit den Katzen aufs Sofa, schaue eine Folge „Mad Men“ und schlafe dabei ein.

Dem Mitbewohner ist in seinem Zimmer ungefähr das Gleiche passiert (er guckt zum X-ten Mal „Seinfeld“) und wir werden dann auch ungefähr zeitgleich wieder wach. So richtig Hunger habe ich noch nicht wieder, aber er kocht sich Kartoffeln und Bohnen mit Tomaten und Chilis und da esse ich gerne eine Schüssel mit.

Am Vormittag sprachen wir darüber, dass man abends einen Film gucken könnte und da ich ja neulich die Probleme mit der DVD hatte, will ich feststellen, ob es am Player liegt oder hoffentlich doch nicht. Wir einigen uns darauf, dass der Mitbewohner mir drei Filme aus meiner Sammlung vorschlägt und ich dann einen davon aussuche. Seine Vorschläge sind „Beginners“, „Coffee & Cigarettes“ und „The Commitments“ (die Filme sind alphabetisch sortiert). Ich entscheide mich für die Commitments, weil ich neulich in ein Loch mit dem Soundtrack gefallen bin und den seitdem mal wieder gucken möchte. Dazu gibt es salziges Popcorn.

Nach dem Film gehe ich ins Bett und schlafe bei der übernächsten Folge „Mad Men“ ein.

21.10.2023 – Bett ohne Office

Von kurz vor Mitternacht an schlief ich – erst bis kurz vor 6, da war ich auf Klo und kurz danach kam der Mitbewohner nach Hause, dann bis kurz vor 8, da machte ich mir ein Hörbuch an und drehte mich nochmal um, bis dann schließlich bis kurz nach 9. Neun Stunden brutto, plus zweimal mindestens eine Stunde gestern Nachmittag, das muss ja zur Genesung beitragen. Heute dann also auf jeden Fall nochmal einen Tag im Bett – leider statt nach Südberlin zum Liebsten und dem Teilzeitkind zu fahren, die morgen in die Herbstferien zu fahren, dafür aber ganz ohne Verpflichtungen.

Ich telefoniere natürlich mehrmals mit dem Liebsten oder beiden, ansonsten verbringe ich den Tag mit Lesen (Kate Atkins: A God in Ruins. Zweiter Anlauf, nachdem ich im Sommerurlaub nicht die nötige Muße hatte.), Hören („Alles gesagt“-Podcast mit Friederike Otto, bisher nur etwa die erste Stunde, das nächste Donna-Leon-Hörbuch beim Einschlafen), Gucken (Doku „Ich bin Krabat“ über Otfried Preußler in der arte-Mediathek, diverse Folgen „Mad Men“), schlafen (eine Stunde am Nachmittag, wieder ähnlich viele in der Nacht) und essen. Zum Mittagessen am Nachmittag gab es dabei bestellten Burger mit Pommes, Basilikum-Mayo und Coleslaw. Ewig nicht gegessen und irgendwie Lust drauf gehabt.

Ansonsten ist nicht wahnsinnig viel passiert. Der Mitbewohner erzählte von seinem Ausgehabend, der Liebste und das Teilzeitkind vom Ausmisten (sie wollen demnächst ihre Zimmer tauschen), eine Freundin schickte Fotos aus Madrid, wo sie sich mit einer Kollegin von mir traf und die beiden einen vollen Tag mit Sangria, Flamenco und Rugby gucken im Irish Pub hatten.

Ich hoffe, morgen wieder soweit hergestellt zu sein, dass ich aufstehen und einige meiner Pläne für diesen Urlaub umsetzen kann – für Kranksein am Wochenende gibt es schließlich nicht einmal Urlaubstage zurück.