Zum ersten Mal wache ich heute wegen eines einzelnen extrem lauten Donnerschlags gefühlt direkt über unserem Haus auf. Irgendwie ist das in letzter Zeit bei nächtlichen Gewittern oft so, dass es einen einzigen Donner gibt (oder ich den Rest noch verschlafe), sowohl hier als auch neulich in Kanada. Ist das jetzt ein neuer Trend im Gewitter-Business? Jedenfalls schlafe ich dann wieder ein, werde noch mindestens ein weiteres Mal von den Katzen geweckt und dann bin ich kurz vor 7 wieder wach und bleibe das dann direkt. Morgenroutine inkl. Duschen und etwas gediegener Anziehen für den Abendtermin, dann geht es mit Mate in der Hand los zum Büro.
Eigentlich habe ich mir einen ziemlich entspannten Arbeitstag vorgestellt und eingeplant. Der Mittwoch ist ja neuerdings meetingfrei (bis auf dringende Ausnahmen) und ich will im Büro vor allem ein paar Kleinigkeiten erledigen, die nicht virtuell gehen (Papierunterlagen suchen und scannen, Dokumente ausdrucken, Inventur bei physischen Gegenständen machen), mich dazu auch einmal kurz mit zwei Kollegen treffen und ansonsten konzentriert an einer kreativen Aufgabe arbeiten. Der Bürohund begrüßt mich sehr erfreut.

Wie das aber so ist im Büro, ständig kommt jemand und will etwas. Aus dem kurz mit zwei Kollegen treffen werden spontan zwei längere Meetings, weil‘s halt dringend ist. Meine Chefin schickt im Laufe des Tages drei Aufgaben, die bis zum Feierabend erledigt sein sollen – da der Tag meetingfrei sein soll, haben wir ja schließlich Zeit – und zumindest die zweite Tageshälfte entpuppt sich dann als ganz schön dolle stressig. Die kreative Aufgabe muss ich jedenfalls auf morgen schieben, die ist nämlich eigentlich auch dringend. Zum gemeinsamen Mittagessen gibt es gesponserte Pizza, die sehr lecker ist. Der Nachteil ist, dass ich die Pause eben auch mit Arbeitsgesprächen verbringe, statt draußen an der Spree zu sitzen.

Am Ende schaffe ich es, einigermaßen pünktlich Feierabend zu machen und dann zumindest erstmal an der Spree entlang zu meinen Eltern zu spazieren, Blumen gießen (bzw. davon überzeugen, dass es ihnen gut geht und noch genug Wasser im Bewässerungssystem ist) und um die Post kümmern. Kurz telefonieren tue ich auch noch mit ihnen – dank neuem Glasfaseranschluss dort jetzt sogar ruckelfrei mit Video. Und dann muss ich direkt weiter und spaziere zu einem Museum in Mitte, wo heute Abend die Jahresversammlung meines Berufsverbands stattfindet.

Vor Beginn der für zwei Stunden angesetzten Versammlung gibt es Wasser und Brezel mit Frischkäse, zum Glück. Dann insgesamt fast zweieinhalb Stunden Sitzung mit den verschiedenen Rechenschaftsberichten, Entlastungen, Neuwahlen… Während der Auszählung der einzigen geheimen Wahl des Abends gibt es noch einen spannenden, kontroversen Antrag zu diskutieren und abzustimmen, dann Wahlergebnis, Tagesordnungspunkt Sonstiges und dann ist auch das geschafft. Da ich jetzt zweieinhalb Stunden nicht reden, sondern nur zuhören, abstimmen und Kreuzchen machen musste, ist mein sozialer Akku wieder ein kleines bisschen aufgeladen. Ich bediene mich an den Häppchen (Roastbeef-Zuckerschote, Mini-Lachs-Burger mit Ei und Meerrettich, Zucchini-Schafskäse… die anderen beiden habe ich leider verpasst, das eine waren vegane Gemüsespieße, das andere sah nach Krabbe-Ananas aus), trinke ein halbes Glas Weinschorle und komme an einem Stehtisch mit fünf mir vorher unbekannten netten Menschen ins Gespräch.
Kurz vor 11 vernetzen wir uns alle über LinkedIn und verabschieden uns. Ich spaziere zur U2, um dann festzustellen, dass die dort abends Schienenersatzverkehr hat. Darauf habe ich keine Lust und laufe ein Stück weiter, zur Buslinie 200. An der Bushaltestelle verabschiedet sich gerade ein Grüppchen, das vergeblich auf den Bus gewartet hat. Der nächste ist für in 20 Minuten avisiert. Ich beschließe, entlang der Buslinie weiter zur nächsten U-Bahnstation zu laufen und dann dort entweder in den Schienenersatzverkehr oder eben die nächste 200 einzusteigen – je nachdem, was als nächstes kommt. Nüscht kommt.
Ich denke kurz über ein Taxi nach, möchte aber das Geld nicht ausgeben und außerdem hatte ich in den letzten Tagen eh zu wenig Auslauf. Also laufe ich weiter an der Linie entlang, auf den Alex zu. An jeder Bushaltestelle halte ich kurz an und gucke, aber nein, weder der eine, noch der andere Bus sind in Sicht. Erst als ich schon fast am Alex bin, überholen mich plötzlich drei Busse hintereinander. Na vielen Dank auch. Ich komme an der Tram-Station an, als die Tram gerade losfährt. Zehn Minuten später geht es dann endlich auf Rädern Richtung Zuhause, wo ich kurz nach Mitternacht ankomme. Zwei hungrige Katzen freuen sich über Futter und Streicheleien und dann liegen wir gegen halb 1 zu dritt im Bett und schlafen bald ein.