Nach dem gestrigen Drinnie-Tag heute wie versprochen wieder mehr Aktion. Das beginnt schon damit, dass es zur Frühstückszeit draußen sonnig ist und ich mir also eine Decke schnappe und dann einfach draußen esse. Beide Katzen goutieren das und vor allem Nimbin setzt sich dann noch genießerisch ans sonnigste Plätzchen, macht die Augen zu und tankt Vitamin D. Ich bleibe nach dem Essen noch sitzen, schlürfe ganz langsam meinen (den letzten) Ostfriesentee und gehe erst wieder rein, als die Sonne um die Hausecke verschwindet.


Dann geht es an den Schreibtisch, ordentlich Energie in den Laptop reinballern. Zwischendurch schreibt die Nachbarin, mit der ich mich seit Wochen versuche auf einen Kaffee zu treffen und wir verabreden uns spontan für heute Nachmittag.
Halb 3 gehe ich mit einem Kaffee-Kakao-Milch-Zimt-Kardamomgemisch nach unten, sie hat einen Tee dabei und dann laufen wir kreuz und quer durch den Kiez und erzählen. Obwohl sie jetzt schon eine ganze Weile mit ihrer Familie in der Wohnung nebenan wohnt, ist das außer neulich im Hofkino unsere erste richtige Unterhaltung.

Am Ende zeigen wir uns noch gegenseitig unsere Wohnungen, bewundern Gemeinsamkeiten und Unterschiede, sie lernt meine Katzen kennen und ich quatsche auch noch kurz mit ihrem Mann und dann verabreden wir uns, jetzt öfter gemeinsam „Gassi zu gehen“.
Wieder zuhause koche ich mir erstmal ein deftiges, kräftiges Mittag-/Abendessen mit Tomatensauce (Zwiebeln, Butter, Kirschtomaten, Salz, Oregano, Peperoni), Spaghetti und Bottarga – das muss ein bisschen vorhalten, denn heute Abend bin ich wieder unterwegs.

Kurz nach 18 Uhr geht es mit S- und U-Bahn nach Tempelhof, wo „Bezüglich Gertrud“ (sagt der Liebste) bzw. eben Von Wegen Lisbeth spielen. Erstmal jedoch Dilla, die gänzlich un-Rock‘n‘Roll-of pünktlich um 20 Uhr auf der Bühne steht. Die Show selbst ist dann auch wenig Rock‘n‘Roll und nicht wirklich meins. Zwischendurch überlege ich, ob Dilla vielleicht eine gute Kandidatin für den ESC wäre, so eine, die mit viel Stimme und dramatischem Gesang überzeugt.

Das letzte Lied ist „Photosynthese“ und als der große Hit das einzige, das mich richtig mitreißen kann. Leider nutzt sie das auch gleich zur Bandvorstellung, so dass es gar nicht richtig seine Wirkung entfalten kann. Naja. Nach einer halben Stunde ist Umbaupause und dann geht zwei Minuten vor 21 Uhr das richtige Konzert los.

Von Wegen Lisbeth gehören für mich zu den besten „neuen“ deutschen Bands der letzten Jahre, wobei neu inzwischen auch übertrieben ist – „Meine Kneipe“ kam 2016 raus. Aber die sind halt bisschen anders und haben innovative Arrangements, kluge Texte mit unzähligen Berliner Bezügen*, groovende Rhythmen und klare Haltungen – auf dem Konzert werden Spenden für die medizinische Versorgung an den EU-Außengrenzen und für eine NGO gesammelt, die sich gegen Nazis einsetzt.
Ich kann erstaunlich viel mitsingen und habe gegen Ende des Konzerts auch sehr viel Spaß an Wall of Death, Hinhocken und Circle Pit (und kann die letzten beiden sogar filmen, siehe „Elon“ und „Wenn Du tanzt“). Begeistert singen und springen geht auch mit 42 noch gut, juhu!
Fürs Protokoll des Liebsten: „Wenn Du tanzt“ war der bisher kommerziell erfolgreichste Song und wurde als letztes gespielt. „Meine Kneipe“ war der erste Hit, der kam irgendwann mittendrin in Stunde 2. 😉
Als die Lichter angehen, laufe ich verschwitzt zu Manu Chaos „Clandestino“ aus der Halle und fahre auf dem gleichen Weg zurück nach Hause. Unterwegs sehe ich, dass Spotify schon wieder Geld abgebucht hat. Anscheinend haben sie, nachdem ich die Premium-Mitgliedschaft habe auslaufen lassen nicht wie erwartet auf einen kostenlosen Account mit Werbung umgestellt, sondern einfach auf ein Bezahlpaket weiter unten. Unverschämtheit. Ich kündige mit einigem Aufwand noch in der U-Bahn endgültig und gebe als Begründung „Ausbeutung von Künstler*innen, KI-generierte Musik, Werbung für ICE und Daniel Eks Unterstützung für Donald Trump“ an.
Zuhause gibts noch den letzten Rest aus der heutigen Ingwertee-Kanne, dann liege ich gegen halb 1 im Bett.
*Die Band ging aufs gleiche Gymnasium wie Kevin Kühnert.