11.11.2025 – Facettenreicher Dienstag

Der Tag beginnt gemütlich mit dem üblichen morgendlichen Reboot. Das Frühstück ist dann anders, ich habe beim Internet leer Lesen Hinweise auf ein Käsebrot bei Heidi aufgeschnappt, das vor allem in der Studio-Ghibli-Version sehr appetitanregend aussieht und dann direkt Appetit auf geschmolzenen Käse bekommen. Also gibt es heute überbackenes Käsebrot, etwas Paprikapulver drauf, sehr wohlschmeckenden Bio-Apfel dazu, der mich direkt auf die Streuobstwiesen vergangener Herbste katapultiert, und zu trinken einen Kakao (mit ohne Milch) mit Kaffee drin.

Danach geht es fleißig an den Schreibtisch, alltägliche Verrichtungen und dann Arbeit an einem Projekt. Mittags gibt es erst einen Call, der aus ähnlichen Gründen wie letzte Woche nach dem „Unter-drei“-Prinzip stattfindet, nur dass die Person, die darum bat, diesmal nicht in Washington sitzt, sondern in Sachsen. Hmm.

Hinterher verlängerte Mittagspause – ich absolviere meine Physio-Übungen, mache mich dann stadtfein und spaziere durch echtes Tageslicht hindurch zwei Kilometer zum angeblich ältesten und möglicherweise besten Bäcker Berlins. Es ist nämlich der 11.11. und während anderswo den Gefallenen des Ersten Weltkriegs gedacht, letzte Hand an gebastelte Laternen gelegt, eine Gans in den Ofen geschoben oder mit Luftschlangen und Konfetti hantiert wird, heißt das für mich vor allem, dass ich heute Pfannkuchen esse. Drei Tage im Jahr sind dafür prädestiniert – 11.11., Faschingsdienstag und Silvester – und an diesen Tagen gibt es in Berliner Bäckereien auch mehr als die üblichen ein bis drei Sorten.

Sieben Sorten zähle ich beim Traditionsbäcker heute – Erdbeere, Himbeere, Johannisbeere, Kirsche, Pflaume, Blaubeere und Eierlikör. Ich bleibe vernünftig und nehme nur zwei, in dem Fall Himbeere und Blaubeere, und esse die gleich draußen im Park. Wer auch immer gebacken hat, hat es gut gemeint mit der Marmelade, ich bekomme ordentlich klebrige Finger und versuche sie so gut es geht mit Regenwasser auf dem Denkmal und Taschentüchern wieder zu reinigen. Richtig lecker aber. Der Rest der Auslage sah auch sehr gut aus, richtig große Kuchenauswahl… Ich werde den Spaziergang wohl doch öfter machen müssen.

Auf dem Heimweg nehme ich eine andere Route und kehre beim Haustierbedarf ein. Die Katzenstreu-Vorräte müssen aufgestockt werden und ich nehme noch ein paar neue Snacks mit. Ab und zu brauche ich Bestechungssnacks oder muss einen verhungernden Kater retten, ohne gleich die nächste volle Mahlzeit zu servieren. Leider interessiert er sich für den Großteil der vorrätigen Snacks nicht mehr. Einer der beiden heutigen Neukäufe kommt aber richtig gut an, Erfolg! Dann geht es zurück an den Schreibtisch und ins Projekt.

Gegen 18 Uhr mache ich Feierabend, esse den Rest Linsensuppe von gestern, ziehe mich nochmal um und gehe dann im Partyoutfit (gestreifter Pulli, Trainingsjacke) nochmal raus. Es ist schon lange stockfinster und fühlt sich wie später Abend an. Ich nehme die Straßenbahn zum Alex, die kurz vor Ankunft sehr drastisch bremsen muss und dann trotzdem noch einen Smart touchiert, der ihr in den Weg gefahren ist. Bis auf das Auto ist niemandem etwas passiert, aber jetzt wird erstmal auf die Polizei gewartet, während wir Fahrgäste vorsichtig auf der großen Kreuzung aussteigen und zu Fuß weiterlaufen. Die S-Bahn fährt dann auch sehr langsam, da scheint auch irgendwas kaputt zu sein.

Dann aber komme ich am Ostbahnhof an und laufe von dort durch recht finsteres Gelände bis zum Berghain. Die Gegend hier ist die, die Volker Kutscher in seinen Romanen beschreibt, da wo sich die Ringvereine bekriegen und in den Clubs Sex uns Drogen verkauft werden. Bisschen witzig, dass das Berghain ausgerechnet hier ist. Nach einigem Herumirren finde ich über schlammige Wege den richtigen Eingang (im Berghain selbst war ich nur einmal, mit Besuch aus England, und das ist 16 Jahre her) und dann den Weg zur Kantine auf dem Gelände. Ab da wird alles wieder gemütlich und nett. Ich zeige mein Ticket vor, bekomme einen Stempel auf die Hand und laufe auf dem Weg zur Bar direkt Flori über den Weg, wegen dessen Konzert ich heute hier bin und werde herzlich begrüßt.

Flori kenne ich aus unserer gemeinsamen Zeit beim Radio in Rostock und er ist auch eng mit meinen Rostocker Cousins befreundet. Im richtigen Leben macht er Musik mit Talking To Turtles und Das Paradies und betreibt außerdem ein eigenes Label. Heute ist er mit Das Paradies hier, hat ein drittes Album im Gepäck und Stefanie Schrank (Locas in Love, Karpatenhund) als Support Act dabei.

Ich hole mir ein Helles (mit Gruß an die Histamine) und ergattere den letzten freien Barhocker. Ich stehe ja gerne bei Konzerten, aber heute ist die Musik eher zum Mitwippen und Mitnicken als zum Tanzen, da sitzt es sich auch sehr gut. Kurz nach 20 Uhr eröffnet Stefanie Schrank den Abend, kurz nach 21 Uhr ist Das Paradies dran.

Stefanie Schrank, alleine am Synthi
Stefanie Schrank – Schlachtrufe BRD

Ein bisschen witzig, wie 2025 eine Frau mit elektronischem Indie Pop in der Kantine am Berghain darüber singt, dass die Punk-Sampler aus den 90ern sehr männlich, weiß und wenig meinungspluralistisch waren. Insgesamt ein sehr schönes Konzert.

Das Paradies: Florian Sievers mit Robert Kretzschmar

Flori hat dann als Begleitung noch Robert Kretzschmar dabei und dank moderner Technik und multiinstrumentaler Musiker reichen zwei Personen für unheimlich dichten Sound. Ich mag Talking To Turtles insgesamt mehr als Das Paradies, aber vieles von deren Verspieltheit und Rafinesse dringt auch heute durch. Außerdem hat Das Paradies genauso witzige Ansagen und natürlich noch größere Hits.

Discoscooter
Du, die anderen und Ich
Goldene Zukunft

Der Riesenhit „Goldene Zukunft“ kommt als letzte Zugabe (der Liebste hätte seine Freude) und dann ist das Konzert vorbei. Ich irre wieder eine ganze Weile durch dunkle einsame Gegenden in denen Gereon Rath ständig um die Ecke zu kommen scheint (heute Schrittziel doppelt erfüllt), dann erreiche ich die Warschauer Straße und fahre mit zwei S-Bahnen zurück in den Pberg. Dort gibt es noch einen mitternächtlichen Snack und ein wenig Sofa-Zeit, bei der ich auf TikTok in den ersten Minuten des 12. Novembers gewhamt werde – hat sich das für 2025 auch erledigt – und dann ist gegen halb 1 Schlafenszeit.

Brot mit veganem Kräuterfrischkäse, veganem Rohschinken und veganen Gewürzgurken 😉

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