17.08.2025 – Sonntagsausflug und geistige Nahrung

Es zeichnete sich bereits seit gestern ab, dass dieser Sonntag planfrei sein würde. Gegen halb 8 mache ich erst die Augen und kurz danach die ersten Apps auf und als ich mit den Notifications bei TikTok angekommen bin, fällt mir ein Plan geradezu in den Schoß. Den habe ich schon länger gehegt, heute ist Zeit dafür und ein Video gab den nötigen Anstoß. Ich überprüfte noch kurz die Verkehrssituation im Berliner Südosten – auffällig unauffällig – und dann ist alles klar. Ich hangele mich motiviert durch meinen morgendlichen Reboot, inkl. Balkonfrühstück mit Porridge, Birne und weißem Tee und ausführlichen Physioübungen.

Dann telefoniere ich gegen 10 kurz mit dem Liebsten und verlasse das Haus. Der Pberg ist sonntags um 10 noch sehr still. Ein paar Leute sitzen schon im Stammcafé, ein paar Jogger*innen sind unterwegs, das war’s. Ich habe zum T-Shirt nur eine dünne Strickjacke mitgenommen und trage für zusätzlichen Thrill normale Sneaker – den Fuß challengen! In der S-Bahn lese ich weiter im Buch über den norwegischen Widerstand während der Besatzungszeit. Nach einmal umsteigen und fast einer Stunde Fahrt steige ich in Rahnsdorf aus, nehme noch den Bus durch den Wald und dann stehe ich „mitten“ in Berlin plötzlich in einer erst sehr kleinstädtischen, dann sehr dörflichen Umgebung.

Nach Rahnsdorf will ich eigentlich schon, seit ich vor Ewigkeiten mal ein Buch gelesen habe, das dort spielt. Ich weiß weder Titel noch Autor*in, würde es aber gerne wieder lesen, falls jemand eine Idee hat. Es geht um eine junge Frau, die gemeinsam mit Verwandten (?) in einem alten, vollgestopften Haus lebt, evtl. wohnt ihre Oma auch da. Das Haus hat einen Garten und ist am Wasser und sie springt morgens oft noch in den See und schwimmt, bevor sie die Straßenbahn ins Zentrum nimmt (nächstes Mal muss ich eruieren, mit wieviel mal umsteigen das geht, heute sollte es erstmal schnell gehen) und dort im Krankenhaus arbeiten geht. Das Ganze zu DDR-Zeiten, wobei das Buch auch von nach der Wende sein kann.

Das Leben im Grünen und am Wasser mit ÖPNV-Anschluss hatte ich im Kopf, als der Hase und ich vor 12 Jahren nach einer gemeinsamen Wohnung suchten. Hat dann so nicht ganz geklappt, aber grün leben die Katzen und ich auch heute noch einigermaßen und der ÖPNV-Anschluss ist auch super. Jedenfalls gucke ich mit besonders interessierten Augen auf Rahnsdorf, während ich zum Wasser laufe. Für Berliner Südosten gibt es hier erfreulich viele Zeichen von Offenheit und Aufgeklärtheit. Gedenktafeln für die Opfer der SA in der Köpenicker Blutwoche, EU-, Ukraine-und Regenbogenfahnen, Gedenken an ehemalige jüdische Bewohner*innen von Häusern, E-Autos… Gysi hat hier haushoch die Erststimme gewonnen, ansonsten ist die AfD aber auch sehr stark – scheinbar nicht bei allen.

Ich laufe zum Fähranleger und steige wenig später auf eine der sechs Fähren, die zur BVG gehören und darum kostenlos in meiner Monatskarte bzw. dem 58-Euro-Ticket drin sind. Mit mir fahren vor allem andere Ausflügler*innen, niemand scheint die Fähre für den normalen Alltag zu nutzen, es ist ja aber auch Sonntag.

Wir fahren über den Müggelsee und durch die Müggelspree und an diversen schönen Wassergrundstücken vorbei. Zweimal hält die Fähre kurz an, beim dritten Mal ist nach 25 Minuten Endstation. Ich steige aus und reihe mich in die lange Schlange an der Fischräucherei im Fischerdorf Rahnsdorf ein.

Hier wird alles mögliche geräuchert und verkauft, das allermeiste aus dem Meer. In der Theorie gibt es wohl auch selbst gefangenen Karpfen, Aal (?) und Wels, aber ob die praktisch heute vorrätig sind, ist mir nicht ersichtlich. Ich nehme dann eine Fischfrikadelle ins Brötchen, die sind immerhin hausgemacht.

Mittagessen im Sonnenschein mit Blick aufs Wasser. Danach laufe ich durch wirklich dörfliches Gelände und an Einfamilienhäusern und Kleingärten vorbei hinüber nach Neu Venedig. Hier werden die Grundstücke von Kanälen durchzogen über die hübsche Brücken führen – alles immer noch im Berliner Stadtgebiet, auch wenn Brandenburg gleich nebenan liegt.

Der Blick in die Gärten verrät, dass es Spätsommer ist und der Frühherbst nicht mehr weit – Pflaumen, Äpfel und Holunder werden immer dunkler, die Walnüsse machen sich bereit, Kastanien und Eicheln bereiten sich langsam auf den großen Abwurf vor (Eicheln haben schon angefangen, obwohl noch grün)… Ich laufe weiter zur nächsten S-Bahn-Station (Wilhelmshagen) und fahre von da (hier hält auch eh keine Straßenbahn) zurück in die City und nach Hause. Auf dem Heimweg mache ich noch einen Umweg durch die Hinterhöfe und schaue bei der Brombeerhecke vorbei. Leider sind die Besitzer*innen des Kleingartens da und haben auch außen ordentlich abgeerntet. Meine Ausbeute ist gering aber lecker.

Nach guten fünf Stunden bin ich wieder zuhause, sitze mit sanftem Engel aus Blutorangensaft und ein paar Pistazien wieder auf dem Balkon und lese endlich Lars Mytting – Astrids Vermächtnis zu Ende. Große Empfehlung für die komplette Trilogie, ich habe viel gelernt und viel geschmunzelt und spannend war es auch!

Danach erstmal Mittagsschlaf, dringend notwendig. Am späten Nachmittag schaue ich einen Film von meiner Liste, Ruby in Paradise, der auch ein interessantes Zeitdokument ist, allerdings der frühen 90er und von einem Badeort in Florida. Sehr gerne gesehen.

Zwischendurch mache ich mir aus den Restkartoffeln von gestern einen Kartoffelsalat à la Oma und esse dazu die letzten veganen Frikadellen.

Den Abend verbringe ich dann wieder lesend. Das erste Buch auf dem neuen Reader kommt aus der Bibliothek, mit wärmsten Empfehlungen einer Freundin, und ist Dörte Hansen – Zur See. Fängt sehr gut an und ich fühle mich als olle Inselhopperin (vgl. Procida, Hiddensee, Helgoland… alleine in den letzten vier Jahren) ab und an ertappt. Ich lese bis spät und wechsle zwischendurch vom Sofa ins Bett. Ein perfekter Sonntag!

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