13.07.2025 – Sonntagslektüre

Ein gemütlicher Sonntag, wie er im Buche steht. Immer noch regnerisch, keine Zwänge rauszugehen (außer einmal den Müll runterbringen), und beide für heute avisierte Verabredungen werden verschoben. Vor mir liegt eine Menge Zeit und Muße. Schön.

Heute der Matcha mal ganz klassisch, ohne Extras, dazu Müsli mit Aprikose und Pfirsich

Ich mache es mir wieder auf dem Balkon gemütlich und gucke hinaus in den Regen. Internet leer lesen, Bloggen, Französisch, Italienisch, Sprachrätsel… Irgendwann dann der Wechsel in die Badewanne mit ausführlicher Haarpflege. Hinterher ist schon wieder ein kleines herzhaftes Hüngerchen da.

Und dann geht’s in den Lesesessel. Von Francesca Melandri habe ich schon fast alles gelesen, sie kam mir als erstes als Geschenk der Liebsteneltern auf den Bücherstapel und ich habe durch ihre Bücher schon viel gelernt über italienische Geschichte – Südtirol, die bleiernen Jahre, die Kolonialzeit. In Kalte Füße geht es um die Kriegserfahrungen ihres Vaters im Zweiten Weltkrieg und den späteren Umgang damit, angestoßen von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine – die Schauplätze sind nämlich ähnliche bis die gleichen. Und gemeinsam mit Francesca Melandri lerne ich wieder viel über Geschichte, über Geschichtsschreibung und kollektive Verdrängung. Über Faschismus und Kommunismus in Italien, über Kolonialismus und Imperialismus und die vielen Indigenen, die von Russland über die Jahrhunderte kolonialisiert wurden. Ich lese mich schnell fest und mache nur irgendwann eine Pause, um diesen Kuchen zu backen.

Pfirsich-Tarte als Galette mit einer letzten Aprikose und Crowdfarming-Pistazien

Danach brauche ich dringend einen Mittagsschlaf. Bis zum Abendbrot lese ich hinterher noch weiter, google zwischendurch immer wieder Dingen nach und lerne, was ich alles nicht weiß über europäische (und asiatische) Geschichte. Einzig verwundert bin ich mal wieder über die langen Ausführungen, dass wir im Westen ja Krieg gar nicht mehr gekannt hätten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Dabei tobte in den 90ern der Krieg genau neben Italien und teilweise unweit von Südtirol, wo Francesca Melandri viel Zeit verbringt. Das Srebrenica-Andenken war gerade erst groß in den Medien. Aber war halt kein „richtiger Angriffskrieg“ und schwappte nicht über die ehemaligen jugoslawischen Grenzen über, nehme ich an.

Zum Abendbrot backe ich mir den Rest vom Radicchio und eine Tomate plus den Rest Ziegenkäse. Soooo lecker!

Statt Lesen geht es dann mit Filmen weiter, wieder zwei DVDs aus dem Regal. Passend zum Ukraine-Thema schaue ich zunächst Everything is Illuminated, das sich mit der jüdischen Geschichte der Ukraine beschäftigt (Das Land hat eine sehr bewegte Geschichte und die Menschen standen mal auf der guten, mal auf der schlechten Seite. Wie wohl überhaupt alle Länder.) Ich hatte vergessen, dass Odessa so eine große Rolle spielt, die Stadt, aus der meine Mitbewohnerin kommt und die in den letzten Wochen öfter Ziel von Angriffen war. Und ich hatte vergessen, dass Alex von dem Sänger von Gogol Bordello gespielt wird, den ich im Februar erst als Support Act der Dropkick Murphys sah. So hängt doch alles mit allem zusammen.

Als zweiten Film nehme ich mir A Serious Man vor, den habe ich damals auch nur das eine Mal gesehen. Wieder amerikanische Juden, wieder ein Rückblick ins ukrainische Shtetl, wenn‘s läuft dann läufts. Der zweite Anknüpfungspunkt ist, dass der Film neulich auf der Liste der 100 besten Filme des 21. Jahrhunderts in der New York Times auftauchte und ich das Gefühl hatte, ihn erst guten Gewissens als „gesehen“ abzuhaken, wenn ich ihn ein zweites Mal anschaue und die Erinnerung wieder wachrufe.

Nach so viel schweren Themen braucht es dringend noch ein bisschen TikTok-Quatsch, um wieder runter zu kommen und schlafen zu können.

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