Wir sind definitiv wieder zurück im Sommer – passt ja auch, wo der bald offiziell anfängt. Erstes Aufwachen gegen 6, nochmal weiterdösen, dann Telefonat mit dem Liebsten, Internet leer lesen, Bloggen, Französisch-Tagesaufgaben – gleich wieder gelevelt, Italienisch, Rätsel… Dann aufstehen, Katzen versorgen, Millenial-Kaffee in der amerikanischen Edition machen (Espresso aus der Mokka, viel Eis, Hafermilch), dazu den letzten Bagel, mit Mandelcreme und einem Rest Nudossi bzw. Blutorangenmarmelade, dazu Nektarinen und Melone… Balkonfrühstück.

Es ist nicht ganz so heiß wie gestern. Ich erledige Orgakram, recherchiere Dinge und dann wechsele ich irgendwann nach Drinnen auf die Couch und nehme am ersten Webinar des Tages teil.
Danach Duschen und Flatterkleid überwerfen und dann und schaue den Rest der wichtigen Dokumentation über die emanzipierten ostdeutschen Jungs drüben in Hollywood und in der ganzen Welt und frage mich mal wieder, wie das alles passieren konnte. Und wie Teile davon durch die Anwälte der Beteiligten gekommen sind oder ob der ganze Beziehungsdrama-Teil nicht doch ein bisschen geskriptet ist. Andererseits mag die Gegenseite ja scheinbar auch Aufmerksamkeit…
Anyway, es ist eine angenehmere Beschäftigung als die mit dem Aufstieg des Faschismus und der weiter eskalierenden Kriege. Die hängen ja eigentlich auch alle irgendwie zusammen, in der Nachbetrachtung sind wir vermutlich längst in WKIII.
Heute aber ist Sommer in Berlin und inspiriert von den ostdeutschen Jungs und ihrer Mama koche ich mir zum späten Mittagessen/frühen Abendessen Senfeier mit Kartoffel-Steckrüben-Püree und Gurkensalat. Alles Crowdfarming-Gemüse. Die Gurken kommen während des Kochprozesses mit der nächsten Lieferung an.


Nach dem Essen folgt das zweite Webinar des Tages und danach ziehe ich mir noch etwas über das dünne Flatterkleidchen und Socken an die Füße, bevor ich in die Zauberstiefel steige, denn auch heute gibt es wieder einen Außentermin. Ich bin mit dem Lieblingsnachbarn und einer Freundin zum Science Slam im Planetarium verabredet. Mein erstes Mal dort, obwohl ich seit 13,5 Jahren hier im Kiez wohne, seit 17 Jahren wieder in Berlin und seit fast 42 Jahren eh regelmäßig in der Stadt bin. Es wird jedenfalls Zeit.

Wir treffen uns draußen, setzen uns auf die Stufen und nehmen noch ein Getränk zu uns, dann geht es nach drinnen und oben und in die bequemen Liegesessel in der Kuppel.

Es wird unterhaltsam geslammt, mit drei naturwissenschaftlichen und einem geisteswissenschaftlichen Beitrag. Es geht um kotzende neutrophile Zellen, Molekularzeitkino, einsame weiße Zwerge und um Eltern, die die Arbeitslosigkeit ihrer Kinder krank macht.

Danach gibt es eine Siegerehrung und dann zeigt das Planetarium nochmal, was es eigentlich kann. Der Projektor wird hochgefahren und wir begucken uns den aktuellen Sternenhimmel über Berlin und fahren dann raus ins Weltall, unendliche Weiten und so. Wir fliegen bis raus aus unserer Galaxie, die ja auch nur eine von Millionen ist.

Ziemlich coole und schwindelerregende Erfahrung, ich muss hier auf jeden Fall nochmal mit dem Liebsten hin eine ausführlichere Session besuchen. Und aufs Hörspielkino unter dem Sternenhimmel habe ich jetzt auch Lust bekommen.
Als wir nach 22 Uhr wieder rauskommen ist es dunkel geworden. Kühl aber noch nicht wirklich. Zuhause setze ich mich noch mit einem Lillet Tonic auf den Balkon, Noosa kuschelt sich auf meinen Bauch und schnurrt. Ich lese, dass die Welt wider Erwarten immer noch steht, beantworte aufgelaufene Nachrichten und gucke dann zum Runterkommen TikTok.
Und dann kriege ich, das passiert fast nie, kurz vor 1 nochmal Hunger. Also nochmal zum Kühlschrank und dann gibt es ein mehrgängiges Gelage – ein Rest Cornichons in Gouda gewickelt, ein Rest Camembert mit einer reifen Tomate, den Rest Senfsauce von heute Mittag mit grünen Erbsen angereichert. Hat ja keiner gesagt, dass man ungesundes Zeug essen muss, wenn einen nachts spontan Hunger überkommt. Starkes Gefühl von kurzen Sommernächten und jugendlicher Freiheit. Kann man mal haben, so kurz vor 42. Danach dann aber schnell ins Bett!