Zunächst einmal: Liebsten Dank für die enthusiastisch erhobenen Daumen und die schnafte Empfehlung hier, lieber Björn!
Eine spannende Nacht ist das, auf dem ausgezogenen Sofa im Durchgangswohnzimmer mit zwei weiteren Frauen in der Wohnung und zwei kuscheligen Katzen an mir dran. Trotz vieler Unterbrechungen kommt am Ende überraschend okayer Schlaf zusammen. Gegen 7 fühle ich mich wach und starte die morgendliche Runde durchs Internet, nicke dann aber nochmal ein und beginne den Tag dann gegen 9, als die anderen aufstehen. Ich bleibe noch liegen, blogge, telefoniere mit dem Liebsten und setze mich dann mit einer Mate raus auf den Balkon zum Besuch. Als die Intus ist, gibt es Müsli und Obst (Apfel, Crowdfarming-Kirschen) hinterher. Wir sitzen und erzählen – Weltpolitik, Innenpolitik, Musik, gemeinsame Bekannte von früher bis jetze, Reisepläne und meine Geschenke für den anstehenden Liebstengeburtstag… Zwischendurch ein wenig Korrespondenz mit offiziellen Stellen.
Gegen Mittag macht sich der Besuch auf in die große Stadt und ich widme mich den nächsten Schritten – Couch wieder zusammenklappen, Baden, Anziehen, Sachen packen. Die übliche Routine wird dadurch erschwert, dass ich dabei ständig in mein Zimmer muss, die Katzen aber nicht mit rein lassen darf. Ich muss Nimbin ungefähr jedes Mal rausschmeißen, während Noosa immer noch beleidigt irgendwo in der Wohnung versteckt bleibt und erst rauskommt, nachdem ich längere Zeit im Bad war.
Dann ist alles fertig und ich setze mich für Französisch und Italienisch nochmal auf den Balkon. Danach gibt es Mittagessen.

Als die Mitbewohnerin sich für die Spätschicht fertig macht, klatschen wir nochmal ab – wenn ich am Montag Abend wiederkomme ist sie bereits weg, wir sehen uns so zwei Wochen nicht. Nochmal ein Liebstentelefonat und dann mache ich mich auf den Weg. Mit Rucksack und Beutel zur Tram, mit der Tram zum Alex. Dort eine Horde Polizei umschiffen, die Teile des Bahnhofs abgesperrt hat, in die S-Bahn hüpfen und am Hauptbahnhof wieder aussteigen.
Da wir den ganzen Abend unterwegs sein werden, kaufe ich uns ein fürstliches Mahl im „Prêt“ – je ein Sandwich, ein Nachtisch, ein Getränk und ein Tütchen Chips. Da es nach Tschechien geht, auch noch je eine Flasche Bier im REWE. Noch kurz warten am Gleis, dann fährt der Eurocity ein und bringt bequeme Sitze, viel Bewegungsfreiheit und klasse WLAN mit. Ich tröte darüber auf Mastodon und erlange viel Zuspruch. Am Südkreuz steigt der Liebste zu und ab da wird’s gemütlich. Wir erzählen, lesen, essen Sandwiches (Club für ihn, Hühnchen-Avocado für mich) und Nachtisch (Zitronen-Cheesekcake-Mousse-au-Chocolat für ihn, Kokos-Chia-Maracuja für mich), lassen Brandenburg und Sachsen an uns vorbeiziehen, ärgern uns über eine Männersauftruppe, die aber zum Glück in Bad Schandau aussteigt um zu wandern, und dann geht’s hinüber ins Böhmische – zum ersten Mal für den Liebsten.
Gute anderthalb Stunden später und kurz nach Sonnenuntergang erreichen wir Prag. Während es langsam dunkel wird laufen wir durch eine einzige große Partyzone – ein Passant nennt es passend „den Prallermann“ – durch die Innenstadt, über den Wenzelsplatz („Václav got to do with it?“), durch die Altstadt und zu unserem Hotel nahe der Moldau. Direkt gegenüber sitzen mein Bruder, seine Freundin und deren Schwippcousin nach ersten Prager Erkundungen, böhmischem Essen und böhmischem Bier in einer fancy Cocktailbar. Wir bekommen unsere Zimmerkarten und das dazugehörige Zimmer gezeigt und gehen wieder runter zur Bar, die leider weder genügend Sitzplätze noch Bier für uns hat.
Dir anderen wollen eh bald ins Bett, also drehen der Liebste noch eine kleine Runde um den Block, entscheiden uns gegen Bier drinnen und für einen lauschigen Platz draußen und landen so bei einem Italiener. Es ist Bellini o‘clock, dazu gibt’s Käseplatte für den Stil und das dolce vita.

Kurzer Flashback nach Venedig damals. Ich schicke auch Fotos an meine ehemaligen Kolleg*innen, die ich letztes Jahr in Prag treffen wollte, was dann nicht mehr geklappt hat, und bekomme prompte liebe Antworten. Der Liebste kommt dann doch noch zu seinem Bier, denn er trinkt schneller als ich. Hinterher spazieren wir noch kurz zur Moldau und blicken auf Burg und Karlsbrücke.

Dann geht es in die Heia. Kurz vor knapp fasse ich noch beherzt mit dem Daumen in meinen Rasierer (der fies in meinem Kulturbeutel lauert) und säble mir ein paar Hautschichten ab, was ordentlich blutet. Mangels Verbandsmaterial improvisiert der Liebste mir einen Druckverband aus Watte-Pad, Klopapier und Haargummi und dann ist gegen Mitternacht wirklich Schlafenszeit.
