Der Plan war, noch länger zu schlafen als gestern und mich den Tag über viel zu schonen, damit ich abends durchhalte um 1 die Shout Out Louds angucken kann, die das ausschlaggebende Argument für mich waren, auch dieses Jahr wieder zum Immergut zu fahren (sie und dass es eben das 25. ist). Tja, dicker Hals und schmerzendes Schlucken machen den Plan zunichte, ich bin wieder gegen 8 wach und gehen 9 treibt mich die Hitze aus dem Zelt (es sind 18 Grad, aber halt Sonne auf Zelt). Ich verlege mich aufs Symtom-Management und hole mir am Kaffeestand einen Ingwer-Zitrone-Tee und einen doppelten Espresso, dazu noch zusätzliche Zitrone am Zelt, außerdem Schmerztablette und normales Festivalfrühstück. Einer der Mitreisenden versorgt mich noch mit Vitamin C und Zink in rauhen Mengen. In der Kombination macht das alles in etwa die Wirkung von Aspirin Complex und ich fühle mich gestärkt.
So kann ich wie geplant aufbrechen zum Spaziergang durch den Wald hin zum Fußballturnier. Fiete und Schiete sind als Moderation angesagt aber wie schon letztes Jahr ist einer von beiden beruflich in Brüssel und wird nur zwischendurch per Telefonschalre involviert. Mit dem anderen, der ja auch mein Duolingo-Kumpan ist, schaffe ich zwischen Musik und Moderation ein kurzes Gespräch, bei dem er Mückenspray verweigert. Erschlagene Mücken werden eingesammelt und via Dose demnächst mit ins Mökki nach Lappland genommen, wo der Herr aus toten Mücken Kunst macht. Neben dem Zuhören nutze ich den Aufenthalt am Stadion wie immer vor allem für die örtlichen Annehmlichkeiten – es gibt ein Wasserklosett und angemessenen Internetempfang.
Nachdem die Kindermannschaft im Siebenmeterschießen souverän den fünften Platz verteidigt hat und nur noch das Spiel um Platz 3 und das Finale anstehen, mache ich mich langsam auf den Rückweg. Der Plan ist, sich nochmal drei Stunden hinzulegen und dann erst ab 18 Uhr auf dem Gelände zu sein. Für eine gute Stunde klappt das auch, ich lese und döse immer wieder weg. Dann aber wird es auf dem Zeltplatz zu laut und hektisch und im Zelt zu heiß. Ich fülle meine Wasserflasche nochmal für heute Nacht auf, packe meine Sachen fürs Gelände zusammen und treffe auf dem Weg dahin nochmal eine alte Bekannte aus Rostock.
Dann suche ich mir ein ruhiges, schattiges Plätzchen auf dem Gelände, lausche der dargebotenen, ruhigeren Musik und lese einfach dort weiter. Wie schön, dass es solche Orte gibt, an denen alle einfach ihren Bedürfnissen nachgehen, nett zueinander sind und niemand komisch guckt. Allerdings fehlt halt doch der eingeplante Nachmittagsschlaf. Irgendwann hole ich mir für den zweiten Koffeinkick des Tages einen Chai Latte und noch ein wenig später Falafel mit Reis und Salat.

Laura Lee & The Jettes sind die erste Band, die ich mir ganz bewusst (und sogar teilweise im Stehen an der Bühne) ansehe. Danach ist aber direkt wieder sitzen angesagt. Je später der Abend, desto mehr vernebelt mein Kopf, die Halsschmerzen haben sich ein wenig beruhigt (vor allem, seit ich die ganze Zeit Kaugummi kaue und so minzigen Speichel da lang schicke), dafür fängt inzwischen die Nase derbe an zu laufen und die Nebenhöhlen gehen zu.

Ich treffe eine alte Berliner Freundin wieder, die ich seit einigen Jahren irgendwie nur noch auf dem Immergut sehe (die ehemalige regelmäßige Minigolfrunde hat sich irgendwann aus den Augen verloren) und wir haben uns viel zu erzählen. Dann spielt Erobique und ich schaffe sogar ein bisschen Tanzen. Danach muss ich mich wieder setzen und mir wird langsam klar, dass ich mir Shout Out Louds abschminken muss. Vorher spielen noch zwei andere Bands und ich bin jetzt schon völlig durch. Während Isolation Berlin auf der Bühne stehen, gebe ich resigniert auf und kehre über den Umweg zum Kompostklo ins Zelt zurück. Um 23 Uhr mache ich die Augen zu, denn zwischen Shout Out Louds und mir liegen noch zwei Stunden, zwei Zeltplanen und ein DJ-Set, so dass ich definitiv nichts davon werde hören können. Verdammter Mist. Der Rest ist Nebel.