29.04.2025 – Nach-Wahl-Jetlag

Es ist schwierig zu definieren, wann gestern aufhört und heute anfängt. Ich bin zwar deutlich beruhigter, als feststeht, dass Carney die Wahl gewinnt und nicke immer mal wieder ein, aber die Übertragung läuft weiter, in der Hoffnung, dass irgendwann klar ist, ob es eine Mehrheitsregierung wird. So dringen Reden von Carney, Poilievre, Blanchet und Singh in meinen Halbschlaf durch, ohne dass ich allein anhand der Stimmen und Worte direkt zuordnen könnte, wer was sagt. Irgendwann ist die Nacht unverkennbar vorbei, die Katzen haben Hunger, der Liebste ruft an, die Wahl ist noch längst nicht ausgezählt.

Aber immerhin – Kanada geht nicht sofort in den Trumpismus und demnächst in die USA über, sondern wendet sich hoffentlich noch stärker den kanadischen Werten und der Anbindung an Europa zu. Das ist ganz allgemein gut, ich profitiere davon aber auch ganz egoistisch persönlich. Schade ist, dass für diesen Erfolg die Neuen Demokraten extrem marginalisiert wurden, aber immerhin werden sie als Mehrheitsbeschaffer gebraucht werden und irgendwann kommt ja dann hoffentlich der Backlash vom Backlash.

Zum Glück habe ich heute wenig Verpflichtungen, nach dieser Nacht bin ich äußerst matschig und lasse es ruhig angehen. Zum Frühstück gibt es Crowdfarming-Orangen und -Blaubeeren (im Getränk bzw. im Müsli) und dazu Espresso Tonic auf Eis – dann ist das Tonic rechtzeitig alle, bevor heute Abend die neue Getränkelieferung kommt.

Ich verbringe den Vormittag auf dem Balkon, erst mit den üblichen morgendlichen Dingen, dann bei einem Online-Workshop. Die Sonne ballert wieder, so dass Nimbin seinen Kopf extra in den Schatten legt, während er ihr den Bauch entgegen streckt.

Als es draußen frisch wird, gehe ich zurück ins Bett, gucke nochmal die Reden der Parteispitzen nach, freue mich darüber, dass Poilievre sogar seinen Parlamentssitz verloren hat, lese Reaktionen (ernsthafte und witzige) und wundere mich über diejenigen Kanadier*innen, für die dieses Ergebnis quasi das Ende von Kanada ist, weil die Liberalen jetzt in vierter Amtszeit regieren und kein echter Wandel in Sicht ist. Wäre ihnen der Wandel „51. Staat“ lieber gewesen? Ähnlich wie überall sonst auf der Welt ist das Land polarisiert und eine Hälfte lebt in einer alternativen Faktenlage. Macht mich immer wieder nachdenklich, weil erstens unklar ist, wie das je wieder anders werden kann und zweitens, ob es nicht Themen gibt, bei denen ich selbst in der falschen Filterblase stecke. Denn die sind ja genauso davon überzeugt, dass sie Recht haben, wie ich auch. Schwierig und eine große Lernaufgabe für uns alle, da zugewandt und freundlich zu bleiben und gemeinsam zu Lösungen zu finden.

Zum Mittag (und auch zum Abendessen) gibt es Reste, es ist noch Ofengemüse, dazu eine schon abgelaufene Packung Flusskrebssalat, die ich aus Neugierde gekauft hatte. Schmeckt lecker.

Ich gucke Étoile zu Ende und habe Spaß an der Machart, den Dialogen, der Palladino-Haftigkeit von allem, die Geschichte selbst nimmt mich hingegen wenig mit. Aber Staffel 2 ist wohl schon bestätigt, vielleicht wird das ja noch, auf einer Meta-Ebene macht es jedenfalls viel Spaß und ich merke, dass ich bei den französischen Passagen die Untertitel immer weniger brauche, das ist auch gut. Völlig erratisch übrigens, wann französische Charaktere mit einander Französisch reden und wann Englisch. Manchmal gibt es Erklärungen („Wir wollten doch Englisch üben!“ „X kommt aus Y und spricht kein Französisch“), mal nicht.

Passend zum Sprachwirrwarr und dem Politikthema schaue ich danach direkt noch Konklave. Auch hier bin ich erstaunt, wie viel ich vom Italienischen, Spanischen und Lateinischen ohne Untertitel mitbekomme. Und dann, wie ich es bis heute geschafft habe, ohne dass mir das Internet zwei Plottwists gegen Ende gespoilert hat. Sehr schön.

Zwischendurch kommt die Getränkelieferung und die leeren Kästen sind auch wieder weg. Ab jetzt wieder Sprudelwasser für Mixgetränke, Ginger Ale für die kanadischen Momente im Leben, Tonic für fancy drinks und Mate für die Produktivität, von der heute ja eher weniger vorhanden ist. Der Bierkasten war noch halb gefüllt, das wird hier eher seltener konsumiert.

Zum Ende des Tages dann noch die Sing-meinen-Song-Folge mit Paddy, was fürs Herz sozusagen, auch wenn ich die B.O.A.T.S.-Geschichten alle schon kenne. Heute besonders überrascht von Mieze und Finch, bin gespannt auf deren Sendungen.

PS: Abends noch eine zweite Duolingo-Session eingelegt, weil ich da jetzt einen Friends-Quest mit einer Neunjährigen habe und Boden gutmachen wollte.

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