09.04.2025 – Leben auf 81 Quadratmetern

Also bis auf die 13, die im Zimmer der Mitbewohnerin sind, da lebe ich aktuell ja nicht. Ja, es ist immer noch Lockdown-Modus hier. Morgen geht’s wieder zum Orthopäden, das wird der erste Ausflug ins Draußen seit neun Tagen und ich bin zuversichtlich, dass er meine Heilungsbemühungen zu schätzen wissen wird.

Ansonsten hätte ich in den letzten Tagen beinahe darüber geschrieben, wie gut und viel ich derzeit schlafe, trotz Unterbrechungen. Zum Glück habe ich das nicht, gejinxt habe ich es trotzdem. Es wird wohl am Besuch liegen, dass die Katzen eher aufgeregt sind und etwa jede Stunde jemand meine Aufmerksamkeit haben will. Sehr stückelige Nacht heute also und durch einen frühen Wecker dann auch sehr kurz. 8:30 habe ich ein Webinar und da ich mir eine gemütliche Morgenroutine angewöhnt habe, klingelt der Wecker eine Stunde vorher (ganz entspannt wären zwei). Erst nach den 90 Minuten folgen dann das obligatorische Morgentelefonat mit dem Liebsten und die Bloggerei.

Danach ist Frühstückszeit. Ich mache mir tun ersten Mal Dalgona Coffee (wenn schon Lockdown, dann richtig). Dazu gibt es aufgewärmte Croissants aus der Lieferung gestern (leicht plattgedrückt aber sehr lecker) mit Holunderkonfitüre und einen Apfel. Auch bei 9-11 Grad ist es in der Sonne auf dem Balkon warm genug fürs Draußensitzen im T-Shirt. Ballert die Sonne neuerdings stärker oder direkter oder bin ich mit dem Alter empfindlicher geworden? Ich bleibe noch während Französisch und Italienisch draußen, dann zieht sich der Himmel langsam zu. Schnell was langärmeliges drüber ziehen und dann säe ich noch eben eine Runde Bienenwiese aus, im Großteil der verbliebenen Blumentöpfe.

Als Nächstes dann Lebensmittelverarbeitung. Teil der Lieferung gestern waren Kräuter für Frankfurter Grüne Sauce, ich erkenne Petersilie, Sauerampfer, Schnittlauch und Petersilie und dann ist noch eins dabei, das aber laut Recherche weder Pimpernelle noch Borretsch ist. Egal, wird schon schmecken. Ich putze die Kräuter, friere Petersilienstängel für zukünftige Italienisch-Kochereien ein, hacke die Kräuter, gebe Joghurt, Sahne, Senf, Zitrone, Pfeffer, Salz, Muskat und klein gehacktes Ei dazu und stelle das alles in den Kühlschrank.

Nächster Programmpunkt ist die Aufzeichnung eines Webinars, das ich wegen Terminkonflikten verpasst habe. Mitten rein kommt die Ankündigung über die Einigung zwischen CDU und SPD. Also schaue ich mir danach direkt die Pressekonferenz dazu an und lese dann den Koalitionsvertrag – erst sehr gründlich, dann nur noch überfliegend. Um die Feinheiten dürfen sich die Journalist*innen und Expert*innen kümmern, mich interessieren vor allem der Ton, interessante Formulierungen und natürlich die Aufteilung der Ministerien. Ich schicke dem Liebsten Screenshots zu für ihn wichtigen Themen und erinnere mich immer wieder, dass das nur ein Koalitionsvertrag ist, dass nichts davon ab demnächst gilt und dass die Zeit zeigen wird, was tatsächlich angegangen und umgesetzt wird.

Um mich trotzdem nicht zu sehr dabei aufzuregen gibt es Früchtetee und Mohnschnecke – ein bisschen Opium kann nicht schaden.

Irgendwann zwischendurch kommt der Besuch aus dem Zimmer und Noosa ist wieder außergewöhnlich mutig, sie bleibt einfach auf mir sitzen und lässt sich stoisch aus der Ferne bewundern. Heute Morgen ist sie sogar einfach zur Küche spaziert, um den Besuch zu beobachten. Das darf das Teilzeitkind nie erfahren, wenn es hier ist, ist Noosa unter meinem Bett und kommt nur raus, falls das Kind irgendwann schläft. Dann teilen sie sogar gerne ein Bett, bis zu dem Moment, wo das Kindelein sich das erste Mal rührt und Noosa wieder ein Geist wird. Selbst der Hase, der hier ja immerhin fünfeinhalb Jahre gewohnt hat, kriegt Noosa nicht mehr zu Gesicht, wenn er kommt. Wählerisches Miez. Nimbin ist da ganz anders, schon immer furchtloser und in letzter Zeit geradezu übergesellig, jeder neue Mensch könnte ja potenziell was zu essen dabei haben…

Am Abend gibt es dann weitere Folgen The White Lotus und Pellkartoffeln zur Grünen Sauce. Sehr lecker, obwohl ich der Versuchung widerstehe, Leinöl drüber zu kippen. Das wäre evtl. eins der Gerichte, mit denen ich den ehemaligen pakistanischen Mitbewohner doch noch überzeugen könnte, dass deutsches Essen nicht langweilig schmeckt (Es gab da eine lange Diskussion über Gewürze vs. Kräuter). Wahrscheinlich würde er aber trotzdem noch Chili oder wenigstens Gewürzketchup drüberkippen…