30.03.2025 – Hause, Hause

Ich wache nur erst gegen 7 auf, weil sich meine Uhr des Nächtens vorgestellt hat – der Liebste liegt auch schon wach und liest, bald darauf rührt sich das Teilzeitkind und er traut sich, aufzustehen und die Kaffeemaschine anzuschmeißen. Gemütliches Herumsandeln im Bett, dann hinunter zum Hotelfrühstück mit Liebstenschwester, Liebstenschwestermann und Nifftenkind. Heute ohne Hemmungen, denn der Tag wird lang.

Hinterher heißt es Sachen packen, Auschecken und zu den Liebsteneltern fahren. Wir sitzen und erzählen noch kurz, machen ein paar Fotos und ein paar Pläne und dann steigen Team Berlin und Team Bremen (Rot 1 und Rot 2) in die jeweiligen temporären Autos und machen sich auf den Heimweg. Team Berlin lässt sich dabei wie gewohnt vom Känguru begleiten. Vermutlich wegen der A100-Sperrung werden wir am Ende einmal komplett über den nördlichen Berliner Ring geleitet, begleitet von einem veritablen Starkregenereignis. Ich manifestiere mir ein Aufhören des Regens für den Moment, als ich aus dem Auto steigen muss und siehe da – das hat Erfolg. Weniger Minuten vorher wird der Regen schwächer, Berlin sieht frühlingshaft herausgeputzt aus und als wir vor der Tür stehen ist es trocken.

Ich verabschiede das Kindelein, der Liebste trägt mir noch den Koffer hoch, dann bin ich wieder allein zuhause. Allein? Natürlich nicht, zwei kuschelige Kuschelkatzen sind sehr entzückt, mich wieder zu haben und verfolgen jeden meiner (wenigen Schritte). Ich packe meinen Koffer aus, stelle die Waschmaschine an, ziehe frische Bettwäsche auf und stelle mir eine Lebensmittellieferung für morgen zusammen (Ziel ist weiter, möglichst wenig zu laufen und dem Fuß Gelegenheit zum Abschwellen und Heilen zu geben…). Dann bestelle ich mir Pierogi zum Abendessen und gehe die Post durch. Schönste Sendung ist die eben erschienene Novelle von Mequito, deren Entstehung ich in den letzten Monaten im Blog verfolgen konnte und die ich direkt nach meinem aktuellen Buch lesen werde.

Bis das das Essen kommt, kümmere ich mich um Duolingo und Babbel, dann schaue ich dazu und danach Fräulein Smillas Gespür für Schnee, passend zur aktuellen Wichtigkeit von Grönland (und Dänemark) in der Nachrichtenlage, der gerade in der Mediathek verfügbar ist. Kurz danach verschwinde ich recht schnell im Bett, telefoniere nochmal mit dem Liebsten und lasse mich dann von den Katzen in den Schlaf schnurren.

29.03.2025 – Sehr viel Essen

Gestern beim ins-Bett-Gehen hat das Teilzeitkind meinen Fuß nackt gesehen, heute Morgen beim Aufstehen der Liebste. Jetzt werden hier andere Seiten aufgezogen und ich habe ein striktes Schrittzielverbot bekommen. Darf nicht mehr mehr Schritte machen als der Liebstenpapa, der altersbedingte chronische Schmerzen beim Laufen hat. Nebenbei versuche ich auch, meine Schmerzmittel zu reduzieren, weil die Nebenwirkungen gewaltig sind. Trifft sich dann also ganz gut, mehr zu ruhen.

Beim Frühstücksbüffet dann auch nur zwei Gänge statt drei und danach erstmal nochmal hinlegen, bevor wir uns am späten Vormittag zu den Liebsteneltern aufmachen, die neue Wohnung bewundern und Pläne schmieden. Gegen Mittag dann geht es los aufs Land, durch grüne, blühende Landschaften (die Magnolien!) hin in ein Tal, in dem der Liebstenpapa schon seit über 70 Jahren regelmäßig zum Essen einkehrt. Als erstes kommen große Terrinen Suppe auf den Tisch, dann Hauptgerichte à la carte, eine große Schüssel Salat und am Ende Kabinett-Pudding mit Vanillesauce. Dazu lokaler Apfelsaft aus dem Tal.

Die Hauptgerichte werden von einem Servierroboter in Katzenoptik gebracht, ist halt doch das 21. Jahrhundert. Nach dem Essen ist erstmal Mittagsruhe. Die Fußlahmen liegen und schlafen, die anderen schwimmen und saunieren. Am frühen Abend dann wieder Sammeln und Fahrt zum nächsten Lokal aus Kindertagen des Liebstenpapas. Hier gibt es unter anderem Altbierbowle, Rinderbrühe, verschiede Pfannkuchen und Stippmilch mit Früchten.

Und dann halt wieder liegen und schlafen. Irgendwer muss das ja auch alles verdauen…

28.03.2025 – En Famille

Ich wache auf, als das Nifftenkind in die Kita gebracht wird und wechsle bald darauf vom Gästebett auf das Sofa. Der Vormittag verläuft sehr chillig und mit viel weniger Bewegung als die letzten Tage – der Fuß freut sich. Am frühen Nachmittag beladen wir das Auto, holen das Nifftenkind aus der Kita ab und fahren ein Stück nach Süden, also ganz in den Westen, in die Stadt der Liebsteneltern. Wir checken im Stammhotel ein und während die anderen den Pool frequentieren, wage ich die erste Duschung seit dem Sturz und erhole mich danach bei einer Folge Valeria.

Dann ist es auch schon Zeit fürs Abendbrot – die Liebsteneltern treffen ein, der Liebstenpapa empfängt Huldigungen und Gratulationen („Mit 88 Jahren…“) und wir gehen ins Restaurant. Es gibt einen Tinto de Verano für die volljährigen Damen, dann für mich Erbsen-Kokos-Suppe, Pasta mit Spinat-Tahini-Sauce und Pecannuss-Crunch und Sanddorn-Parfait mit Mango-Ragout.

Währenddessen verfolgen wir das Näherkommen vom Liebsten und dem Teilzeitkind, die sich über die Autobahn herantasten. Die letzten 20 Minuten beobachtet der Liebstenpapa en detail über Live-Standort – auch mit 88 noch Neues entdecken, so wichtig! Auch die beiden bekommen nach ihrer Ankunft noch etwas zu essen. Bald danach bricht die Ü80-Generation auf und die U6-Generation geht ins Bett. Der Rest bleibt noch ein wenig sitzen und verteilt sich am Ende auf Betten bzw. Kneipentheke. Traditionen müssen sein.

27.03.2025 – Nordsee, Elbe, Weser

Der Wecker klingelt schon halb 6, damit ich genug Zeit habe, wach zu werden, Schmerzmittel zu nehmen, mich anzuziehen und meine Sachen zu packen – alles mit Handicap. Halb 7 klettere ich die Treppe runter und bin die Erste beim Frühstück – aber nur kurz, es reisen noch andere Gäste heute ab und die nächste Fähre geht erst morgen Nachmittag. Alle sind bemüht freundlich trotz der frühen Stunde, aber alle lehnen das angebotene Spiegelei ab. Während ich esse, wird mir mein Koffer runtergetragen.

Kurz nach 7 breche ich dann auf zum Kai, der Weg kommt mir ganz schön lang vor – den bin ich vor ein paar Tagen mit noch viel Schmerzen als jetzt echt gegangen? Uiuiui. Ich gebe den Koffer ab, schlurfe die Gangway hoch und setze mich auf den gleichen Platz wie auf der Hinfahrt. Bis die Fahrt losgeht und das Internet weg ist, schaffe ich es noch zu bloggen, Französisch und Italienisch zu machen. Dann höre ich die ganze Fahrt über Bela B. im Hotel Matze zu und gucke einfach aufs Wasser.

Abfahrt
Ankunft

Nach dem Anlegen in Cuxhaven, das früher stattfindet als erwartet, habe ich genügend Zeit bis mein Zug fährt und ich nehme den langen Weg um den Deich herum zum Bahnhof – nochmal einen tadelnden Blick auf die Treppe werfend, die meinen Fuß kaputt gemacht hat. Am Bahhof sitze ich noch eine Weile in der Sonne und telefoniere dann auch zum ersten Mal heute mit dem Liebsten. Dann kommt der Zug, der mich von der Elbe an die Weser, zunächst einmal nach Bremerhaven bringt. Hier schließe ich mein Gepäck weg und setze mich dann erstmal in ein Restaurant mit typischen lokalen Spezialitäten und bestelle mir einen riesigen Grillteller mit Şiş Kebap, Hähnchen, Lamm, mit Schafskäse gefüllten Pide, Lahmacun, Couscous, Salat, Reisnudeln, Cacık und Co, dazu Tee.

Eine knappe Stunde nach mir kommt mein Bruder an. Wir fahren mit dem Bus Richtung Altstadt und Hafen, legen sein Gepäck in seiner Unterkunft ab und spazieren dann an Hafen und Weser entlang.

Zoo von außen mit Eisbär-Suchbild

Als ich eine Pause brauche, setzen wir uns erst auf eine Bank und später in ein Café – draußen, denn es ist schönstes Frühlingswetter und etwa doppelt so warm, wie zuletzt auf Helgoland. Irgendwann verabschieden wir uns und ich nehme den Bus zurück zum Bahnhof, schnappe mir meinen Koffer und nehme den nächsten Zug nach Bremen. Hier ist der Aufzug am Gleis kaputt, aber eine nette Dame trägt mir den Koffer nach unten, als sie sieht, wie ich mich mit der Schiene und dem restlichen Gepäck abkämpfe. Dann geht es mit der Tram zum Zuhause der Liebstenschwester. Ihr Mann trägt mir den Koffer hoch und dann bin ich für heute angekommen.

Es gibt Burger und Pommes zum Abendbrot, das Nifftenkind zeigt mir sein neues, fertiges Kinderzimmer, wir erzählen viel und als das Kindelein gebettet ist, öffnen wir die mitgebrachte Flasche Helgoländer Gin aus Nordseewasser, trinken einen Gin Tonic und schauen ein paar Folgen Richard Osman‘s House of Games, das einen ähnlichen Stil hat wie Only Connect, aber mit mehr Abwechslung in den Kategorien. Möglicherweise hat mich die Liebstenschwester hier schon wieder mit etwas angefixt… Gegen 11 falle ich dann aber todmüde ins Bett.

26.03.2025 – Robben und so

Heute Aufwachen und Aufstehen ohne Hektik, ich habe ja nichts groß vor und die einzige Zeitplanke im Tag ist, dass es nur bis 10 Frühstück gibt. Etwa eine halbe Stunde vorher schaffe ich es nach unten, zu einem leicht reduzierten Büffet führt – Obst ist aus. Ich lebe damit und esse trotzdem gemütlich bis kurz nach 10, dann mache ich mich bereit für den Tag, zahle die Zeche (morgen sehr früher Aufbruch) und gehe ins schöne Draußen. Passenderweise fährt dann quasi direkt jetzt eine Fähre rüber zur Düne und dann nehme ich die doch gleich! Auf den paar Metern gibt es zwischen den beiden Häfen ordentlich Wellengang, ansonsten wieder ein bisschen Venedig-Feeling. Drüben dann ganz schnell viel Einsamkeit. Das ist auch auf der Hauptinsel so: Kaum biegt man um eine Ecke, ist man so gut wie alleine – sehr angenehm.

Ich laufe humpele etwas ziellos über die menschenleere Insel und gucke mir an, was mir über den Weg läuft. Eine Ferienbungalowsiedlung, ein saisonal verlassener Minigolfplatz, ein Flugplatz (Immer diese Angst, dass plötzlich Friedrich Merz landet…) und der Friedhof der Namenlosen, auf dem vor allem an die Toten gedacht wird, die das Meer sich geholt hat.

Es gibt aber auch eine Stele für ehemalige Teilnehmende an der legendären Rock’n’Roll Butterfahrt, von den Namen erkenne ich zumindest Wölli, was mich daran erinnert, dass eine meiner ersten „Begegnungen“ mit Helgoland (außer den Büchern von James Krüss) in 3 Akkorde für ein Halleluja war…

Als letztes laufe ich dann doch noch an den Strand – erst hatte ich Respekt vor dem Sand mit meiner Schiene, aber der ist zumindest am Rand doch erstaunlich fest, so dass ich doch noch den Seelöwen und Kegelrobben „Hallo“ sagen kann, für die die Düne bekannt ist. Die liegen da ganz entspannt rum und lassen sich von den Tourist*innen nicht stören.

Als ich genug geguckt habe, nehme ich die Fähre zurück und kehre in einem Buddenbohm-approveden Café ein. Es gibt Friesentee und Buch, später wird mir noch ein Latte Macchiato geschenkt (die Maschine macht zu Saisonbeginn noch Probleme und muss ausgiebig getestet werden) und ich gönne mir noch ein Stück Apfelkuchen mit Streusel. Danach laufe ich noch ein wenig durch das Unterland, kaufe ein paar Mitbringsel, stelle fest, dass auch der Minigolfplatz auf der Hauptinsel heute nicht besetzt ist und kehre schließlich ins Hotel zurück.

Hier halte ich erstmal einen ausführlichen Nachmittagsschlaf. Dann ist es Zeit für anderthalb Stunden politisches Webinar, zu dem ich die Reste Chips, Limo und Kekse als Abendbrot vertilge und dann noch ein paar Folgen Valeria. Und dann ist auch schon Schlafenszeit, denn morgen klingelt der Wecker unanständig früh!

25.03.2025 – Humpelpumpel, Klippenrundweg, Labskaus

Ich wache sehr früh auf, habe aber trotz Beinschiene und neuer Umgebung erstaunlich gut geschlafen – war wohl doch alles ganz schön viel gestern. Sobald es ans Aufstehen geht, wird die Schiene dann aber doch eine Herausforderung und verlangt einiges an Logistik und Koordinationsvermögen, vor allem, weil ich noch keine Schmerzmittel genommen habe, was ich sofort nachhole. Die Schuhe anziehen ist ein Akt, da das Leder vergleichsweise steif ist, die Treppe runter tut ordentlich weh. Aber dann bediene ich mich (langsam) am Frühstücksbüffet, bekomme ein Spiegelei gebraten und gucke aufs Wasser. Es wird.

Die Treppe hoch geht dann schon besser, ich muss also darauf achten, immer rechtzeitig die Tabletten einzuwerfen. Ich packe mir einen Rucksack für den Tag und gehe fast direkt wieder raus – erstmal zur Apotheke und somit das Wichtigste des Tages erledigen. Inzwischen laufe ich schon runder, ein Hoch auf die Pharmaindustrie. Mit dem Fahrstuhl geht es wieder hoch ins Oberland, die Apotheke ist offen, die Medikamente sind vorrätig, alles super. Und jetzt?

Ich beschließe, einfach auf Verdacht ein bisschen los zu laufen. Gefühlt alle 100 Meter steht eh eine Bank, auf der man sich ausruhen und aufs Meer gucken kann. Relativ schnell entdecke ich den Wegweiser zum „barrierearmen Rundwanderweg“ und damit ist mein Schicksal erstmal besiegelt.

Ein paar Stunden ist noch Sonne angesagt und gegen die Windböen hilft eine Windjacke. Langsam aber stetig arbeite ich mich den Klippenrundweg voran und begucke mir die See, die roten Felsen, die grüne Fauna und die vielen Vögel. Immer schön langsam und mit Pausen an vielen, aber nicht allen Bänken. Die Fotos sind nicht alle gerade, aber ich bin zu faul, das jetzt im Nachhinein zu korrigieren.

Und plötzlich bin ich schon fast um die Insel herum und stehe in einer Kleingartenkolonie, durch die der Weg wieder zurück in den Ort führt. Sogar Feigen wachsen hier!

Jetzt ist mir auch langsam nach längerem Sitzen. Ich kehre zum Hotel zurück und setze mich mit Buch und Kakao auf die Terrasse, bis die Sonne weg ist und es zu kühl wird.

Dann wechsle ich nach drinnen in den Frühstücksraum, trinke Tee, esse Jaffa Cakes und schaue mir weite Teile der Eröffnung des neuen Bundestags auf dem Handy an – Eröffnung der Sitzung, erster Antrag der AfD zur Tagesordnung, Rede von Gysi (hatte mir mehr erwartet), Wahl von Klöckner, Rede von Klöckner (in weiten Teilen weniger schlimm als erwartet). Dann zieht es mich nochmal nach draußen, die Schuhsituation braucht Optimierung. Im Schuhgeschäft lasse ich mich kompetent beraten und dann finden wir ein Paar einfache Sneaker, in die die Schiene besser reinpasst, als in meine ledernen und mit denen ich die nächsten Wochen hoffentlich gut überstehen werde. Trotz entfallender Mehrwertsteuer auf der Insel ein recht teurer Spaß, aber was will man machen, ich lasse sie gleich an.

Dann klettere ich wieder die Treppen hoch in mein Zimmer, warte den stärker werdenden Regen ab und lese ein wenig, bis der Abendbrothunger sich deutlich meldet. Gut verpackt mit Regenjacke geht es dann nochmal hoch ins Oberland, ins gleiche Restaurant wie gestern, auf den gleichen Platz an der Theke wie gestern. Die Bedienung ist auch die gleiche und erkennt mich natürlich wieder. Heute esse ich dann endlich den seit Tagen anberaumten Labskaus.

Schon witzig, wie dieses Gericht Kreise zieht. In Liverpool habe ich auch schon Scouse gegessen, dort heißt eine ganze Stadtbevölkerung samt Dialekt so. Fast die gleichen Komponenten, aber sehr andere Zubereitung:

Die Konsistenz der Liverpooler Variante sagt mir mehr zu, der norddeutsche Labskaus hat eher die von Babybrei. Selbst gemacht (und damit gestampft statt püriert) ist das aber auch sehr lecker, davon habe ich auch noch irgendwo ein Foto, das ich aber so schnell nicht finden werde.

Zum Nachtisch gibt es mit Zabaglione gratinierte Himbeeren in einer riesigen Portion, die überraschend lecker sind. Zabaglione gratinieren bringt eine ganz erstaunlich teigige Konsistenz, unbedingt nachahmenswert.

Nach dem Essen geht es langsam aber auf dem schnellsten Weg zurück ins Hotel, das Schrittziel ist trotz Humpelei wieder deutlich überschritten. Den Rest des Abends über schicken der Liebste und ich uns Pete-Hegseth-Memes hin und her und dann heißt es wieder sehr früh Schlafenszeit.

24.03.2025 – Überfahrt mit Hindernissen

Also, dieses Gummibärchen gestern (Der Freundeskreis Spannungsbogen darf sich heute über mehrere Bogenschleifen freuen…), das hat mir doch tatsächlich wieder die Teilkrone aus dem Gebiss gezogen, die wir doch gerade erst wieder mühsam eingesetzt hatten. Natürlich nach 21 Uhr an einem Sonntagabend in einer fremden Stadt, bevor ich am Morgen auf eine Fähre steige, um wo hinzufahren, wo es gar keinen Zahnarzt gibt. Hier ein paar Flüche vorstellen. Ich recherchierte schnell, stellte fest, dass ich den eigentlich vorhandenen Notdienst um zwei Stunden verpasst habe und dass aber eine Praxis zwischen mir und dem Fähranlieger liegt und die in der Theorie früh genug aufmacht, schrieb da eine E-Mail hin, schmiss meine Planung für den Morgen um und ging sehr früh schlafen.

Der Wecker hätte dann um 6 geklingelt, aber unter den Voraussetzungen bin ich natürlich vorher wach. Schnell die Nachrichtenlage checken, bloggen, anziehen, Koffer packen und dann tapere ich zum Frühstück hinunter. Schon wieder an ein Loch im Zahn angepasstes Essen – ich entscheide mich für ein gekochtes Ei, Rosinenstuten mit Käse, eine Banane, einen doppelten Espresso, einen Kräutertee und Apfelsaft. Die Getränke gehen alle nur in kleinen Schlucken und am besten eher lauwarm vong Temperatur her. Ich brauche aber auch dringend was in den Magen für die Überfahrt nachher. Also rin damit, dann auschecken und rüber zur Zahnarztpraxis.

Ich bin eine Viertelstunde vor Öffnung da und damit die erste Patientin. Man hat meine E-Mail gelesen und es wird alles klappen – allerdings gibt es vorher noch ein paar Patient*innen mit Termin. Ich warte dann aber nichtmal eine halbe Stunde, dann werde ich kompetent und schnell verarztet – anders als bei meiner Zahnärztin neulich sogar ohne Zuzahlung. Hoffentlich hält es diesmal länger, wenigstens, bis ich wieder in Berlin bin wäre schön. Wieder draußen telefoniere ich erleichtert mit dem Liebsten und rollkoffere dann freudig zum Fähranleger. Den Deich hoch ist noch kein Problem, den Deich entlang auch nicht, die Treppe den Deich hinunter ist dann wieder für den Spannungsbogen. Bei der vorletzten Stufe rutsche ich irgendwie ab, oder vielleicht auch nur der Koffer und ich hinterher – es ist unklar – und verdrehe mir irgendwie den Fuß. Hätte ich mal die Wanderschuhe angezogen, denke ich mir.

Ich sitze kurz und sammle mich und horche in den Fuß hinein. Der tut ein bisschen weh. Ich beruhige mehrere besorgte Menschen um mich herum und stehe dann wieder auf, als ich genug Kraft verspüre, um den Rucksack auf dem Rücken mit hochzukriegen und mich dabei auf den Koffer zu stützen. Die letzten Meter zur Fähre gehen ganz OK, aber mit zunehmenden Schmerzen. Verdammte Axt. Bei meinen Recherchen gestern habe ich gesehen, dass es auf der Insel keinen Zahnarzt gibt, aber zumindest eine Klinik. Von daher ziehe ich jetzt durch. Koffer abgeben, die Gangway hoch humpeln und dann erstmal einen bequemen Platz mit Blick aufs Wasser suchen, an dem ich den Fuß hochlegen kann (der wehe Arm wurde auch wieder in Mitleidenschaft gezogen, aber beruhigt sich dann relativ schnell wieder).

Bis die Fahrt losgeht, habe ich noch Zeit, mir in der Kombüse ein Kühlpack zu besorgen. Damit behandle ich den Fuß so gut es geht während der Überfahrt, bequem ist aber anders. Wenigstens ist die See sehr viel ruhiger als befürchtet. Nach einer Weile habe ich mich soweit beruhigt, dass ich erst Duolingo und Babbel machen kann und dann sogar mein Buch weiterlese. Die Schmerzen halten sich auch in Grenzen, vielleicht ist ja alles nur halb so schlimm.

Nope, es ist doch ganz schön schlimm, merke ich, als ich nach dem Anlegen in Helgoland plötzlich wieder laufen muss. Jetzt ist wirklich jeder Schritt eine Tortur und außerdem kann ich nicht rund laufen, sondern muss mich in kleinen schmerzhaften Tippelschritten voranbewegen. 750 m sind es zum Hotel, ich mache einige Pausen zwischendurch.

Beim Einchecken kurze Verzweiflung, dass mein Zimmer im zweiten Stock ist (kein Fahrstuhl), aber die Inhaberin bringt mir immerhin den Koffer hoch. Jetzt bin ich auch etwas traurig, dass ich um Geld zu sparen auf ein Zimmer mit Meerblick verzichtet habe. Ich sehe mich schon viel Zeit im Liegen verbringen. Wenigstens gibt es den Meerblick aus dem Frühstücksraum und von der Terrasse. Ich ruhe mich kurz aus, besehe die Füße (der linke ist deutlich dicker und färbt sich langsam blau), telefoniere nochmal mit dem Liebsten, optimiere die Schuhsituation packe mir ein Täschchen für das nächste Abenteuer: Besuch in der Inselklinik.

Die ist zum Glück nur vier Minuten zu Fuß entfernt (also mit gesunden Füßen), allerdings geht es ein Stück bergauf. Ich erwische den diensthabenden Arzt noch in Zivil, er kam eben mit mir auf dem Schiff rüber, und werde ausführlich untersucht, inklusive Röntgen. Ein Pfleger schiebt mich im Rollstuhl ins Röntgenzimmer, das ist mal ein Service! Leider kommt dabei raus, dass wohl doch ein Stück vom Sprunggelenk abgesplittert ist, scheinbar bin ich doch mit dem Knöchel an die Treppenstufe gekommen. Ich kriege eine Schiene ungelegt, die ich die nächsten 4-6 Wochen tragen soll, und außerdem genug Schmerzmittel, um bis morgen Vormittag versorgt zu sein, wenn ich es in die Apotheke schaffen muss. Der Arzt verbietet mir Sport, erlaubt aber alles andere. Ich soll bei meinen Gängen über die Insel langsam machen, Pausen einlegen und es nicht übertreiben.

Tolle Wurst, so habe ich mir den Inseltrip nicht vorgestellt! Wieder draußen hole ich mir erstmal ein Krabbenbrötchen – das spartanische Frühstück ist jetzt mehr als sieben Stunden her und die Schmerzmittel brauchen ja auch eine Grundlage. Damit sitze ich in der Sonne, gucke aufs Wasser und update die Familie. Der Liebste sagt nicht zu Unrecht, dass ich wohl einfach nicht für das Draußen gemacht bin und vielleicht zukünftig besser drinnen bleiben sollte. Mal gucken.

Mit Schiene und Schmerzmitteln geht der Rückweg etwas leichter. In meinem Zimmer angekommen lege ich mich erstmal bockig hin und ragenappe ein wenig, ich bin total erschöpft. Am späten Nachmittag dann beschäftigt mich, dass ich noch irgendwann Abendbrot essen muss und dass die nächsten beiden Tage weniger sonnig werden sollen. Also raffe ich mich nochmal auf, taste mich vorsichtig die Treppe hinunter (bergab tut mehr weh als bergauf) und gehe nochmal nach draußen. Vorsichtig laufe ich am Wasser entlang und komme am Fallersleben-Denkmal vorbei (das Deutschlandlied hat er hier geschrieben).

Bald entdecke ich den Fahrstuhl, der ins Oberland fährt. Enthusiastisch kaufe ich mir gleich eine Zwölferkarte und fahre hoch. Hier oben ist gleich die Apotheke, das ist schon mal super. Allerdings hat sie schon zu, aber ich muss ja eh erst oben hin. Daneben ist ein kleiner Lebensmittelladen (der Supermarkt hat eben schon zugemacht) und ich hole mir Snacks und Limo für den Abend und ggf. einen langen Betttag morgen – man muss ja vorbereitet sein. Wenig später sehe ich eins der bestbewertetsten Restaurants der Insel und versuche auf gut Glück einen Tisch zu kriegen. Ich darf am Tresen Platz nehmen.

Ich bestelle mir Mangosaft und Knieper und arbeite mich dann langsam aber stetig durch den Berg Krebsscheren durch. Allerdings merke ich nach der guten Hälfte, wie meine Aufnahmekapazitäten geringer werden. Das Histamin von Krabben gestern, Krabben vorhin und Knieper jetzt macht sich auch bemerkbar. Schweren Herzens lasse ich den Rest zurückgehen, werfe die nächste Dosis Schmerztabletten ein, zahle und mache mich auf den Heimweg. Das Laufen geht jetzt schon immer besser, vielleicht kann ich ja doch noch ein wenig die Insel erkunden in den nächsten Tagen. Jetzt aber erstmal ab ins Bett!

23.03.2025 – Bettenwechsel

Ein weiterer gemütlicher Morgen mit der Freundinnenfamilie. Nachdem das Baby sein Mittagessen hatte, gehen die Freundin und ich mit ihm raus und schieben es mehrfach um einen See in der Nähe. Auch am vierten Tag haben wir uns immer noch viel zu erzählen, deshalb setzen wir uns zwischendurch auch nochmal auf eine Bank.

Nach der Rückkehr heißt es Abschied nehmen, denn heute reise ich weiter. Es geht mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof, mit einem „Metronom“ nach Harburg und von da mit dem RegionalExpress über durch das Alte Land und quasi der Elbe folgend bis an ihre Mündung. In Buxtehude denke ich an die vielen Gelegenheiten, in denen Buxtehude in der Sprache vorkommt – und an einen der großen Komponisten, der damals nach Buxtehude gelaufen ist, um einen potenziellen Lehrer zu besuchen – Bach? Beethoven? Ich hab’s vergessen. In Stade denke ich an einen Bekannten aus Uni-Zeiten, der von da kam. In Hemmoor denke ich natürlich an Thees Uhlmann. Und in Cuxhaven dann an ein Mädchen, das ich 1999 auf Sprachreise in England kennenlernte. Sie trank Aloe-Vera-Saft gegen ihre Neurodermitis, erzählte einen Witz über Thunfisch und hieß mit Spitznamen wie ein orangefarbener Comic-Kater.

In Cuxhaven checke ich ein, nehme mir einen Apfel aus dem Alten Land von der Rezeption mit, bringe meine Sachen aufs Zimmer auf Deck 3 und laufe dann los, die Stadt zu erkunden.

Leider bleibt keine Zeit, um bis zum Strand zu laufen, ich sehe also weiterhin nur die Elbe, nicht die Nordsee. Dann kehre ich in einem Fischrestaurant ein und esse Abendbrot.

Kapitänsteller mit Rotbarschfilet, Matjes, Nordseekrabben und Bratkartoffeln, dazu hausgemachter Eistee
Hausgemachte Rote Grütze mit schön dicker Vanillesauce, wahrscheinlich die beste Rote Grütze meines bisherigen Lebens, Dr. Oetker kann einpacken

Dann spaziere ich im letzten Glimmen des Tages zurück in meine Unterkunft. Ich telefoniere mit dem Liebsten, schaue die letzte Folge Marzahn, Mon Amour (wirklich große Empfehlung!) und noch ein bisschen anderen Kram, esse Betthupferl-Gummibärchen, die auf dem Kopfkissen lagen (großer Fehler, aber dazu morgen mehr) und gehe sehr früh schlafen.

22.03.2025 – Mit vier Verkehrsmitteln durch Hamburg

Der Morgen verläuft wieder sehr entspannt und babylastig, heute sogar mit Badesession für das jüngste Gangmitglied. Das bleibt dann hinterher mit Papa zu Hause, während seine Mama und ich in die Stadt fahren. Mit der U-Bahn geht es nach St. Pauli und dann mit dem Fuß hoch hinaus auf den Bunker, von wo aus man einen tollen Blick über die Stadt – und ins Millerntorstadion hinein – hat.

Wieder unten spazieren wir über einen Flohmarkt und kehren dann anlässlich des Indie Book Days in eine kleine Buchhandlung ein, in dem ich meine Reiselektüre um ein weiteres Meer-Buch aus einem unabhängigen Verlag erweitere.

Weiter im Schanzenviertel gibt es ein Eis gegenüber der Roten Flora und dann nehmen wir die S-Bahn und fahren hinüber nach Altona. Hier hat die Freundin früher gewohnt und ich habe sie hier auch zweimal besucht. Wir laufen durch die alte Hood und schauen, was sich verändert hat.

Die nächste Station – den Elbstrand in Övelgönne – erreichen wir mit dem Bus. Durch den Sand und mit Blick auf echte Wellen stapfen wir bis zu einem Café, holen uns Kuchen, Brezel und Kaffee und schauen dann schwatzend aufs Wasser.

Und dann wird es so richtig Hamburg – wir nehmen die Fähre zurück elbaufwärts bis zu den Landungsbrücken, stehen oben auf Deck und lassen uns Wind und Gischt ins Gesicht wehen.

Den Heimweg bewältigen wir dann wieder mit der U-Bahn. Dann erstmal Füße hoch und ausspannen, bevor es zum Abendbrot selbst gemachte Pizza gibt.

Wir beschließen den Abend mit weiteren Folgen Marzahn, mon amour und knabbern einen spannenden nepalesischen Snack – getrocknete saure Lapsi-Beeren, die gesalzen und mit Zucker und Chili gewürzt sind. Ungewöhnlich, lecker und ein bisschen süchtig machend…

21.03.2025 – 20.797 Schritte in Hamburg

Der Morgen verläuft gemütlich und babyzentriert. Gegen 11 schaffen wir es an den Frühstückstisch und gegen 12 bin ich bereit für die Welt da draußen. Erst geht es mit der U-Bahn wieder zurück in die Innenstadt, dann laufe ich durch Speicherstadt und Hafencity hinunter an die Elbe. Nach der Alster ist heute der andere große Fluss dran.

Fast trockener Fleet
Elphi
Rickmer Rickmers, beherbergt verrückterweise einen Escape Room an Bord
Auktionshalle am Fischmarkt

Es ist wieder sonnig und warm (19 Grad!!) und trotz Wochentag ist unheimlich viel los am Wasser. Das gibt sich erst, als ich am Fischmarkt dann Richtung Stadt abbiege und durch Altona nach St. Pauli laufe. Der Beatles-Platz muss natürlich sein, dann geht es durch die Große Freiheit vorbei am Kaiserkeller und am Indra (und am Gruenspan, wo ich 2006 mal als Plus 1 auf der Gästeliste bei Danko Jones war. Das waren noch Zeiten!

Rote Flora

Zwischen St. Pauli und Schanzenviertel beginnt dann das entspannte Hamburg, wo ich mich gleich viel heimischer und zugehöriger fühle als gestern bei den Schickimickis – wobei der Liebste ja behauptet, dass in Hamburg früher selbst die Antifa posh war. Ich finds sehr angenehm, bin aber vielleicht inzwischen auch selbst viel gesetzter. Im Schanzenviertel hole ich mir ein von der Freundin empfohlenes wirklich sehr gutes Franzbrötchen (und einen Espresso Tonic), die ich dann noch übers Messegelände bis in Planten un Blomen trage. Dort esse und trinke ich auf der Wiese sitzend und lasse mich von Enten beobachten.

Überall ist Frühling ausgebrochen, alles grünt und blüht und irgendwie verging dieser Winter unglaublich schnell, finde ich. Ich laufe quer durch den Park, durch den Botanischen Garten und die Wallanlagen entlang. An einem sonnigen Plätzchen bleibe ich nochmal sitzen, lese das nächste Kapitel in der Offenen See und schlafe dabei wieder fast ein.

Im letzten Stück Grünanlage komme ich an dem riesigen befremdlichen Bismarck-Denkmal vorbei und dann stehe ich auch schon wieder über den Landungsbrücken. Ich steige in die U-Bahn und fahre zurück zu meiner Freundin. Dort riecht es bereits sehr köstlich – heute gibt es nepalesisch! Es gibt Dal Bhat (Linsensuppe und Reis) mit Hähnchen und Rettich, Gemüse (in diesem Fall einen Rest Zucchini, was eher untypisch ist) und zwei Sorten Achar, eins eher flüssig, mit Tomaten, Chili und Koriander und eins mit gekochten Kartoffeln, Gurken, Erbsen, Chili und Bockshornkleesamen. Sehr lecker alles (und ordentlich scharf).

Nach dem Essen geht das Baby ins Bett und wir großen schauen noch zwei Folgen Folgen Marzahn, mon amour, trinken alkoholfreies Bier, naschen Schnapspralinen und erzählen noch bis wieder fast Mitternacht.