23.02.2025 – Der längste Tag

Ungefähr von halb 2 bis halb 5 geschlafen (unruhig), dann aus Gründen geweckt worden (Katzen unschuldig) und wachgehalten worden. So kommt es, dass ich schon vor 5 Uhr, dem eigentlich geplanten Weckerklingeln, mit Internet leer lesen und Bloggen fertig bin. Von 5 bis 6 dann ausführlich Französisch und Italienisch und dann ist die normal geplante Aufstehzeit. Ich dusche, ziehe mich neutral-bunt an (mit beigem Blazer, ich habe ja jetzt sowas), packe meinen Rucksack, versorge die Katzen und gehe 6:40 aus dem Haus, wo es schon ordentlich dämmert, außer mir aber nur zwei Pflegedienste und einzelne Menschen unterwegs sind, die auch eindeutig nach Wahlhelfenden aussehen. 5 vor 7 bin ich im Wahllokal in der Grundschule im nahen Plattenbaugebiet (wir haben ein Klassenzimmer, das mit vielen Clowns dekoriert ist) und treffe auf den Rest vom Wahlvorstand – alles Freiwillige, drei Männer, sechs Frauen plus drei Frauen als Unterstützungspersonen.

Wir richten das Wahllokal ein, ich hänge Flaggen auf (nicht meine Komfortposition) und beschäftige mich mit Wählerverzeichnis und Wahlniederschrift. Pünktlich um 8 stehen die ersten Wählenden in der Tür. Bis etwa 13 Uhr gibt es immer nur kurze Pausen zum Luftholen und ab und zu auch längere Schlangen. Dann mache ich eine knappe Stunde Pause, esse draußen auf einem Spielplatz meinen Kichererbsensalat und vertrete mir ein wenig die Füße.

Aus Gründen bleibt das bis auf ein paar Toilettengänge meine einzige Pause an diesem Wahltag – insgesamt bin ich also gut 14 Stunden im Einsatz. Ab 14 Uhr wird der Andrang dann merklich weniger (Zeit für Spaß mit begleitenden Kindern und Hunden), aber wir haben trotzdem insgesamt eine wahnsinnig hohe Wahlbeteiligung, von denen die nicht briefgewählt haben, tauchen etwa 70% auf. Interessant ist, dass wenige die Briefwahl beantragt haben zu uns wählen kommen, weil die Unterlagen zu spät ankamen oder sie es sich anders überlegt haben – davon hätte ich viel mehr erwartet, gerade bei der kurzen Frist und im Vergleich zum letzten Mal. Außerdem: Sehr viele Alte Menschen, denen man beim Setzen und wieder Aufstehen auf die Kinderstühle helfen muss. Und: Der überwiegende Teil ist extrem freundlich und gut gelaunt. Nur ein paar Wenige kommen mit zur Faust geballtem Gesicht rein.

Wir können pünktlich um 18 Uhr die Wahlhandlung beenden und mit dem Auszählen beginnen. Dabei haben wir Besuch von einem Bürger, der uns beobachtet – vor der Kneipe gegenüber sind auch den ganzen Tag Leute, die schauen und unsere Unterstützungspersonen kommen mehrmals und bringen neue politische Sticker, die im Laufe des Tages draußen und auf den Schulklos geklebt wurden. Eigentlich geht das Auszählen zügig voran und ich freue mich schon über einen frühen Feierabend. Dann gibt es doch noch eine Diskrepanz (es geht um einen einzigen Stimmzettel) und wir müssen einiges nochmal zählen, und nochmal, bis wir ein stimmiges Ergebnis haben. Dann noch alles verpacken, fertig dokumentieren und das Klassenzimmer wieder in den Originalzustand versetzen (alle Clowns wieder in der richtigen Reihenfolge aufhängen z. B. und die komplizierte Tischordnung wieder herstellen.

Gehen halb 10 verabschieden wir uns und der Wahlvorsteher und ich bringen die Wahlunterlagen mit dem Auto zum Wahlstützpunkt tief in Weißensee – dort werden wir als letztes zugeordnetes Wahllokal von den Helfer*innen vor Ort erleichtert empfangen. Alles sieht gut aus, wir dürfen gehen, fahren zurück in den Pberg und ich laufe die letzten Meter nach Hause, nochmal Kopf durchpusten und Füße vertreten. Meine Vorahnungen zum Wahllokal in der Platte haben sich bestätigt – bei uns vor Ort hat die AfD klar gewonnen, vor den Linken, dann SPD, CDU und BSW gleichauf und die Grünen, der Rest unter ferner liefen. Und das in „Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost“ – so divers ist Berlin. Einen knappen Kilometer westlich von dieser Schule, wo ich wohne, sieht das ganz anders aus, eher so, wie man es in diesem Wahlbezirk normalerweise erwarten würde.

Halb 11 sind die Katzen gefüttert und ich liege auf der Couch, beantworte die Nachrichten des Tages, lese den Wahlabend nach und schaue mir in der Mediathek die Elefantenrunde an. Noch bevor klar ist, dass das BSW wirklich raus ist, also wieder etwa gegen halb 2, liege ich im Bett und mache die Augen zu.