Aufwachen mit dem Liebsten, also eher neben dem Liebsten, sein Schlaf geht mal wieder länger. Kurz vor dem Weckerklingeln um 9 reißt das Teilzeitkind die Tür auf und fragt, ob es wieder Eier zum Frühstück machen darf. Nach positivem Bescheid fragt es kurz danach kleinlaut, ob wir wirklich welche wollen (hier Schippchen vorstellen), denn es seinen ja nur noch zwei da… Wir verzichten großmütig. Der Liebste braucht eh erstmal nur Kaffee im Bett und ich mache mir zum vom Kindelein produzierten Avocadotoast noch einen mit Pistazien- und Biscoffcreme.

Bald danach heißt es dann schon Anziehen und ab ins Draußen. Der Liebste bringt das Teilzeitkind zum Bus, damit es den richtigen erwischt, um zu einem Kindergeburtstag auf der Schlittschuhbahn zu gelangen. Ich fahre mit der S-Bahn nach Mitte und mache den Omas gegen Rechts meine Aufwartung, die zur Kundgebung am Brandenburger Tor aufgerufen haben. Diese Demo ist kleiner als meine letzten beiden, hat aber auch nicht so viel Promo bekommen. Trotzdem sind neben den namensgebenden Omas (und Opas) auch viele junge Leute mit kreativen Schildern da.



Es wird geredet, gesungen und getrommelt und das hat auch alles etwas Rührend-Putziges. Aber egal, solange der Antifaschismus damit in noch mehr Bevölkerungsschichten getragen wird! Nach etwa einer Stunde ist die Kundgebung vorbei und die Omas (und Opas) machen sich auf den Weg, um auf Plätzen in Weißensee, Hohenschönhausen und Rudow ihre Anliegen an die Leute zu bringen. Ich laufe mit einem neuen Ohrwurm zurück zur S-Bahn: „Würde! Vielfalt! Menschenrechte! Solidarität!“
Zurück in Südberlin dann erstmal zurück ins Bett. Mittagsschlaf. Sprachen lernen. Gebloggt habe ich schon in der Bahn. Ausführliches Chillen, bis der Liebste wieder aufbricht, um einzukaufen und das Kindelein wieder abzuholen. Bald nachdem die beiden zurück sind, laufen wir die paar Schritte zum Stammitaliener und setzen uns an den vorreservierten Tisch. Nebenan wird auch über Politik geredet, aber aus einer anderen Richtung als der unseren. Der Liebste und ich intensivieren direkt unsere Gesprächslautstärke und stoßen mit unseren Negroni sbagliati auf die kommunistische Internationale an. Ein bisschen Spaß muss sein.




Das Teilzeitkind hat nach dem Kindergeburtstag nicht ganz so viel Hunger, verzichtet auf die Vorspeise (nur ein bisschen Carpaccio von Papa) und nimmt statt Pizza heute die Tagliatelle aus dem Parmesanlaib mit schwarzen Trüffeln. Meine langjährigen Beeinflussungen Richtung Feinschmeckertum tragen Früchte.
Das Tischgespräch dreht sich wie gesagt um Politik, unter anderem die Wahlhistorie unserer jeweiligen Kieze, ob es einen Unterschied macht, welche Koalition ohne die AfD die nächste Regierung stellt (falls), ob Empathie für Alice Weidel angebracht ist, welche Verantwortung heutige Generationen für das „Nie wieder“ haben usw. Das Kind berichtet von den Politikgesprächen auf dem Schulhof – The Kids Are Alright.
Nach dem Essen rollen wir unsere Bäuche nach Hause. Erst auf die Couch, aber dann doch sehr schnell Richtung Bett. Ich schaue mir noch den heutigen Wahlkampauftritt von Robert Habeck und Annalena Baerbock in der Columbiahalle an und finde es schade, dass es aller Voraussicht nach nicht für eine grün-rot-dunkelrote Regierung unter Habeck reichen wird und dass die Medien die großen Erfolge (weg vom russischen Gas, Ausbau der Erneuerbaren, Selbstbestimmungsgesetz, schnellere Einbürgerung, Gewalthilfegesetz…) so heruntergeschrieben haben.
Ich wähle diesmal mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die Linke, weil es unheimlich wichtig ist, sie in Fraktionsstärke im Bundestag zu haben und weil Rot und Grün den linken Zeigefinger immer wieder brauchen werden, wenn sie mit der CDU koalieren und unweigerlich nach weiter rechts rutschen. Aber so vong ganzheitliche Zukunftsvision her bin ich bei den Grünen schon ganz richtig.