Die ersten Stunden des Tages werden wie fast immer im Bett verbracht. Eine Mate hilft beim Wachwerden, dazu das Schöne und weniger Schöne der Welt im Internet, Telefonat mit dem Liebsten, Bloggen, Französisch, Italienisch… Gegen 11 stehe ich auf und mache den Katzen und mir Frühstück. Für mich gibt es Kaffee (entkoffeiniert, die Mate hat gereicht) mit Kakao und Erbsenmilch und dazu Joghurt (Kuhmilch) mit Crowdfarming-Kiwi, Apfel und Studentenfutter.

Dann packe ich meinen Kram zusammen, bringe Papiermüll weg und will eigentlich direkt los ins Fitnessstudio, sehe aber gerade noch rechtzeitig, dass dort dann ein AquaFitness-Kurs stattfindet, den ich mir noch nicht zutraue. Also drehe ich meine Tagesplanung um und fahre erstmal nach Moabit. Trotz BVG-Streik ist die S-Bahn um diese Uhrzeit angenehm leer.
Es ist Holocaust-Gedenktag. Am Deportationsmahnmal brennen Grablichter. Ich laufe durch die Straßen und achte auf zwei Dinge: Erstens, keine Stolpersteine in Sicht. Entweder lebten hier im Arbeiterviertel nicht so viele Juden und Jüdinnen oder die heutigen Bewohner haben nicht das Geld/die Muße, welche verlegen zu lassen. Das Zweite sind die Wahlplakate. Hier hängen hauptsächlich MLPD und Linke, ab und zu rutschen mal die Grünen oder die SPD dazwischen. Scheint also vielleicht immer noch ein Arbeiterviertel zu sein. Ich gehe zu meiner Facharztpraxis, hole ein Rezept ab (so richtig auf Papier noch) und löse es in der Apotheke unten im Haus ein. Dann laufe ich zur nächsten S-Bahn-Station. Auf dem Weg dorthin, ab der großen Straße, hängen dann auch wieder FDP und CDU. BSW und AfD sind hier nicht vorhanden. Merkwürdiges Biotop.
Auch diese S-Bahn ist noch angenehm leer und ich fahre mit ihr bis zum Ostkreuz. In der Umkleide ziehen sich gerade lauter Damen nach dem AquaFitness-Kurs wieder an. Als ich ins Wasser steige, habe ich viel Platz. Ich schwimme zwei vorsichtige Bahnen mit nur leichten Schmerzen, dann mache ich ausführliche vorsichtige Gymnastik mit Gewichten für den Arm und etwas zackiger für den Rest von mir. Im Wasser geht das wirklich schon ganz gut! Noch zwei vorsichtige Bahnen zum Schluss und dann wechsle ich vom Pool ins Dampfbad, das auch heute wieder ziemlich heiß eingestellt ist.
Im Ruheraum lese ich dann weiter im Buch, auch das geht langsam besser voran. Unter anderem ist von Picknicks mit Sandwiches die Rede. In der Bio-Sauna meditiere ich dann ein wenig über diese Sandwiches und mir fallen Stullensituationen aus meiner Kindheit wieder ein. Wie ich Oma E. mal fast den gesamten gekochten Schinken weggefuttert habe, weil ich den so lecker fand. Wie ich bei einer Freundin im Nachbardorf zu Besuch war und dort eine Weißbrotstulle mit Frischkäse und Wurst nach der anderen verdrückt habe (und dazu Wassermelone), wie ich beim Abendbrot oft Achtelschnitten gegessen habe mit Edamer, mit Quark und Ketchup und Kräutern der Provence, mit Leberwurst und Ketchup… Ich merke, dass das Frühstück schon lange her ist.
Im Ruheraum lese ich weiter und so langsam nimmt die Geschichte wirklich Fahrt auf, bei der knappen Hälfte des Buches erkenne ich, worum es eigentlich geht, endlich. Dann noch die Finnische Sauna, in der ich weiter Stullengedanken hege, und nochmal Ruheraum. Nach knapp drei Stunden verlasse ich das Fitnessstudio und laufe direkt in den nächsten Supermarkt. Ich kaufe unter anderem Sandwichbrot (Sauerteig-Kasten-Weißbrot), Salat, Frischkäse und gekochten Schinken und gehe dann weiter zur S-Bahn. Als ich gerade die Rolltreppe hochkomme, steht eine schon recht volle Bahn da, die ich großzügig wegfahren lasse – ein Fehler, wie sich herausstellt.
Wegen Streik und umgestürzten Bäumen und Personen im Gleis kommt die nächste Bahn erst zehn Minuten später. Sie wird zwar gerade erst eingesetzt, so dass sie komplett leer ist und ich einen Sitzplatz bekomme, aber dann steht sie auch noch 20 Minuten, bis sie losfahren kann – es gibt auch noch ein technisches Problem, für das sich der Fahrer in schönstem Berlinerisch etwa dreimal ausführlich entschuldigt. Ich bin es zufrieden zu sitzen und weiter zu lesen, aber als ich dann endlich aussteigen und nach Hause laufen kann, regnet es in kalten Strömen und ich komme völlig durchnässt zuhause an. Das bescheidene Frühstück ist da schon fast acht Stunden her.
Ich mache mir erstmal den Rest Nudel-Kürbis-Auflauf warm und packe nebenbei alles aus und gebe den Katzen Abendbrot. Zum Essen telefoniere ich mit dem Liebsten, trinke ein Bier und schaue eine Folge Parenthood. Nach dem ersten Gang mache ich mir den zweiten – leicht angetoastetes Sandwich-Brot mit Butter, Salat und gekochtem Schinken, dazu Tomaten. Ein Gedicht. In den nächsten Tagen dann hier also viel Sandwich-Content, denke ich.

Nach dem Essen geht es in die Badewanne, wo ich in knapp zwei Stunden dann Miranda Cowley Hellers The Paper Palace zu Ende lese (und auf weitere kulinarische Ideen komme…). Gutes Buch, nachdem man erstmal hineingefunden hat! Kurz nach 11 liege ich im Bett, schnappe mir das nächste Buch und bin dann aber schon nach ein paar Seiten tief im Land der Träume.