20.01.2025 – Na dann los

Frühes Aufwachen, noch bevor der frühe Wecker früh klingelt. Heute nur halbe Morgenroutine im Bett, ich habe Termine. Also einen. Um 8 stehe ich auf, halb 9 habe ich eine Banane gegessen und verlasse mit einem Kaffee das Haus und fahre mit S- und U-Bahn in den Westen. Drüben angekommen laufe ich noch ein paar Schritte und stehe dann in einem jüdischen Café, wo ich einen Freund zum Frühstück treffe. Er ist wie jedes Jahr zur Grünen Woche in Berlin und hat mir wie jedes Mal Vogelhochzeitsgebäck mitgebracht. Wir haben uns viel zu erzählen, besonders viel mal wieder über Politik – natürlich. Wäre schön, in weniger interessanten Zeiten zu leben.

Nach knapp anderthalb Stunden verabschieden wir uns an der Ringbahn und ich fahre zurück, todmüde. Erstmal nochmal hinlegen, Bloggen, Französisch und Italienisch machen und dann heißt es Tee kochen und Punkt 12 im Webinar sitzen. Danach gibt es einen kurzen Schnack mit der Mitbewohnerin und zum Mittagessen gebackene Süßkartoffel mit Salzbutter und Mojo Verde.

Hinterher würde ich gerne nochmal schlafen, aber die Nachrichtenlage raubt mir die Ruhe. Ich telefoniere mit dem Liebsten, verweile mich in den schönen Ecken der sozialen Netzwerke. Und dann geht es los – Inauguration-Berichterstattung auf C-SPAN. Ich erinnere mich an das Gefühl vor vier Jahren, wie erleichtert und enthusiastisch wir waren und zuguckten. An das Gefühl vor acht Jahren, als ich wie versteinert auch im Bett lag und zuguckte. Vor zwölf Jahren war das Internet wohl noch nicht so gut – im Nachhinein schade.

Diesmal nun ist es total absurd. Der geordnete Ablauf, das höfliche Klatschen der „Vernünftigen“ bei Teilen von Zeremonie und Rede, die wahnwitzige Rede und der Jubel von den Anderen. Ab jetzt ist Chaos, gelten keine Voraussagen mehr. Ich schreibe wieder mit meinen amerikanischen Freund*innen und sage meine Abendverabredung ab, das hier ist zu allumfassend, ich könnte mich auf nichts anderes konzentrieren. Als kleinen symbolischen Widerstand bestelle ich mir eine kanadische Poutine, mit Hähnchen-Avocado-Bällchen und Zitronen-Aioli.

Später am Abend gucke ich eskapistisch ein paar Folgen Parenthood und scrolle noch ein wenig durch TikTok. Der Widerstandswille ist dort noch groß und der Algorithmus führt mich weiterhin in die richtigen Kreise. Inspiriert vom kurzen US-Ban finden sich dort gerade auch viele Creators aus Europa und anderen nicht-USA-Ländern, solidarisieren sich und wollen gemeinsam für Menschenrechte und gegen Faschismus kämpfen. Ein bisschen Hoffnung daraus ziehen, dass auch das ein Outcome sein kann – neben all dem Schrecklichen, das bereits da ist und noch kommen wird.

Plötzlich ist es schon wieder fast 2 Uhr, Augen zu.

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