Draußen ist es nicht matschig, der Schnee ist größtenteils weg. Mein Kopf ist matschig – bin müde und antriebslos und die Erkältung, die schon letzte Woche erste Anzeichen losschickte und dann aber wieder Verstecken spielte scheint jetzt doch rauskriechen zu wollen, vorsichtig noch, aber nicht ignorierbar, zumal am Wochenende Dinge anstehen, für die ich keine Erkältung brauchen kann. Nicht gut.
Wach werde ich gegen 7, als die Mitbewohnerin (rücksichtsvoll und leise, aber eben nicht so geräuscharm wie eine leere Wohnung) aufsteht und zur Arbeit fährt. Der lange Morgen im Bett zieht sich, das Aufstehen wird immer und immer wieder verschoben. Dafür das Internet leer gelesen, sehr viel Französisch und Italienisch gemacht, gebloggt, mit dem Liebsten telefoniert, Podcast gehört… Ich liege ja nicht nur einfach rum und starre an die Decke, wobei man das natürlich auch viel öfter tun sollte.
Irgendwann gegen 11 jedenfalls stehe ich auf, füttere die Katzen und mich (Müsli, Apfel, Tee) und dann sitze ich um 12 am Schreibtisch in einem Webinar und bin produktiv. Geht doch. Hinterher drehe ich draußen eine große Runde. Erst durch die Hinterhofgärten, dann zum halal Supermarkt, weil der eben auch viele andere Dinge hat, die Menschen aus dem muslimisch geprägten Siedlungsgebiet gerne kaufen. Ich hole mir dort Kardamom-Nachschub, im normalen Supermarkt finde ich mit Glück Pulver, ich will aber die kompletten Kapseln. Immer wieder schön, dort zu stöbern, aber es ist alles sehr eng gestellt und heute auch sehr voll, so dass ich mich nicht traue, irgendwo länger stehen zu bleiben, weil sonst nichts mehr voranginge. Trotzdem sehr froh, diesen Laden fußläufig zu haben!
Dann geht es an zwei großen Straßen entlang, einen Blick auf die (neuen) Läden – Bubble Tea, Nail Art… Der Teil vom Pberg ist nicht so reinweiß, wie der mit der Latte Art und den „Expats“. Bin gespannt, wie die Wahl hier wird, ich bin ja dieses Jahr einem anderen Wahllokal zugeteilt, mit mehr Plattenbauten und Sozialwohnungen. Apropos Wahl, inzwischen sehe ich auch FDP-Plakate (ungern) und die großen Tafeln werden auf den Mittelstreifen aufgebaut, sind aber noch nicht beklebt.
Beim Haustierbedarf gibt es auch diese Woche noch kein Katzengras, ich nehme resignierend einen Selber-Zieh-Satz mit. Das habe ich schonmal probiert, es hat aber nicht gut geklappt. Vielleicht ja diesmal. Ansonsten muss ich mal die Blumenläden der Umgebung abgehen im Baumarkt gucken. Wieder zuhause ist das Schrittziel erreicht. Ich beginne die Katzengraszucht, trinke Tee, esse den letzten Stollen und eine Mandarine. Dann erstmal Couchen und gegen das Erkältungsgefühl Ingwertee mit Quittensaft.

Ich versuche zu lesen, aber mir drohen schon nach wenigen Seiten die Augen zuzufallen. Um meinen Nachtschlaf nicht zu gefährden, wechsle ich zu TikTok. Dort ist wehmütige Stimmung, weil die App vermutlich am 19. Januar aus den amerikanischen App Stores verschwinden wird. Mal sehen, wie sich das langfristig auswirken wird, mein Feed wird sich vermutlich nicht allzu sehr ausdünnen, weil ich auch vielen Creators aus Kanada, Europa und Asien folge. Einige werden mir aber definitiv fehlen, wenn sie nicht mehr da sein sollten und ich versuche, denen auf anderen Netzwerken zu folgen (solange ich noch bei denen bin). Der Tenor der Leute ist, dass TikTok ihre Community ist, ihr Wohlfühl-Ort, das was früher für uns Twitter war.
Und spätestens seit der Pandemie haben sich dort viele, gerade Marginalisierte, ein Business aufgebaut, das jetzt bedroht ist. Dass ihre Daten dabei in China landen oder sie von der chinesischen Regierung instrumentalisiert würden könnten, ist ihnen egal. Vielmehr scheinen viele zu glauben, dass den „Mächtigen“ in den USA, den Oligarchen, die subversive Vernetzungsmacht der App ein Dorn im Auge ist und sie sie deswegen sperren wollen. Folgerichtig (und ein bisschen witzig) ist die App mit den meisten Downloads in den USA heute RedNote, eine chinesische App, nach dem kleinen roten Buch von Mao benannt. US-Sicherheitsexperten sind wahrscheinlich not amused.
Irgendwann klingelt es und meine neue Crowdfarming-Gemüsekiste kommt an, mal wieder zu früh. Ist ja super, dass man sich auf der Webseite einen Liefertermin aussuchen kann, wenn DHL den dann völlig ignoriert. Aber heute passt es ja einigermaßen.

Am späten Nachmittag kommt die Mitbewohnerin heim und wir quatschen ein bisschen. Ich mache mir die Reste von gestern warm und verziehe mich dann relativ früh in mein Zimmer. Mit Nachtischschokolade gibt es ein paar Folgen Parenthood und Schitt‘s Creek und dann geht schon deutlich vor 11 das Licht aus, nach ordentlicher Dosis Schmerzmittel und Nasenspray. Weiche von mir, Virenmist!