20.10.2024 – Experimente und Nudeln

Sonntag und gut geschlafen, juhu. Wir lassen uns morgens gaaaaanz viel Zeit und frühstücken ausführlichst, bevor wir alle gemeinsam zum Familienausflug ins Wissenschaftsmuseum aufbrechen, mit Straßenbahn und Bus einmal quer durch Bremen. Dort gibt es dann viel zu sehen, erleben, auszuprobieren und staunen.

Zum Päuschen im Museumscafé gibt es Kaffee, Eis und Slushie, dann wird draußen auf dem Spielplatz weiter experimentiert – Autos in die Luft ziehen, sich in Kegeln kugeln, in die Luft ziehen lassen… Lauter so Späßchen. Irgendwann ist es Zeit für den Heimweg, eine kurze Umziehpause für das Nifftenkind (der Wasserspielplatz!) und dann gehen wir zum Italiener um die Ecke, zu Antipasti, Pizza und Pasta.

Hinterher hat das Nifftenkind Bettgehzeit, wir Großen gucken weiter alte Folgen LOL, bis das Teilzeitkind dabei wegschlimmert – Signal fürs Schlafengehen für alle anderen.

19.10.2024 – Volle Kanne Brem

Furchtbare Nacht durch eine Kombination aus Armweh, eingeschränkter Bewegungsfreiheit durch Teilen der Schlaffläche und die Anwesenheit zweier Mitschläfer*innen im Zimmer, auf die Rücksicht zu nehmen war. Den ganzen Tag dadurch etwas derangiert und misslaunig, ich hoffe, es dringt nicht zu sehr nach außen. Dann aber gemütliches langsames Wachwerden mit Lieblingsmenschen, gleich mit zwei Kaffee noch vor dem Frühstück. Irgendwann sind dann alle fertig und wir spazieren ein paar Meter zum Friedhofscafé, wo es ein sehr tolles und ausgiebiges Frühstück gibt.

Danach spazieren wir weiter durch das Viertel (also nicht DAS Viertel, sondern das in dem wir gerade sind), machen Besorgungen in einer Weinhandlung (und essen dort Pralinen, meine mit weißer Schokolade und Feigen) und laufen am Wasser entlang.

Bevor es wieder nach Drinnen geht, gehen wir in eine Buchhandlung und da bekommen sowohl das Teilzeitkind als auch das Nifftenkind ein Buch von mir. Das für das Nifftenkind ist das neue Neinhorn-Buch, Thema Geburtstag, das ich dann oben gleich vorlese. Danach macht sich das Nifftenkind fertig und geht mit seinem Papa auf einen ebensolchen. Wir anderen nehmen die Straßenbahn in die Innenstadt und lassen uns von der Liebstenschwester, die das früher professionell gemacht hat, ausgiebig stadtführen. Es ist meine dritte Stadtführung durch Bremen (Brem!) – das erste Mal war semiprofessionell durch meinen Bruder und seine damalige Freundin, als sie noch hier wohnten, die zweite professionell beim Kulturprogramm einer Schulung, die ich hier absolviert habe, und dann eben heute, teils wiederholend, teils ergänzend und eben direkt auf uns zugeschnitten. Sehr schön!

Zwischendurch Einkehr in einem Gebäckladen, für mich mit Pistazien-Cheesecake

Bei einem Marktstand auf dem Freimarkt verkosten wir dann Liköre und Weine und ich erstehe eine Flasche mit Hanf aromatisierten Mets für Zuhause. Am frühen Abend dann kehren wir in ein Restaurant für asiatische Tapas ein, das im Gewölbe eines ehemaligen Klosters gelegen ist. Hier stoßen dann auch das Nifftenkind samt Papa und ein weiterer gemeinsamer Freund dazu. Wir schmausen uns einmal durch die Speisekarte (fast) und sind danach pappsatt.

Reis, gebratene Nudeln, Wasserspinat mit Knoblauch, Rindfleisch mit Zwiebeln, geröstete Ente, Garnelenspieße, Hähnchenspieße, gebratener Lachs, vietnamesische Frühlingsrollen, Gyoza, Mangosalat, Algensalat, Avocado-Maki, Schoko- und Mango-Mochi-Eis, dazu Tee, Bier, Wein, Schorlen und für mich Guavensaft

Hinterher nehmen wir die Straßenbahn zurück nach Hause. Das Neinhorn wird ein zweites Mal vorgelesen, dann das Nifftenkind widerstrebend ins Bett gebracht. Danach wollen wir mit dem Teilzeitkind eigentlich das erste Mal „Das Leben des Brian“ schauen, jetzt wo es endlich nicht mehr auf einer konfessionellen Schule ist und wir keine Angst mehr vor Exkommunikation haben müssen, wenn es daraus auf dem Schulhof zitiert. Wir sind auch bereit dafür zu zahlen, aber bei drei verschiedenen Streaming-Anbietern gibt es den Film nur in der Originalversion und erstens ist des Kindeleins Englisch dafür noch nicht gut genug und zweitens muss es erstmal die fantastische deutsche Synchronisation kennen und auswendig lernen, wie wir alle, bevor dann die etwas weniger witzige englische geschaut werden kann. (Nicht umsonst sind im englischsprachigen Raum die Ritter der Kokosnuss beliebter als Brian, anders als bei uns). Also verschieben wir das Erlebnis auf unbestimmte Zeit (Ich habe zuhause die DVD liegen) und gucken stattdessen nochmal das LOL-Weihnachtsspecial, in Vorbereitung auf das anstehende Halloween-Special.

Danach bringt sich das Teilzeitkind wieder selbsttätig ins Bett und wir Erwachsenen gucken noch einen Moment weiter. Ich ziehe aber schnell die Reißleine und lege mich dazu, noch bevor der Timer fürs Harry-Potter-Hörbuch abläuft. Ganz eingeschlafen bin ich da aber noch nicht, dafür braucht es noch ein wenig „Ein weites Feld“.

18.10.2024 – On the Road again

Ich schlafe bis nach 8 Uhr und überaus gut – scheinbar holt sich der Körper so alle acht bis zehn Tage mal alles zurück, was er in der Zwischenzeit entbehren musste. Gemütlich langes Bettliegen, Liebstentelefonat… Dann schaue ich das aktuelle Spitzengespräch auf SPON, mit Ricarda Lang, Philipp Amthor, Gregor Gysi, Marie-Agnes Strack-Zimmermann mit Michel Friedman. Spannend und unterhaltsam, wenn auch nicht unbedingt neuerkenntnisreich. Dazu gibt es Frühstück (Müsli mit Apfel, Kaki und Trauben), teilweise in der Badewanne – das Gespräch ist lang.

Zum Haare trocknen liege ich wieder im Bett und schaue Downton Abbey, dann wird es höchste Zeit, aufzustehen. Das Teilzeitkind hat seit eben Herbstferien und wir fahren weg. Also Sachen packen, Katzen versorgen und dann auf nach draußen. Mit Tram und U-Bahn geht es zu meinen Eltern – Pflanzen gießen und nach der Post sehen – und dann mit Bus und S-Bahn weiter nach Südberlin. Nebenbei immer mit einem Auge auf den Bahn-Updates, denn wegen des Biden-Besuchs sind alle Fahrpläne heute noch ungewisser als so schon.

Wir beschließen, vorausschauend zum Ostbahnhof zu fahren und dort schon in den Zug zu steigen, falls rund um den Hauptbahnhof das große Chaos ausbricht. Also fahren wir erst mit einer S-Bahn, lassen dann die volle Ringbahn vorbeifahren, nehmen eine andere S-Bahn, steigen am Ostkreuz um in eine weitere S-Bahn und sind dann mit einer halben Stunde Vorlauf am Ostbahnhof. Wir holen uns noch Proviant und stehen dann mehr als pünktlich am Gleis. Minuten nach der geplanten Abfahrt kommt die Info, dass der Zug 20 Minuten später losfährt – wegen verspäteter Bereitstellung. (Vorher waren in der App Dinge über verspätetes Personal und eine zu erwartende Baustelle auf der Strecke zu lesen gewesen, ohne konkrete Auswirkungen auf die Fahrtzeiten. Die Baustelle materialisierte sich nicht.) Gänzlich unbeeindruckt von Biden fahren wir dann los, als die Menschen am Hauptbahnhof einsteigen, habe ich mein Sushi schon fast aufgegessen.

Der Zug ist brechend voll. Da das Teilzeitkind mein Handy okkupiert, habe ich viel Zeit, den Hund zu beobachten, der schräg gegenüber im Kofferabstellding herumliegt. Der Umstieg in Hannover wird sportlich, aber der Anschlusszug wartet (ohne vorherige Ansage) doch noch auf uns. Noch ein Stündchen Fahrt nach Bremen – jetzt mit Handy, so dass ich Duolingo und Babbel machen kann. Am Bremer Hauptbahnhof ist dann wegen heute begonnenen Freimarkts die Hölle los. Wir kämpfen uns durch die Menschenmassen zur Straßenbahn und fahren bis zur Liebstenschwester samt Familie. Koffer hochtragen und auf dem Sofa kollabieren.

Das Nifftenkind ist aufgedreht und schnappt sich das Teilzeitkind für allerlei Schabernack. Die Erwachsenen liegen herum und halten sich an Bier oder Gin Tonic fest (der gute Gin, aus Nova Scotia). Gegen 10 wird das Nifftenkind ins Bett gebracht, eine halbe Stunde später bringt sich das Teilzeitkind selbst ins Bett. Wir anderen halten noch bis etwa 1 Uhr durch, gibt ja genug zu erzählen.

17.10.2024 – Langsam eingrooven

Früh aufgewacht und das FitBit ist sehr unzufrieden mit meinem Schlaf. Dafür bleibe ich jetzt aber einfach noch lange liegen. Irgendwann ruft nach dem Liebsten auch noch mein Bruder an, das ist dann mein Zeichen, aufzustehen, mir Frühstück zu machen und – wieder ins Bett zu gehen. Es gibt das letzte Chinese Bun aus Toronto, dazu Kaki und Apfel. Und dann ist es wirklich Zeit, aufzustehen, ich habe einen Termin.

Ich fahre mit der Tram nach… Hohenschönhausen, glaube ich, und suche in einem Wohnblock nach der Facharztpraxis, für die ich mir vor zwei Monaten hektisch einen Termin bei Doctolib geklickt habe. Erst als ich im Wartezimmer bin, gucke ich mir die Bewertungen auf Google Maps und die Webseite an. Klingt nicht so dufte und das mulmige Gefühl bestätigt sich dann auch bei der Untersuchung. Ich lasse mir keine der Zusatzleistungen aufschwatzen und bin so schnell wie möglich wieder draußen. Da ich diese Art Facharzt jetzt regelmäßig brauchen werde, suche ich glaube ich doch nochmal gründlicher vor der nächsten anstehenden Untersuchung.

Da das Wetter schön ist und ich Zeit habe, gehe ich den Heimweg zu Fuß, einmal durch den Park, und gucke ein bisschen nach Herbstfärbung. Die ist in Berlin noch nicht so weit wie in Kanada (war ja schon in Toronto nicht so weit wie in Nova Scotia), obwohl Berlin viel weiter nördlich liegt. Ein bisschen gibt es aber doch.

Wieder zuhause mache ich mir Büffelmozzarella mit Tomaten zum Mittagessen, stelle mir einen Wecker und lege mich mit einer Folge Downton Abbey und den Katzen aufs Sofa.

Der Wecker reißt mich dann natürlich aus dem Tiefschlaf. Ich putze weiter die Wohnung, telefoniere nochmal mit dem Liebsten und verabrede mich mit dem Lieblingsnachbar auf einen Spaziergang. Der dauert dann fast zwei Stunden, im Dunkeln durch den Pberg. Er beginnt mit der Übergabe von Mitbringseln und endet im Supermarkt, wo ich glücklich noch eine Flasche Federweißer ergattere. Saison doch nicht verpasst!

Zuhause dann Abendbrot und Downton Abbey, bis mir wieder die Augen zufallen. Kurz nach 22 Uhr liege ich im Bett.

16.10.2024 – Hallo, Jetlag!

Die Nacht macht dem Jetlag-Gedanken alle Ehre. Nachdem ich gehen 21 Uhr im Bett lag, wache ich hellwach und gefühlt ausgeschlafen auf, da ist es noch nicht einmal Mitternacht. Das nächste Mal dann gegen 2. Das dritte Mal gegen halb 5. Ab dann bleibe ich wach, mache aber gegen 7 nochmal kurz die Augen zu und werde dann vom Wecker um 8 aus dem Tiefschlaf gerissen. Ganz tolle Erfindung, dieses schnelle Reisen durch viele Zeitzonen – gähn.

Der Wecker klingelt so früh, weil ich diese Woche noch einen Arzttermin brauchte und heute Vormittag die einzige Möglichkeit war. Also quäle ich mich hoch, esse eines der Brötchen aus der Chinese Bakery, werfe Tabletten ein, telefoniere mit dem Liebsten und laufe dann mit einem Tee in der Hand und nicht ganz Herrin meiner Sinne los zur S-Bahn. Aus den Informationen am Bahnhof entnehme ich, dass der Liebste und ich bald wieder über Umwege zueinander finden werden müssen – und dass der nachgeholte Staatsbesuch von Joe Biden jetzt also stattfindet. Sehr nett, dass er auf meine Rückkehr gewartet hat.

Nach der S-Bahn kommt die Tram und dann der Weg durch die Klinik und am Ende bin ich nur fünf Minuten zu spät beim Termin, was angesichts des Füllstands des Wartezimmers kein Problem ist. Als ich aufgerufen werde, überreiche ich mitgebrachte Kekse mit Ahornsirup-Füllung, werde untersucht, bekomme zwei Überweisungen ausgehändigt und zwei Rezepte auf die Versichertenkarte geladen und verlasse die Praxis mit einer bestätigten Wellness-Verabredung übernächste Woche – schon schön, wenn die beste Freundin Medizin studiert hat und das auch noch in einer mir sehr nützlichen Disziplin!

Mit Tram und Tram geht es dann zurück in den Kiez – erst in die Apotheke und dann in den Discounter. Ich kaufe strategisch ein, was ich in den nächsten zweieinhalb Tagen brauche, bevor ich wieder verreise – was ich verbrauchen kann und was sich auch länger hält, bis ich zurück bin. Am Ende kostet der Einkauf mich keine 20 Euro, was a) immer noch viel teurer ist, als es vor fünf Jahren gewesen wäre und b) erstaunlich günstiger, als was ich in Kanada dafür ausgegeben hätte.

Wieder zuhause gibt es aufgetautes Brot mit Frischkäse, Möhren und Tomaten als zweites Frühstück. Dann stelle ich die nächste Waschmaschine an ziehe ich mich mit Trauben und Katzen und einer Folge Downton Abbey auf die Couch zurück, mit der Option auf Einschlafen, die mein Körper sofort nutzt. Die Kombination aus Kälte (Nimbin will unbedingt draußen in der Herbstsonne sitzen, also bleibt die Balkontür offen) und Waschmaschinengeräuschen sorgt dafür, dass ich nicht zu lange schlafe. Dann Französisch und Italienisch und das nächste Liebstentelefonat, bevor ich mir Musik auf die Ohren packe und mit dem Haushalt beginne. (Ich hänge immer noch im Hanson-Dilemma fest – musikalisch bin ich grad komplett angefixt, moralisch in der Zwickmühle.) Wäsche aufhängen, Geschirrspüler aus- und einräumen, Papiermüll zusammenpacken, Staub saugen. Letzteres dauert heute über Gebühr lange, weil ich eine Schneise durch über vier Wochen Katzenhaare und -Streu schlagen muss.

Hinterher geht es noch einmal nach draußen – Müll wegbringen und dann Einkäufe im Drogeriemarkt und beim Haustierbedarf. Danach bin ich durch mit Anstrengendem für den Tag und lege mich wieder aufs Sofa – jetzt aber ohne Einschlafen. Unter anderem gucke ich die Post der letzten viereinhalb Wochen durch, da kommt dann doch ein bisschen was zusammen. Als es draußen dunkel wird, stehe ich auf und mache mir Abendbrot. Es gibt Mezzi Rigatoni mit Wildfenchelpesto, verfeinert mit Rosinen, Peperoncini und Parmesan.

Nach dem Essen kommt der Nachbar von unten drunter vorbei und bringt mir meinen Schlüssel vorbei. Ich bedanke mich für das Katzensitting mit weiteren Ahornsirup-Keksen und dem vereinbarten finanziellen Obolus für das Nachbarskind, das in dieser Zeit zumindest für sich erkannt hat, dass ein Haustier doch zu viel Arbeit und Verantwortung wäre. Der tapfere Papa hat dann übernommen.

Dann weiter Downton Abbey – unterbrochen von einem weiteren Liebstentelefonat und beinahe Einnicken gegen 21 Uhr, bis zum Ende von Staffel 5 – da ist es dann schon fast 1 Uhr und obwohl ich inzwischen wieder hellwach bin, Zeit ins Bett zu gehen.

15.10.2024 – Der lange Weg nach Hause

Für eine kurze Nacht im Flugzeug schlafe ich erstaunlich viel – oder döse, während der Film läuft? Mein FitBit kann keine Schlafdaten erfassen, aber ich bekomme nicht sehr viel mit vom Film. Als es dann zwei Stunden vor Landung ist, bleibe ich wach und gucke nochmal ernsthaft den Teil vom Film zu Ende, den ich bisher verpasst habe. Nebenbei wird das Frühstück serviert – ein English Muffin mit Käse und Ei, dazu Kaffee und O-Saft. Pünktlich 9:40 (in Toronto also 3:40) Uhr landen wir in Frankfurt. Bis wir in Parkposition sind, das Flugzeug verlassen haben, mit dem Bus zum Terminal gefahren sind, durch den Zoll sind und uns zur Gepäckausgabe durchgeschlagen haben, vergeht eine gute Stunde. Dafür ist mein Koffer dann einer der ersten und ich kann schnell weiter zum Bahnsteig.

Dort stellt sich heraus, dass der Zug, den ich ursprünglich nehmen wollte, heute nicht hier hält, dafür habe ich noch eine Chance, einen früher zu nehmen, wenn ich jetzt direkt in die S-Bahn zum Hauptbahnhof steige. Also mache ich das, auch wenn es etwas hektisch wird, und reserviere mir noch in der S-Bahn einen Sitzplatz. Kaum nehme ich darauf Platz, fährt der Zug auch schon los nach Berlin. Da meine Wasserflasche leer ist, muss ich mir für teures Geld eine Apfelschorle im Bordbistro holen – zum Auffüllen hatte ich keine Zeit mehr. Dann aber kann ich meine morgendlichen Tabletten nehmen, mir einen Podcast an- und die Augen zumachen.

Gemütlich schaukeln wir in viereinhalb Stunden nach Berlin, nachdem ich nochmal geschlafen habe, verbringe ich die Zeit mit Duolingo, Bloggen und Spielen. 15:30 kommen wir in Berlin an. Da das eine Stunde früher ist als geplant, kann der Liebste mich nicht direkt abholen (er hat meinen Schlüssel), sondern sitzt noch an der Arbeit. Ich hole mir also erstmal einen frisch gepressten Saft und setze mich draußen in die Sonne, bis sie hinter einem hohen Haus verschwindet, dann sitze ich drinnen weiter. Gegen 17 Uhr ist der Liebste dann da und wir fahren mit S-Bahn und Tram zu mir.

Nimbin begrüßt mich gleich recht offensiv, Noosa braucht ein paar Minuten, um mir zu verzeihen, dass ich sie alleine gelassen habe, aber bald sind beide äußerst verschmust und glücklich, mich wieder zu sehen. Wir bestellen gute italienische Pizza und machen dann Aufgabenteilung – der Liebste durchsiebt das Katzenklo, schließt meine neue Fernsehbox an das während meine Abwesenheit installierte Internet an und bezieht mein Bett neu, ich packe meinen Koffer aus, stelle die Waschmaschine an, füttere die Katzen, gieße die Pflanzen und überreiche ihn meine Mitbringsel. Dann ist auch schon die Pizza da.

Nach dem Essen verabschiedet sich der Liebste erstmal wieder und ich lasse mich in die warme Badewanne gleiten, bis die Wäsche fertig ist. Dann noch schnell aufhängen und dann liege ich mit zwei kuscheligen Kuschelkatzen gegen 21 Uhr im Bett und verschwinde ins Land der Träume.

14.10.2024 – Katertag und Abreise

Der letzte Tag in Toronto fühlt sich wie ein Katertag an, dabei habe ich ja gestern gar nichts getrunken. Was ich aber habe: In fünf Tagen Toronto 100.000 Schritte gemacht. Wenig geschlafen. Ein tolles Konzert erlebt. Und dann bin ich in einem rabbit hole gelandet und habe alles gelesen, was ich über die problematischen Aussagen und Haltungen von Hanson finden konnte – wer Interesse hat, sollte „Hansongate“ googlen und den Subreddit „PostHanson“ lesen. Aber Vorsicht, wenn man die Band mag, nimmt einen das ganz schön mit und stürzt in Gewissenskonflikte. Ich bin mit dem Denken noch nicht zu Ende, aber da ist etwas kaputt gegangen.

Ich verbringe den Vormittag im Bett, mit den üblichen Verrichtungen. Zwischendrin kommt mein Gastgeber nach Hause, der sich die Nacht bei einer Jam Session um die Ohren geschlagen hat. Er legt sich erstmal hin. Zwei Stunden später stehen wir dann beide auf und essen die Reste vom chinesischen Essen von gestern, reden über Musik, Hansongate, Literatur, Filme, Serien und das kanadische Thanksgiving, das heute stattfindet. Nebenbei habe ich meine Sachen zusammengepackt.

Kurz nach 15 Uhr mache ich mich auf den Weg durch schönstes Herbstwetter – Streetcar, Zug zum Flughafen, Terminal-Link, Einchecken, Security… Dann habe ich noch Zeit am Gate und gebe nochmal ein bisschen Geld für Mitbringsel aus. Schließlich geht es ins Flugzeug. Der Flug ist nicht sonderlich bequem, meine Sitznachbarin anstrengend, es gibt ein paar heftige Turbulenzen und irgendwie fand man es sinnvoll, zu einem Pastagericht als Salat Nudelsalat zu servieren. Aber ich gucke „Let them all talk“, der empfehlenswert ist, und schlafe dann bei „Barbie“ tatsächlich ein. Is doch auch was!

13.10.2024 – Persisch, Chinesisch, Tibetisch und endlich wieder Hanson

Der Tag beginnt damit, dass der Pittsburgher und seine Freundin wieder vor der Tür stehen und wir zu dritt in einem persischen Café um die Ecke frühstücken gehen. Es gibt sehr leckeren Orange Blossom Latte für mich und zu dritt teilen wir uns drei Gerichte – ein persisches Omelette, ein Crispy Chicken Maple Syrup Croissant mit Linsensuppe und ein süß-würziges Gonabadi Omelette mit Trauben und Walnüssen. Alles sehr, sehr gut und ungewöhnlich – lecker!

Während wir aufs Essen warten, stellt sich die Freundin des Pittsburghers noch nebenbei bei einem sehr beliebten Pie-Laden in die lange Schlange und kauft zwei verschiedene Birnen-Pies, die die beiden mit nach Hause nehmen werden. Nach dem Frühstück laufen wir rüber nach Chinatown, um in der chinesischen Bäckerei, in der ich seit 19 Jahren Kundin bin (also immer dann, wenn ich hier bin – heute zum vierten Mal) und kaufen uns chinesische Brötchen für den Reiseproviant. Dann fahren wir mit dem Auto nach Little Tibet und schauen uns da ein wenig um.

Wir kaufen uns ein paar vegetarische Momos, dann setzen sich die Beiden ins Auto und treten die lange Rückfahrt an – theoretisch sind es nur fünf Stunden Fahrt nach Pittsburgh, aber mit Stau, Pausen und Grenzübergang werden sie am Ende achteinhalb brauchen. Ich hingegen habe erstmal nichts vor und spaziere weiter durch Toronto.

Erst geht es nochmal runter an den Lake Ontario, durch den Budapest Park an den Sunnyside Beach. Nicht sehr sunny heute.

Künstlicher Strand im Gegensatz zu dem im Ostteil der Stadt, im Hintergrund schon die Skyline von Mississauga

Dann laufe ich durch das polnische Viertel Roncesvalles Village nach Norden und dann auf verschlungenen Wegen durch Little Portugal und Trinity-Bellwoods zurück zum Gastgeber.

Der Gastgeber ist gerade unterwegs, also mache ich es mir erstmal auf der Couch gemütlich, lege die Füße hoch und gucke eine Folge Downton Abbey. Als er heimkommt, gehen wir in Chinatown ein frühes Abendbrot essen.

Drei Sorten Frühlingsrollen, gebratene Nudeln mit Pilzen und Seitan-„Fleisch“, gegrilltes Gemüse, dazu gratis grünen Tee, soviel wir mögen

Das hatte auch noch auf meiner mentalen To-Do-Liste gestanden. Das Restaurant in dem ich früher immer war, gibt es nicht mehr, aber das hier ist sehr ähnlich. Wir schlagen uns die Bäuche voll und der Gastgeber nimmt dann den Rest dann mit nach Hause für morgen. Ich hingegen steige ins Streetcar und fahre… zum Hanson-Konzert!

19 Jahre, nachdem ich Hanson zum ersten und bisher einzigen Mal live gesehen habe – hier in Toronto, in einem Venue, das inzwischen abgerissen wurde, um weitere Wolkenkratzer zu bauen; in Europa spielen sie nicht so oft und wenn in Deutschland meistens in Köln oder so – ist es wieder soweit. Damals bin ich nur aus höflichem Interesse hingegangen, wurde dann aber völlig weggeblasen und habe mein 90er-Fanherz wieder ausgegraben und bis heute erhalten, auch wenn ich die Erscheinungen der letzten Jahre nicht mehr ganz so intensiv gehört habe – meine letzte Hanson-CD habe ich 2010 gekauft, danach nur nach halbherzig gestreamt. Schwierig ist auch, dass es sich eben um evangelikale Christen handelt, die am Knotenpunkt von vier Indigenen-Reservaten in Oklahome leben und in ihrer nun über 30jährigen Karriere noch nie ein Wort über Indigene verloren haben. Über Gott und ihren Glauben zum Glück auch sehr wenig. Ab und zu dringen mal schwierige politische Aussagen durch, aber dafür engagieren sie sich dann auch wieder für gute karitative Zwecke… Edit: Von Zac und Isaac dringen leider immer wieder furchtbare Aussagen durch – transphobe, rassistische Witze, sexistische Witze… die scheinen beide spätestens mit der Pandemie abgedriftet zu sein (und der georgisch-orthodoxen Kirche beigetreten, Zac ist sogar Deacon). Taylor scheint hingegen unproblematisch, aber sagt halt auch nix dagegen, was seine Brüder da verzapfen.

Es ist also eine insgesamt kompliziert, musikalisch aber unstrittig gut. Dreistimmiger Satzgesang, während man gleichzeitig noch ein Instrument spielt (Taylor heute Keyboards, Gitarre und Schlagzeug, Zac Gitarre und Schlagzeug, Isaac „nur“ Gitarre) ist schon echt beeindruckend – ebenso wie die Texte, die ja zum Glück nicht von Religion oder Politik handeln, dafür aber oft ziemlich raffiniert sind.

Aktuell sind sie jedenfalls auf einer Jubiläumstour für ihr Album von vor 20 Jahren – pro Stadt mit je einem Akustik-Gig und After Party and Tag 1 und einem Elektro-Gig an Tag 2. Leider habe ich das zu spät mitbekommen, sonst hätte ich meine Reiseplanung darauf eingerichtet. So habe ich durch Zufall Glück, dass ich den Akustik-Gig und die After Party mitnehmen kann, während des Elektro-Gigs sitze ich schon im Flieger zurück nach Deutschland, schnüff.

Am Eingang gibt es strenge Sicherheitskontrollen, inklusive Metalldetektor und Taschendurchleuchten. Wer ein Ticket für die After Party hat, bekommt ein gelbes Bändchen. Wer Alkohol trinken will, muss seinen Ausweis zeigen und bekommt ein orangenes Bändchen – das spare ich mir, auch wenn ich später mitbekomme, dass auch die zwei originalen Hanson-Biere MMMHops IPA und Pink Moonlight Hazy IPA verkauft werden – aber ich steh ja eh nicht so auf IPA und bin mit meinem Ginger Ale zufrieden.

Support Act sollte heute eigentlich Matthew Sweet, der ist aber kurzfristig erkrankt, so dass Phantom Planet, die eigentlich erst morgen spielen sollten, kurzfristig auftreten und sich innerhalb eines Tages ein Akustik-Set zusammengebaut haben. Von denen erkenne ich zwei Lieder, unter anderem natürlich das ALLEN bekannte California. Ganz nett insgesamt. Kurz nach 20 Uhr dann aber endlich der Main Act.

„Underneath“ im klassischen Set-up mit Zac am Schlagzeug und Taylor am Flügel

Ich sitze witzigerweise zwischen zwei sehr unterschiedlichen Besucherinnenkonstellationen. Links von mir sitzen zwei, die augenscheinlich nur die großen Chart-Hits kennen (davon werden heute nur „MMMBop“ und „Penny and Me“ gespielt), rechts neben mir sitzen zwei, die jedes Lied sofort erkennen, abfeiern und jede Zeile mitsingen und sich genau so wie ich über Raritäten wie „Stories“ und „Annalie“ freuen. Ich bin mental ganz bei ihnen, auch wenn ich von den insgesamt 23 Songs nur 20 mitsingen kann – die anderen drei sind von den neuesten paar Alben, die ich weniger gut kenne. Die ganze Setlist hier.

Penny and Me (Moonlight Version) mit Zac an der Lead-Gitarre, weil er sich das neue Riff ausgedacht hat und Isaac es angeblich zu schwer zu spielen findet und deswegen dann Taylor am Schlagzeug

Mit „MMMBop“ habe ich übrigens eine Wette gegen den Liebsten gewonnen, der der Meinung war, dass sie das ja zum Schluss oder als Zugabe spielen müssten, da das ja der einzige Song sei, den man von Hanson kenne. Ich war mir zu 99% sicher, dass sie ihn irgendwo mittendrin abhandeln werden, weil er halt dazugehört. Und ich hatte Recht! Definitiv nicht das Highlight des Konzerts, aber bei 30 Jahren Bandgeschichte gibt es eben viele andere, die tiefer ins Fan-Herz gehen als der Riesenhit. Ist bei den Kellys übrigens auch so, „An Angel“ kommt (inzwischen wieder) immer, aber halt irgendwo mittendrin. Jedenfalls – ich weiß, wer mich demnächst zum Essen einlädt!

Hanson spielen knapp zwei Stunden, mit nur einer Zugabe, aber eine halbe Stunde später kommt dann Taylor wieder raus und legt für die After Party auf. Ich kann das noch nicht so ganz fassen, dass ein Typ, der für mich Ende der 90er ein Riesenstar war (OG Taylor, liebe Swifties!), jetzt wenige Meter von mir entfernt in Ringelshirt und Jeans da steht und Lauryn Hill, Gwen Stefani, Katy Perry und Co. auflegt, vor einer versprengten Menge von den etwa 200-300 Fans, die nach dem Konzert noch geblieben sind. Bisschen wie Indie Night in Rostock, nur mit leicht anderer Musik. Das hätte meinem 90er-Ich mal jemand erzählen sollen! Und das alles in Toronto. Taylor ist drei Monate älter als ich, aber seit 22 Jahren verheiratet und Vater von sieben Kindern. In den 90ern war ich ja übrigens aus Prinzip Zac-Fan (wie ich auch bei den Kellys nie Paddy-Fan war), aber seit dem Konzert vor 19 Jahren hat Taylor sich auf den ersten Platz geschoben, unter anderem auch, weil er als einziger der drei bisher nicht mit fragwürdigen Aussagen aufgefallen ist. Und naja, optisch auch. 😁

DJ Taylor in Aktion

Nach einer knappen Stunde gehe ich dann aber doch – die Musik ist nicht so meins zum Tanzen und außerdem habe ich schon wieder die 20.000-Schritte-Marke geknackt und bin müde. Ich nehme das Streetcar nach Hause und friere mir auf den letzten Metern bei gefühlten drei Grad fast den Arsch ab, liege dann aber kurz nach Mitternacht glücklich und zufrieden auf meiner Couch und werde wild und witzig träumen. (Wusstet Ihr, dass Taylor Swift und Taylor Hanson früher zusammen waren, jetzt gemeinsam soziale Projekte anschieben und ich mich beim Mittagessen mit Taylor Hanson fast über Religion gestritten hätte?? Ich auch nicht, aber mein Unterbewusstsein!

12.10.2024 – Ein Wiedersehen und viel leckeres Essen

Der Morgen beginnt recht früh, auch weil mein Gastgeber noch viel früher wach ist, als ich – unsere Schlafrhythmen sind sehr asynchron. Dafür aber geht er dann gegen 9 aus dem Haus und holt uns beiden Kaffee in seinem Stammcafé, während ich noch gemütlich im Bett auf dem Sofa liege, blogge und mit dem Liebsten telefoniere (Wir haben heute unser Fünfjähriges!). Gegen 10 dann bin auch ich fertig für den Tag und wir spazieren ein bisschen draußen herum und gucken nach etwas zu essen für mich. Am Ende landen wir dabei in einem neuen türkischen Café, in dem ich mir außergewöhnliche Baklava-Variationen hole.

Der Gastgeber muss dann weiter, Sachen erledigen, und ich setze mich ein bisschen in die Sonne, genieße mein Frühstück und mache Französisch und Italienisch. Dann nehme ich ein Streetcar zur nächsten U-Bahn-Station, fahre ein paar Stationen nach Osten, steige um und fahre ein paar Stationen nach Norden – so weit nach Norden übrigens, wie ich innerhalb Torontos noch nie war. Hier treffe ich dann bald auf den Pittsburgher und seine Freundin und wir fahren gemeinsam im Auto noch ein Stück bis zu einem Park rund um ein ehemaliges Ziegelwerk, wo heute ein Farmer‘s Markt stattfindet. Es ist verrückt, dass wir uns gerade noch (eine Woche bevor ich nach Kanada geflogen bin) in Berlin gesehen haben und jetzt zusammen in Toronto sind. Verrückt, aber sehr schön. Wir spazieren über den Markt und holen uns einen ersten kleinen Snack – für mich ein jamaikanisches Patty mit Kichererbsen und Grünkohl und ein Ting – so schade, dass es das in Berlin nicht gibt! Andererseits soll ich Grapefruit aufgrund meiner Medikamente eher meiden, von daher vielleicht doch ganz gut.

Die Beiden essen ein paar indische und ein paar griechische Snacks. Dann laufen wir durch den Park und erfreuen uns an sonnigem Herbstwetter und Ausblick.

Bevor wir nach knapp zwei Stunden wieder ins Auto steigen, hole ich mir noch ein „warmes Ingwer-Kurkuma-Tonic“ mit Zitrone, schwarzem Pfeffer und Kokosblütenzucker. Tut gut!

Wir fahren zurück in die Innenstadt – oder eher den Rand davon. Die Beiden haben Lust auf Hakka-Küche, die sie bei ihren letzten Toronto-Besuch entdeckt haben. Leider haben beide von uns angesteuerten Restaurants zu, so dass wir dann schließlich in einem Café landen, wo es Sandwiches und Salat gibt. Ich habe noch keinen Hunger, bzw. will mir meine Magenkapazitäten für anderes aufheben.

Unweit von hier ist dann nämlich ein Gelato-Laden, den die beiden ebenfalls bei ihrem Besuch entdeckten. Wir gönnen uns alle zwei große Scoops – für mich gibt es Ricotta mit kandierter Orangenschale und Sorbet aus lokalen Concord-Trauben – so, so gut! Dann steigen wir ein letztes Mal ins Auto und fahren ins „echte“ Toronto – dahin wo ich früher gewohnt habe und wo der Gastgeber heute wohnt (wir beide sind uns einig, dass Toronto sich eigentlich zwischen Waterfront, Ossington, Bloor und Yonge befindet und alles andere nur Beiwerk ist. Wir stellen das Auto ab und kehren erstmal kurz bei meinem Gastgeber ein. Ich überreiche dem Pittsburgher einen Beutel mit Dingen, die er in Berlin vergessen hat, ziehe mich etwas wärmer an (durch den Wind ist es heute echt ganz schön kalt) und dann ziehen wir zu viert los durch die Stadt. Die Drei verstehen sich so gut, wie ich erhofft und erwartet habe, sehr schön. Mein Gastgeber wohnt seit 35 Jahren in dieser Gegend und kann uns viel erzählen.

Wir laufen durch Kensington Market und China Town bis zur Art Gallery of Ontario, am Ontario College for Arts and Design vorbei (spannende Architektur!) und dann die Queen Street entlang nach Westen, durch den Fashion District, meine alte Hood, und bis zum Trinity-Bellwoods-Park.

Ontario College for Art and Design

Den Park verlassen wir in Little Portugal, ein paar Blocks weiter beginnt Little Italy und es wird langsam dunkel.

Noch ein paar Blocks weiter sind wir in Korea Town. Hier haben wir in einem äthiopischen Restaurant einen Tisch reserviert. Wir teilen uns zwei vegane Platten mit insgesamt acht verschiedenen Gerichten – jeweils vier gleiche und dann zwei verschiedene pro Platte.

Das Essen ist so, so gut! Die Amerikaner*innen schaffen nicht so viel, weil sie nicht so sorgsam geplant hatten, wie ich, aber „wir Torontonians“ schlagen uns die Bäuche voll, bis fast nichts mehr da ist. Dazu gibt es Gespräche rund ums Essen, Kochen, Backen, Fermentieren und die Sinnhaftigkeit verschiedenster Küchen-Gadgets. Und viel Gelächter immer wieder, weil die beiden Herren den gleichen Vornamen und auch sonst viele Gemeinsamkeiten haben und wir deswegen nach guten Namen suchen, mit denen man sie unterscheidbar ansprechen kann. JB und JG funktioniert nicht, weil es zu ähnlich klingt. Am Ende einigen wir uns auf vegan J und ovo-lacto J, weil der eine Veganer und der andere Vegetarier ist.

Satt und zufrieden laufen wir dann durch Korea Town zurück nach Kensington Market, machen Pläne für morgen und verabschieden die beiden Amis, die noch fast eine Stunde bis in den Vorort zu fahren haben, in dem sie übernachten. Mein Gastgeber und ich sitzen noch eine Weile, sprechen über kanadische und deutsche Politik, kanadische Literatur, die verschiedenen Instant Messenger und Chatkanäle, die man heute so braucht, um alle Freund*innen-Gruppen unter einen Hut zu kriegen (wir haben beide Messenger, WhatsApp, Signal, Instagram und Discord, ich außerdem noch iMessage, Threema, Telegram, Mastodon, Bluesky und Threads) und die guten alten Retro-Chatsysteme aus den 90ern – ICQ (hat diesen Sommer endgültig dichtgemacht), Trillian (alle Messenger in einem System – bessere Zeiten!) und IRC (gibts noch).

Gegen 11 dann mache ich mich bettfertig und der Gastgeber geht noch mal in seine Stammkneipe nebenan, wo Freunde auf ihn warten.

23.449 Schritte heute – 17,41 km

11.10.2024 – Vergangenheit, Strand, Miniaturen und Cocktails

Gemütlicher Morgen im Bett auf der Couch mit der üblichen Morgenroutine samt Liebstentelefonat. Als mein Gastgeber dann auch wach ist, esse ich ein schnelles Müsli mit Granola, Mandeljoghurt und Hafermilch, dann geht es los ins Draußen. Wir beginnen den Tag mit einem entspannten Kaffee in der Sonne vor seinem Stammcafé.

Danach begebe ich mich auf die Spuren meiner Vergangenheit. Ich laufe meinen alten Arbeitsweg nach Downtown entlang – den ich damals allerdings fast immer mit dem Streetcar bewältigt habe, es sei denn, das war voll und fuhr vorbei – auch das habe ich jetzt noch nicht erlebt, aber ich war auch nicht zur Rush Hour unterwegs. Die Straße führt durch den Entertainment District, mit Kinos und dem kanadischen Walk of Fame, wo sich Leute wie Dan Akroyd, John Candy, Neil Young, Leonard Cohen, Bryan Adams, Cathleen O‘Hara, Margaret Atwood, Joni Mitchell, Buffy St Marie oder Celine Dion verewigt haben.

An der üblichen Haltestelle biege ich ab und laufe an der Kirche vorbei, in der ich damals aus höflichem Interesse mit einem Freund meinen ersten (und einzigen, außer zu Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen oder Weihnachten mit der Hasenfamilie) Gottesdienst besucht habe. War eine interessante Erfahrung ohne nachhaltige Auswirkungen auf mein Leben. Der Freund hingegen hatte bereits Anschluss in der Gemeinde gefunden und seine spätere Frau dort kennengelernt, wenn mich nicht alles täuscht – wir haben uns in den letzten 19 Jahren aus den Augen verloren.

Nächster Halt ist der Foodcourt in der Nähe von meinem ehemaligen Büro, in dem ich viele Mittagspausen verbracht habe und zum ersten Mal Pad Thai gegessen habe. Der Thai-Laden ist leider nicht mehr da, aber den Griechen (Mr Souvlaki) und natürlich den Tim Horton’s gibt es noch. Ich mache ein Foto vor dem alten Bürogebäude, laufe dann weiter von Downtown mit all den Wolkenkratzern nach Old Town. Im St. Lawrence Market bewundere ich die vielen tollen Stände, aber da ich ja gerade erst gefrühstückt habe, hole ich mir nur einen Obstsalat für später.

Dann fahre ich mit Bus (Schienenersatzverkehr) und Streetcar hinaus zu den Beaches. Hier sind die gleichen Häuser wie weiter drinnen Einfamilienhäuser oder Doppelhaushälften, alles sieht etwas gediegener aus. Ein Ort für gutsituierte Menschen, besonders da, wo man einen Blick auf den See hat. Ich spaziere erst auf der Promenade und dann direkt am Wasser entlang den Strand entlang.

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich mich am Meer wähnen. Es gibt Wind, Wellen, Möwen und das gegenüberliegende Ufer (die USA) ist ähnlich weit weg wie Gedser von Warnemünde, aber überhaupt nicht zu erkennen. Ich setze mich in den Sand und löffle meinen Obstsalat – drei Sorten Melone, Mango, Blaubeeren, Trauben und Feigen, alles superfrisch, superreif und herrlich aromatisch. Das Gefäß fasst etwa 300 ml und hat mich nur umgerechnet 2,67 € gekostet. Bei den Essenspreisen hier ein Hammer-Deal!

Durch einen kleinen Park laufe ich zurück zur Streetcar und fahre zurück in die City. Dabei weicht das Streetcar zweimal von der Stammstrecke ab, weil gerade eine neue (die dritte) U-Bahn-Linie gebaut wird. So bekomme ich noch mehr von der Stadt zu sehen als geplant. Im Eaton Center, dem gigantischen Einkaufszentrum, hole ich mir ein Ladekabel (meins liegt bei meinem Gastgeber auf dem Sofa), und einen Litschi-Bubble-Tea.

Damit setze ich mich draußen in die Sonne, lade mein Handy auf (die Powerbank habe ich nicht vergessen) und Fotos hoch. Dann treffe ich die Freundin von gestern wieder und wir besuchen die Miniaturenausstellung Little Canada die überraschend gut gemacht und unterhaltsam ist – definitiv eine Empfehlung! Besonders freut mich, dass es mein kanadischer Lieblingseisladen und das tolle Restaurant am Cabot Trail letztes Jahr in die Ausstellung geschafft haben.

Niagara Falls
CN Tower
Cabot Trail
Halifax
Peggy‘s Cove
Flower Pots
Das originale Cows auf PEI
Green Gables

Wir verbringen gute anderthalb Stunden in der Ausstellung und haben eine Menge Spaß. Danach treffen wir den Partner der Freundin in einer Hotelbar hoch über der Stadt. Wir kommen genau rechtzeitig zum Sonnenuntergang an. Es gibt leckere Cocktails (für mich mit Gin, Mandelsirup und Passionsfruchtsaft) und dazu ein Charcuterie-Board, Mini-Burger, frittiertes Hähnchen mit scharfem Dip, frittierten Halloumi und gebratene japanische Paprika. Die Bar ist allerdings recht dunkel – man kann das Essen kaum sehen, geschweige denn fotografieren. Es schmeckt aber sehr gut. Wir unterhalten uns über Familie, Jobs, politische und soziale Systeme in Deutschland und Kanada, Arbeitnehmerrechte (der Partner ist Gewerkschaftsführer) und vieles mehr.

Nach etwa zwei Stunden verabschieden wir uns und ich laufe noch ein paar Blocks nach Hause. Gegen 21 Uhr sitze ich nach gut 20.000 Schritten wieder auf der Couch. Ich schreibe mit dem Pittsburgher und seiner Freundin, die heute in Toronto angekommen sind und wir machen Pläne für morgen, dann mache ich gegen 11 das Licht aus.