19.09.2024 – Yoga und Dinner Party

Der Tag beginnt zu früh und mit einem Wunder, gegen dreiviertel 7 ruft ein Telekom-Techniker an und sagt, dass er jetzt auf dem Weg zu meiner Wohnung ist. Zum Glück ist der Liebste auch rechtzeitig vor Ort und eine Stunde später habe ich in meiner Wohnung Internet 🤯. Der Liebste und ich telefonieren dann gleich noch ein wenig länger und er lässt mich mit den Katzen sprechen, was extrem niedlich ist. Erst danach lese ich das Internet leer, blogge, mache Französisch, Italienisch und Sorbisch und dann heißt es gegen 10 aufstehen zum vielleicht letzten Frühstück auf dem Deck für dieses Jahr. Die Hitzewelle der letzten Tage (September-Jahrhunderthoch!) ist vorbei, heute ist es bewölkt und schon etwas kühler, ab morgen scheint sich der Herbst endgültig durchzusetzen.

Nach einer angemessenen Verdauungspause probiere ich die neue Yoga-Matte aus, heute auch noch draußen. Es läuft erstaunlich gut und ich kann trotz Arm wieder fast alles machen, Hund geht gut, Plank mehr so halbherzig kurz, am schwierigsten/schmerzhaftesten sind Sachen, wo ich den Arm seitwärts halten oder bewegen muss.

Hinterher sitze ich gemütlich da, gucke aufs Wasser, lausche dem Konzert von Vogelgezwitscher, Möwengeschrei, Loon-Gesang, Reiher-Ruf, Robben-Rülpserei und Getrappel von Eichhörnchen und Streifenhörnchen auf der Jagd nach Eicheln.

Zwischendurch gibt es noch Tee und Reste der gestrigen Quarktorte. Dann geht das große Kochen los, denn heute Abend kommen die Nachbarn vorbei – ein Hühnchen von der Farm im Nachbardorf soll im Ofen landen (Es liegt schon eine Weile im Tiefkühler).

Zwei Sorten Taralli, zwei Sorten Crackers, Dill-Hummus und Tabouleh
Hähnchen, Rosmarinkartoffeln, zwei Sorten Zucchini, Süßkartoffel, Stuffing und Gravy
Drei Sorten Eis und frische Beeren

Die Nibbles gibt es noch draußen auf dem Deck, den Hauptgang im Esszimmer, den Nachtisch in der Sofa-Ecke, dazu Wein, Bier, Cider und gute Gespräche, hauptsächlich über das Leben und die Leute hier, außerdem Reisen, Musik und natürlich auch wieder ein bisschen Weltpolitik, diesmal vor allem Kapitalismuskritik. Gegen 22 Uhr verabschieden sich die Gäste und ich gehe direkt danach hundemüde ins Bett.

18.09.2024 – Atlantik-Bad und Shopping-Trip

Am sehr frühen Morgen liege ich eine gute Stunde lesend wach, dann schlafe ich nochmal ein und starte dementsprechend später in die morgendliche Routine. Aufstehen dann erst nach 10, zum Frühstück auf dem Deck. Dann nutze ich die Gelegenheit des letzten richtig heißen Tages und gehe in der Bucht baden. Hui, das ist kälter als zuletzt in der Ostsee und viel kälter als in den Seen Brandenburgs und Frankens oder im Freibad. Aber es macht auch richtig wach und nachdem man eine Weile drin ist, geht es eigentlich (vor allem an der Oberfläche). Mama kommt auch noch dazu und dann schwimmen wir beide ein bisschen.

Hinterher lasse ich mich in der Sonne trocknen, dann gehe ich Duschen und setze mich mit Handy, Laptop und Buch aufs Deck. Am frühen Nachmittag dann ist es Zeit für eine kleine Einkaufsrunde. Zuerst fahren wir in die Mall der zweitnächstgelegenen Stadt. Hier kaufe ich mir eine einfache Yogamatte, Sonnencreme und eine neue Sonnenbrille – die alte habe ich vermutlich gestern irgendwo liegen lassen oder sie findet sich in den nächsten Tagen noch an – und dann eine Tüte Gummibonbons. Der Liebste und das Teilzeitkind bekommen ein Beweisfoto.

Währenddessen kaufen die Ellis Kalender mit Inuit-Kunst und versuchen, die Batterie an Mamas Uhr tauschen zu lassen – leider ohne Erfolg, weil die benötigten Batterien aktuell nicht vorrätig sind. Dann fahren wir auch schon wieder Richtung Heimat, halten aber unterwegs noch am Farm Market an und kaufen ordentlich Obst und Gemüse ein – lokale Trauben, Erdbeeren, Blaubeeren, Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Tomaten, Dill, Mais… Es sieht alles schon ordentlich herbstlich aus hier – die ersten Bäume färben sich auch schon gelb und rot, aber überwiegend ist es noch grün.

Wieder zuhause gibt es dann erstmal Kaffee und Kuchen auf dem Deck, heute mit Quarktorte und Trauben.

Danach bleibe ich einfach wieder sitzen und lese mein Buch zu Ende. Wirklich tolles, sehr zu empfehlendes Kinder- und Jugendbuch darüber, dass nicht alle Eltern Kinder haben sollten und nicht alle ohne Kinder schlechte Eltern sind – alles vor dem Hintergrund des zweiten Weltkriegs. Nebenbei zirpen die Grillen, der Heatbug macht Lärm, ein paar Möwen kreischen… Alles ganz gut soweit.

Zum Abendbrot gibt es heute Gnocchi-Reste, Salat und kaltes Abendbrot, auch immer noch draußen, während langsam die Sonne über der Bucht untergeht. Sobald die weg ist, wird es kühl und ich gehe – bei offener Tür (mit Fliegengitter) nach drinnen auf die die Couch und schaue die neue Staffel Emily in Paris zu Ende. Dann ist es auch schon fast Mitternacht und Zeit, schlafen zu gehen.

17.09.2024 – Chillen, Strampeln, Südafrikanisch essen

Heute wieder recht früh aufgewacht und dann erstmal knapp vier Stunden mehr oder weniger still im Bett beschäftigt (unter anderem diesen interessanten Interview-Podcast mit Hanson gehört, zur Einstimmung auf das baldige Konzert). Dann geht es zum Frühstück raus aufs Deck. Tischgespräche heute u. a. über Cancel Culture, Settler Culture und die CDU.

Danach setze ich mich eine Runde auf den hier vorhanden Hometrainer, bevor ich unter die Dusche gehe. Die nächsten Stunden dann Chillen und Lesen auf dem Deck, außerdem ein bisschen Kram und Korrespondenz am Laptop erledigen. Es ist wieder sehr heiß, aber im Schatten und mit Wind geht es. Auch hier kann man vom Ufer aus Robben beobachten, die es sich draußen auf den Steinen gemütlich machen und in der Sonne dösen.

Später gibt es Apfelkuchen von der Farm im Nachbarort, theoretisch deutsch aber an kanadischen Geschmack angepasst, mit viel Rührteig und wenig Äpfeln unter den leckeren Streuseln. Dazu mache ich mir eine Art Affogato, aus Espresso, Vanilleeis und Milch. Nach dem Essen ruft der Liebste an und berichtet vom so fern erscheinenden Alltag in Berlin.

Dann wird es auch schon bald Zeit, zu unserer Abendeinladung bei in Kanada lebenden Freunden südafrikanischer Herkunft ein paar Städte weiter. Wir werden mit Getränken und Knabbereien draußen empfangen und sitzen dort, bis es langsam kühler wird, als sich die Sonne hinter die Bäume verzieht. Dann geht die Konversation drinnen munter weiter – Weltpolitik, Klimawandel, kanadische Politik, Pandemie… Es gibt genug zu klagen.

Schließlich bittet die Gastgeberin zu Tisch, es gibt ein extrem leckeres Bobotie, das südafrikanische Nationalgericht, mit toll gewürztem Reis, selbst gemachtem Chutney und zwei Sorten Salat (Tomate-Zwiebel-Koriander und ein gemischter grüner mit u. a. Möhren und Dill), dazu Rotwein.

Bobotie

Zum Nachtisch hat meine Mama am Nachmittag eine Birnentarte mit Honig gemacht, die auch sehr, sehr gut ist.

Auch nach dem Essen erzählen wir noch eine ganze Weile, bis es dann gegen halb 10 wieder über den dunklen Highway nach Hause geht. Dort angekommen verziehe ich mich hundemüde direkt ins Bett und schlafe nach wenigen Buchseiten tief und fest ein.

16.09.2024 – Wildlife

Diese Nacht ist wieder kürzer, mehr wie das, was ich zuletzt von der anderen Seite des Teichs gewohnt bin, der Jetlag scheint langsam weg zu sein, nur dass ich abends noch recht früh müde werde, was aber auch am Rhythmus der Tage hier liegen kann, wo abends nicht mehr viel passiert, draußen die große Dunkelheit und Stille stattfindet und die Nachrichten und Benachrichtigungen aus Europa schon lange verstummt sind.

Die Millenials mit ihrem Avocado-Toast immer

Frühstück gibt es heute wieder draußen, aber auf einer anderen, windgeschützteren Stelle des Decks. Das Tischgespräch mäandert zwischen Essen, Alltäglichem und der großen Politik hin und her, wie fast immer. Danach noch ein kurzer Moment auf der Couch zum Beenden des Buches und Absolvieren all der täglichen Spiele und Puzzles, bevor ich mich für den Tag fertig mache und mit der am Bahnhof gekauften Zeitschrift wieder aufs Deck setze. Inzwischen ist es so warm, dass der Wind eher angenehm ist. Ich lese und schreibe nebenher allen Leuten zurück, die mich so anschreiben – Pläne schmieden, auf den neusten Stand bringen, zwischendrin noch die eine oder andere E-Mail und dann wieder lesen.

Am frühen Nachmittag gibt es dann Kaffee, Tee und Kuchen und einen gemeinsamen Videoanruf bei meinem Bruder, der heute Geburtstag feiert, ganz ohne uns. Danach brechen wir zu unserem heutigen Ausflug auf, an den Strand eines nahegelegenen Provinzparks. Diesmal gibt es mehr zu Laufen, inkl. durch einen kleinen Bach waten, so dass wir dem Schrittziel schon näher rücken. Vom Strand aus können wir mit bloßem Auge mehrere Robben beobachten, die ihrerseits uns zu beobachten scheinen. Und als ich gerade feststelle, dass es hier doch eigentlich ganz schön ist, fliegt noch ein Weißkopfseeadler über unsere Köpfe und setzt sich in der Nähe auf einen Baum.

Da hinten sitzt der Adler
Da hinten sonnt sich die Robbe

Auf dem Weg zurück zum Auto nehmen wir noch einige Birkenpilze vom Wegesrand mit. Zuhause dann erstmal kurze Aperitivo-Zeit mit regionalem Cider auf dem Deck.

Und dann wird gekocht – es gibt Birkenpilze, ergänzt mit Champignons, mit Knoblauch, Thymian und passierten Tomaten als Sauce zu Gnocchi, dazu Pecorino und Rucola.

Den Abend verbringe ich dann auf der Couch, u. a. mit den ersten Folgen der neuen Staffel Emily in Paris – ein Schauen mehr aus Pflichtgefühl, als dass es gut wäre, aber man will ja irgendwie mitreden können. Gegen 23 Uhr geht es mit dem nächsten Buch, einer Empfehlung von Susanne, ins Bett.

15.09.2024 – Sonntagskuchen, Besuch, Strand und Lektüre

Ausgeschlafen bis ziemlich genau um acht, brutto also zehn Stunden, mit nur sehr kurzen Unterbrechungen. Es wird, es wird. In der morgendlichen Stille dann das Internet leer gelesen, gebloggt, Französisch und Italienisch gemacht, mit dem Liebsten telefoniert… Und irgendwann ist auch der Rest wach und es gibt Frühstück, heute mit Müsli und vielen Beeren, Erdnussbutter und Marmelade, dafür aber drinnen, weil wir früher dran sind und es draußen noch zu frisch ist. Nach dem Frühstück geht es auf die Couch für weitere morgendliche Spielereien – Wordle, Strands, Connections, Past Puzzle, Bandle, mein aktuelles Handyspiel… Nebenbei schreibe ich mit der Schwester des Liebsten, die gerade das Selbe tut – auf der Heimfahrt von Berlin, wo sie mit dem Liebsten frühstückte als ich noch schlief.

Irgendwann ist es dann Zeit, den Tag ernsthaft zu beginnen, mit Duschen und Anziehen und so. Dann packe ich meinen Koffer aus und richte mich langfristig in meinem Zimmer ein – ich bleibe ja eine ganze Weile. Danach ist es warm genug, um draußen auf dem Deck zu sitzen. Die Sonne glitzert auf dem Wasser, in der Ferne kreischen Möwen, eine sanfte Brise weht immer mal über das heißer werdende Decke und ich lese mich im letzten der Bücher fest, die ich auf Empfehlung der norwegophilen Cousine ausgeliehen habe: Linn Ullmann – Das Verschwiegene. Angefangen habe ich das schon vor einer Weile, kam aber nicht richtig rein und mir fehlte auch die Muße zum Lesen. Jetzt klappt es und ich lese mit Unterbrechungen weiter, bis es abends halb 11 ins Bett geht.

Die Unterbrechungen:

Am frühen Nachmittag kommt eine Freundin meiner Eltern zu Besuch, die ich bisher erst einmal, nämlich gestern vor elf Jahren, getroffen habe, wie Facebook mich später erinnert. Sie selbst ist Inuk und hat das Wochenende auf einem Retreat hier in der Nähe verbracht, auf dem First Nations (hier in Nova Scotia vor allem Mi‘kmaq), Settlers (europäischstämmige Mehrheitsbevölkerung) und Immigrant*innen zusammenkommen, um gemeinsam das Land (in diesem Fall von einem Schädling befallene Bäume) und sich selbst zu heilen – durch Gemeinschaft, Gespräche und angeleitete Zeremonien. Sehr spannend. Wir essen Pflaumenkuchen, Scones und Obst. Nach zwei Stunden bricht die Freundin wieder auf, sie hat noch einen langen Heimweg vor sich, lädt uns aber ein, sie demnächst zu besuchen.

Direkt im Anschluss brechen wir auf an den Strand, um uns noch ein wenig zu bewegen. Das bedeutet hier erst einmal eine Viertelstunde Autofahrt durch Wald und kleine Dörfer, dann sind wir am offenen Meer. Weil es langsam Richtung Flut geht, ist der hintere Strandbereich schon schwer erreichbar, so laufen wir nicht die ganze Strecke, sondern kürzen ab und gehen durch das Hinterland, an der Lagune entlang, zurück.

Wieder zuhause gibt es dann einen frühen Sundowner (Viel Orangensaft mit wenig Campari), mit dem ich mich dann wieder zum Lesen aufs Deck zurückziehe.

Nach und nach dämmert es und wird wieder frischer, zwei Chipmunks jagen sich vor meinen Augen über das Deck. Als es zu kalt wird, wechsle ich auf die Couch. Die letzte Unterbrechung ist dann das Abendbrot, Reste von gestern, Salat und Brot. Dann wieder Couch. Am Ende des Tages habe ich knapp zwei Drittel des Buchs geschafft.

14.09.2024 – Zurück im Haus am Meer

Ich schlafe ziemlich gut, mit nur einer Unterbrechung, dafür natürlich Jetlag-bedingt noch etwas kurz – kurz vor 6 ist die Nacht vorbei und ich ziehe die Gardine auf und gucke durch die Bäume aufs Meer. Kurz darauf geht die Sonne auf.

Ich lese mich durchs Internet, blogge, telefoniere mit dem Liebsten, der auch noch im Bett liegt (fünf Stunden Zeitunterschied und es ist Sonnabend), mache Französisch und Italienisch (mit Sorbisch hatte ich seit dem Urlaub ausgesetzt, das muss ich jetzt die Tage mal wieder angehen).

Irgendwann kommen die ersten Reaktionen von Papa auf meine Social-Media-Posts, es wird also langsam aufgestanden. Zu dritt versammeln wir uns im Esszimmer und nach einem kurzen Snack (selbstgebackener Keks von Mama) zu meiner Morgentablette fahren wir erst einmal einkaufen und Besorgungen machen. Im Dorf sind Briefe einzuwerfen und Post abzuholen. In der nächsten Stadt holen wir beim Bäcker Vollkorn-Sauerteig-Brot und Scones mit Him- und Blaubeeren. Dann geht es in Supermarkt 1 für Basilikum, Joghurt und frischen Fisch (Wir entscheiden uns für Schwertfisch), in Supermarkt 2 für den Rest des Wocheneinkaufs. Ich habe den Besorgungen meiner Eltern nur Chips und Ginger Ale zuzufügen, meine „Ich bin wieder da“-Staples. Im Liquor Store holen wir dann noch Bier, Wein und für mich Cider und Gummibonbons.

Dann geht es noch zum Farmstand im Nachbardorf für Eier von glücklichen Hühnern, Streuselkuchen mit Apfel und Schwarzwälder-Kirsch-Cupcakes (die Betreiber der Farm sind Deutsche). Mit unserer Beute fahren wir zurück zum Haus am Meer und dann gibt es gegen 11 Uhr Frühstück auf dem Deck, inzwischen ist es warm genug, nachdem wir uns am Morgen noch etwas Warmes überziehen mussten.

Nach dem Essen (und vertrieben von Zuckerwasser-Tropfen aus dem Hummingbird-Feeder über meinem Kopf) setze ich mich Buch an eine andere Stelle des Decks in die Sonne. Ein wenig lesen, ein wenig Dinge im Internet machen und Podcast hören, viel aufs Wasser gucken. In der Sonne ist es sehr heiß, im Schatten und bei Wind eher kühl. Ich verlagere mehrmals meine Position und ziehe Dinge an oder aus, verbringe aber weite Teile des Tages draußen auf dem Deck und mit Blick aufs Wasser. Später gibt es Kaffee, Tee und Kuchen – die Cupcakes und die Scones.

Dann drehen Mama und ich eine Runde ums Haus. Wir ernten Goldrute, um daraus Tee gegen Blasenentzündungen herzustellen, außerdem Brombeerblätter als Beigabe zu weiteren Tees und Minze, Thymian und Oregano fürs Abendessen. Dann ist nochmal Chillen angesagt, bis wir uns zum Kochen in der Küche treffen.

Es gibt Schwertfisch ungefähr nach diesem Rezept von Fabrizia Lanza, dazu Couscous nach Rezept auf der Packung, getränkt mit den Fischsäften und Zucchini-Paprika-Sellerie-Gemüse mit passierten Tomaten. Und Pinot Grigio.

Nach dem Essen nochmal Chillen auf der Couch, aber so langsam fallen mir die Augen zu. Gegen 22 Uhr liege ich hundemüde im Bett und schlafe schnell ein.

13.09.2024 – Übern Teich

Die Nacht ist unruhig, natürlich. Kurz nach 6 gebe ich das Schlafen auf und koche Kaffee für den Liebsten und mich, der Wecker klingelt 6:30. Wir liegen mit den Katzen im Bett und sind müde, aber ich halt auch sehr aufgeregt. Mein Unterbewusstsein hat nachts noch Entscheidungen zum Kofferinhalt getroffen, die umgesetzt werden wollen. Die Yogamatte kommt raus, sie ist zu schwer, mal gucken, ob ich vor Ort Ersatz besorge. Dafür sollte ich einen Gürtel mitnehmen, für die eine Hose. So Sachen. Gegen halb 8 stehe ich endgültig auf, ziehe mich an und packe zu Ende. Als der Liebste auch fertig ist, gibt es nochmal Futter und Kuscheln für die Katzen und dann verlassen wir gegen 8 die Wohnung. Ich schaue nochmal in den Briefkasten und übergebe meinen Schlüssel dann an den Liebsten.

Wir fahren mit Tram und S-Bahn zum Hauptbahnhof, alles ist pünktlich und die Rolltreppen funktionieren. Erst in der S-Bahn dann die Nachricht über den verspätet bereitgestellten Zug – aber für sowas habe ich ja Zeitpuffer eingeplant. Ich kaufe mir frisch gepressten Saft und zwei Stück Gebäck fürs Frühstück im Zug und dann uns beiden mehr Kaffee, den wir noch gemütlich trinken, bevor der Liebste aufbrechen muss, um rechtzeitig zum ersten Meeting am heimischen Schreibtisch zu sitzen. Ich vertreibe mir noch kurz die Zeit und kaufe eine Zeitschrift, dann gehe ich eine halbe Stunde vor neuer Abfahrtszeit zum Gleis, was total gut ist, denn auch auf Verspätungen kann man sich nicht verlassen – zwischenzeitlich sind es nur noch wenige Minuten und hätte ich bis zur angesagten Zeit gewartet, hätte ich ihn verpasst.

So dann gemütliche Zugfahrt nach Frankfurt Flughafen, irgendwo bei Stendal geht es über die Elbe, die noch nix vom anstehenden Hochwasser ahnt. Am Ende kommen wir mit exakt der Verspätung an, die die App am Morgen vorausgesagt hatte, wenigstens das. Ich laufe durchs Terminal in die richtige Abflughalle, checke ein, gehe durch die Security und die Passkontrolle (ohne Kind dabei kann ich diesmal die automatische nutzen und muss nicht anstehen) und liege 37 Minuten später in einem Liegestuhl am Gate. Jetzt zwei Stunden rumbringen bis zum Boarding. Schon im Zug habe ich mein Duolingo auf Französisch umgestellt (zwischen Norwegen und jetzt war es wieder auf Niederländisch) und da ich ja in der Schule sechs und an der Uni ein Jahr Französisch hatte, fliege ich nur so durch die Lektionen. Niedrigschwellige Erfolgserlebnisse, so wichtig. Allzu viel Französisch wird mir in Kanada vermutlich nicht begegnen, es sei denn, wir machen einen Ausflug in die Acadie, aber ich kann ja mit zweisprachigen Beschilderungen und Lebensmittelpackungen üben. Schadet gar nichts, das alles mal wieder vorzuholen. (Zitat aus dem Film Der Ruhm meines Vaters, ständiger Spruch von Marcel Pagnols Vater: „Man soll sich niemals eine Gelegenheit entgehen lassen, sich zu bilden.“)

Das Boarding beginnt pünktlich und geht schnell, der Flieger ist nichtmal halb voll. Man merkt, dass gerade Zwischensaison ist zwischen Sommerferien und Indian Summer und außerdem erst Freitag. Alle Alleinreisenden haben einen freien Platz neben sich, so auch ich. Sobald das Entertainment-Programm verfügbar ist, mache ich mich über die riesige Filmauswahl her. Den Anfang macht Best in Show, den der Besuch neulich empfohlen hat, eine Mockumentary über eine Hundeshow mit unter anderem Eugene Levy und Catherine O‘Hara. Teils sehr brachialer Humor, guckt sich aber gut weg. Dazu gibt es das Standardessen auf diesem Flug: Caserecce mit Tomatensauce.

Als Nächstes gucke ich endlich mal Killers of the Flower Moon mit Robert DeNiro, Leonardo DiCaprio und diversen Cast-Mitgliedern von Reservation Dogs. Toller Film, aber 3,5 Stunden ist echt ein bisschen lang, das hätte man an einigen Stellen straffen können. So bleiben am Ende nur noch knapp 90 Minuten für einen letzten Film, so dass ich zum x-ten Mal meinen Lieblingsfilm, Before Sunset, gucke, der nur 87 Minuten lang ist und mal wieder all the feels herausholt. Der hittet auch jedes Mal different. So gut!

Und Zack!, landen wir auch schon. Um 0:50 deutscher Zeit rollen wir über die Landebahn. Einreise, Toilettengang und Koffer vom Band nehmen dauert eine gute halbe Stunde, nach 40 Minuten sitze ich bei und mit den Ellis im Auto. Es ist halb 9 abends und schon dunkel, im Radio laufen Queen und die Ramones. In einer Stunde und 40 Minuten düsen wir über den Highway nach Hause. Ankunft gegen 3 Uhr morgens deutscher Zeit. Es gibt noch eine Tasse Melissentee und ein paar Pralinen und dann liege ich gegen 4 (23) Uhr im Bett und schlafe bald ein.

12.09.2024 – Letzter Tag in Berlin

Ohne Wecker bis nach 8 geschlafen, aber wohl auch, weil nachts ein wenig wachliegen war. Macht aber nichts, ab jetzt ist eh Adrenalin. Ich lasse mir Zeit mit dem morgendlichen Rumlümmeln im Bett (inklusive Frühstück aus Restequark, Restemoltebeerenmarmelade, Resteapfel und Restetrauben), aber kurz nach halb 11 geht dann der Tag doch endgültig los. Den Rest des „Vormittags“ verbringe ich mit Katzenklo erneuern, Müll wegbringen, Staubsaugen und ein wenig Putzen. Dann fahre ich nochmal zu den Ellis in die Wohnung und schaue, ob ich ihnen Post mitbringen kann – ist aber nichts Wichtiges da.

Auf dem Heimweg dann noch einmal in den Drogeriemarkt – es fällt einer ja doch immer noch etwas ein – und dann zum Mittagessen auf die Couch. Stulle mit Butter und Geitost, wonach die Reste von Butter und Geitost in den Gefrierschrank wandern. Ich erledige ein letztes bisschen Post (die Umständlichkeit deutscher Behörden: Ich bekomme eine E-Mail, dass ich eine Nachricht im Postfach habe, in der Nachricht dann halbe Informationen mit Verweis auf einen Brief, der Brief kommt am nächsten Tag an und antworten kann ich auch nur per Brief).

Irgendwann raffe ich mich auf und beginne zu packen. Der längste Auslandsaufenthalt seit 19 Jahren steht an, das rechtfertigt den größten verfügbaren Koffer, auch wenn ich die meiste Zeit über eine Waschmaschine zur Verfügung haben werde – ich brauche Klamotten von Sommer über Herbst, lasse aber den Wintermantel aus Erfahrung und Platzmangel doch zuhause. Kurz nachdem ich fertig bin kommt der Liebste an und bekommt nochmal eine mündliche Einweisung ins Katzensitting.

Danach gehen wir spazieren und landen schließlich am reservierten sardischen Restauranttisch.

Campari Soda im Aperol Spritz Glas
Antipasti
Ravioli mit Ricotta-Safran-Orangen-Minze-Füllung und Tomatensauce, Pizza mit Salsiccia und Schafskäse
Seadas, dazu Mirto

Wir schlemmen und erzählen und in einer der Wartezeiten gucke ich nach, was denn demnächst in Toronto für Konzerte stattfinden. Nachdem ich Hanson ja vor drei Wochen in Oslo knapp verpasst habe, kann ich sie jetzt in Toronto sehen. Ich kaufe direkt ein Ticket, da schließt sich dann auch ein zweiter schöner Kreis, denn das erste und bisher einzige Mal, dass ich sie live gesehen habe, war auch in Toronto, vor 19 Jahren. Damals reine Neugier und aus Prinzip, weil ich in den 90ern Fan war. Das Konzert war dann so gut, dass ich wieder Fan wurde und blieb. Und: Die Tour ist die Jubiläumstour zu dem Album, mit dem sie damals auf Tour waren. Eine schöne runde Sache also.

Nach dem Essen spazieren wir nach Hause und gehen dann so ziemlich sofort ins Bett, halb 11 geht das Licht aus – optimistische acht Stunden vor dem Weckerklingeln.

11.09.2024 – Debate und Prep

Aufgewacht und schon wieder gedacht, ich läge mitten in der Nacht wach – es ist auch noch ziemlich dunkel, aber der Berufsverkehr scheint angefangen zu haben. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass der Wecker gleich klingelt. Nun denn. Ich habe nämlich heute zu unchristlicher Zeit noch einen Arzttermin, der letzte, der noch möglich war, bevor ich diesem Land wieder entschwinde. Erstmal jedoch verschaffe ich mir einen kurzen Überblick über die nächtliche TV-Debatte zwischen Harris und Trump. Die Tagesschau faselt etwas von einem Duell auf Augenhöhe, das beunruhigt mich, aber alle anderen Medien und vor allem auch die sozialen sehen Harris klar vorne. OK, damit kann ich in den Tag starten.

Ich nehme Tram und Tram in die Praxis und telefoniere auf dem Weg mit dem Liebsten, der auch noch im Bett liegt. In der Tram beginne ich zu bloggen. Ich bin 15 Minuten vor dem Termin da und sitze bloggend im Wartezimmer, als die beste Freundin ankommt. Heute soll ich nicht zu ihr in die Sprechstunde, sondern nur zum Blut abnehmen. Trotzdem nimmt sie mich noch für ein paar Minuten in ihr Zimmer mit, während sie sich vor dem ersten Patiententermin umzieht und den Rechner hochfährt. Wir erzählen uns kurz unsere Urlaube und verabreden uns dann für wenn ich aus Kanada zurück bin (an Tag 1 habe ich sowieso einen Termin bei ihr, aber für Woche 3 machen wir dann jetzt auch noch privat was aus).

Dann geht es zum Blut abnehmen. Ich halte erst den muskelgezerrten und impfgeschwollenen Arm hin, der gefällt der diensthabenden Dame aber nicht so gut und sie entscheidet sich für den anderen, wo die Vene besser sichtbar ist. Leider durchsticht sie dieSe aber dann gleich doppelt, so dass das Blut nicht in die Ampulle, sondern ins Gewebe drumherum fließt. Sie entschuldigt sich und verbindet den Arm, dann holt sie die beste Freundin dazu, die innerhalb von einer halben Minute professionell die Vene im wehen Arm anzapft und verbindet. Ich bin dankbar und stolz und laufe mit zwei verbundenen Armen wieder raus (der Nichtwehe wird im Laufe des Tages tieflila-blau rund um die Armbeuge, es sieht gruselig aus).

Dann wieder mit Tram und Tram nach Hause und beim Umsteigen Einkäufe im Drogeriemarkt, zuhause dann Frühstück. Das Resteessenprogramm geht weiter. Restebananen und Resteeier werden mit Restehaferflocken zu Banana Pancakes, dazu Restefeige, ein paar Weintrauben, Ahornsirup und Chai. Schön herbstlich alles und passend zu Kanada. Mir fällt ein, dass ich genau zu Herbstbeginn quasi nach Neuengland (genauer Neuschottland) fahre und sofort fühle ich mich der Internetsubkultur zugehörig, die jetzt nach Pumpkin Spice Latte, Apfelpflücken und Gilmore-Girls-Rewatch verlangt.

Die neue Pfanne ist toll, die ungrazilen Pancakes liegen am Teig

Zum und nach dem Frühstück schaue ich mir dann die komplette Debatte an, inklusive Nachbereitung bei Stewart und Colbert und einigen anderen Analysen. Alles dazu wurde schon von irgendwem gesagt, aber ich musste wirklich laut lachen bei „this…. former President“. Klar, dass es mehr Spaß macht, sich damit zu beschäftigen als mit der unsäglichen Migrationsdebatte hierzulande.

Später dann bastle ich aus Restekartoffeln, Restegurke und Resteapfel einen Kartoffelsalat und lasse ihn durchziehen. Dann schreibe ich ein Katzensitting-Manual zusammen für den Nachbarsjungen (und ein bisschen für den Liebsten, der zwar oft dabei war, aber noch nie alleine verantwortlich), kläre letzte Dinge mit dem Reisebüro, schreibe dem Liebsten zwei Vollmachten, telefoniere nochmal mit der Hausverwaltung wegen des Schimmels (Zuständigkeitenpingpong zwischen Vermieterfirma, Verwaltungsfirma und Handwerkerbetrieb, immer noch)…

Nach dem späten Mittagessen gehe ich nochmal nach draußen, diesmal zum Copyshop, und drucke allerlei Dinge aus. Danach habe ich mir ein Nachmittagsschläfchen verdient und weil die Katzen dabei beide auf mir liegen, tut mir danach erstens die Seite weh und zweitens muss ich noch viel länger liegen bleiben, bis ich die beiden irgendwann dazu kriege, sich wieder zu bewegen, damit ich aufs Klo gehen kann. Früher hielt ich es für einen Witz, dass alte Menschen manchmal unter Katzen sterben, wenn diese ihnen auf der Brust liegen, inzwischen verstehe ich das Problem – zumal wenn es zwei sind.

Am Abend kommen dann der Nachbarsjunge samt Papa vorbei und wir üben nochmal Katzenfüttern und Katzenklo durchsieben. Außerdem bekommen sie einen Schlüssel und wir machen eine WhatsApp-Gruppe auf, es ist ja schließlich 2024. Als die beiden weg sind, esse ich noch ein wenig Stulle (mehr Restevertilgung), telefoniere ausführlich mit dem Liebsten, reserviere uns für morgen einen Tisch und hänge dann noch eine Weile im Internet fest, bevor ich es gegen Mitternacht Richtung Bett schaffe.

10.09.2024 – Zeitenwende

So, die heißen Tage sind vorbei, ab jetzt fast norwegische Verhältnisse in Berlin, nur wärmer und mit weniger Regen, wa? Mich weckt heute der Wecker, denn ich habe etwas vor am Vormittag. Erstmal jedoch ausführliche Morgenroutine im Bett und dann Frühstück (Müsli) in ebendiesem. Dann packe ich ein paar Dinge zusammen, denke länger als sonst über meine Kleidung nach (das Wetter, der Anlass) und fahre mit Tram und U-Bahn zum… Büro. Völlig ungewohnt nach den letzten Monaten, ich werde mich aber auch auf absehbare Zeit nicht mehr daran gewöhnen müssen.

Ich werde freudig und teils überrascht begrüßt, mache eine ausführliche Runde und spreche mit allen, die da sind. Es gibt viele Umarmungen und gute Wünsche. Heute sind Gäste da, aus Paris und London, und es gibt sehr viel „Oh hi!!!! And… bye, I guess?“. Mit einer Pariser Kollegin setze ich mich in den Meetingraum, gebe ihr meinen Laptop und meine Zugangskarten und bespreche Bürokratisches. Dann bin ich noch als Gästin zu einem letzten Meeting geladen und kann sehen, dass es doch auch ganz wirklich ohne mich weitergeht. Dann kann ich ja beruhigt gehen, letzte Umarmungen einheimsen und dann die Tür und dieses Kapitel nach 14 (in Worten: vierzehn!) Jahren hinter mir schließen.

Zufällig hat mein Bruder gerade gleich um die Ecke zu tun, also treffen wir uns auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen, das ist der Situation wohl angemessen.

Wir schwatzen eine gute halbe Stunde, dann fährt er weiter zu einem Termin und ich zum Alex. Die letzten Tage haben gezeigt: Ich brauche eine neue Bratpfanne. Die damals vom Hasen da gelassene tut‘s nicht mehr, die, die ich vorher hatte, ist schon lange nicht mehr da und der Ex-Mitbewohner hat seine natürlich auch mitgenommen. Ich laufe also durchs Kaufhaus (dieser Standort bleibt erhalten und ist schon rebranded, die tolle Lebensmittelabteilung leider ganz schön dezimiert und ohne außergewöhnliche Südfrüchte) und gucke mir diverse Pfannen an. Nach Herstellern sortiert, ein merkwürdiges System. Ich werde trotzdem fündig und habe dann eine hochwertige Pfanne samt Deckel für einen okayen Preis, geht doch.

Mit Pfanne im Rucksack fahre ich nach Hause und lege mich zum Veratmen des Vormittags erstmal auf die Couch. Jetzt nach vorne gucken, es gibt Dinge zu organisieren und zu planen. Fortschritte bei der Reisebuchung, eine überraschend erfreuliche Mail vom Internetprovider mit ausführlicher Entschuldigung, Umsetzung meiner Forderungen und Gutschriften für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Bleibt also nur noch die Baustelle mit dem Schimmel, aber da telefoniere ich morgen hinterher.

Zum späten Mittagessen gibt es Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl, dazu höre ich weiter Podcasts und lese mich durchs Internet. Am frühen Abend dann los zum Yoga, schon wieder nach vielen Wochen Pause. Heute gibt es eine an meinen Arm angepasste Variante und das geht dann erstaunlich gut. Keine Planks und Hunde für mich und einiges anderes muss auch abgewandelt werden. Hinterher schaut sich die Yogalehrerin, die ja auch meine Physiotherapeutin ist, noch ausführlich meinen Arm an und bestätigt meine Laiinnenmeinung, dass da höchstwahrscheinlich nur ein oder mehrere Muskeln gezerrt sind.

Auf dem Heimweg kaufe ich noch einen letzten Liter Hafermilch von dem Urlaub und mache über 12.000 Schritte heute voll. Zuhause dann Schnittchenteller (Girl Dinner? und Restewein in der Badewanne, bevor es nicht zu spät ins Bett geht. Da der Wecker morgen noch früher klingelt, bleibe ich nicht bis zur Debate wach.