Es ist der 5. und wie jeden Monat ruft Frau Brüllen zum Tagebuchbloggen auf. Die anderen Beiträge zu “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?” findet Ihr hier.
Diese Nacht ist kurz vor halb 6 vorbei, aus immer noch den gleichen Gründen wie die letzten. Diesmal wälze ich mich dann aber nicht ewig hin und her, sondern lese erstmal das nächste Buch zu Ende, dessen Autorin mir meine Cousine zum Thema norwegische zeitgenössische Belletristik empfohlen hatte: Marie Aubert – Erwachsene Menschen. Es ist ziemlich kurz, irgendwo zwischen Kurzgeschichte und Novelle, liest sich gut weg und regt zum Nachdenken an, allerdings potenziell triggernd, siehe Inhaltsangabe. Bei mir geht’s entspannt durch.
Dann das Übliche am Morgen: Internet durchlesen, Bloggen, Spielen, mit dem Liebsten telefonieren… Irgendwann höre ich, dass der Besuch wach ist und stehe auch auf. Ich koche eine große Kanne Espresso und trinke meinen als Espresso Tonic auf Eis (es ist immer noch hochsommerlich heiß, heute aber mit angenehmem Wind). Bis die anderen bereit sind zu frühstücken snacke ich vom Cheesy Popcorn von gestern und bastle mir eine Übersicht über meinen anstehenden Kanada-Aufenthalt und wer sich in dieser Zeit wann um meine Katzen kümmern wird. Das Nachbarskind übernimmt den Großteil, ist aber zwischendurch auf Klassenfahrt, da muss der Liebste ran. Der Liebste und der Lieblingsnachbar werden zudem meinen Briefkasten im Auge behalten.
Dann gibt es Frühstück, für mich wieder Brot mit Geitost bzw. Moltebeerenmarmelade, dazu Apfel. Bis ich zu meinem Termin los muss, erzähle ich noch mit dem Besuch, wir schmieden Pläne für den Nachmittag, ich versuche, mein Flugticket herunterzuladen (klappt immer noch nicht, also Mail ans Reisebüro), mache Inventur bei Katzenfutter und -zubehör und gebe eine Nachschubbestellung auf. Danach fahre ich mit Tram und Tram zu meiner Zahnärztin. Meine am Montag abgeholte neue Knirschschiene muss nochmal angepasst werden und wir werkeln da eine Weile dran rum, bis es einigermaßen passt. In der Nacht auf gestern war ich wegen Schmerzen aufgewacht und musste die Schiene rausnehmen und ein Schmerzmittel nehmen, um irgendwann wieder einschlafen zu können…
Dann wieder nach Hause und auf Handwerker warten. Das vor einigen Jahren installierte programmierbare Heizungssystem wird wieder zurückgebaut, Betatest gescheitert. Jetzt haben alle Heizkörper wieder manuelle Bedienung, um die man sich einzeln kümmern muss. Aber sicherlich nicht vor Ende Oktober, wenn ich von letztem Jahr extrapolieren kann. Die Wartezeit bis zur Ankunft der beiden Herren überbrücke ich mit der Rettung meines Duolingo-Streaks, Worlde, Strands, Connections und Past Puzzle.
Nachdem die Handwerker gegangen sind, gehe ich los und treffe den Besuch an dem Dönerladen, an dem sie ihr Mittagessen einnehmen. Ich trinke einen Waldmeister-Durstlöscher, Hunger habe ich keinen. Wir laufen weiter zu einem indonesischen Café, die beiden holen sich Matcha-Kreationen und ich eine sehr leckere Zitronen-Rosen-Limonade.

Nächster Halt ist eine Post“filiale“ in einem Späti. Die Beiden müssen noch eine Postkarte nach Hause schicken, bevor sie morgen wieder in den Flieger steigen. Dann fahren wir mit der Ringbahn nach Neukölln und starten eine längere Wanderung durch das diverse Berlin. Erst die Karl-Marx-Allee entlang bis zu den Arkaden (Toilettenboxenstopp) unter Bewunderung der typisch arabischen Geschäfte und Spezialitäten, dann quer rüber zur Sonnenallee, ähnlich. Bedrückend sind die vielen vielen Palästina-Flaggen und der Gedanke, dass man hier (aktuell?) nicht mit Kippa oder Davidstern durchlaufen könnte. Vom arabischer Neukölln geht es dann ins Hipster-Neukölln bzw. Kreuzkölln (ein Block nördlich der Sonnenallee ist man in einer anderen Welt). Wir laufen über den Kanal rüber nach Kreuzberg. Hier machen wir dann nochmal einen Stopp in einem Café – der Pittsburgher ist immer noch erkältet und braucht eine Pause und einen Tee. Für mich und seine Partnerin gibt es hausgemachte Basilikum-Ingwer-Limonade, alles serviert von einer fließend deutsch sprechenden Dame, mit einer Frau verheiratet und mit eindeutigem amerikanischen Akzent.

Dann laufen wir durch den Görli, werden aber von keinem der offensichtlichen Drogendealer angesprochen – wir sind zu offensichtlich zielgerichtet zügig unterwegs, denke ich – und sind dann zurück im Touri-Bereich der Stadt. Wrangelkiez, Oberbaumbrücke, East Side Gallery, mit ausreichender Zeit für Fotos. Dann an der Uber Arena und dem entsprechendem Drumrum vorbei zur Warschauer, wo wir nochmal für zwei Stationen eine Tram nehmen. Auf dem Weg zur Abendverabredung erkunden wir noch einen Hinterhof (bzw. drei oder vier Hinterhöfe eines Hauses), dann landen wir in einem Ramen-Restaurant in der Boxhagener.
Hier treffen wir den Liebsten und das Teilzeitkind und später noch einen gemeinsamen Freund vom Pittsburgher und mir, der vom Elternabend seiner Tochter kommt und den erstaunten Amis von seiner eben abgeschlossenen Vater-Kinder-Kur an der Ostsee berichtet. Ich esse Gyoza und Ramen und trinke ein Radler aus japanischem Bier und Yuzu-Limonade, definitiv der leckerste Teil des Abends.

Der Liebste und das Teilzeitkind brechen früh wieder auf nach Südberlin, wir anderen essen noch gemütlich auf und laufen dann weiter zu einem Biergarten. Ich nehme nur einen Cranberry-Saft. Wir sitzen noch bis kurz vor 23 Uhr (im T-Shirt, niemand hat etwas zum Überziehen mitgebracht, es wird auch nicht benötigt) und erzählen – was in unseren Leben so passiert ist seit dem letzten Mal und viel über die Unterschiede zwischen den USA und Deutschland in punkto Arbeitsrecht, soziales Netz, Gesundheitssystem… Dann geht es für uns drei mit U- und S-Bahn zurück in den Pberg und gegen Mitternacht (nach Katzenfütterung) direkt ins Bett. Das FitBit zeigt 23.747 Schritte nach etwas über vier Stunden Schlaf…