Man muss das ja auch alles positiv sehen – in der ursprünglichsten Planung dieser Sommerferien hätten wir drei Wochen Norwegen-Roadtrip gemacht, in der nächsten Fassung wären wir erst in Norwegen und dann hier gewesen. Beide Versionen wären für das aktuelle Krankheitsgebaren des Liebsten total schlecht gewesen – entweder würden wir jetzt alle unzufrieden in Berlin rumhängen oder aber irgendwo an einem norwegischen Fjord gestrandet sein, wären viel zu spät zu einem Arzt gegangen und der Liebste würde in der Fremde und ganz unbequem vor sich hin krank sein, während das Teilzeitkind und ich unzufrieden rumhingen. So aber läuft es zumindest für uns beide eigentlich ganz gut und der Liebste kann zumindest einen Teil der Pläne für den Aufenthalt hier mit umsetzen. Glück gehabt.
Inzwischen überhöre ich das nächtliche Krähen des Hahns und wache erst irgendwann gegen halb 8, 8 auf. Da wir so früh ins Bett gehen ist das völlig unproblematisch. Und da das Teilzeitkind inzwischen altersgerecht lange schläft in den Ferien kann ich morgens schon das Internet leer lesen, Bloggen und die erste Runde in meinem Handyspiel spielen, bevor es in mein Bett gekrabbelt kommt und nach meinem Handy verlangt. Dann stehe ich auf und beginne mit den Frühstücksvorbereitungen. Heute fühlt sich der Liebste fit genug, um im Städtchen frische Weißwürste zu holen und zum Bäcker zu gehen. Juhu.
Während die Würste auf dem Herd ziehen kommen die Nachbarskinder bereits und fragen, ob das Teilzeitkind mit Reiten kommen will. Und wie es will! Aber Weißwurscht will es auch, also müssen die anderen warten, bis alles heiß und fertig ist. Währenddessen plaudern sie uns mindestens ein Ohr ab und wir haben Spaß am Frühstückstisch, mit Hund Lina, Kater Rudi und Huhn Lili.


Das satte Kind zieht dann los und plötzlich kehrt entspannte Ruhe am Frühstückstisch ein – so haben wir uns das gedacht. Nach dem Essen legt sich der Liebste erstmal wieder hin und ich kümmere mich um meine Sprachlern-Aufgaben. Dann ziehe auch ich mich irgendwann an, räume den Tisch endgültig ab und lese mein Buch zu Ende: Jón Kalman Stefánsson – Dein Fortsein ist Finsternis. Ich habe ein bisschen gebraucht, um reinzukommen, zu viele Zeit- und Personensprünge, zu kurze Leseperioden. Erst der Zeitdruck des Rückgabedatums in der Onleihe und die viele Lesezeit gestern brachten den Durchbruch und als sich die Geschichte dann über weite Strecken hauptsächlich an einer Figur entlanghangelt, komme ich plötzlich gut mit. Im Prinzip ein historischer Familienroman, auf Island, mit Popmusik- und Corona-Bezügen, what‘s not to love?
Heute ist es nicht ganz so heiß wie gestern, weil es bewölkt bleibt – ich muss die Terrasse nicht verschatten. Dafür sind bald das Teilzeitkind und das kleinste Nachbarskind wieder da und erzählen viel. Zwischendurch büchsen immer wieder Hühner aus und müssen wieder eingefangen werden. Es bleibt kurzweilig. Am späten Nachmittag dann einigen wir uns auf ein wenig Programm und fahren wieder zum See. Erst gibt es Eis, dann stürzen sich das Teilzeitkind und ich in die Fluten, während der Liebste erst durchs flache Wasser stapft und dann mit einer Apfelschorle im Schatten sitzt, bis wir uns wieder rausbequemen. Ich versuche mich ein bisschen am Kraulen und Rückenschwimmen, werde aber vom Teilzeitkind schnell korrigiert. („Was MACHST Du da???“) Dann zeigt es mir, wie es richtig geht, aber das ist mir dann doch alles zu anstrengend.

Als wir wieder trocken-ish sind, fahren wir in ein anderes Nachbarstädtchen, tanken, und dann essen dann im Stammrestaurant der Liebstenschwester, draußen im Hof, direkt auf der Stadtmauer. Es gibt Leberknödelsuppe und Antipasti, Lendchen mit Spätzle, Schweinsbraten mit Knödeln, Pfifferlingsfrittata, Apfelstrudel, Affogato und Limoncello Panna Cotta. Und Marille Spritz für die einzige, die hier Alkohol trinken darf.






Dann ist es fast 20 Uhr und die Supermärkte machen zu, das Teilzeitkind und ich springen sechs Minuten vorher noch in einen und holen das Notwendigste, denn morgen ist ja hier Feiertag. Dann geht es nach Hause und auf die Terrasse. Das Teilzeitkind macht Duolingo und telefoniert mit Mama, der Liebste steigt ernsthaft in die Norwegenplanung ein und ich fange mein nächstes Buch an – Die Kinder von Hoy von Grit Lemke. Es gibt wieder Wetterleuchten und leichten Sommerregen, außerdem trappelt etwas laut neben mir und stellt sich dann als Grille heraus.

Gegen halb 11 ist es Zeit für alle, sich bettfertig zu machen, kurz darauf hört man erste Schnarchlaute.