Ich schlafe bis zu einer vernünftigen Zeit hin aus – irgendwas nach 8 und horche dann vorsichtig in mich hinein. Der Nebel ist größtenteils verflogen, die Müdigkeit nur noch die normale morgendliche. Die Schmerzen sind noch da, also erstmal Heizdecke an. Morgendliche Bettdinge, inkl. Liebstentelefonat, und dann stehe ich irgendwann auf und schaue, was die Senkrechte mit dem Befinden macht. Erstaunlich guter Effekt, vor allem, weil draußen die Sonne scheint. Ich lüfte eine Runde durch und schaue auf dem Balkon nach der Luftfeuchtigkeit – 1A, damit kann ich arbeiten – und merke dabei, wie warm es ist. Nimbin auch, der bleibt jetzt erstmal eine Weile in der Sonne liegen. Die vom Bruder adoptierten Tulpen (seine neue Wohnung hat keinen Balkon mehr) treiben fleißig aus.

Nächster Schritt also Blumen gießen, dann Katzennäpfe auffüllen, Spülmaschine anstellen, Porridge kochen. Darunter rühre ich einen Rest Mandelmus und Beeren sind schon drin. Dazu gibt es einen „kanadischen“ Früchtetee mit Blaubeeren, Cranberries und Ahornsirup. Da der Mitbewohner erst um 9 nach Hause gekommen ist, höre ich bei all diesen Verrichtungen Musik über Kopfhörer. Ich hatte Lust auf KT Tunstalls „Suddenly I See“, das ich wegen „Der Teufel trägt Prada“ mit Aufstehen und Losgehen assoziiere. Dann spielt der Algorithmus dazu passendes und dann bin ich wieder inspiriert und schwupps bastele ich mir eine entsprechende Playlist zusammen, mit der ich jetzt morgens öfter den Arsch hochkriegen werde.
Mit der auf den Ohren erledige ich dann gleich noch andere Dinge, räume mein Zimmer ein bisschen auf und lege Wäsche zusammen. Dann lege ich meine schmerzenden Glieder in die Badewanne, was auch ein bisschen hilft. Hinterher räume den Geschirrspüler aus, packe das große Katzenfutterpaket aus, das mir in den letzten Wochen als zusätzlicher Nachttisch diente, sortiere den Inhalt in den Balkonschrank ein und bringe den Karton zum Müll. Dort bemerke ich aus erster Hand, wie es sich anfühlt, wenn AirBnB die Nachbarschaft erobert. Neulich fragte mich schon jemand auf Englisch, wie man an die Mülltonnen kommt, heute fischte ich eine volle Tüte mit gemischtem Müll aus der Papiertonne und führte sie dem Restmüll zu und sammelte eine noch unangebrochene „Rei aus der Tube“ vom Boden auf, die uns im Sommerurlaub gute Dienste leisten wird. Ungeöffnetes Lip Gloss liegt auch noch rum, das stelle ich gut sichtbar hin, da habe ich keine Verwendung für.
Dann nochmal kurz ausruhen und schon ist es Zeit für den Aufbruch – heute sind wir bei meinen Eltern zum Nachfeiern von Weihnachten und Vogelhochzeit verabredet. Voll bepackt mit Geschenken nehme ich Tram und U-Bahn und komme als erste an. Fünf Monate nicht gesehen und doch wiedererkannt. Kurz danach treffen mein Bruder und seine Freundin ein, nochmal kurz danach der Liebste – das Teilzeitkind ist wegen eines Kindergeburtstags verhindert. Nach vielen Umarmungen, „Frohe Weihnachten“, „Frohes Neues“ und „Fröhliche Vogelhochzeit“ gibt es Kaffee und Tee. Mama hat Mandelkuchen und Zupfkuchen mit Sauerkirschen gebacken. Außerdem gibt es jetzt endlich die Vogelhochzeitssüßigkeiten – aber erst, nachdem ausreichend Fotos für die verschiedenen sozialen Netzwerke und (Online-)Tagebücher gemacht wurden.


Gegen den Zuckerschock hilft dann erstmal Grappa (aus gutem Brunello di Montalcino) und dann gehen wir zur Urlaubsplanung über und suchen alte Fotos von Norwegenurlauben der frühen 90er Jahre heraus. Und zwischendurch ist natürlich auch noch irgendwann Bescherung. Unter anderem bekomme ich ein Holzpuzzle aus drachenförmigen Puzzleteilen, die am Ende eine italienische Hafenstadt ergeben – muss noch herausfinden welche. Das kann interessant werden.

Zum Abendbrot bleibt es weihnachtlich – es gibt Pute in Cranberrysauce mit Rosmarinkartoffeln und verschiedenen Gemüsen.

Wir sitzen noch ein Weilchen und erzählen, dann ruft das Bett, in dem ich dann kurz nach 10 liege. Ein guter Tag.