15.01.2024 – Neue Woche also

In Erwartung von frühen Aufgaben den Wecker auf früher gestellt, um rechtzeitig und in Ruhe am Schreibtisch anzukommen. Meine über die Pandemie eingeübte Morgenroutine (gewissermaßen den Praktiken Churchills entlehnt) ist inzwischen so ausschweifend, dass ich eigentlich nur dann schnell aus dem Bett komme, wenn ich einen frühen Zug erreichen muss oder Handwerker zu klingeln drohen. Beides ist heute nicht der Fall und da auch das Diensthandy noch traulich schweigt, sitze ich trotzdem erst halb 10 mit Frühstück (Joghurt mit Quittengelee und Müsli, Mate, Kräutertee) am Schreibtisch. Diese Woche ist es also wieder so, dass erst im Laufe des Montags die Woche in Fahrt kommt. Auch Recht. Ich wünschte nur, ich könnte das jeweils antizipieren und mir meine Vormittage dann anderweitig verplanen. Dafür telefoniere ich heute Morgen erst sehr nett mit einer Beamten in Bautzen, die mir hinterher eine E-Mail mit zweisprachiger Grußformel schickt und dann mit einem Handwerker, der am Freitag kommen und den Schimmel in Augenschein nehmen wird.

Um 11 Meeting mit Ostfriesland, zum Glück ist der Kollege wieder da und ich kann diese Urlaubsvertretung nach zwei Wochen wie geplant wieder an den Nagel hängen. Just in time. Direkt im Anschluss ein Meeting mit Berlin und Dortmund um 11:30, bei dem ich die entscheidenden Informationen erhalte, auf die ich schon Freitagnachmittag gewartet hatte. Daraus gilt es nun eine Kommunikation an den Standort zu basteln, die ich noch vor meiner Mittagspause zur Abnahme zurückgebe. Mittags gehe ich in dichtem Schneetreiben nach draußen an die Luft, sogar mit Umweg für mehr Tageslicht und Bewegung, und hole ein paar Dinge aus dem Drogeriemarkt, streng nach Einkaufszettel.

Wieder zuhause mache ich mir Stullen aus Toastbrotresten, veganer Mortadella, Gouda und Radieschenresten, dazu eine große Birne. Dann Meeting mit Berlin, Dortmund und Ostfriesland. Wir überziehen ein wenig. Pünktlich zum Ende klingelt es und meine Getränkelieferung (Limo, Mate, Radler) kommt an und wird direkt von mir verstaut. Der Hauptvorteil ist, dass drei Kästen mit leeren Pfandflaschen abgeholt werden, die neuen Getränke reichen jetzt wieder für eine ganze Weile, so selten trinke ich etwas davon.

Hinterher bekomme ich das Feedback zur Kommunikation, stelle sie fertig und schicke sie raus. Danach ist bis zum Teammeeting um 17 Uhr ein bisschen die Luft raus – ich erledige ein bisschen Kleinkram, aber für größere intellektuelle Leistungen fehlt mir was an diesem Montagnachmittag. Das Teammeeting ist dann zwar konstruktiv, aber für ein Problem haben wir noch keine zufriedenstellende Lösung, trotz Überziehen bis 18 Uhr. Ich schreibe noch eine E-Mail und beantworte ein paar Chats, dann ist Feierabend.

Nach dem ganzen Temperatur-Auf-und-Ab vom Wochenende fühle ich mich leicht anerkältet, deswegen koche ich mir jetzt eine schöne Suppe. Ob mich die italienischen Küchengötter strafen, weil ich ihre Tortellini in eine eher chinesisch-scharfe Gemüsebrühe mit Kohl, Sellerie und Möhren werfe? Wir werden es wohl herausfinden müssen. Beim Kochen telefoniere ich mit dem Liebsten und trinke nebenbei das letzte Erdbeerradler. Zum Essen höre ich mein Hörbuch zu Ende und kann Buch 6 auf meine Jahresliste setzen: Karin Smirnoff nach Stieg Larsson – Verderben.

Dann gucke ich mir die Tagesschau an und hinterher zur Beruhigung zwei Folgen „The West Wing“. Ich bin jetzt im hinteren Teil der letzten Staffel, in der Aaron Sorkin noch Showrunner war, der Liebste ist bereits ausgestiegen und negiert die Existenz weiterer Folgen. Das Niveau ist bereits etwas abgeflacht, aber ich habe trotzdem noch Spaß daran. Mal sehen, ob sich das ab der Sorkin-losen Staffel 5 ändert.

Gegen 22 Uhr siebe ich das Katzenklo durch und mache mich dann bettfertig. Ich stelle den Wecker wieder auf 7 Uhr, da ich morgen ins Büro muss, und fange dann das nächste Buch an, Günter Grass – Ein weites Feld. Dank des (zum Glück kurzen) Vorworts von Daniel Kehlmann weiß ich direkt, worauf ich bei der Lektüre achten muss und habe Spaß an den ersten 25 Seiten, bis mir die Augen zufallen. Auch dieses Buch landete wegen Hiddensee-Bezugs auf meiner Wunschliste. Nicht nur war Grass‘ letzte Frau eine Hiddenseeerin, er hat wohl auch Teile des Buches dort geschrieben und es kommen Figuren vor, die aus dem echten Leben abgeguckt sind. Außerdem ist der Mann ja trotz fragwürdiger Vergangenheit und späterer Auslassungen nicht ganz unwichtig für die Literaturgeschichte.

Kaum ist das Licht aus, bin ich natürlich direkt wieder wach und arbeite im Kopf für morgen vor. Um dem Entgegenzuwirken geht es per Hörbuch wieder zurück nach Venedig und das hilft dann doch beim Einschlafen.