03.01.2024 – Den Alltag schön essen

Noch ein – womöglich schon der letzte – ruhiger Arbeitstag heute, das Team ist immer noch nicht wieder vollzählig und die Meetings halten sich in engen Grenzen. Daher schreibe ich zwar schon morgens im Bett ein paar E-Mails und Nachrichten, stehe aber erst deutlich später auf und sitze am Ende erst halb 11 am Schreibtisch. Projekt Work-Life-Balance und so. Meine Chefin betont ja selbst auch immer, wie egal es ihr ist, wo und wann wir arbeiten, solange die Arbeit gemacht wird. Ich nehme das jetzt ernst. Zum Frühstück gibt es einen Rest Zimt-Dingsis mit Joghurt, in den ich Sanddornsaft gerührt habe – sehr lecker! Und ich mache mir eine große Kanne Tee aus unbeschriftetem grünen Zeugs, dass sich dann nicht als Kräuter-, sondern als grüner Tee herausstellt. Viel Zeugs. Nach den ersten Schlucken seihe ich das Ganze ab in eine andere Kanne und mische mir dann tassenweise Tee – ein Teil Tee-Extrakt, ein Teil Wasser, ein Teil Sirup. So werden im Laufe des Tages meine Vorräte an Almdudler-Sirup und Johannisbeer-Sirup alle, morgen ist für den Rest Erdbeer-Sirup dran. Bubble Tea quasi, nur ohne Bobas.

Ich erledige am Vormittag Kleinkram, chatte mit einer Kollegin in Madrid (und schmiede direkt ein paar Workation-Reisepläne…) und fange dann mit einem Handbuch für das Team zu einem neuen Tool an, zu dem es demnächst Zugang erhalten wird. Dann habe ich um 12 das erste Meeting, mit Lichtenberg. In der Mittagspause hänge ich Wäsche ab und auf, bekämpfe ein paar Schimmelprobleme – die Freuden eines fast hundert Jahre alten Hauses mit Denkmalschutz, in dem die Fenster nicht modernisiert werden können, da müssen wohl im Frühling wieder die Maler kommen… und mache mir dann einen Blutorangen-Fenchel-Oliven-Salat zum Mittag, mit dem guten Olivenöl vom Mitbewohner und Vollkorntoast dazu.

Am Nachmittag geht es weiter mit dem Handbuch, außerdem gebe ich meinen Input zu einem Projekt, an dem die Kolleg*innen aus Chicago und Paris schon gearbeitet haben und treffe mich dann mit beiden zum Finetuning, damit wir der Chefin, wenn sie morgen zurückkommt, etwas vorzuweisen haben. Hinterher nochmal eine kurze Abstimmung mit Lichtenberg und eine daraus folgende E-Mail, dann gehe ich noch durch meine Wochenberichte vom letzten Jahr und schließe meine Selbstbewertung ab. Mal schauen, ob meine Chefin das alles ähnlich sieht. Zum frühen Feierabend (diesmal nehme ich das Diensthandy mit, falls noch was ist), gehe ich ins Draußen, Pfandgut wegbringen und dann Schritte machen. Ich muss dazu in zwei verschiedene Läden – im Discounter kann ich noch zwei Dinge mitnehmen, die über Nacht fast alle geworden sind, im Bioladen muss ich mich schon sehr umgucken, möchte mich aber weder wegen 15 Cent anstellen noch das Geld verfallen lassen, also hole ich mir am Ende noch einen veganen Brotaufstrich.

Dann heißt es, ordentlich Schritte schruppen. Da ich mittags nicht draußen war, habe ich einiges aufzuholen und muss diverse Schleifen durch den Kiez drehen. Dabei höre ich mein Hörbuch weiter, außer als der Liebste anruft. In einer spektakulären Aktion – ich draußen im Pberg, der Liebste warm und trocken an seinem Rechner in Südberlin, das Teilzeitkind in seinem Zimmer bei Mama in Brandenburg – videotelefonieren wir in Konferenz mit dem Nifftenkind in Bremen samt seinen Geburtstagsgästinnen (inkl. der eigens angereisten Liebstenmama/Oma) und gratulieren ihm zum 4. Geburtstag. Ein Screenshot davon geht als Zeitdokument zu meinen Eltern nach Kanada.

Als das Schrittziel erfüllt ist, gehe ich wieder rein und mache mir Abendbrot. Es gibt Restekartoffeln von gestern, selbstgemachten Krabbencocktail (Eismeergarnelen, Joghurt, Mayo, Ketchup, Zitrone, Dill), gekochte Eier mit Kaviar und Rucola. Der Mitbewohner hat witzigerweise ganz ähnliche Gelüste und isst heute Kartoffeln mit Lachs und Mozzarella. Ich gönne mir zum Essen ein Erdbeer-Radler, telefoniere beim Essen zum vierten (?) Mal heute mit dem Liebsten und lege dann die Füße hoch. Italienisch-Aufgaben, dann ein paar Folgen „The West Wing“ mit Second Screen und Katzengekuschel.

Schon gegen 10 mache ich mich bettfertig. Im Schlafzimmer hat Noosa einen kleinen Unfall mit ihrer Lieblingshöhle, aka meinem Kleiderständer und bleibe dann – halb verdattert, halb sich cool nichts anmerken lassen – einfach reglos sitzen. Ich lache, fotografiere und verscheuche sie dann, um den Originalzustand wieder herzustellen, schließlich muss die Wäsche ja trocken werden. Sie ist dann doch recht dankbar.

Im Bett lese ich dann. Und weil das Buch gegen Ende immer spannender wird, habe ich kurz nach Mitternacht das erste Buch meines Lesejahres ausgelesen – Paul Bokowski: Schlesenburg. Liest sich sehr gut und entführte mich in eine mir unbekannte Welt – Neubausiedlung in einer westdeutschen Kleinstadt mit mehrheitlich polnischen Einwohner*innen in den 80er Jahren, aus Kindersicht und in der erwachsenen Rückschau erzählt. Ob die Kaltmamsell das schon kennt? Und natürlich bin ich dann so aufgekratzt, dass es bestimmt noch bis 1 dauert, bis ich endlich einschlafen kann.