Jetzt kommen drei merkwürdig der Normalität entrückte Tage, nicht etwa, weil sie zwischen zwei Jahren lägen, sondern weil sie eine ungewohnte Mischung aus Arbeitsalltag und Urlaubsgefühl mit sich bringen und mein Geist noch nicht so ganz weiß, ob er sich jetzt entspannt fühlen soll oder eben nicht. Ich erwache bevor der Wecker des Liebsten klingelt, der seinen Arbeitsbeginn früher als ich hat, und dann gibt es erstmal Kaffee im Bett und Internet leer lesen und alle diese Dinge, nur eben zu zweit statt wie sonst zu dritt (ich und Katzen). Als der Liebste in seinen ersten Termin muss, stehe ich auf und mache mich fertig für den Tag.
Mein Arbeitsplatz ist die Couch im Wohnzimmer, der Schreibtisch des Teilzeitkinds ist zu niedrig, der Esstisch mir zu unbequem für diese Zwischenzeit und außerdem bin ich ja Bett-Office durchaus gewöhnt. Zum Frühstück gibt es Plätzchen und Obst, dann gehe ich durch die E-Mails der letzten Tage (ungewohnt wenige, sehr schön) und dann habe ich um 10 mein erstes Meeting – mit zwei Kolleg*innen im Büro, dem Kollegen in Ostfriesland und einem Kollegen, der sich trotz Weihnachtsurlaub eingewählt hat. Das Meeting macht direkt Arbeitsalltagsgefühl, mein Geist fährt erst ein wenig zurück, als es nach einer Stunde vorbei und die Meeting Notes geschrieben sind.
Dann mache ich mich an die Aufgaben, die ich mir für diese Zeit aufgehoben habe, in denen ich mich ohne viele Unterbrechungen um kleinschrittige Vorgänge kümmern kann, für die es hohe Konzentration braucht. Mit zweitem Monitor und externer Maus würde es schneller gehen, aber ich habe ja Zeit. Offiziell arbeite ich übrigens nur heute richtig und habe die nächsten beiden Tage „frei“ für ehrenamtliche Tätigkeit (wir bekommen dafür zwei Tage im Jahr und wenn ich die bisher nicht verbraucht habe, nutze ich sie gerne in dieser Zeit). Da aber einerseits meine ausgewählte Tätigkeit auch virtuell am Rechner stattfindet, dabei psychisch herausfordernd und eher in Häppchen zu ertragen ist – morgen dazu mehr – und ich andererseits die einzige in meinem Team in meiner Zeitzone bin, die an diesen drei Tagen keinen Urlaub hat, verteile ich die zwei Tage über die drei Tage und mache zwischendurch normale Arbeitsdinge. Auch das ein merkwürdiges „Zwischen“-Gefühl.
Mittags machen wir uns Kartoffelgratin-Reste und Chorizo von gestern warm, dann drehe ich eine kurze Runde durch den Park und gehe Notwendiges einkaufen (Kaffee, Milch, Saft, Haarspray für den Liebsten), bevor ich zurück im Couch-Office bin. Ich lese für eine italienische Kollegin in Dublin, die aber bestimmt gerade bei ihrer Familie in der Nähe von Triest ist, eine Übersetzung Korrektur und arbeite ansonsten ehrenamtlich, bis mein Kollege in Chicago online geht. Dann halten wir ein kurzes Meeting, erzählen uns unsere Weihnachten, sprechen ab, wer was wann macht und wie wir uns die nächsten drei Tage gestalten.
Um 17 Uhr mache ich einen frühen Feierabend und dann fahren der Liebste und ich mit der S-Bahn rüber nach Friedrichshain und treffen eine Freundin in einem hipsterigen Schweizer Fondue-Restaurant mit Skihüttenflair, irgendwo im Nirgendwo. Die Location ist skurril, das Essen ausgesprochen köstlich und die Gesellschaft natürlich herausragend gut. Es gibt eine Vorspeisenplatte mit Aufschnitt (Bühühündnerfleisch!!), Cornichons und Meerrettich, dazu Aperol Spritz. Zum Hauptgang teilen wir uns ein Käsefondue mit Trüffel und ein Fleischfondue, dazu Kartoffeln, Champignons, Brot, Dips und für mich Rivella. Zum Nachtisch gibt es Schokofondue mit Obst und Schnaps aufs Haus (für mich Birne).




Es ist heiß und stickig in der Hütte, das Essen mächtig und histaminreich – mir wird ein bisschen schwummrig, das lässt sich dann aber mit Frischluft und kurz Füße hoch einigermaßen regeln. Ich denke, ich sollte demnächst mal wieder etwas auf den Histamingehalt meines Essens achten, das war alles bisschen viel in letzter Zeit.
Da wir uns schon so früh getroffen haben, sind wir am Ende schon kurz nach 22 Uhr wieder zuhause. Ich lege mich aufs Bett und ruhe mich aus, der Liebste darf noch eine Runde zocken und dann kehrt irgendwann zwischen Mitternacht und 1 Uhr Ruhe ein. Später als im Arbeitsalltag, früher als wenn wir einfach frei hätten. Dazwischen halt.
Ja – die ungewohnten Nahrungsmittel zu den Feiertagen können einen ganz schön schaffen. Ich hoffe es geht dir inzwischen wieder besser.
Liebe Grüße
Trude