Es ist ja so, hierzulande ist für uns Nichtchrist*innen Weihnachten am 24. Dezember, am 25. gibt es noch ein paar Nachwehen, aber ansonsten sind die beiden folgenden Feiertage hauptsächlich zum Ruhen, Essen, Schlafen, Lesen, mit Weihnachtsgeschenken spielen gemacht. Somit habe ich heute weniger FOMO als gestern bei der Aussicht, einen weiteren Tag isoliert in meinem Zimmer zu verbringen. Nachdem ich schon vor 7 wach war – danke Katzen – hatte ich ungefähr ab 9 große Vorfreude auf Rotkraut und Klöße, haderte dann noch kurz mit mir und beschloss dann, ganz achtsam meinen Bedürfnissen zu folgen. Drum sah mein Frühstück im Bett dann um 10 so aus:

Die gekauften Klöße und das gekaufte Rotkraut schmeckten beide erstaunlich gut, ich muss mir die Marken merken für unterjährige Gelüste oder zukünftige eingeschränkte Festlichkeiten. Dazu gab es Polpettone di melanzane, die der Mitbewohner gestern in stundenlanger Kleinarbeit zubereitet hat, und einen hieb zerlassene Butter. Ich war beim ersten Bissen selig, nach dem Essen genau richtig vollgefressen und schläfrig.
Während des Essens war tief im Westen das Teilzeitkind in einen Zug tief im Süden gestiegen, erste längere Alleinfahrt mit 10. Das ist aufregend, aber nicht mehr so sehr wie die weit kürzere erste Alleinfahrt zu Ostern, als es noch kein Handy hatte, die Sitznachbar*innen doof waren und der Zug ungeplant längere Zeit auf offenerer Strecke hielt. Diesmal alles ganz entspannt. Ich versuche, mir die Zeit mit Lesen zu vertreiben, schlafe dabei aber immer wieder ein. Als „Mittagessen“ gibt es dann eine weitere Weihnachtstradition – aufgetaute Erdbeeren vom Sommer, normalerweise mit Schlagsahne, bei mir heute mit Vanilleeis. Über die Tradition hatte ich mal im Schreibworkshop geschrieben, diese Erdbeeren habe ich am 16. Juli eingefroren.

Irgendwann kommt die erlösende Nachricht vom Mitbewohner, dass sein Schnelltest negativ ist und nachdem der zweite ein paar Stunden später es auch ist, heben wir feierlich die Isolation auf. Die Katzen brauchen mich nicht mehr, um in meinem Zimmer ein- und auszugehen, wir können uns ohne Maske außerhalb unserer Zimmer aufhalten, uns entspannt in den Gemeinschaftsräumen aufhalten und uns von Angesicht zu Angesicht unterhalten.
Auch der Liebste freut sich sehr über die Entwicklung. Er ist inzwischen wieder zurück in Südberlin und ruht sich einen Abend von den hektischen letzten Tagen aus, bevor wir uns morgen dann endlich wieder sehen und Weihnachten nachfeiern. Jetzt stehe ich erstmal auf, mache mir noch eine Portion Klöße, Rotkraut und Polpette zum Abendbrot, zum Nachtisch gibt’s eine Orange (auch das früher ein typisch weihnachtlicher Genuss, wir hatten ja nischt!) und esse das Ganze im Wohnzimmer. Dann packe ich das Puzzle-Geschenk von gestern aus und lege los, während im Fernsehen „Zwei Weihnachtsmänner“ mit Bastian Pastewka und Christoph Maria Herbst läuft. Es ist eine ganz schöne Fummelei und ich muss auf dem Boden puzzlen, weil die quadratische Form für den Tisch zu groß ist. Mein Rücken dankt es mir am Ende nicht, aber ich schaffe alles innerhalb eines Abends, bevor ich gegen Mitternacht im Bett verschwinde.
