Es ist der 5. und wie jeden Monat ruft Frau Brüllen zum Tagebuchbloggen auf. Die anderen Beiträge zu “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?” findet Ihr hier.
Das erste Mal wache ich kurz nach 3 auf, nach guten drei Stunden Schlaf und aus Träumen über den anstehenden Arbeitstag. Vom Blick auf die Uhr genervt, mache ich mein Hörbuch an, drehe mich um und schlafe wieder ein. Das nächste Mal wache ich kurz nach 4 auf, wieder aus dem gleichen (oder einem sehr ähnlichen) Traum. Diesmal komme ich nicht wieder so schnell zur Ruhe und liege bestimmt eine halbe Stunde wach und versuche, statt über den Arbeitstag über den nächsten Sommerurlaub nachzudenken. Bevor ich anfange, schon zu recherchieren mache ich dann doch rechtzeitig wieder das Hörbuch an und schlafe weiter, diesmal bis kurz nach 7. Das ist dann immer noch deutlich früher als nötig, da wir heute später anfangen, aber an sich vertretbar.

Ich lese das Internet leer, blogge, telefoniere mit dem Liebsten, kümmere mich um meine Streaks in den drei Sprachlern-Apps (für das gesamte Tagespensum nehme ich mir heute morgen keine Zeit) und stehe dann auf. Schnell Anziehen und Katzen füttern, neues Obst in den noch von gestern gepackten Arbeitsrucksack und dann geht es los – ich werde überpünktlich vor unserem Termin da sein und noch Zeit haben, mich für Kaffee in die Barista-Schlange zu stellen, statt nur an die Maschine zu gehen. In der Tram bringe ich mein Handyspiel auf den neusten Stand und erhalte die Nachricht, dass sich ein Kollege verspäten wird. Die nächste Kollegin ist schon da, als ich komme. Auf die anderen beiden warten wir und bis dann alle, die für den Termin notwendig sind, da sind, ist es eine halbe Stunde später – immerhin habe ich dann meinen Pannetone und die Clementinen gefrühstückt. Grummel. Wieso stresse ich mich eigentlich immer so, wenn alle anderen es dann nicht tun? (Teilantwort: Weil meine normalen Arbeitstage komplett durchgetaktet sind mit diversen Meetings in diversen Konstellationen über diverse Zeitzonen mit Menschen, denen es genauso geht. Der Rest ist wohl Strukturiertheit und Pflichtgefühl, angeboren oder geprägt?)
Den Rest des Vormittags bereiten wir eine gemeinsame Präsentation am Nachmittag vor, für die noch viel diskutiert und abgewogen werden muss. Ich bin dabei gestresst und habe öfter das Gefühl, einen Sack Flöhe in Schach halten zu müssen, damit wir am Ende und vor allem rechtzeitig, ein gutes Ergebnis haben UND noch Zeit bleibt, etwas zu essen. Ein- oder zweimal fällt in dem Zusammenhang das Wort zickig. Ich spare mir einen Vortrag über Genderstereotype und die damit verbundenen Schimpfwörter und mache irgendwann die Ansage, dass wir jetzt los müssen, um noch in Ruhe Essen zu können. Wir gehen wieder zum Vietnamesen an der Ecke – heute esse ich Bun Bo Nam Bo.

Hinterher geht es zurück ins Büro, wo wir das Setting für die Präsentation aufbauen (Einer Kollege und ich wuchten dafür einen massiven Holztisch und ein schweres Sofa durch die Gegend, um dann von einem der anderen zu hören, dass das ja ganz prima aussieht und man also gar nicht umräumen müsste…) und dann noch ein paar Minuten Zeit haben, durchzuatmen, alles noch mal durch zu gehen und uns zu sammeln. Die Präsentation läuft dann ziemlich gut, auch wenn uns zwischendurch noch Sachen einfallen, über die wir zwar letzte Woche gesprochen haben, die wir heute Morgen aber vergessen haben. Das können wir dann aber gut live improvisieren.
Danach heißt es, das Adrenalin langsam wieder runterzufahren. Ich gehe an meinen Schreibtisch und erledige ein paar Dinge, die den Tag über im Postfach eingetrudelt sind (u. a. soll in einem Townhall morgen über den verstorbenen Kollegen gesprochen werden und ich soll über die Folie dazu schauen). Dann sitze ich noch bis kurz nach 18 Uhr mit einem Kollegen zusammen und wir besprechen Organisatorisches, bevor ich zum Yoga aufbreche. Dorthin geht es mit der U-Bahn.
Als alle auf ihren Matten hocken, erzählt der eine, er halte heute lieber ein bisschen mehr Abstand, weil seine Tochter frisch positiv auf Corona getestet sei. Ich frage, wie denn sein Test ausgefallen sei. Er hat sich nicht getestet, weil er ja vor vier Wochen erst Corona hatte. Eigentlich möchte ich explodieren, gehen und mich unter der Bettdecke verkriechen. Stattdessen krame ich hektisch nach einer Maske (die blöderweise aber in der anderen Tasche liegen) und bekomme dann eine OP-Maske von der Yoga-Lehrerin. Mit der ziehe ich dann die Yoga-Stunde durch, in der Hoffnung, dass das alles irgendwie gutgeht. Die anderen bleiben übrigens maskenfrei. Ansonsten läuft das Yoga gut, auch wenn ich den Kopf so natürlich nicht abschalten kann. Beim Shavasana döse ich vor Müdigkeit kurz weg.
Auf dem Heimweg telefoniere ich endlich ausführlich mit dem Liebsten. Zuhause angekommen mache ich mir eine schnelle Tomatensuppe aus Fertigsugo, Knoblauch, Olivenöl und Kräutern. Dazu gibt es Käsebrot, Apfel und Sanddornsaft. Ich sitze auf dem Sofa und veratme den Tag, gucke im Internet herum, lasse mich von TikTok berieseln, entfolge einigen Creatorn, die der Hamas-Propaganda auf den Leim gegangen sind und dann ist es irgendwann auch schon fast Mitternacht und ich gehe schlafen, die Heizdecke unter und die Katzen neben mir.