29.07.2023 – Halb Bett-Tag, halb Punk-Konzert

Ich schlafe erfreulich lange aus, als ich das erste Mal die Augen aufmache, ist es schon halb 9. Das passt sehr gut in meinen Plan, der vorsieht, sich heute tagsüber so richtig auszuruhen und treiben zu lassen, bis dann am Nachmittag Aktivität vonnöten wird. Ich lese das Internet leer, erledige meine Tagesaufgaben auf Duolingo – verteilt auf Tschechisch und Niederländisch, was wahrscheinlich weniger effektiv ist, als die gesamte Zeit auf eine der Sprachen zu verwenden, aber ich habe ja bei beiden keinen Anspruch, dass es schnell geht. Bei Italienisch schon eher, da wiederhole ich dann auf Babbel Vokabeln und mache eine Lektion – wie jeden Tag. Hoffentlich hält das Klima noch eine Weile durch, damit ich das Wissen auch noch oft vor Ort anwenden kann.

Es folgt das morgendliche Telefonat mit dem Liebsten, der auch darüber nachdenkt, wie er seine heutigen Aktivitäten so gut wie irgend möglich beschränken kann. Außerdem schauen wir uns Fotos vom glücklichen Teilzeitkind am Strand an und freuen uns, es bald wieder bei uns zu haben. Danach mache ich den Katzen und mir Frühstück – für sie Pute mit Kaninchen, für mich Müsli mit Milch und Pfirsich, und schaue die letzte Folge „Transatlantic“ und direkt danach das Making Of. Dann vertrödele ich noch erfolgreich etwas Zeit auf TikTok und gegen 14 Uhr stehe ich auf.

Ich mache mich im Bad fertig und ziehe mich dann und lande dann schnurstraks im dem Liegestuhl auf dem Balkon, denn eine soll es ja nicht übertreiben mit der Aktivität. Ich schaue hinaus in den Regen und höre nochmal die letzten drei Alben von Feine Sahne Fischfilet, um in Stimmung zu kommen. Mit Blick auf den Regenradar treffe ich Verabredungen mit der Freundin meines Bruders – ich übernehme seine Karte, da er am Yukon forschungsreist. Dann esse ich die Reste vom gestrigen Abendbrot, bevor ich mich fürs Konzert anziehe. Zur schnelltrocknenden weiten Stoffhose, die über die festivalerprobten geblümten Gummistiefel reicht, gibt es das T-Shirt von OHA! Musik ut Meckelborg – thematisch passend, wenn auch ohne direkte Verbindung zur auftretenden Band, so gehört sich das. Passende (kleine) Umhängetasche rausgesucht, Regenponcho eingesteckt, fertig. Beim Losgehen überprüfe ich noch schnell für den Hasen, ob der Sauerkirschbaum im Nachbarhof noch trägt, muss dies aber verneinen.

Ich laufe zum Bahnhof und fahre mit zwei S-Bahnen hinaus zur Wuhlheide, wo ich zunächst die Freundin des Bruders, ihren Stiefcousin und dessen Sohn im Biergarten treffe. Mit einer Apfelschorle trinke ich mich fürs Konzert „warm“. Irgendwann mittig zwischen Einlass- und Konzertbeginn gehen wir dann hinein. Ich suche nochmal die Örtlichkeiten auf, die anderen holen sich Bier und dann suchen wir uns eine gute Stelle, wo wir insgesamt acht Sitzplätze reservieren, die nach und nach von weiteren Freundinnen und Verwandten des Stiefcousins besetzt werden. Während wir auf den Konzertbeginn warten, läuft der Main Act recht entspannt durchs Publikum, schüttelt Hände und macht bereitwillig Selfies mit den Fans. Dann steht Monchi irgendwann auf der Bühne und kündigt den ersten Support Act an – die mir bisher unbekannte Band Clowns aus Australien – lohnt sich unbedingt, da reinzuhören. Wir hatten viel Spaß, nur der Sohn des Stiefcousins war gar nicht angetan.

Nach einer Umbaupause kündigt Monchi als zweiten Support Act die legendäre Band Slime an. Ich kenne nur zwei der Lieder (die mir am geläufigsten beiden werden leider nicht gespielt), die anderen mehr – teilweise werfen sie sich mit in die Menge und die Mosh Pits. Sie feiern die alten und finden die neuen so „naja“. Insgesamt traurig, dass eine unbekannte Band uns mehr abholt, als die alten Helden.

Gegen 21 Uhr dann endlich Feine Sahne Fischfilet. Sofort sind alle auf den Beinen (wer bei Slime nicht pogen war, ist sitzen geblieben), tanzen und singen mit, die Bühne ist vor buntem Rauch nicht mehr zu sehen und es ist einfach eine sehr gute Party. Zwischendurch gibt es ein paar einordnende Worte von Monchi zu den (im Gegensatz zu bei Rammstein) anonymen, (noch viel mehr im Gegensatz zu Rammstein oder auch Anti-Flag) unkonkreten Sexismus-/Täter-Vorwürfen gegen die Band und wie sie damit umgehen und sich ständig weiterentwickeln. Im Podcast bei Matze Hielscher hat er es neulich besser erklärt. Zum Glück habe ich den gehört (und andere Interviews dazu gelesen), sonst hätte mich dieses Statement eher verunsichert.

Das letzte gelbe Boot auf einem Konzert habe ich bei Michael Patrick Kelly gesehen. Muss ein Trend sein. #scnr
Nach dem Lied für Monchis Großeltern, kommt das über seine Eltern – mit seinen Eltern, die zum Punk stur Discofox tanzen
Monchis Vater beim Stagediven
Zurück in unserer Stadt
Zuhause
Wo niemals Ebbe ist
Komplett im Arsch

Ein wundervoller Konzert-Abend, mit viel Tanzen und Mitsingen, mit Nazihass und Ostseeliebe, zum Rückenstärken für das „Grademachen“ gegen den Rechtsruck. Tut gut, wo doch auf Mastodon schon ausgemachte Sache zu sein scheint, dass in Deutschland bald wieder die Faschisten regieren.

Der Abend endet dann irgendwie sehr abrupt, weil meine Gruppe schon hektisch aufbricht, obwohl die Band noch auf der Bühne steht und sich vom Publikum zu Oasis-Klängen feiern lässt. Und es gibt nichtmal eine Bahn zu kriegen, wir stehend danach noch eine Stunde rum, bevor wir das Gelände verlassen. Keine Ahnung, was da schiefgelaufen ist. Man geht doch nicht los, bevor das Licht nicht wieder an ist, idealerweise steht man noch ein bisschen und guckt auf die leere Bühne und lässt das Erlebte auf sich wirken. Das Genervtsein davon muss ich erstmal runterschlucken, bevor ich später wieder Spaß an den Gesprächen habe.

Irgendwann brechen wir auf, laufen zur S-Bahn und dann bin ich gegen halb 1 zuhause. Die Katzen bekommen Abendbrot und ich habe auch Hunger und setze mich mit einem einfachen Abendbrot auf die Couch. Ins Bett gehen kann ich aber noch nicht gleich, erst gibt es noch ein wenig TikTok zum Runterkommen und dann ist es irgendwann halb 2, als das Licht ausgeht.