Der Morgen beginnt träge und daraus resultierend dann irgendwann gehetzt. Im Telefonat mit dem Liebsten ein Anachronismus: In der Klasse des Teilzeitkinds hat ein Kind Covid, eins von denen, mit denen es sich letzte Woche auf der Klassenfahrt ein Zimmer geteilt hat. Ach komm, darauf hat doch jetzt wirklich keiner mehr Lust. Wir fühlen direkt einmal in uns hinein, fühlen uns aber gut (und es liegen ja auch schon ein paar Tage zwischen der Klassenfahrt und jetzt). Dann stehe ich auf, mache mich bürofertig und ziehe los – so in Eile, dass ich irgendwie vergesse, den Katzen Frühstück zu geben. Erstaunlicherweise wird am Abend niemand verhungert sein, möglicherweise haben sie Reserven.
Ich nutze die Tramfahrt (und noch ein paar Schritte über den Alex) für Duolingo und wirke dabei bestimmt wie eine busy Businesswoman. Im Büro angekommen (kurz nach 9), baue ich meinen Laptop auf und unterhalte mich erst einmal mit einem Kollegen über die Entwicklungen in seiner Abteilung. Dann schnippele ich mir in der Küche meinen Apfel in mein Müsli und gieße Milch drüber, ziehe einen Cappuccino aus dem Vollautomat und drehe eine Runde durchs restliche Büro, um den anderen Kolleg*innen Hallo zu sagen. Heute sind wir zu acht, ungefähr ein Fünftel der höchsten theoretisch zu erwartenden Belegung am Berliner Standort.
Ich frühstücke am Laptop, lese E-Mails und beantworte Nachrichten. Dann nehme ich meinen Schlüssel und vergrabe mich ins Archiv, so richtig mit dicken Aktenordnern und Papier. Ich finde recht schnell was ich suche und fotografiere Dinge ab. Dann ist es Zeit für das erste Meeting des Tages – zu fünft und virtuell, die Teilnehmenden sitzen in Friedrichshain, Lichtenberg, Potsdam und in einem Meetingraum am anderen Ende des Büros (ja, wir sind bequem geworden in den letzten Jahren).
Danach geht es für mich im digitalen Archiv weiter. Um drei über 20-seitige Dokumente gut miteinander vergleichen zu können, beschließe ich, sie alle auszudrucken und weil es dabei technische Probleme gibt, muss ich auch insgesamt dreimal zum Drucker laufen und habe an diesem Punkt gefühlt mein Schrittziel schon erreicht. Außerdem muss ich Druckerpapier nachfüllen, bzw. neu auf die vorhandenen Fächer verteilen, weil das Gerät sonst meckert. Das 20. Jahrhundert hat angerufen und will seine Bürotätigkeiten zurück!
Dann sitze ich mit mehreren offenen Textdateien und drei ausgedruckten Dokumenten vorm Rechner, vergleiche und konsolidiere in einem neuen Dokument eine Fassung, versehen mit Anmerkungen und geschlechtergerecht umformuliert. Das ursprüngliche Pamphlet ist von 2017, damals hatte ich mich noch mit einer Fußnote zufriedengegeben, die beteuert, dass trotz des genetischen Maskulinums natürlich beide [sic] Geschlechter gemeint seien. 2023 nun also konsequent mit Sternchen,
Ich verschicke das neue Dokument an alle, die in den nächsten Tagen daran arbeiten werden und habe dann schon deutlich die Zeit bis zur Mittagspause überzogen. Gegen 14:30 Uhr gehe ich raus, mache Besorgungen in der Drogerie und stelle mir im Supermarkt daneben einen Salat zusammen – Bulgur, Mais, Kidneybohnen, bunte Tomaten, Gurkensalat und Mozzarella.

Damit setze ich mich in die Büroküche und fange an zu essen. Währenddessen ruft der Liebste an, der sich inzwischen nicht mehr so gesund fühlt und sich auch daran erinnert hat, wie das Teilzeitkind und er gestern Bauchschmerzen hatten, es aber auf den Nudelsalat von der Party geschoben hatten, der dann schon längere Zeit draußen gestanden hatte. Er fühle sich so, wie bei seiner letzten Covid-Erkrankung, sagt er, Tests seien aber noch negativ.
Hui, jetzt wird es spannend. Ich sage meiner Kollegin in Georgia, dass ich mich zu unserem Meeting gleich verspäten werde (sie zum Glück auch) und gehe nochmal zurück in die Drogerie, Schnelltests und FFP2-Masken kaufen. Nebenbei beginnt dann unser Meeting – ich noch auf dem Rückweg ins Büro, sie in ihrem Auto auf dem Parkplatz vor einer Arztpraxis. Auch mal spannend. Zurück am Platz mache ich noch während des Calls einen negativen Test und bin erstmal soweit beruhigt, dass ich den Bürotag weiter bestreiten kann.
Nach dem Call bereite ich das Videosystem dafür vor, gleich ein globales Meeting live zu streamen und dann sitzen wir gemeinsam auf der Couch und machen sozusagen Public Viewing. Danach ist es 17 Uhr, einige Kolleg*innen sind schon weg, andere sind nahtlos zum FIFA Zocken übergegangen. Ich habe noch ein wenig Zeit abzusitzen (und draußen geht grad schon wieder die Welt unter) und arbeite an einer Präsentation für nächste Woche.
Kurz nach 18 Uhr mache ich zur Sicherheit noch einen Schnelltest – immer noch negativ – und verlasse dann als Letzte das Büro und fahre mit U- und S-Bahn zum Yoga und erledige auf der Fahrt die heutigen Babbel-Aufgaben. Auf den Matten sind wir heute zu fünft und haben eine relativ meditative Stunde zusammen, bei deren Übungen ich erstaunlich gut mitkomme. Side Plank ist heute sehr anstrengend, alles andere bekomme ich gut hin. Auf dem Nachhauseweg erreiche ich dann auch faktisch mein Schrittziel und telefoniere außerdem mit dem Liebsten, der viel geschlafen hat, sich etwas besser fühlt und immer noch negativ testet. Dann gehe ich noch beim Lieblingsnachbar gießen und bin kurz nach 21 Uhr zuhause.
Als erstes bekommen verdienterweise die Katzen etwas zu essen, danach ich. Es gibt Butterstullen – eine mit veganer Schinkenspicker mit Schnittlauch, Gurken und Apfelmeerrettich, eine mit Gouda, Tomate und Oregano. Dazu eine Tannenwald-Feierabendlimo. Ich setze mich zum Essen auf den Balkon und habe nach wenigen Sekunden eine Kuschel-Noosa auf dem Schoß, während Nimbin noch mit Essen beschäftigt ist – alles wie immer.

Nach dem Essen dann nochmal emsige Geschäftigkeit. Ich packe ein Paket mit Haushaltsdingen aus, stecke die textilen Elemente in den Wäschekorb und wasche die Küchenutensilien ab. Dann packe ich meinen Rucksack aus – nicht zu weit, morgen gehts wieder ins Büro – und siebe das Katzenklo durch. Danach setze ich mich nochmal kurz auf den inzwischen dunklen Balkon, trinke die Limo aus und gucke ein paar TikToks. Dann schnell Zähneputzen und ins Bett. Kurz vor 23 Uhr fange ich an zu lesen, nach einer knappen Viertelstunde ist dann aber schon Schlafenszeit, wofür sich Noosa wieder an und auf mich kuschelt.
